Mittwoch, 4. Juni 1980
Zur Coca-Cola-Frühjahrstagung in der Hofburg wurde der große Fest-
saal fast gefüllt. Es waren also über 1000 Teilnehmer aus Öster-
reich, Deutschland, der Schweiz und auch 2 Delegierte aus Ungarn.
Dr. Aela, der Geschäftsführer von Coca Cola Österreich GesmbH,
ein Deutscher, hielt eine solche Laudatio auf Wien und insbes. auf
das Kaffeehaus, daß ich bei meiner Festansprache sagen konnte,
besser kann ich es auch nicht. Vor allem überrascht mich, daß
Coca Cola für Kaffee so eine Propaganda macht. Die Tagung stand
unter dem Motto der Mensch im Betrieb, daher konnte ich auch als
Gewerkschaftsobmann der LUGA einige Bemerkungen machen. Als Coca-
Cola-Konsument, der mehr als 45 Liter den österreichischen Durch-
schnitt trinkt und vor allem als Handelsminister ließ ich dann
auf das eingestimmte Publikum den Wiener Schmäh los, da konnte
nichts daneben gehen. Die letzte Tagung war 1961 in Wien. Selbst-
verständlich forderte ich die Coca-Cola-Leute auf, nicht in so
langen Abständen nach Österreich zu kommen.
Die SPÖ-Gemeindevertreter mit zwei Landtagsabgeordneten und dem
NR Fertl, Bezirksobmann von Amstetten, müssen das Erbe vom ehe-
maligen Bürgermeister Pölz aus Amstetten irgendwie liquidieren.
Seinerzeit haben sie am Gamsstein in der Nähe vom jetzigen einiger-
maßen kostendeckend arbeitenden Hochkar ein Schigebiet erschlossen.
Dieses ist von Wien noch umständlicher zu erreichen. Die Linzer
kommen jetzt auch durch das erschlossene Prielgebiet nicht mehr
in ihre Gegend, sodaß das Ybbstal eine sehr schlechte Ausgangspo-
sition hat. Da ein einziger Lift auf den Gamsstein raufgeht, oben
nur dann noch ein Schlepplift ist, haben die Schifahrer auch gar
keine Abwechslung und daher auch kein besonderes Interesse an
diesem Gebiet. Für den 25-Mio.-S-Lift haben sie 12 Mio. Zinsenzu-
schuß vom Verkehrsministerium bekommen, für das Restaurant einen
ERP-Kredit von 4 Mio. vom Handelsministerium. Jetzt wollten sie
von der Bürges für Pistengeräte einen FV-Sonderkredit, der kann
aber richtlinienmäßig nicht gegeben werden. Ortmann hat aber ihnen
sofort zugesagt, daß für diese 1,8 Mio. Pistengerät, das sie an-
schaffen müßten, 1,2 Mio. aus der Hausaktion gegeben werden können.
Dies langt aber nicht. Sie werden sich deshalb zwecks Unterstützung
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an die NÖ Landesregierung wenden und wenn dies nicht erfolgreich
ist, dann mich zur Interpellation neuerdings ersuchen. Vor allem
sind sie verärgert, weil Zentralsekretär Marsch und auch Bauten-
minister Sekanina ihnen bei Bezirkskonferenzen entsprechende Zu-
sagen gemacht haben. Hier bewährt sich wieder einmal, daß ich
keinerlei Zusagen mache, sondern wenn es irgendwie geht, gleich
zu helfen. Ich habe dieses Problem anschließend beim Parteivor-
stand mit LH-Stv. Czettel und dem NÖ AK-Präsidenten besprochen.
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Schweighofer im Wald-
viertel habe ich dann auch noch LRat Schneider und den Fremdenver-
kehrsdirektor HR Hlous getroffen, die ich ebenfalls auf die kriti-
sche Situation von der Gamseck GesmbH u. Co KG aufmerksam gemacht
habe. Diese beiden haben aber sehr negativ reagiert. Die einzige
Möglichkeit, die die Gesellschaft selbst sieht, ist daß mehr Komman-
ditisten sich an diesem Unternehmen beteiligten. Da Herr Böhm von
der Fa. Schöps dort ein Fischwasser hat, hat er sich bis jetzt mit
200.000,–– S beteiligt. Ich habe zugesagt, mit Dr. Heindl zu spre-
chen, ob nicht er oder von ihm Bekannte im größeren Ausmaß sich
daran beteiligen könnten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Heindl darüber sprechen.
