Mittwoch, 23. Juli 1980
Der Obmann der soz. Personalvertretung, Gustav Müller, beklagt sich
bei mir, daß er über die Personalvorschläge zu spät oder gar nicht
informiert wird. Er anerkennt allerdings, daß ich aus verständli-
chen Gründen über die endgültige Entscheidung mit niemandem spreche,
solange nicht die Ausschreibungskommission mir ein entsprechendes
Gutachten respek. Vorschlag vorgelegt hat. Die Verwirrung oder die
Mißverständnisse entstehen meiner Meinung nach durch die unzähligen
Gerüchte, die ständig bei jeder Personaländerung im Haus herum-
schwirren. Nicht zuletzt wegen dieser Personalprobleme ist er jetzt
von der Energiesektion endgültig weggegangen.
Bezügl. einer Erhebung der Dieselkraftstoffpreise möchte er meine
Entscheidung, ob es im jetzigen Zeitpunkt zweckmäßig ist eine solche
Erhebung durchzuführen. Um ihn nicht auch diese Bitte abzuschlagen,
stimme ich zu, eine solche Erhebung sollte allerdings ohne größere
Aufsehen durchgeführt werden. Die Ölfirmen werden dadurch ein wenig
beunruhigt und die Bauern machen sich womöglich falsche Hoff-
nungen, daß ich die Preisregelung doch wieder einführen werde.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Müller immer in allen Fällen
entsprechenden Kontakt halten.
Der französische für die Waffengeschäfte Zuständige Saar-Demichel
berichtet streng vertraulich Dr. Haffner und mir
über die Zusammenarbeit zw. den franz. Firmen und Plansee, Reutte,
sowie Vöest-Alpine. Die neue Munition für Panzer, 15.000,–– S der
Schuß, soll in Österreich gefertigt werden. Zwei Drittel von die-
sem Preis sind der Kern, welchen Reutte mit der Vöest-Alpine erzeu-
gen sollte und könnte. Die franz. Rüstungsstelle GIAD war hier
und hat dies festgestellt.
Darüber hinaus hat Steyr-Daimler-Puch große Exportmöglichkeiten von
Kürassier. Hundert Stück seien jetzt mit Chile abgeschlossen, ob-
wohl ich den Generaldirektor Malzacher davon informierte, daß die
Regierung weder einen Exportkredit dafür bereitstellen würde, noch
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daß eigentlich großes Interesse besteht, die Chilenen damit zu
versorgen. Wie sich Simmering-Graz-Pauker die Exportgenehmigung
dann dafür verschafft, ist mir nicht ganz klar. Im Herbst wird
es zu einem großen Exportgeschäft mit Saudi Arabien von 400 Stück
kommen.
Das wirkliche Interesse von Saar-Demichel liegt aber, die Mirage-
Flugzeuge doch nach Österreich verkaufen zu können, zu diesem Zweck
bietet er 100-%ige Kompensation an. Er legt mir die erste Liste
dieser Kompensationswaren vor, die von mir gewünschte zusätzliche
Möglichkeit von Rücknahme des Atommülls betrachtet er bereits als
positiv erledigt. Am zweckmäßigsten wäre es, wenn dieses Problem
beim Premierministerbesuch Barres am 26. September von Kreisky zur
Sprache käme. Formell müßte nur ein neuer Vertrag mit der Fa.
COGEMA abgeschlossen werden, diese würde den Atommüll zurücknehmen,
wie sie dies derzeit noch bei den Schweizer Verträgen vorgesehen
hat. Er erwartet von GD Fremuth einen entsprechenden Vertragsent-
wurf.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Jour fixe mit Fremuth setzen.
Überrascht war ich von ihm zu erfahren, daß Giscard d'Estaing,
der Präs., sehr gerne nach Österreich auf die Jagd kommen würde.
Er erwartet eine diesbezügl. Einladung.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte beim nächsten Treffen mit Bundes-
präsident Kirchschläger mich daran erinnern.
Saar-Demichel beschwert sich, daß im Kurier jetzt über die Madame
Giscard d'Estaing ein unfreundlicher Artikel erschienen ist.
