Montag, der 2. Juni 1980

55-0680

Montag, 2. Juni 1980

Im ÖGB-Bundesvorstand berichtete zuerst Präs. Benya über die
Wirtschaftslage und Vizepräs. Dallinger über die gewerkschaftli-
che Steuerreformkommission. Im nächsten Jahr sollte ein kleiner
Schritt der Steuerreform durchgeführt werden, um den Pensionisten
und Mindesteinkommensbezieher zu entlasten. Die Ausgleichszulagen-
empfänger dürften nicht jetzt dann unter die Einkommens- resp.
Lohnsteuer fallen. Die große Steuerreform sollte erst 82 in Kraft
treten, da sie nach ÖGB-Vorstellungen 12 Mrd. S kosten wird. In
der Diskussion haben die Minderheitsfraktionen, wie sich die
Volksparteiler und die Kommunisten bezeichnen, nicht nur dagegen
polemisiert, sondern auch Vizepräs. Gassner auf die Landwirtschafts-
probleme, Marktordnungsgesetzverhandlungen, Hofer auf die man-
gelnde amtliche Preisregelung und Streiter über das Energiespa-
ren und gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes und vor allem
über die Internationale Energieagentur gegen mich polemisiert. Da
ich teils sogar zitiert wurde, mußte ich mich zu Wort melden und
habe vor allem auch mit Wiener Schmäh sehr nachdrücklich, aber doch
humorvoll die Position verteidigt. Insbes. verwies ich darauf, daß
die ÖAABler in den Arbeiterkammern für die Einbeziehung der Importe
waren in die amtliche Preisregelung sind und ich sehr gespannt
sein werde, wie sie sich im Parlament verhalten. Die Behauptung
der KPler, daß wir im internationalen Energieagenturvertrag un-
sere Neutralität, was sie nachher auf Souveränität umbenannten,
verlieren würden, konnte ich mit dem Ausspruch Kossygin, daß
er unsere Neutralitätspolitik, wie wir sie jetzt durchführen,
absolut für richtig hält, glatt entkräften.

Vorher hatte Benya vorgeschlagen, den Sekretär der christlichen
Gewerkschaftsfraktion Ing. Engelmayer in den Vorstand zu koop-
tieren, was einstimmig beschlossen wurde.

Beim Journalistenfrühstück konnte ich ganz kurz über den Ungarn-
und Sowjetbesuch berichten, worüber sich dann insbes. über die
Energiesituation eine kleine Diskussion mit den Redakteuren er-
gab. Selbstverständlich informierte ich auch über die Verhandlung


55-0681
gen im Parlament über das Wirtschaftspaket. Wie mir Staatssekre-
tär Albrecht, die die Pressekonferenz leitete, bei der Regie-
rungsbesprechung dann voll Entsetzen mitteilte, hat MR Fälbl bei
seinem Bericht über die Sowjetunion instinktlos, wie eben Beamte
manchmal sein können, so berichtet, daß sie ihm fast das Wort ent-
ziehen mußte. Albrecht fürchtete, daß es damit zu einem Eklat
gekommen ist und Fälbl schwer beleidigt sein wird und sich bei
mir über sie beschweren wird. Ich sagte ihr sofort, sie sollte
sich erstens nichts daraus machen und zweitens, man wird sehen.
Am Abend beim Empfang beim sowjetischen Botschafter hat Fälbl
sie dann derartig charmant begrüßt und devot behandelt, daß sich
wieder einmal meine Theorie bestätigt hat. Albrecht war darüber
sehr froh, sie nimmt alles nur viel zu ernst, was sicherlich in
den meisten Fällen sehr gut ist. Ich hoffe, daß sie sich nur nicht
allzu viel Sorgen über manche kleine Probleme macht. Wie wir
beide beim Mittagessen mit anderen Staatssekretären feststellen
konnten, haben diese wirkliche schwere Probleme zum Unterschied
von ihr. Die Beamten des Handelsministeriums haben längst be-
merkt, wie sehr wir zusammenarbeiten und deshalb wird sich keiner
getrauen gegen sie Stellung zu nehmen oder gar zu versuchen uns
auseinanderzudividieren.