In der Bundesparteivorstandssitzung, die diesmal wieder im Renner-
Institut stattgefunden hat, damit auch die anderen dieses Hotel
kennenlernen, berichtete Kreisky über den Korruptionsfall AKH
und meint, die Treulosigkeit einzelner Genossen schadet der Partei
und auch der Regierung. Die ÖVP wird alles skandalisieren. Er
berichtet dann über die Idee der neuen Informationstätigkeit der
Regierung und insbes. über die Innenrevision, die jetzt verstärkt
werden soll. Ebenso informierte er den Parteivorstand, daß im
Herbst ein Derivat der Regierungserklärung für das Jahr 1981 von
ihm vorgeschlagen wird. Die einzelnen Bundesministerien werden ihm
diesbezügliche Berichte vorlegen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte dies nötige jetzt veranlassen.
Kreisky verwies dann ganz besonders auf die Budgetsituation und
daß das Nettodefizit von 40 Mrd. auf 25 Mrd. gesenkt werden soll,
was sehr schwierig sein wird. Die Minister werden sich mit Kürzun-
gen abfinden müssen, er hofft aber, daß es im Sommer nicht zur
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Profirmierung in der Öffentlichkeit kommt. Mit anderen Worten,
wir werden sehen, ob nicht wieder dann in den Zeitungen, weil sie
nichts anderes zu berichten haben, eine entsprechende Pressepo-
lemik der einzelnen Minister, aber letzten Endes auch vor allem
des Bundeskanzlers erfolgen wird.
Kreisky verwies auf die 50.000 gefährdeten Arbeitsplätze, Semperit,
Eumig, VEW, VÖEST-Alpine, auf die poetische Dokumentation der 25-
Jahrfeier, die Portisch jetzt machen soll und ging dann, wie konnte
es anders sein, auf die Außenpolitik. Muskie hat ihm ein Dank-
schreiben geschickt, wo er feststellt, daß das Wiener Treffen sehr
wichtig ist. Vom Iran berichtete er eingehend, die Amerikaner
waren informiert. Vizepräsident Mondale war von der Idee begei-
stert, Muskie hat sich positiv geäußert und hat ihn noch, da er
in der Außenpolitik noch nicht diese Erfahrung hat, vom State
Departement einen höchsten Beamten geschickt. Die Delegation
Kreisky, Palme und Gonzalez waren alles Nicht-NATO-Länder mit einem
guten Renommee. Für die Amerikaner wurden sogar schriftliche Unter-
lagen vorbereitet. Ihr Empfang im Iran war sehr kühl, die Revolu-
tion ist dort noch nicht zu Ende. Der Ministerpräsident Banisadr
hätte sie sehr aufgeschlossen empfangen. Er würde auch sofort die
Geisel frei lassen, er möchte sich nämlich nach Europa hinwenden.
Der Führer des Revolutionskomitees Beheschti dagegen, der perfekt
Deutsch spricht, er war in der Emigration in Hamburg, gibt sich
als armer Mullah. Dieser wünscht aber die Isolierung Irans. Wenn
die beiden aber zum Streiten beginnen und es wieder zu einem
Bürgerkrieg kommt, werden nur die Sowjets die Sieger daraus sein.
Die Zusage, die sie aus diesen Gesprächen erhalten haben, war, als
Antwort auf ihren Besuch wird der Außenminister Ghotbzadeh zur in-
ternationalen Bürositzung kommen. Dann aber wird letzten Endes erst
das Parlament entscheiden. Alles ist schriftlich festgehalten.
Die israelische Situation ist äußerst kritisch, jetzt ist neben
Dayan auch Weizmann aus der Regierung ausgeschieden, trotzdem
kann niemand scheinbar Begin stürzen, die Opposition ist schein-
bar nicht imstande eine Änderung vor den nächsten Wahlen herbei-
zuführen. Sadat ist tief verletzt und hat größte Schwierigkeiten.
In Afghanistan gibt es nichts besonders Neues, aber über Afghanistan
Israel, Berlin und dann noch Reagan, als reaktionärster Präsident,
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den es jemals gegeben hat, gewählt, muß dann alles schief gehen.
In der Debatte hat Dallinger dann besonders auf die Idee von 8
auf 18 % die Mehrwertsteuer für elektrischen Strom zu erhöhen,
hingewiesen und meinte, dies würde eine weitere Belastung der
Konsumenten bedeuten. Der Verbraucherpreisindex würde sich um
0,16 % erhöhen. Jetzt schon müssen die Mieter mit S 4,30 pro m²
rechnen, dann noch eine Elektrizitätsverteuerung dazu würde die
Situation unmöglich machen. Stadtrat Mayr wieder hat darauf ver-
wiesen, daß er sich auch gegen eine Elektrizitätsmehrwertsteuer-
erhöhung ausspricht, wohl aber erwartet er, daß die Regierung,
sprich ich, einen einheitlichen Strompreis festsetzt, die Überge-
winne dann in Tirol und Vorarlberg abschöpft und damit ein Fern-
heizsystem finanziere. Der Westen hat die billige Wasserkraft,
der Osten muß mehr als 50 % von der Verbundgesellschaft zukaufen
und ist durch die Öl- und Gaspreiserhöhung besonders belastet.