Über die Börsengewinne wurde angeblich nicht einmal in Frankreich
so negativ berichtet. Nach dem Artikel über den Sohn Breschnews
ist dies jetzt das zweitemal, wo solche Artikel außenpolitisch
große Nachteile bringen. Die Presse sollte sich wirklich eine ge-
wisse Selbstbeschränkung auferlegen, obwohl ich natürlich für die
Pressefreiheit bin und jedwede Intervention oder sogar Verbote ent-
schieden ablehnen würde.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Vizeminister-Breschnew- und Madame-
Gisgard-d'Estaing-Artikel von der Presseabteilung beschaffen.
Das Gespräch mit Dir. Kobilka von der DoKW, den ich über die Aus-
bauwünsche der Tschechen informiere, bringt mir durch die Detail-
information noch größeres Verständnis für den tschechischen Wunsch
das Kraftwerk Wolfstal-Bratislava gemeinsam zu bauen. Durch den
festgelegten Ausbau von Gabcikovo, in der CSSR ja durch ein Gesetz
fixiert, wird nach Auffassung der DoKW bis in den Hainburger Raum
herauf gestaut. Unterlagen, die die DoKW teils von den Ungarn, teils
aber auch von der tschech. Seite sich erworben hat, die sie aller-
dings gar nicht haben dürften, wie eine Aussprache in Bratislava
einmal ergab, kann dies einwandfrei nachgewiesen werden. Wenn
jetzt das gemeinsame Kraftwerk nicht gebaut wird, müßten die
Tschechen bis Hainburg die Fahrrinne und vor allem auch das Unter-
wasser so vertiefen, daß sie für 700 Mio. S ausbaggern müßten,
darüber hinaus wäre es dann unmöglich, den Donau-Oder-Kanal über
die March zu führen. Dieser müßte, wenn er gebaut wird, in Wien
enden, da ja nur durch das Kraftwerk Hainburg dann über Wien durch
entsprechende Ersparnis zweier Marchfeldschleusen einigermaßen
rationell zu erbauen wäre. Die Tschechen werden daher einen unge-
heuren politischen Druck ausüben, daß das gemeinsame Kraftwerk
Wolfstal-Bratislava gebaut wird, sie streiten daher nicht nur mir,
sondern sicherlich auch in der Kommission jedwede ehemalige Zusage,
daß sie darauf verzichten würden, ganz entschieden ab. Kobilka
wird jetzt sofort mit dem Sekt.Chef Horrak vom tschechischen En-
ergieministerium Kontakt aufnehmen. Es war äußerst günstig, daß
ich ein Foto von Horrak hatte, denn Kobilka erkannte ihn sofort
als Mitglied der Expertenkommission, mit der er bereits einmal
verhandelt hat. Horrak hat damals alle Vorschläge und Behauptungen
von Kobilka und seinen Herren ganz entschieden zurückgewiesen.
Er war, wie Kobilka sagte, der Neinsager in der Expertenkommission.
Kobilka wünschte, daß wir in den Ministerratsvortrag über die
Tschechenverhandlungen einen entsprechenden Passus aufnehmen. Ich
habe GD Fremuth und Min.Rat Fälbl ersucht, eine entsprechende
Formulierung vorzubereiten. Insbes. aber muß das Außenministerium
eingeschaltet werden, damit ja nicht in der Donaukommission oder
sonst in irgendeiner anderen Stelle unkoordiniert vorgegangen
wird.
GD Fremuth hat berichtet, daß er mit dem ungarischen GD Schiller,
MVMT, seinem Vis-a-vis als Verbundmann, freundschaftliche Gespräche
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geführt hat. Die Ungarn haben ihm bestätigt, was Kobilka auch be-
hauptet, daß sie angenommen haben, der Rückstau mit Gabcikovo
wurde zw. den tschechischen und österr. Stellen einvernehmlich be-
sprochen und geregelt. Mit dem GD Huschek von der Tschechoslowakei
hat Fremuth auch Gespräche geführt, die weniger ergiebig verlaufen
sind. Die zu erwartende Auseinandersetzung mit den Tschechen in der
Donauausbaufrage, aber auch in der Transitproblematik wird sehr
hart werden. Fremuth ist im Prinzip einverstanden, daß in Hinkunft
wegen der Transitlieferungen von Strom ausschließlich mit den
Tschechen selbst verhandelt wird. Der erste größere Vertrag
400 MW sieht ja vor, daß die Polen frei österr. Grenze übergeben
und deshalb mit den Tschechen die Transitverhandlungen führen
mußten, die ja äußerst ungut verlaufen sind.