Beim Begräbnis unserer Vorstandskollegin Mucha, die überraschend
gestorben ist, war eine große Anzahl von Teilnehmern, da sie im
Betriebsrat der Ankerbrot-Fabrik seit Jahrzehnten sehr positiv
wirkte, war dies eigentlich selbstverständlich. Infolge des
Schlechtwetters ersuchte man mich, ich sollte in der Aufbahrungs-
halle sprechen und der Betriebsratsobmann dann am Grab. Dies war
mir nur recht, denn dadurch konnte ich, was an und für sich auch
wieder für mich sehr unangenehm war, nach meiner Rede still und
leise zur Regierungsklausur verschwinden.

Kreisky berichtete zuerst über die Korruptionssituation in Öster-
reich. Er meinte, daß das AKH zeigt, daß zwar eine kleinkarierte,
aber fortwuchernde bei den Beamten besteht. Während früher ÖVP-
Regierungsmitglieder solche Korruptionen mitmachten oder zuminde-
stens deckten, wird bei uns alles aufgezeigt. Sollte Siemens da-
ran beteiligt sein, dann gibt es auch dort entsprechende Konse-


55-0682
quenzen. Er hat 1975 bereits seine Parteispende für Siemens für
die SPÖ entschieden abgelehnt. Es soll eine kleine Gruppe der Re-
gierung nicht als Antikorruptionsorgan Überlegungen anstellen, wie
man dem beikommen kann. Bundeskanzler, Finanzminister, Justiz-
minister, Innenminister und Staatssekretär Löschnak. Ihm schwebt
eine innere Revision vor, denn der Rechnungshof ist ja ein Organ
des Parlamentes. Insbes. muß man in Hinkunft auf die Auswahl der
Organe mehr Augenmerk wenden. Ausschreibungen jetzt für die neuen
Direktoren ist anzustreben, obwohl dadurch sich nicht die besten
melden. Wer in ungekündigter Stellung ist oder wer einen großen
guten Namen hat, wird sich nicht um solche Posten bewerben. Dann
wird man nicht umhin können zu sagen, es gibt eben dann noch ei-
nen besseren, den man außerhalb der Ausschreibung dann bestimmt.

Notwendig ist vor allem eine stärkere Public-Relations-Arbeit.
Diese dürfte nicht zu kostspielig sein. Die Herausgeber werden
von Kreisky neue Bundesmittel verlangen und er könnte sich vor-
stellen, daß man insbes. in den Zeitungen, wenn der Finanzminister
zustimmt, mit 15–20 Mio S mehr Public-Relations-Arbeit betreiben
soll. Staatssekretär Fast fragt dann in der Diskussion, ob diese
Zeitungsannoncen nur die fachliche Arbeit des Ministeriums bein-
halten sollen, oder doch mehr die Minister herausstreichen sollten.
Kreisky replizierte, daß alles sachlich bezogen sein muß und
motiviert sein muß. Den Streit, ob diese Mittel der Minister oder
die Staatssekretäre verwenden dürfen, hat er nicht entschieden.

Im Fernsehen wird jetzt nur das Kontroversielle gebracht, obwohl
Bacher mit seinem Fernsehen sich jetzt neutraler gegen die Re-
gierung verhält, als dies selbst unter dem Oberhammer-Regime der
Fall war. Der 3. Kanal, der auf Kreiskys Initiative seinerzeit als
Alternativfernsehen geplant war, soll genauer geprüft werden.
Hier hat in der Diskussion dann Lausecker darauf verwiesen, daß
die Post diesen ausbauen will. Es ist dann die Frage, wem sie
ihn und ob sie ihn zur Verfügung stellt.

Bacher hat unliebsame Redakteure, die er auch wegen der Be-
deutung, dem Einfluß und der Verbindung, die sie oft haben und
die er im Inland nicht braucht, ins Ausland abgeschoben. Aus der
ersten Zeit Dalma und jetzt eine Reihe von anderen wie Pirker,


55-0683
Benedikt usw. Er wird im Herbst die Medienkommission wieder
aktivieren, um Öffentlichkeitsarbeit mit der Regierung besser
einsetzen zu können.

Für den Herbst 80 schlägt er vor, daß wir eine Ergänzung des Re-
gierungsprogrammes machen sollten. Ihm schwebt eine Art Repe-
titorium der Regierungspolitik vor. Beiträge der Minister sollten

an ............ geschickt werden. Entscheidend ist dabei, daß
aber nicht ein Konvolut herauskommt, sondern nur was für den
Bürger interessant ist. Ich weiß nicht, ober er sich dabei an
das viele Papier gestoßen hat, was auch diesmal wieder der Re-
gierungsbesprechung zugrunde lag. Auf alle Fälle will er schein-
bar systematisch die wirklich wichtigen Fragen im Herbst dann
die wichtigen Aktivitäten der Ministerien zusammenfassen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Von der Grundsatzabteilung eine solche Auf-
stellung der einzelnen Sektionen koordinieren lassen.

