Freitag, 28. November 1980
In der Fraktion des sozialistischen Klubs zur Enquete Nationalpark
Hohe Tauern erklärte Klubobmann Fischer, ihm kommt es primär darauf
an, daß jetzt nach fast 10-jähriger Aktivität der Länder ohne ein
konkretes Ergebnis endlich geklärt ist, wie es weitergehen soll. Die
Länder Kärnten, Tirol und Salzburg haben außer der Absichtserklärung
noch immer keine konkreten Maßnahmen gesetzt. Der Initiativantrag
von Klubobmann Fischer wird aber von LH Haslauer bekämpft, da er dar-
in eine Einschränkung der Länderkompetenzen sieht. Haslauer möchte,
wenn der Bund schon irgendetwas mit dem Nationalpark zu tun hat,
vor allem möchte er die finanziellen Mittel des Bundes dafür gewinnen,
höchstens eine nach Art. 15a einen Staatsvertrag zwischen Ländern und
Bund abschließen. Fischer behauptet, da würden die Länder einen gerin-
geren Einfluß haben und ihre Kompetenz mehr einschränken als aufgrund
des jetzt vorliegenden Initiativantrages. Fischer möchte eine Abgren-
zung Nationalpark, Elektrizitätswirtschaft und vor allem Gemeinden und
deren Fremdenverkehrseinrichtungen. Bürgermeister Köll von Matrei, der
bei der Besichtigung in diesem Sommer besonders für die Fremdenver-
kehrsbelange der Gemeinden eingetreten ist, hat jetzt eine Aktienge-
sellschaft für Seilbahnen errichtet. Dies bezieht sich auf das Gold-
ried, wie mir die Osttiroler Vertreter sofort zuflüsterten. Oberkirch-
ner, Salzburger Landesrat, der sich mit der Umweltschutzfrage und
Nationalpark besonders beschäftigt, meinte, es müßte erst der Konflikt
zwischen der E-Wirtschaft, Seilbahnen usw. und den Nationalparkver-
tretern ausgeräumt werden. LH-Stv. Moritz, einer der Urheber der Län-
dervereinbarung 1971, meint, daß der Abgeordnete Ermacora der ÖVP
bereits 1969 einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, wo verfassungsmäßig
die Länder wären verpflichtet worden, einen Nationalpark zu schaffen,
ansonsten wäre die Kompetenz an den Bund abgetreten worden. Moritz
möchte sich am liebsten ähnlich, wie es beim Festspielfonds in Salz-
burg der Fall ist, auch einen Nationalparkfonds gründen. Man dürfe
außer der Elektrizität, wo eine vernünftige Lösung angestrebt wird,
und dem Fremdenverkehr auch nicht die servitutsberechtigten Bauern
vergessen. Ich verwies darauf, daß es für das Handelsministerium
zwei Gesichtspunkte gibt, die E-Wirtschaft, wo GD Fremuth ein ent-
sprechendes Referat in der Enquete halten und die E-Wirtschaft in
Zukunft entsprechend diesem Referat verhandeln wird. Darüber hinaus
gibt es aber die Fremdenverkehrsbelange, auch die müßten zuerst ent-
sprechend abgegrenzt werden, dann würden sicherlich auch die Gemeinden
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zustimmen, daß nach einer Abgrenzung der Rest dann als Nationalpark
geschaffen werden sollte. Mein Konzept ist und war zuerst die Abgren-
zung der einzelnen Projekte und dann den Rest endgültig als National-
park festlegen. Wenn es nämlich noch Jahrzehnte lang hingehen wird,
ohne daß es zu irgendeiner konkreten Lösung kommt, wird man ständig
von den einzelnen Gemeinden weitere Projekte finden und dann bleibt
wirklich keine Kernzone mehr über.
Die einzig interessante und neue Situation ergab der Vorschlag der
Kärntner, wie Landesamtsdirektor-Stv. Unkart aus Kärnten mitteilte,
hätte LH-Stv. Frühbauer jetzt eine neue Verordnung über einen National-
park der Großglockner-Schobergruppe Nord und Heiligenblut mit dem
so wichtigen Gößnitzgraben jetzt in die Begutachtung geschickt. Durch
den Gößnitzgraben werden 7 % der Wassermenge ursprünglich in das
Osttiroler Kraftwerk hätte geleitet werden sollen, endgültig verloren.
Ich habe bereits aber im Sommer feststellen können, daß dieser Göß-
nitzgraben als letzter unberührter Bach von Heiligenblut kaum wird
elektrizitätsmäßig genützt werden können. Offiziell hat die E-Wirt-
schaft darauf noch nicht verzichtet. Am meisten erschüttert über die-
sen Vorschlag Kärntens waren die Nationalparkbefürworter. Dieses
Gebiet ist nämlich nur halb so groß, als die Kärntner ursprünglich
in den Nationalpark einbringen wollten. Wenn jetzt jedes Land extra
vorgeht, so kommt es erst recht nicht zu einem einheitlichen, alle
drei Länder umfassenden Nationalpark. Da bekannt ist, daß Tirol, LH
Wallnöfer, überhaupt in Tirol nur einen Alpenpark errichten möchte, so
läuft die ganze Front entgegengesetzten Intensionen der Nationalpark-
vertreter.
