Samstag, 8., und Sonntag 9. November 1980
In der sozialistischen Fraktion der Landeskonferenz Oberösterreich re-
ferierte ich zuerst über die politische Lage und habe ganz offen unse-
ren jetzigen Zustand geschildert. Insbesondere ging ich auf die Details
der AKH-Affäre und Auseinandersetzung zwischen Kreisky und Androsch ein.
Ich konnte zwar keine neuen Fakten, die nicht sowieso schon längst in
den Zeitungen und Fernsehen breitgetreten sind, bringen, doch habe ich
gehofft, daß in einer anschließenden Diskussion, wie man so schön sagt,
Dampf abgelassen wird. Ich war eigentlich über die Diskussion sehr ent-
täuscht. Ein Diskussionsredner meinte, die Unfallversicherung hätte auch
zu viel Geld ausgegeben, der Jugendvertreter kritisierte weniger das Ver-
gehen, als daß eben die Wirtschaft an dem ganzen AKH-Skandal schuld ist,
und nur der Salinenvertreter meinte, die Differenz zwischen Kreisky und
Androsch in der Öffentlichkeit ausgetragen, sei das Verheerende gewesen.
Bei der Landeskonferenz, wo ich auf die Wirtschaftssituation zusprechen
kam, aber auch gleichzeitig die sozialpolitische Konzeption von Dallinger
erörterte und ganz besonders dann auf die Kernkraftfrage zu sprechen
kam, gab es überhaupt keinen einzige Diskussionsredner. Diese Grabes-
stille erschüttert mich und macht mich sehr ängstlich. Ich habe immer ge-
wußt, und jetzt verstärkt es sich immer mehr, daß der Gewerkschaftsbund
zwar eine mächtige Organisation ist, daß seine Funktionäre aber im Grunde
genommen, wie man mir in der Pause sagte, eben in den Betrieben große
Schwierigkeiten haben, weil es den Leuten zu gut geht. Viele ihrer For-
derungen sind erfüllt, der Lebensstandard steigt, wenn auch langsam, stän-
dig, niemand will mehr kämpfen, alles soll oben geregelt werden. Wenn
diese Mentalität auch sicherlich immer mehr Platz greift und daher auch
die Betriebsräte es sehr schwer haben, wird der Gewerkschaftsbund also
ein tönerner Riese. Gleichzeitig allerdings hat der Landesexekutivse-
kretär, ein Metallarbeiter, der erst kurze Zeit im Amt ist, darauf ver-
wiesen, daß die Betriebsräte die Last der Organisation tragen müssen.
Sie sind auch, die ständig neu gewählt werden und in ständigem Kontakt
mit den Arbeitern sind. Dies kann ich nur bestätigen. Seine Behauptung
aber, daß man daher die Arbeiterbetriebsräte ausschließlich anerkennen
müßte, die der Politiker aber weniger, teile ich nicht. Er behauptete
nicht mehr und weniger, als die Politiker gelegentlich nur kommen, ein
paar Liter Wein zahlen, den Leuten auf die Schulter klopfen und dann
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wieder verschwinden. Ich habe ihm nachher gesagt, ob dies in Oberöster-
reich so der Fall ist. Ansonsten muß ein Politiker sehr wohl ständig
auch mit seinen Wählern direkten Kontakt halten. Ansonsten hat mir die
Ansprache des Landesexekutivsekretär sehr gut gefallen. Zum ersten
Mal habe ich erlebt, daß sich einer mit einer Gewerkschaft ein wenig be-
schäftigt hat und daher auf deren Probleme eingegangen ist. Sonst hal-
ten ja alle Begrüßungsredner nur ganz allgemein gehaltene Glückwunsch-
adressen für die Konferenz. Interessant für mich war, daß er auch be-
sonders herausgestrichen hat, daß die Brauereiarbeiter geschlossen eine
Kampfmaßnahme gesetzt haben. Da Zeitler aus der Metallarbeitergewerkschaft
kommen soll, dürfte dies dort besonders beeindruckt haben. Scheinbar
fürchten andere größere Gewerkschaften, daß sie auch imstande sein werde
oder wären, Kampfmaßnahmen zu setzen.