Die Bayern haben jetzt in Hof eine HGÜ 150 MW, wo sie allerdings
keine größeren Strommengen von der Tschechoslowakei übernehmen
könnten. Die Schweizer verhandeln weiter, wie Fremuth meinte,
hinter seinem Rücken, mit den Tschechen und den Ungarn. Die ung.
Anbote für Österreich sind 48 gr. für die kWh an einen Ölindex
gebunden. Dies lehnt die Verbundgesellschaft entschieden ab, sie
könnte sich nur vorstellen, daß zwei Drittel Verbundtarifbindung
und ein Drittel Ruhrkohlenpreissteigerung im Preisindex eingebaut
werden.
Das große poln. Energiezentrumprojekt mit Lieferungen nach dem
Westen sieht Fremuth in weiter Ferne und fast schon gescheitert,
denn die DDR verweigert ihre Mitarbeit, hat keine Transitleistung
zur Verfügung, die Tschechen wollen davon nichts wissen und würden
bei Überleitungen entsprechend hohe Forderungen stellen. Über die
Ungarn ist es auch nicht gut möglich, sodaß es große Transit-
schwierigkeiten geben würde. Mit den Sowjets verhandelt Fremuth
noch immer in der Hoffnung 1000 MW Grundlast gegen Spitzenstrom
abschließen zu können. Es wird höchste Zeit, daß ein neuer Sekt.
Chef in der Energiesektion endlich bestellt wird, damit dieser
die entsprechende Koordination auch im Haus durchführt.
Der Dir. der Plansee-Werke, Ratauscher, den ich über die Äußerungen
Saar-Demichel's genau informiere, berichtet strengst vertraulich
über die Gespräche Plansee-Werk mit den Franzosen, wie Saar-Demichel
erwähnte.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Wichtige Korrektur, bei Gespräch Saar-
Demichel waren MR Gröger und Rottensteiner nicht anwesend,
sondern Haffner.
Ratauscher ist nur bereit über dieses Problem in Anwesenheit von
MR Gröger und Rottensteiner zu sprechen, weil er darauf verweist,
daß diese Beamten ja an einen Verschwiegenschaftseid verpflichtet
sind. In Liezen soll nämlich jetzt mit der Vöest-Alpine eine
große Schwermetallfertigung begonnen werden, in der ersten Ausbau-
stufe schon 300 Beschäftigte. Wenn dieses Projekt nämlich nicht
zustande käme, hat die Vöest-Alpine für Liezen keine befriedigende
Ersatzproduktion für die dort erzeugten defizitären Produkte.
Mit den Ungarn hat Ratauscher große Schwierigkeiten, weil diese
für 100 Mio. S für Lieferung Tungsram entsprechende Ware nach
Österreich liefern konnten, die jetzt dort eindringenden Japaner
als Zulieferer für Tungsram nehmen dagegen aus Ungarn nichts an.
Die jap. Konkurrenz wird auch nach Auffassung der Plansee-Leute
unerträglich.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: SC Meisl oder seine Herren sollen eine Zu-
sammenfassung aller jap. Aktivitäten, die uns treffen, veranlassen.
Der Grund der Vorsprache von Ratauscher war aber, daß er jetzt
über das deutsche Zweigwerk Sinterstahl in Füssen nach General
Motors entsprechende Lieferungen tätigen möchte. Es gibt nur einen
österr. Betrieb, der diese Produkte auch an General Motors liefern
kann, nämlich Miba. Diese kann aber die ganze Produktion dort nicht
decken, die Autoindustrie verläßt sich übrigens niemals auf einen
einzigen Zulieferer, weshalb er bei ca. 14 % Wertschöpfungsanteil
aus Österreich hofft, daß die Sinterstahl zur Lieferung herange-
zogen wird. Am liebsten wäre ihm, wenn Gröger bestätigen würde,
daß im Sinne des General-Motors-Vertrages dies eine österr. Liefe-
rung ist. Gröger lehnt diese ganz entschieden ab. Ich vermittle mit
dem Vorschlag, daß wir gegebenenfalls General Motors ersuchen
werden, wenn sie einen Teil dieser Produkte importiert, dann auf
die österr. Wertschöpfung von Plansee besondere Rücksicht nehmen
sollte. Ratauscher ist mit diesem Vorschlag einverstanden.