Über die Außenpolitik berichtete er, daß seine Iran-Reise mit
Mondale, Vizepräs. der Vereinigten Staaten, in Belgrad und insbes.
mit Thounter, ein hoher Beamter des Außenamtes, der amerikanischen
Regierung mitgeteilt wurde. Er konnte auch Banisadr ein ameri-
kanisches Dokument geben, welches dieser noch nicht erhalten hat,
obwohl ein anderer Weg, den die Amerikaner nach Iran haben, dieser
Brief schon längst hätte bei Banisadr sein müssen. Der Revo-
lutionsführer Beheschti, mit dem er das erste Mal zusammengekommen
ist, will nur eine volle Entfaltung des Islams, diese ist nüch-
tern und puritanisch wie Robespierre und schlau wie Stalin. So
war zumindestens Kreiskys Eindruck. Seine ursprüngliche Äußerung,
die verrückten Mullahs, dürfte sich also korrigiert haben. Von den
österreichischen Firmen meinte er, diese müßten sich jetzt wieder
im Iran beteiligen, für die offenen Zahlungen der Porr AG ist
er eingetreten, diese werden auch einen Teil erhalten, sie hätten
nur alles stehen und liegen gelassen und dies sei falsch.

An die Äußerungen Kreiskys hat dann sofort Lausecker über seine


55-0684
Probleme begonnen. Der Schienenverbund mit Wien und Niederöster-
reich, der im Grundsatz 1979 beschlossen wurde, kostet 28 Mrd. S
In diesem Verbundvertrag ist auch vorgesehen, daß eine gewisse
Kontrollfunktion, der Bund beteiligt sich zu 50 % an der U-Bahn
und zu 80 % an der Schnellbahn, durchzuführen ist. Wie ist das
jetzt mit seiner Kontrolle? Kreisky meinte, so wie immer, dies
müsse man alles bilateral besprechen. Androsch meinte, eine zu-
sätzliche Prüfung sei aber insbes. durch eine bundeseigene In-
stanz am besten gewährleistet, Weißenberg, die Innenrevision
funktioniere bei ihm schon ausgezeichnet. Im Sozialministerium
wird alles nur über ÖNORM abgewickelt. Kreisky meinte, um das
geht es nicht, denn hätte er eine Innenrevision, wäre man drauf-
gekommen, daß Sekt.Chef Gatscha 2 PKW hat, einen als Sektions-
chef und einen als ERP-Mann.

Weißenberg hängte dann auch gleichzeitig die Arbeitsmarktsituation
an. Im Mai hätten wir nur 38.200 Arbeitslose, 10.500 weniger als
im Vormonat und 8.800 weniger als im Vorjahr. Die 1,7 Arbeits-
losenrate ist seither auf 1,4 zurückgegangen. Kreisky erwiderte
aber, er kenne gerade von Semperit und dort und in anderen Großbe-
trieben schaut es arbeitsmarktmäßig sehr schlecht aus. Weißen-
berg
meinte, eben dort könnte man ohne weiteres freigestellte
Arbeiter, die man dort nicht mehr weiterbeschäftigen kann, leicht
woanders unterbringen.

Androsch berichtet über das große Werk vom Wirtschaftsforschungs-
institut, welches er auch dann vorgelegt hat. Offen ist dort
noch die Industriefrage und insbes. die Verteilungsproblematik.
Diese wird nachgeliefert. Das Einkommen der Unselbständigen ist
nach Meinung Androsch gegenüber den Selbständigen deshalb zu-
rückgeblieben, weil durch Abwanderung der einkommensschwächsten
Bauern das der Selbständigen im Durchschnitt steigt und der
Unselbständigen, da diese höchstens dort wieder Hilfsarbeiter
werden können, zurückbleiben muß. Die Bruttoinlandsproduktions-
prognose 2 1/2 wird jetzt vom Wirtschaftsforschungsinstitut schon
auf 3 erhöht, er rechnet sogar mit 3 1/2. Die Industrieproduktion
mit 9,1, der Export mit 19 %, die geringe Arbeitslosigkeit, alles
spricht für uns. Kritisch sei nur die Preisentwicklung. Diese
sollte unter 6 bleiben, derzeit in Österreich und Deutschland