Die Aussprache mit den Betriebsräten der Brau AG, dem Bürgermeister
Hillinger und LH-Stv. Hartl wegen Schließung der Linzer Brauerei war
sehr umfangreich und hart. Noch stärker als die Belegschaftsvertreter
spricht sich der Bürgermeister Hillinger gegen die Schließung der Braue-
rei aus. Er kann sich Linz ohne einen eigenen Braubetrieb nicht vor-
stellen. Die letzte Aufsichtsratssitzung von 2 Tagen hat nun ergeben,
daß die Arbeitnehmer dort den Vorstand, insbes. GD Beurle hart attackier-
ten. Dieser wieder hat den Betriebsratsobmann von der Brauerei Linz,
Pfanzagl, unser neuer Landesobmann der LUGA in Oberösterreich, mit Ent-
lassung gedroht, weil er die Werbekampagneziffern für die nächsten Jahre
in einer Presseaussendung verwendet hat. Die Belegschaft steht nämlich
auf dem Standpunkt, es sollten die regionalen Biermarken erhalten werden,
übersehbare Betriebe mit eigenen Direktionen wieder kommen, um den Ver-
waltungsapparat schlagkräftiger zu machen und nicht diese Überbesetzung
in der Verwaltung weiter zu belassen. Durch schlechte Verkaufsstrategie
der Verwaltung wurde in den letzten 3 Jahren 350.000 hl weniger abge-
setzt. Andererseits wurden in den letzten 10 Jahren über 1.000 Arbeits-
plätze durch Rationalisierung erspart. Die Betriebsräte sind bereit,
über Einsparungen zu sprechen. Insbesondere im Fuhrpark wird es zu die-
ser Marktanpassung kommen, wodurch weitere 170 Personen eingespart wer-
den. Der größte Fehler war, wie man in Oberösterreich sagte, und dies
wurde auch von Hartl und insbesondere Hillinger bestätigt, daß man über-
haupt die Brauerei Schwechat übernommen hat. Die Brau AG mit ihren Be-
trieben war hochaktiv, die Schwechater reißt jetzt sozusagen das große
Loch. In der letzten Aufsichtsratssitzung hat man sich also jetzt ge-
einigt, daß der Betriebsrat entsprechende Vorschläge ausarbeiten wird.
Diese sollen dann diskutiert werden. Betriebsratsobmann Suko, der noch
als Zentralbetriebsratsobmann nur für die Brau-AG-Betriebe bis März
nächsten Jahres agiert, meinte mit Recht, da müsse man aber auch die
Schwechater Kollegen, die derzeit einen eigenen Betriebsrat haben, heran-
ziehen. Zentralsekretär Blümel und vor allem der Getränkesekretär Macho
werden mit mir einen solchen Termin besprechen und die weitere Vorgangs-
weise festlegen. Bürgermeister Hillinger verwies darauf, daß GD Beurle
den Ehrenring der Stadt Linz bekommen hat. Den kann er ihm zwar nicht
wieder wegnehmen, was er, wie ich das Gefühl habe, am liebsten täte.
LH-Stv. Hartl meinte wieder, Mautner Markhof hätte die Brau AG bei der
Übernahme reingelegt. Da mir Beurle bei seinem letzten Besuch bei mir
mitgeteilt hat, er steht in Linz jederzeit zur Verfügung, habe ich dann
versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Hartl, Hillinger und ich, mit
dem Gruppensekretär Macho, hätten gerne mit ihm die nächste Vorgangsweise
besprochen. Vor allem aber hätten ihm Hillinger und Hartl klar und deut-
lich vor mir vor Augen geführt, daß er so nicht vorgehen kann, wie er
es beabsichtigt. Leider war Beurle nirgends zu erreichen.
