Dienstag, 29. Juli 1980
Prof. Levcik, der Leiter des Wr. Instituts für Internationale
Wirtschaftsvergleiche, ersuchte mich, bei der Industriellenvereini-
gung zu intervenieren. Die Studie über den Osthandel, vom Handels-
ministerium seinen Institut in Auftrag gegeben, hat bei der Industri-
ellenvereinigung Kritik ausgelöst. Angeblich ist sie nicht objektiv
und hilft den Oststaaten mehr als der österr. Wirtschaft. Levcik
war sehr glücklich, als ich mit dem Prof. Krejci, dem Generalsekr.
der Industriellenvereinigung, sofort darüber sprach und ihm eine
solche Diskussionsbasis eröffnete.
Das Institut hat 44 Mitglieder, der Mitgliedsbeitrag ist 10.000,––
Bei den 22 Beschäftigten, 8 Wissenschaftlern ist das Budget ca.
10 Mio. S, 25 % davon sind schon eigene Einnahmen. Der Rest wird
durch Subvention, Finanzministerium, Gemeinde Wien und Österr. Natio-
nalbank gedeckt. Außer den Banken sind nur wenige Firmen, Voith,
Andritz, Mitglieder. Dies führt darauf zurück, daß er als linkes
Institut verschrien ist. Ich versprach ihm, eine Mitgliederwerbung
für ihn zu betreiben. Ausländer nützen seinem Institut mehr als
Inländer, z.B. haben ihm Niederländer jetzt den Auftrag gegeben,
Untersuchungen anzustellen, wie die Kompensationen mit den Osthandel
günstiger gestaltet werden können. Ein großer Exporteur Feldhuhn
hat das System geändert. Er wartet nicht ab, bis ihn die Oststaaten
für Anlagelieferung dann die darauf erzeugten Waren als Kompen-
sation aufzwingen, sondern läßt jetzt erforschen, wo ein Oststaat
gute Maschinen erzeugt und wo er sie bis jetzt hingeliefert hat.
Mit diesen Ergebnissen wird er dann an diesen Oststaat mit diesem
Kompensationswunsch herantreten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Auch wir sollten so eine Oststrategie mit
Meisl besprechen.
Levcik war sehr interessiert Details über die Tschechenreise von
mir zu erfahren, insbes. erklärte er sich sofort bereit, alle
Übersetzungen auch über das Kernkraftwerk für uns zu machen. Ich
glaube, daß man ihm viel stärker, ohne daß wir dafür etwas bezahlen
müssen, für die Information von Oststaaten heranziehen sollen.
Dies gilt nicht allein für die Energiefrage sondern ganz allgemein.
Ähnlich verhält es sich sicherlich auch mit dem Wirtschaftsinstitut
aus dem dieses Institut hervorgegangen ist.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Die Grundsatzabteilung und vor allem aber
die einzelnen Sektionschefs sollten hier viel aktiver sein.
Dr. Zelman, ein jüdischer Vertreter vom Verein "Jewish Welcome
Service", der diesen Verein gegründet hat, braucht ein Budget von
ca. 400.000 S. Wien hat ihm 200.000 gegeben, die ÖFVW 50.000, er
wird sicherlich noch andere Spender finden, seine Tätigkeit be-
trachte ich als äußert nützlich. In Wien eine jüdische Informations-
stelle ist gerade jetzt bei dem schlechten Image das Österreich,
insbes. in Amerika hat, auch vom touristischen Standpunkt ungeheuer
wichtig. Obwohl Zelman ein Sozialist ist und sehr zurückhaltend
sich äußerte, ist die Verstimmung wegen der Kreisky-Araber-Politik
auch bei ihm zu erkennen. Bis ja er wegen dieser Politik in Amerika
drüben und sicherlich noch mehr in Israel angegriffen wird, kann
ich mir sehr gut vorstellen. Daß er trotzdem mit Hilfe dieses Ver-
eines Österreich verteidigt, ist ihm hoch anzurechnen. Ich konnte
und wollte ihm keine weitergehenden Zusagen bezügl. einer Subven-
tion von der ÖFVW machen. Wir haben in der letzten Direktoriums-
sitzung sogar beschlossen, diese 50.000 S jetzt einmal einmalig zu
geben um zu sehen wie der Verein läuft und wie er sich entwickelt.