55-0685
5,5, in der Schweiz 4,3, die OECD 13 % und die europäischen OECD-
Staaten 14,2 %. Der Rohölpreis sei von 1.500 S im Vorjahr auf
3.100 S gestiegen. Im Außenhandel wirkt sich dies von 8,6 auf
14 Mrd. S aus. Der Fremdenverkehr sei an der Kapazitätsgrenze
angelangt. Jetzt sei eine Exportoffensive notwendig, in die Pro-
blemländer wie Deutschland, Italien, die Sowjetunion auf der
einen Seite und in die Entwicklungsländer auf der anderen. Wir
müßten wieder ein Industriewarennettoexporteur werden. Es droht
die Gefahr einer Entindustrialisierung, siehe Eumig, Eisert,
Bauwirtschaft. Forschung und Entwicklung müßten jetzt bis zur
Serienreife betrieben werden. Der wichtigste Punkt sei aber das
Budget. Die Sozialversicherung könnte sich trotz der Konjunktur
und einer Arbeitslosenrate von 1,4 % nicht im Gleichgewicht
halten. Von Anlegen von Reserven keine Rede, der Arbeitslosen-
fonds ist trotz der guten Konjunkturlage pleite. Die Insolvenz-
versicherung ist mit 500 Mio S passiv. Die Budgetsituation sei
aus den Gründen, erstens eine soziale Ausweitung der Versicherung
für die Land- u. Forstwirtschaft mit 6 Mrd., Wegfall der Zölle
durch die EG mit 10 Mrd., die ÖBB-Defiziterhöhung von 2,6 auf
7,5 Mrd., 2 Betriebe hätten, auch wenn man sie kommerziell richtig
rechnet, einen negativen cash flow, nämlich die ÖBB und die
Bundestheater, die Steuern, aber ganz besonders die Tarife und Ge-
bühren seien nicht in der Vergangenheit entsprechend angepaßt
worden und müßten daher nachgezogen werden, die 40 Mrd. Neuver-
schuldung, die kommen würden, wenn man dagegen nichts unternimmt,
würden 8 Mrd. dann jedes Jahr nach Mehrausgaben bringen, sodaß, wie
er auch in seinem Papier dann ausdrückt, keine Witwenrenten und
Karenzgeldlösung für Bäuerinnen und Selbständige geben kann, ohne
daß das Budget nicht zusammenbricht. Die Beamtenverhandlungen
werden sehr schwierig sein, denn zu diesem Zeitpunkt wird der
Lebenshaltungskostenindex gerade sehr hoch sein, außerdem haben
wir 16.000 Beamte mehr, insbes. 10.000 Lehrer, die auch 4,5 Mrd.
pro Jahr mehr kosten. Die Bundesheer-Wünsche, einen Abfangjäger
mit 4 Mrd. S + 1 Mrd. jährlich in den nächsten Jahren, der Fremden-
verkehr, der ein neues Programm mit 8,2 Mrd. S ausgearbeitet hat,
die Industrie, die Entwicklungshelfer, die Landwirtschaft, die
Forschung, die Verwaltung der Bundesgebäude, die Spitäler, der
Wohnbau, alle wollen mehr, sodaß allein aus der Bundesbudgetvor-


55-0686
schau bis jetzt eine neue Nettoverschuldung von 40 Mrd. incl.
allerdings einer Beamtenlohnerhöhung um 5 % einkalkuliert ist.
Tatsächlich ist er aber nur imstande, eine Neuverschuldung von
25 Mrd. S zu akzeptieren. Dies wird trotz der Erhöhung der Tarife
bei der Bahn, der Post, bei festen Stempelmarken und sogar bei
der Erwägung, die Mehrwertsteuer für Energiefragen von 8 % auf
18 % zu erhöhen, nicht möglich sein. Er erwartet übrigens eine
Sozialversicherungsumschichtung, nicht nur in dem selben Ausmaß
wie in den vergangenen Jahren mit ca. 6 Mrd. S. Weißenberg meinte
dann, er könnte sich 1 1/2 Mrd. S noch einmal vorstellen.