Bei der Enquete waren dann unzählige Leute. So geht es sicherlich
nicht.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wie verlief dann die Enquete?
Zur Vereidigung des neugewählten Präsidenten Sallinger von der Bundes-
handelskammer hatte ich zum dritten Mal Gelegenheit vor dem Kammer-
tag eine Art Grußadresse zu sagen. In der Vergangenheit, vor meiner
Ministerschaft war es ja üblich, daß der Präsident, nachdem er vom
Kammertag gewählt worden war, in das Ministerium zur Vereidigung kam.
Ich hatte 1970 durchgesetzt, daß ich vor dem Kammertag die Vereidigung
vornehme. In meinen kurzen Ansprachen hatte ich dies auch jetzt zum
dritten Mal, besonders auf die Absicht des Handelsministeriums, in dem
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Fall sprich aber des Handelsministers, besonders darauf verwiesen,
daß eine gute Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten, Handelskammer
als Repräsentant der Wirtschaft, Handelsministerium als kompetenz-
mäßig im Bund dafür Zuständiger, geben soll, jetzt kann ich ja aufgrund
einer 10-jährigen Tätigkeit behaupteten, dies auch stets gegeben hat.
Mehr wünsche ich mir auch nicht für die Zukunft. Sallinger konnte
ja auch gar nicht anders, als in seiner, wie Staatssekretär Albrecht
richtig bemerkte, drolligen Art diese Zusammenarbeit auch seinerseits
bestätigen. Wenn man bedenkt, daß Bundeskanzler Raab dann als Han-
delskammerpräsident Sallinger gar nicht als seinen Nachfolger wollte,
er jetzt schon seine vierte Periode, also länger als 20 Jahre diese
Funktion ausübt, so zeigt es mir typisch, daß man auch dann, wenn man
ein großer Bundeskanzler und starker Kammerpräsident war, wie dies
bei Raab sicherlich zutrifft, sich in seiner Nachfolgevorstellung sehr
irren kann. In der Präsidiumszusammensetzung der Handelskammer hat
sich nichts anderes geändert, als daß die Kassierfunktion durch den
Tiroler Ofenfabrikanten Heiß in Hinkunft besetzt wird. Dieser wird
so wie der freie Wirtschaftsverbandpräsident Mühlbacher ins Präsidium
kooptiert. Die beiden Vizepräsidenten Seidl und Schönbichler wurden
in ihren Funktionen wieder bestätigt.
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Inzersdorfer Nahrungsmittel-
werke GesmbH konnte ich einem echten österreichischen Industriebe-
trieb das Staatswappen verleihen. Dieser über 100 Jahre alte Betrieb
war eine Zeitlang von der kreditgebenden Bank in der ersten Republik
übernommen worden. Die damaligen Familienbesitzer hatten sich bei
der Innkredit total verschuldet. 1938 wurde von der Familie Voith der
Betrieb erworben und wird jetzt zwischen 2 Familien Voith und Pecher
zu 4 gleichen Teilen verwaltet. Pecher ist gleichzeitig jetzt auch
der Obmann der Fachgruppe Nahrungs- und Genußmittelindustrie. Ich
habe dort eine starke Gewerkschaftsvertretung und habe mich daher
ganz besonders um den Betriebsrat angenommen. Fachverbandsobmann
Pecher erklärte mir, sie müßten jetzt innerhalb der Nahrungs- und Ge-
nußmittelindustrie entsprechende Vorschläge erarbeiten, um die un-
faire und harte Konkurrenz aus den EG-Staaten, sprich hauptsächlich
Frankreich, abzuwehren.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte von Dr. Smolka, Fachverband,
fragen, was hier vorgeschlagen wird.
Bei der Eröffnung der Leichtmetallfelgenproduktion der Wiener Metall-
werke für die Volkswagen kam ich gerade zu recht, als der Betriebs-
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ratsobmann sich besonders bei Bundeskanzler Kreisky über dessen
Aktivität bedankte. Die Wiener Metallwerke sollten ja von der Mutter
Ranshofen, Aluminiumwerke, stillgelegt und nach Niederösterreich ver-
lagert werden. Kreisky hatte vor 3 Jahren, als er auf Vorschlag des
Betriebsratsobmannes Probst den Betrieb besuchte, versprochen, er
wird sich für den Weiterbestand einsetzen. Kreisky hat dann in seiner
Ansprache darauf verwiesen, daß es der Handelsminister war, der im
Auftrag der Regierung die sehr schwierigen und erfolgreichen Verhand-
lungen mit Volkswagen führte, damit eben diese Produktion jetzt in
dieses Werk verlegt wurde. Die historische Tatsache ist allerdings
die, daß insbesondere der nirgends in den feierlichen Ansprachen ge-
nannte Matousek vom Einkaufsbüro Volkswagen der Initiator und Lösungs-
bringer für die Aktivitäten Volkswagenwerke in Österreich ist. Immer
wieder ist es Matousek, der Betriebe aufstöbert, die nach Österreich
kommen könnten, die deutschen Besitzer würden aber, wie z.B. Fichtel
& Sachs, wo vorher Kreisky in Möllersdorf diesen neuen Betrieb be-
sichtigte, ohne die unterstützende Hand von Matousek gar nicht nach
Österreich kommen. Richtig ist, daß es mir dann gelang, zuletzt sogar
durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Einkaufsdirektor
Münzner, das besondere Interesse VWs zu diversifizieren und vor allem
auch doch österreichische Waren zu kaufen, durch entsprechende Abnah-
meverträge deutsche Investoren nach Österreich zu bringen. Münzner
hat jetzt einen neuen Plan, nämlich nicht Jahresverträge mit diesen
Firmen abzuschließen, sondern auf 3-Jahresverträge umzusteigen. Dies
bedeutet eine wesentliche zusätzliche Sicherheit für die deutschen
Produzenten in Österreich. Münzner hat mir gegenüber die Bemerkung ge-
macht, für ihn sei es ja selbstverständlich, daß VW ja niemals von
heute auf morgen, sprich von einem Jahr auf das andere, aussteigen
könnte. Bei Dreijahresverträgen gibt es ja doch eine zusätzliche Si-
cherheit für die österreichischen Lieferfirmen, damit kann man auch
Konjunkturschwankungen in der Autoindustrie als Zulieferer leichter
überwinden.
Der Dir. Streicher der Wiener Metallwerke vor allem auch der Mutter
VMW-Ranshofen wollten neuerdings von mir wissen, wie die Frage der
Dosenproduktion beurteilt wird. VMW möchte mit Coca-Cola einen Ver-
trag auf 250 Mio. Stk. Dosen abschließen. Diese werden derzeit nach
Österreich importiert. In Enzesfeld sollen zwei Produktionslinien
von insgesamt 450 Mio. Stk. errichtet werden. Dies würde für 150 Leute
eine zusätzliche Beschäftigung geben. Die Investition würde 380 Mio. S
betragen, geteilt zwischen der Fa. Kaiser und VMW. Die Coca-Cola-Ab-
füllstation in Bad Fischau wird für Europa jetzt die Coca-Cola-Dosen
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auf alle Fälle abfüllen. Ich habe Streicher gesagt, wenn tatsächlich
nur Importdosen durch österreichische Produktion ersetzt werden sollen,
sei sicherlich auch vom Standpunkt des Umweltschutzes und der Besei-
tigung von Einwegflaschen resp. Dosen dagegen nichts einzuwenden.
Angeblich kommt die Dose auf 1,40 S zu stehen, deckt die Produktions-
kosten und ist preislich äußerst günstig.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Industriesektion soll dieses Projekt über-
prüfen.
Bei der Sendung Wir gibt es eine Familie Haberl, die ständig ins
Ausland fahren will und dies doch nicht tut. Der Film, der für
300.000.–– für die Sonnatsendung fertiggestellt wurde, ist zu einer
Studiodiskussion zwischen dem Fremdenverkehrsreisebürovertreter Dir.
Foitl und mir mit dem Wir-Verantwortlichen Urban unterbrochen worden.
Entweder wollte Urban den Film auflockern oder er wollte eine Dis-
kussion über die Reisebedingungen besonders aktuell gestalten. Über-
rascht war ich, daß Wir jetzt sogar ein Bücherl herausgegeben hat, wo
aufgrund ihrer Sendungen verhältnismäßig nichtssagende Aussagen fest-
gehalten sind, von steuerlichen Tips, Versicherungsfragen, Gesund-
heitsempfehlungen bis zu Kochrezepten.
Diese Wir-Sendung von Urban kostet im Durchschnitt 200.000.––, der
Film Haberl in dieser Sendung allerdings 300.000.–– Da Urban aber
sich bei anderen Sendungen Geld ersparen kann, dies gilt insbesondere,
wenn er nur aus dem Studio am Küniglberg sendet, so kommt er mit
seinem Budget durch. Wenn man andererseits, ob der Film gut oder
schlecht ist, will ich gar nicht beurteilten, um 300.000.–– einen fast
halbstündigen Film drehen kann, so dürfte ein normaler Spielfilm
mit 1 Mio. leicht zu schaffen sein. Ich frage mich dann, warum es
auf der einen Seite manchmal einigermaßen passable Produktionen preis-
wert gibt, auf der anderen Seite, gerade jetzt durch das Filmförderungs-
gesetz sicherlich ausgelöst, große Millionenprojekte, die sich sicher-
lich nicht einspielen werden. Mit dieser Branche möchte ich wahrlich
nichts zu tun haben. Hier würde mir immer um das Geld leid tun, wel-
ches ich mehr oder minder zur Verfügung stellen müßte. Am zweckmäßig-
sten erschien mir, daß dieser Wir-Film auf Skiaufnahmen und Land-
schaftsaufnahmen der österr. Fremdenverkehrswerbung zurückgriff. Das
selbe dürfte der Filmproduzent, übrigens eine Frau, auch mit aus-
ländischen Prospektfilmen, insbesondere von den Kanarischen Inseln
gemacht haben.
Tagesprogramm, 28.11.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)