Das Büro, welches er am Stephansplatz besitzt, hat ihm das Ver-
kehrsbüro nicht nur zur Verfügung gestellt sondern auch eingerich-
tet.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was macht Zelman sonst?
Mit Mag. Pein besprach ich die offenen Probleme und Mißverständ-
nisse zw. ihm und Haffner. Durch Aufklärung von Mißverständnissen
konnte die Spannung zw. den beiden aus der Welt geschaffen werden.
Ich selbst habe Pein ersucht, die Dokumentation neu zu überdenken
und wahrscheinlich auch zu ändern. Ich habe während meiner 10-
jährigen Ministerschaft jetzt ein einziges mal, wie die Presse auf
die Einführung des seinerzeitigen Pickerls reagierte, das Archiv
gebraucht. Pein möchte, daß wir uns an einer gemeinsamen Dokumen-
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tation beteiligen, die jetzt von einer Privatfirma aufgebaut wird.
Die Dokumentation des Bundespressedienstes ist wertlos, veraltet
und bedienst sich nicht der modernen Technik. Eine moderne Technik
und Dokumentation gibt es nur im Finanzministerium. Dort wird dies
alles im Rechnungszentrum gespeichert, muß aber ein Vermögen kosten.
Ich weiß nicht, ob sich dieser Aufwand überhaupt lohnt. Nach dem
mir von Pein geschilderten Ablauf kann ich schon entnehmen, wie
aufwendig diese Dokumentation sein muß, da sie darüber hinaus noch
heftigste Kritik, und dies nicht nur bei Gegnern von Androsch, aus-
löste, weil er sich damit ein Informationsmonopol geschaffen hat,
sei nur nebenbei erwähnt. Ob er sie tatsächlich braucht, kann ich
nicht feststellen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was sagt das Finanzministeriumsbüro dazu?
Der Chef des Rudolfsspitals Prim. Dir. Huber, hat mit Heindl und
mir einige politische Probleme besprochen. Heindl kümmert sich jetzt
auch um dieses Spital neben seinen vielen anderen Aufgaben. Ich
glaube, daß es trotzdem notwendig ist, auch ich werde mich in Hin-
kunft mehr um diesen wichtigen medizinischen und auch politischen
Stützpunkt kümmern. Ersteres ist unbestritten, hat sich bestens
durchgesetzt, findet allgemeine Anerkennung und ist sehr effizient.
Von der politischen Seite können wir dies leider nicht behaupten.
Hauptproblem ist, daß, wie Huber mit Recht sagte, daß es drei
Säulen in einem Spital gibt, der medizinische Leiter, er, kein
Problem, die Verwaltung, mit dem Verwalter besten Einvernehmen,
und die Oberschwester mit ihren immerhin 500 Schwestern, die sie
mehr oder minder kommandiert. Da aber 10 % Dienstposten unbesetzt
sind, weil man nicht genügend Schwestern hat, ist es mit der Ober-
schwester und den Schwestern sehr schwierig. Das wichtigste Problem
aber, was Heindl und ich sofort verstanden haben, ist, daß man in
diesem Spital und mit den dortigen Aktiven äußerst vorsichtig ver-
handeln, ich will nicht sagen, umgehen, muß. Ein Porzellanladen ist
ein Stahlwerk dagegen. Wenn da ein Elefant reintritt, kann nur Un-
befriedigendes herauskommen.