Bei Pöls, Ortmann, Eumig, Länderbank, Polen-Kohlenkredit sowie
Ungarn, Ägypten, Algerien, aber auch für die VEW müßten Lösungen
gefunden werden. Eine Aktionärsbesprechung beim AKH hat einen un-
guten Verlauf genommen. Entscheidungen müssen jetzt getroffen
werden, ob die Dienstzimmer und die Labors entsprechend ausge-
baut werden, was wieder 100 Mio. kostet. Er hat durchgesetzt eine
begleitende Kontrolle von 3 Zivilingenieuren, einen Beamten des
Wiener Kontrollamtes und einen außenstehenden Wissenschaftler.
Diese begleitende Kontrolle soll auch gleichzeitig Kolatierungen
und insbes. die Übersiedlung 1983 mitkontrollieren und vorberei-
ten.

Haiden berichtete dann über die Verhandlungen mit der Landwirt-
schaft. Er bräuchte noch 476 Mio. S mehr, wovon 400 Mio verbindlich
jetzt bereits zu genehmigen sind. Die Volkspartei-Wünsche machen
5,3 Mrd. S Mehrausgaben aus, wenn man noch die Erhöhung der
Pauschalierung von 8 auf 9 % dazurechnet weitere 600 Mio. Etliche
Wünsche wie Biosprit 1,2 Mrd. S, Ölsaatenprojekt 400 Mio., Krisen-
vorrat 1 Mrd. könnte man allerdings davon sofort wegstreichen.

Sekanina berichtete dann über die Straßenbauten und meinte, er
bräuchte bis 1988 20 Mrd. S. Sollte dies aus der Mineralölsteuer
81 bis 84 wenigstens aufkommen, müßte dies um über 1 S erhöht
werden. Sein Versuch war daher sowohl die Brennerautobahn mit
der Arlbergautobahn zusammenzubinden, wodurch er 200 Mio. pro
Jahr erspart, die LKW-Steuer für sich teilweise zu lukrieren
und insbes. auch von der EG etwas zu bekommen. Kreisky meinte,
dies sei aussichtslos.



55-0687

Im Hochbau wurden 424 Projekte, die jetzt im Bau sind, gleich-
zeitig begonnen, 56 davon in 100-Mio.-Bereich. Allein die Salz-
burger Polizeidirektion würde 2,8 Mrd. kosten. Dadurch kommt es
zu irrsinnig langen Bauzeiten und alles, was über 8 Jahre hinaus-
geht, kostet den Staat ungeheuer viel Geld. Ähnlich ist die Situ-
ation beim Wasserwirtschaftsfonds, wo für 27 Mrd. Anträge liegen,
vergeben kann er nicht einmal 5 % der Anträge, denn 3,8 Mrd. ist
bereits Vorgriff. Sekanina versucht verzweifelt Geld zu bekommen,
ihm wurde aber klar und deutlich sowohl von Kreisky als auch
Androsch gesagt, es gibt keines und Lausecker hat die Hoffnung,
daß er ihm etwas abgibt, glattweg abgelehnt.

Eypeltauer hat sich dann noch ganz besonders über die Zinsenbe-
lastung, die jetzt im Wohnbau und in der Wohnbauverbesserung
entsteht beklagt. Die Z verrechnet jetzt schon 11 %. Bezüglich
der im Regierungsprogramm vorgesehenen Startwohnung müßte ein
Budgetansatz zumindestens gemacht werden. Kreisky hat sofort
vorgeschlagen, hier muß man die Länder stärker heranziehen und
Eypeltauer und Nußbaumer aufgefordert, sie sollten jetzt einmal
einen bundeswohnbaupolitischen Plan erarbeiten.

Lausecker meinte, es könnten die Tarife nicht linear, insbes. nicht
bei der Posttelefongebühr erhöht werden. Über 100 km sei man
international gesehen auch zu teuer. Andererseits kann man in
Wien um den Ortstarif überall hin telefonieren, während in den
Ländern oft ganz kleine Strecken dann schon über die Zone 1 hin-
ausgehen. Das größte Problem für ihn seien die Arbeiter-Wochen-
karten, die mit 90 % ermäßigt sind, bei der Bahn, beim Bus be-
tragen sie wenigstens nur 50 %. Jedwede Erhöhung der Arbeiter-
Wochenkarten und Ermäßigung der Subventionierung z.B. von 90
auf 80 % bringt nicht allzu viel, andererseits aber dann gleich
eine 100-%ige Erhöhung der Arbeiterwochenkartentarife. Die Bahn
zahlt dort 2,4 Mrd. drauf. Bei der Ermäßigung der Frachttarife,
die immerhin 70 % der Einnahmen sind, sind es nur 650 Mio. Von
den Nebenfahrbahnen sollen jetzt von den 1443 km von einer Ge-
samtsumme von 6000 km nur 5 % ganz eingestellt werden. Auch dar-
über gibt es jetzt eine heftige Diskussion.