Die Bundesinnung und die Brotindustrie sprechen bei mir vor, um
über die künftigen Brot- u. Semmelpreise zu reden. Sie haben von
dem 60 gr Weckenpreis und 50 gr Laibpreiserhöhung gehört, meinen
allerdings, daß ihre Kosten 91 gr bei Laib und 89 gr bei Wecken
betragen, insbes. sollte noch der Energieaufwand und die Abferti-
gung berücksichtigt werden. Bezügl. d. Inkrafttretens stellen sie
fest, daß allein für die Industrie jede Woche 300.000 S höhere
Mähkosten verursacht, die sie erst zu einem späteren Zeitpunkt
eben abgegolten bekommen.
Bundesinnungsmeister Maureder bedankt sich bei mir, daß jetzt
endlich das Nahversorgungsgesetz gekommen ist. Er meint, bei
Semmeln wird man sehr bald was machen müssen. Bei einem jetzigen
Verbraucherpreis von 1,30 S gibt es Bäcker, die um 32 gr en gros
an Diskonter die Semmel verkaufen. Der Verbraucherpreis in diesen
Märkten ist dann ungefähr ein Drittel des offiziellen Preises.
Maureder möchte unbedingt, daß die Mühlen einen Abschlag von ihrem
Mehlpreis machen, wenn sich um Silolieferung handelt. Bis jetzt
haben die Mühlen sogar eine Verhandlung darüber kategorisch abge-
lehnt. Ich verpflichte mich eine solche Besprechung zusammenzu-
bringen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte wegen dieser Frage mit Kurzel verbinden.
Dkfm. Swoboda von der großen Liftfirma, neben Doppelmayr in Öster-
reich gut eingeführt, erzeugt Kabinen für Umlaufbahnen. Die Fa.
Doppelmayr, ihr Konkurrent, lehnt ganz entschieden ab, solche
Kabinen einzubauen, sondern bezieht sie aus der Karosseriewerk
Aarburg CWA aus der Schweiz. Swoboda ist sich vollkommen klar,
daß wir Doppelmayr nicht zwingen können, solche Kabinen bei ihm
zu kaufen. Ich erkläre mich aber bereit, aber über unsere Förderung
Zinsenzuschuß für FV-Gemeinden und Betriebe zu versuchen einen
entsprechenden Einfluß geltend zu machen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Würzl besprechen.
Swoboda hat im Irak-Export mit Vöest-Alpine und FM Wien einen Joint-
Venture-Vertrag gehabt. Jetzt muß die Firma S 5 Mio. nachschießen,
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weil dieses Irak-Exportgeschäft sehr schlecht gelaufen ist. Swoboda
erwartet finanzielle Unterstützung, die ich ihm beim besten Willen
nicht geben könnte. Die einzige Möglichkeit ist, daß er bei ent-
sprechenden Investitionen, wo er angeblich gar keine Zinsenzu-
schüsse verlangt hat, entsprechende Anträge in Zukunft stellen
wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die notwendigen Vorkehrungen treffen.
Sekt.Chef Gatscha ersucht mich den Vizeministerpräsident Ägyptens
Meguid zu empfangen, der zu einem Gespräch über die große Telefo-
nieanlage in Ägypten, Finanzierung mit Siemens Deutschland und
Frankreich, nach Österreich kommt. Ich erkläre mich sofort bereit,
ein Arbeitsessen mit ihm zu machen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Details mit den ägyptischen Bot-
schafter besprechen lassen.
Gatscha teilt mir auch mit, daß die Russen jetzt aufgrund eines
Gespräches von Staatssekretär Nußbaumer eine Riesendelegation
für Kraftfahrzeugmotoren nach Österreich schicken werden. Diese
wollen eine Aussprache mit österr. Privatfirmen, weshalb Gatscha
glaubt, die Verstaatlichte kann hier kostengünstig aussteigen. Ich
lehne sofort eine Bezahlung dieser Delegation auf das Entschieden-
ste ab. Wir haben sie nicht eingeladen. Das BKA wird daher ent-
weder selbst oder über die ÖIAG bezahlen müssen. Gatscha versucht
dieses Gespräch dahingehend zu tarnen, daß er meint, er möchte
in unsere Kompetenz nicht eingreifen. Dies ist meiner Meinung
nach aber nur der Scheinvorwand, in Wirklichkeit fragt sich, wer
wird diese Delegation bezahlen. Wir sicherlich nicht.
Tagesprogramm, 23.7.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)