Dir. Wallner hat mir mitgeteilt, daß jetzt die Ungarn, Danubius, ihn
verständigt haben, daß die Kooperation zw. den Spielbanken ge-
nehmigt wurde. Im Hotel Hilton wird ein Casino von ihm er-
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richtet. Der dortige GD Biro, ein Wohnnachbar vom Binnenhandelsmi-
nister Dr. Saghy, hat sich durchgesetzt. Pannonia, Hungaria und viele
andere, die sich bemüht haben, sind auf der Strecke geblieben. Uns
ist jede Firma oder Organisation recht. Wallner möchte nun die
Paraphierung und natürlich dann noch viel mehr die feierliche Unter-
zeichnung groß aufziehen. Ich habe mich sofort bereit erklärt,
die in seinem Namen notwendigen Einladungen von so vielen Ministern,
als er will, auszusprechen. Ein Wochenende wird leider wieder drauf-
gehen, aber sicherlich auch ein sehr interessantes und vorallemal
für die Casino AG ein wichtiges Ereignis sein.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Termin mit Wallner dann besprechen.
Der LH-Stellvertreter Fili von Tirol hat mich ganz entsetzt ange-
rufen, und gefragt, ob ich nicht meine Reise nach Osttirol ver-
schieben könnte. Er hat gehört und befürchtet, daß die ÖVP meine
Anwesenheit dort benützen wird, damit für die Nachwahl in Osttirol
entsprechend ÖVP-Propaganda gemacht wird. Die SPÖ-Tirol ist für die
Errichtung des Kraftwerkes, teilt vollkommen meine Stellungnahme
gegenüber den Forderungen des LH Wallnöfer, fürchtet aber von Seite
der ÖVP ein unfaires Vorgehen. Fili war sehr glücklich von mir zu
hören, daß ich mich nicht nur dafür nicht hergeben werde, sondern
verlangt habe, daß unbedingt jedwede offizielle Aktivität, wie
Empfänge durch Schützenkompanien, Musikkapellen usw., unbedingt un-
terbleiben muß. Ich habe dies dann neuerdings dem Dir. Gmeinhart
der TKW mitgeteilt. Dieser erklärte mir, das letztemal, wo er die
Organisation übernommen hat, wäre dies ja weitest gehendst der Fall
gewesen. Diesmal hat die Studiengesellschaft verlangt, nachdem es
ihr Problem ist, sie auf die Organisation durchführt und ihm neuer-
dings versichert, daß meine Wünsche selbstverständlich akzeptiert
werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte LAbg. Idl über alles verständigen.
Da bei diesem privaten Besuch auch Klubobmann Fischer daran teilneh-
men wird, habe ich mit ihm telefonisch über die Details gesprochen.
Ob man einen führenden Genossen heute telef. kontaktiert oder ihn
trifft, wie z.B. Heindl, sofort kommt das Gespräch auf die jetzt
gar nicht für uns gute politische Situation. Das AKH-Problem ist
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viel tiefer, hat viel schlechtere Auswirkungen, als man dies jemals
angenommen hat. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, daß letzten
Endes die große Wendung dann kommen wird, wenn sich, wie ich auch
annehme, herausstellt, daß es sich hier um Machinationen von
Managern handelt, Typen, die als Macher gelten und eben alles machen
können, zwar Parteigenossen sind, aber keine große politische Ver-
antwortung getragen haben und daher auch nicht im Sinne von Poli-
tikern bezeichnet werden könne. Wenn sich dann herausstellt, daß die
SPÖ kein Geld von ihnen bekommen hat, wenn dann, wie ich annehme,
Kreisky doch direkt und indirekt nicht nur kritisiert, sondern auch
Maßnahmen setzt oder zumindestens wieder so ankündigt, daß man
es ihm abnimmt, dann hoffe ich, wird wieder einmal das geschehen,
was ihm den Namen Zampano, also der große Zauberer eingetragen hat.
Den Schaden, den das Ansehen der Politiker durch diese Affäre er-
litten hat, wird allerdings lange nachwirken, wenn er überhaupt
jemals wieder gutgemacht werden kann. Jetzt gelten alle als korrupt,
bis jetzt galten sie wenigstens nur als teils unfähig. Meinungsum-
fragen, die ich nicht genau kenne und die die ÖVP anstehen hat las-
sen, zeigen, daß das Ansehen aller Politiker jetzt einen absoluten
Tiefpunkt erreicht hat. Wenn dies so weiter geht, wird man sich
noch genieren müssen, ein Politiker zu sein.
Tagesprogramm, 29.7.1980