Nußbaumer beschwerte sich über die mangelnde Entwicklungshilfe.



55-0688

Das Ausland anerkennt, daß wir gute Ideen haben. Wir sind von
0,27 auf 0,19 gesunken, da unsere Exportförderung, die der
Finanzminister auch hineinrechnen wird, von der OECD nicht an-
erkannt wird. Derzeit ist die Zielvorstellung 0,7. Alle Staaten
haben dies anerkannt, nur die Iren und Österreich nicht. Kreisky
meinte, darüber wird er mit dem Finanzminister jetzt bilateral
sprechen. Kreisky mußte dann schon mit fast 1-stündiger Verspä-
tung zur Pressekonferenz und machte daher nur mehr die Bemerkung,
die Konzernbetriebe der Banken müßten jetzt auch reorganisiert
werden und enger an die anderen herangeführt. Die VEW dürften
nicht weiter die Tochter der VÖEST-Alpine bleiben, weil dort
werden sie systematisch umgebracht. Er hätte dies auch Apfalter
bereits mitgeteilt. Formell teilte er dann nur noch mit, er wird
dem Bundespräsident Kirchschläger nach dessen Angelobung den
Rücktritt der Regierung anbieten, wahrscheinlich wird dieser ihn
aber gar nicht annehmen. Zusammenfassen kann ich wieder einmal
feststellen, daß viel Papier bei dieser, wie man nicht mehr
sagen will, Regierungsklausur, sondern längeren Ministerratsvor-
besprechung verteilt wurde, auch das Handelsministerium war da-
mit nicht kleinlich, der Finanzminister auch gleich einleitend
so wie Kreisky immer erklärte, er möchte hier nicht über die
Budgetverhandlungen im einzelnen reden, alles wird weiter bila-
teral gemacht, jeder möchte sich nur für seine Aktivitäten eine
Ermächtigung holen. Die Methode ist, im Prinzip haben wir uns
ja geeinigt, es muß gespart werden, daß Budget kann nicht ausge-
dehnt werden, es müssen Abstriche erfolgen usw., aber wie es
im einzelnen dann durchgeführt wird, obliegt natürlich ausschließ-
lich der bilateralen Verhandlungen. Der Unterschied zwischen
Kreisky und Androsch liegt nur darin, daß Kreisky weniger Pa-
piere, Androsch umso mehr Papiere vorlegt. Gelesen werden sie
sicherlich in keinem Fall. Wer könnte dies auch.

Beim Abendessen mit dem sowjetischen Minister in der sowjetischen
Residenz habe ich die Gelegenheit benützt, um Botschafter
Jefremow und Handelsrat Nikolaenko das gewünschte Material
Kossygins über die Methanerfahrung zu geben. Nikolaenko be-
merkte zurecht, Kossygin hätte insbes. erwartet, daß wir ihm
Maschinen und Anlagen und Kontrollgeräte empfehlen können. Dies
ist in dem umfangreichen Material auch beschrieben. Jefremow


55-0689
dagegen meinte, er ist sehr dankbar, daß wir so umfangreiches
Material geliefert haben, er wird es sich jetzt ansehen und dann
eventuell noch Rücksprache mit mir halten.

Selbstverständlich habe ich Jefremow die gewünschten Briefe von
der ÖMV, GD Bauer, gegeben. Nikolaenko hat, und dies haben
sie zwar in Russisch geführt, aber ich konnte es deutlich heraus-
hören, sehr dagegen polemisiert. Als bei der Verabschiedung dann
GD Bauer mit Nikolaenko zu sprechen kam, meinte dieser ihm ge-
genüber, er hätte doch erwartet, daß die ÖMV entsprechende Kre-
ditaktionen mit den Kohlenlieferverträgen anbietet. Bauer meinte,
bei ihnen muß ich sehr vorsichtig sein. Bauer möchte also über
den Botschafter mit den sowjetischen Stellen ins Gespräch kommen,
weshalb er die Briefe an Baibakow und Patolitschew gerichtet
hat. Ob diese Methode gut ist, kann ich nicht beurteilen, ich
glaube eher nein. Der Gegensatz zwischen Jefremow und Nikolaenko
wird dann letzten Endes doch nicht Bauer die Möglichkeit geben
über den Außenhandelsminister Patolitschew hinwegzukommen und
mit Direktverhandlungen Nikolaenko auszuschalten.