Mit dem chinesischen Außenhandelsminister wurde dann abends tatsächlich
das Casino besichtigt. Vorher hatten wir bei Winkler beim Abendessen
Gelegenheit die Salzburger Faschingsgilde kennenzulernen. Diese ersuch-
ten mich, ob ich bereit wäre, einen Faschingsorden von ihnen zu überneh-
men. Obwohl ich keine Orden annehme, gilt dies natürlich nur nur für die
echten und nicht für einen Jux. Mit den Chinesen gemeinsam haben wir
dann zum Gaudium der anwesenden Faschingsgilde, in Salzburg beginnt man
scheinbar schon im November zu feiern, eine richtiggehende Hetz gehabt.
Überraschend für GD Wallner von der Casino AG, aber auch für mich war,
daß der Chinese ungeheures Interesse für das Spiel entwickelte. Vor
allem konnten wir aber feststellen, daß die Chinesen wahrscheinlich die
ersten Spieler vor Jahrtausenden schon gewesen sind. Li Qiang war über
das Roulettespiel und die anderen Attraktionen des Casinos im Prinzip gut
informiert. Vor allem kannte er viel mehr Spielregeln als selbst ich auch
nur ahnte. Ob die Chinesen wirklich im Zuge der Fremdenverkehrsattrak-
tion daran denken, ein Casino zu eröffnen, weiß ich nicht. Derzeit, bin
ich überzeugt, sicherlich nicht. Ich versuchte ihnen klar zu machen, daß
gerade eine solche Fremdenverkehrsattraktion für Ausländer, die ja sonst
in Peking überhaupt nirgends hingehen können, sehr wohl eine Devisen-
einnahmequelle wäre. Die große Gefahr besteht aber meiner Meinung
nach darin, daß die Chinesen sehr gerne überhaupt spielen würde. Dies
konnten wir dann bei den Automaten mit unserer Delegation eindeutig fest-
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stellen.
Von der Casino AG waren auch die Portiere der größeren Hotels von ganz
Österreich geladen. Überall, wo ein Casino existiert, versucht Wallner
durch guten Kontakt mit den Portieren diese für die Werbung einzusetzen.
Wenn ein Gast nicht weiß, wo er hingehen soll, wird ihm das Casino empfoh-
len. Diese A1- und A-Hotelportiere haben sich jetzt in einem Verein, der
Goldene Schlüssel, organisiert. Selbstverständlich war ich gerne bereit
auch dort eine Ansprache zu halten. Die Aktivitäten von Wallner sind
für mich immer sehr beeindruckend.
Durch Zufall erfuhr er, aber auch ich, daß der DDR-Staatsbesuch mittags
im Winkler essen wird. Wallner würde größten Wert darauf legen, wenn
man bei dieser Gelegenheit Honecker und seiner Begleitung das Casino
zeigen könnte. Selbstverständlich würde es zu diesem Zweck sofort ge-
öffnet. Ich habe mich ebenfalls gleich bereit erklärt, die notwendigen
Fragen mit Bundespräsident Kirchschläger und, wenn dieser zustimmt, mit
der deutschen Delegation zu besprechen. In diesem Fall müßte ich unbe-
dingt wieder nach Salzburg rauffahren.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte alle anderen Termine wenn möglich raus-
schmeißen.
Das Casino in Seefeld soll Donnerstag vor Weihnachten eröffnet werden.
Wallner ersuchte mich, ich sollte unbedingt rauskommen. Da er in den
nächsten Tagen dann gleichzeitig etliche Journalisten dort betreut, er-
gäbe sich auch für mich eine günstige Gelegenheit mit diesen Kontakt
zu nehmen. Im Prinzip habe ich ihm zugesagt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würdest Du mitfahren?
Tagesprogramm, 8.11.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)