Gleichzeitig hat er noch darauf verwiesen, daß der Rhein-Main-
Donau-Kanal bald fertig sein wird und dann die Schiffe Europa-
kähne in Österreich nicht fahren können. Ich mußte mich wegen der
Elektrizitätsäußerung Mayrs melden und habe auch auf die Ausbau-
stufen der DoKW verwiesen. Selbst wenn zur Fertigstellung des
Rhein-Main-Donau-Kanals die Stufe in der Wachau noch nicht vollen-
det ist, wird der Europakahn fahren können, die Wachaustufe muß
früher oder später auch kommen, weil ansonsten die Transportschwie-
rigkeiten, Auflösung des Schleppzuges in zwei und damit wesentliche
Verteuerung der Fracht für diese kurze Strecke, schon allein aus
schiffahrtspolitischen Gründen in der Wachau eine Donaustufe ge-
baut wird. Bezüglich der Möglichkeit, einen einheitlichen Strom-
preis zu erlassen, gäbe es zwar vielleicht theoretisch die ge-
setzliche Grundlage, sicher aber nicht die praktische Durchführungs-
möglichkeit. Auch als AK-Direktor wurden solche Versuche von den
örtlichen Arbeiterkammern Tirol und Vorarlberg ganz entschieden
abgelehnt. Die selbe Stellung hat übrigens dort auch die Sozia-
listische Partei und Landesregierungsmitglieder eingenommen. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß dann noch die schwarzen Landeshaupt-
leute zustimmen.
Da ich um 1/2 5 in Brand beim Truppenübungsplatz in Allentsteig
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sein mußte, mußte ich dann nach meinem Diskussionsbeitrag sofort
die Sitzung verlassen. Ich kam knapp nach 4 nach Brand und war
sehr überrascht, dort bereits alle versammelt und vor der Fest-
halle stehend anzutreffen. Wieder einmal nämlich ist in meinem
Tagesprogramm 1/2 5 als Beginn vermerkt gewesen und die tatsäch-
liche Veranstaltung war für 4 Uhr eingeladen. Dies passiert mir
nun schon einige Male. Hätte ich mich im Parteivorstand länger
aufgehalten oder gar geglaubt, um 1/2 5 beginnts, ich kann ein
bißchen später auch noch hinkommen, dann wären dort die Leute
fast 3/4 Stunden gestanden. Dies darf nicht mehr vorkommen. Es darf
in meinem Tagesprogramm kein Termin eingetragen werden, wo nicht
durch Einblick in die Originaleinladung festgestellt wird, wann
tatsächlich die anderen eingeladen wurden. Da das Büro scheinbar
außerstande ist, diese Kontrolle durchzuführen, bitte ich mir,
in Hinkunft immer jede Einladung persönlich vorzulegen.
ANMERKUNG AN BURIAN: Wieso war dies wieder möglich.
Das Holzunternehmen Schweighofer liegt vollkommen abgelegen,
äußerst ungünstig und hat, wie in der Laudatio dann festgehalten
wurde, einen Umsatz von 500 Mio. S. Er beschäftigt 115 Arbeiter
und Angestellte, für diese Gegend ein gewaltiger Großbetrieb.
1956, als Herr Schweighofer von seinem Vater die Säge übernommen
hat, waren es 3 Beschäftigte. Also eine kleine Quetschn. Natürlich
hat der Bürgermeister und dann auch LRat Schneider auf die kri-
tische Situation im Waldviertel verwiesen. Der Bürgermeister hätte
z.B. sofort zugestimmt, wenn bei ihm ein entsprechendes Ferien-
dorf errichtet wird, wie er in seiner Ansprach auch andeutete.
Ich verwies darauf, daß die Bundesregierung alles unternimmt,
jetzt erst wieder 50 Mio. S über das Bundeskanzleramt für ein Fe-
riendorf im Waldviertel zur Verfügung stellt, wenn auch die NÖ
Landesregierung den selben Betrag aufbringt. Alle Aktivitäten des
Handelsministeriums für das Waldviertel bleiben aber nach wie vor
aufrecht und ich selbst verwies darauf, welche Möglichkeiten für
Fremdenverkehrs-, aber ganz besonders für gewerbliche Betriebe be-
stehen. Bei der Betriebsbesichtigung konnte ich dann tatsächlich
eine der modernsten Sägen Österreichs im Betrieb sehen. Die Me-
chanisierung ist sehr beachtlich. Wie der Betrieb aber in Hinkunft
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auf diesem ungünstigen Standort weiter existieren wird, ist mir,
eigenlich gesagt, ein Rätsel.
Tagesprogramm, 4.6.1980
Typoskript "Bundesparteivorstand im Rennerinstitut", 4.6.1980