Die wichtigste Mitteilung aber war, daß ich Jefremow ersuchte,
dem Ministerpräsidenten Kossygin mitzuteilen, daß für die strengst
vertraulich zu führenden Sonderverhandlungen wegen dem Atommüll
GD Fremuth von mir nominiert wird. In der Regierungsklausur
hatte ich mit Kreisky und Fremuth über dieses Problem gesprochen,
Kreisky möchte nicht in Erscheinung treten und es sollte nichts
Schriftliches gegeben werden. Für eine Verhandlung ist er aber
letzten Endes dann doch zu gewinnen gewesen. Ich habe klipp und
klar erklärt, da Kreisky auch wegen der Volksabstimmung größte
Bedenken hat, daß wenn es nicht gelingt eine Atommüllagerung
zustandezubringen, ich keinen Ausweg aus dieser Situation sehe.
Kreisky wieder wollte von Fremuth insbes., daß jetzt er mit den
Polen über weitere Stromlieferungen verhandelt. Die Polen möchten
dafür aber 1,4 Mrd. $ Kredit, dieser Strom sollte dann auch für
andere europäische Staaten geliefert werden. Die CSSR wird aber
mit der Durchleitung größte Schwierigkeiten machen. Der Strom
würde übrigens dann sehr teuer sein, 70 bis 80 Groschen die kWh
durch die hohe Zinsebelastung. Kreisky erwartet, daß Fremuth posi-


55-0690
tiv weiter mit den Polen verhandelt. Ich habe mich sehr
skeptisch geäußert und vor allem darauf gedrängt, daß jetzt
endlich der Polen-Kredit wegen der Kohlenlieferung akzeptiert
wird. Ich bin bezüglich einer Elektrizitätslieferung von 1600
GWh 1983 aus dem alten Vertrag sehr skeptisch. Fremuth teilt
diese Meinung. Kreisky hat das Gefühl, er will seine große
Energiekonzeption mit Polen scheinbar sabotieren. Fremuth soll
weiter verhandeln und erklären, der Strom ist eben zu teuer.

55_0679_01

Tagesprogramm, 2.6.1980

55_0679_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

55_0690_01
55_0690_02

Tagesordnung 45. Ministerratssitzung, 2.6.1980

55_0690_03
55_0690_04

hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)


GND ID: 118715194


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sozialminister
    GND ID: 118806904


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sts. BKA


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
        GND ID: 119083906


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Staatssekretärin


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ÖAAB-Funktionär, ÖGB-Vizepräsident, BR-Abg.


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: sowj. Handelsrat


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Sts. HM


                Einträge mit Erwähnung:


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: ORF


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: GD ÖMV


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: sowj. Botschafter


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Verkehrsminister


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: ORF


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Finanzminister
                                GND ID: 118503049


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: GD VÖEST


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: iran. Revolutionsführer


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        GND ID: 115563237


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Gosplan-Vorsitzender


                                          Einträge mit Erwähnung:


                                            Einträge mit Erwähnung:


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Obfrau Frauenreferat LUGA


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: US-Vizepräs.


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: ORF-Generalintendant


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Sts.


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Fraktion kommunistischer Gewerkschafter im ÖGB


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: ORF


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: Beamter US-Außenministerium; wohl Falschschreibung


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                Tätigkeit: Beamter HM


                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                                  Einträge mit Erwähnung:


                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                      Tätigkeit: Bundesvors. GLB


                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                        Tätigkeit: Staatssekretär BKA


                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                          Tätigkeit: Personalvertreter HM, Christgewerkschafter, ÖVP-Politiker


                                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                            GND ID: 118566512


                                                                            Einträge mit Erwähnung:


                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                                                                GND ID: 118723189


                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                  Tätigkeit: iran. Präs.


                                                                                  Einträge mit Erwähnung: