Samstag, der 31. Mai 1980 bis Sonntag, der 1. Juni 1980

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Samstag, 31. Mai 1980, und Sonntag, 1. Juni 1980

Bei dem Ungarn-Besuch hatte ich ursprünglich gar nicht die Absicht,
daß Gemeinschaftskraftwerk zwischen CSSR und Ungarn in Gabčíkovo-
Nagymaros zu besichtigen. Da wir aber an der Grenze eine Spezial-
karte von Györ bekommen haben, versuchte ich dieses Kraftwerk
zu lokalisieren. Interessant war, daß der ungarische Handelsrat
Hammer nur vom zweiten Kraftwerk in der Nähe von Esztergom wußte,
ich selbst aber wieder angenommen habe, diese tschechische-ungarische Doppelbezeichnung ist so ähnlich wie bei uns Abwinden-As-
ten, d.h. rechts und links von der Donau in das nächstgelegene
Dorf bestimmt die offizielle Bezeichnung. Meine Vermutung, der
Handelsrat Hammer und vor allem der begleitende Protokollmann,
der ja meistens gleichzeitig auch ein Sicherheitsbeamter ist,
wollen mir dies nicht zeigen, hat sich dann als vollkommen falsch
herausgestellt. Beide wußten davon wirklich nichts.

Die erste Station war der große Dom von Esztergom, den ich ja
jetzt bereits zum zweiten Mal besichtigt habe. Da dies ein ganz
interessanter Bau, aber immerhin knapp 100 Jahre alt ist, ist
er kunsthistorisch für mich von keinem besonderen Interesse. Schon
dachte ich mir, diese Station hätten sie mir ersparen können.
Der Zufall wollte es aber, daß vor etlichen Wochen dort eine
Ausstellung über die Donau war, wo das Modell des Donaukraftwerkes
gezeigt wurde. Durch irgendeinen Zufall, ich wußte nicht wieso,
hat der Prior von meinem Interesse erfahren und mich dann gefragt,
ob mir dieses Modell, das letzte, das noch von der Ausstellung
geblieben war und in einem Raum abgestellt wurde, interessierte.
Dadurch konnte ich die Anlage genau auf meiner Karte fixieren.
Da ja alle diese Ostkarten aber die Gepflogenheit haben nur
ihre Orte und Städte einzutragen, war natürlich von Gabčíkovo
auf meiner Landkarte nichts zu finden. Nagymaros in der Nähe von
Visegrád konnte ich dann sehr bald sehen, weil wir zum Mittages-
sen ins Hotel Szilvánusz fuhren, auf einem Berg gelegen, wo man
die Donau schön überblicken kann und daher sowohl von oben als
auch bei der Durchfahrt ich die beginnenden Bauarbeiten feststel-
len konnte. Auf der Rückfahrt ersuchte ich dann die uns beglei-


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tende Polizei und insbes. den Sicherheitsbeamten und Protokoll-
mann, der aus Györ war, uns doch zur Donau zu führen, was dieser
bereitwilligst tat. Ausgekannt hat er sich allerdings überhaupt
nicht. Nur durch etliches Fragen konnten wir dann endlich die
Baustelle des dort beginnenden ganz großen Bauwerkes, Errichtung
des Dammes und Absperrung der Donau entdecken. Unwahrscheinlich,
wie solche Großprojekte zwar in ihren Zeitungen manchmal ganz
groß herauskommen, u.a. soll es in der Zeitschrift Pannonia, wie
mir den Botschafter Dengler sagte, bis ins Detail beschrieben
sein, andererseits aber die Leute scheinbar nur sich dafür inter-
essieren oder nur die davon im Detail informiert werden, die un-
mittelbar davon betroffen sind. Nach den Damm- und Brückenbauten
zu schließen, dürfte tatsächlich der Aufstau an die 4 m sein,
weshalb sich, wenn Donaukraftwerksfachleute bei uns dort runter
fahren, leicht errechnen ließe, wie weit der Rückstau nach
Österreich rein ist.

Binnenhandelsminister Dr. Sághy wollte mir natürlich vor allem
auch die neue Attraktion in dieser Wald- und Bergregion um
Visegrád zeigen. Man hat dort den Forst jetzt für die Besucher
geöffnet, ein paar Holzhäuser reingestellt, vor allem aber rie-
sige Plastikzelte, die dann gleichzeitig zur Übernachtung von
10 Leuten dienen können. Eine Koch- und Waschstelle wurde ge-
schaffen, die Idee ganz gut, die Ausführung, wie ich dies auch
in Bulgarien an der Schwarzmeerküste feststellen konnte, manchmal
sehr kitschig. Wenn sie in Beton bauen, sind sie sehr modern,
wie ich auch bei den beiden Hotels, die ich eröffnet habe, an den
Modellen feststellen konnte, wenn sie sozusagen romantisch in
den Wald mit Holz gehen, dann wird das ganze immer ein wenig
kitschig.

Die sogenannte Künstlerstadt Szentendre beherbergt 8 Museen von
teil noch lebenden Künstlern, die den größten Teil ihres Lebens
allerdings im Ausland, meistens in Paris, verbracht haben. Da es
sich aber um ein altes Städtchen handelt, welches auch entspre-
chend gepflegt wurde, machte es einen sehr netten Eindruck. Selbst-
verständlich kommen nicht nur Ausländer, sondern noch viele Buda-


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pester und sonstige Ungarn zu Besuch, wodurch sich eine Belebung
des Städtchens ergibt.

Am Abend, bei den Ungarn geht es ja gar nicht anders, gab es an-
stelle irgendeiner kulturellen Veranstaltung ein Essen in einem
Hotel am Berg, wo auch die Pioniereisenbahn ihren Ausgang nimmt.
Da es schon sehr spät war, konnten wir diese nicht mehr besich-
tigen. Bevor wir in das Lokal gegangen sind, hat Außenhandels-
minister Veres mir gesagt, er war einmal mit einem deutschen
Minister hier und als er reingekommen ist, war das Lokal mit
Deutschen bummvoll. Der Zufall wollte es, daß diesmal eine ganz
große Gruppe von Österreichern dort war. Die haben natürlich so-
fort, als sie mich erkannten, "der Happy Pepi" gerufen. Ich lobte
Veres, daß er imstande war, dies immer so gut zu organisieren,
jeweils der Minister, der ihn begleitet, wird von seinen eigenen
Landsleuten dort begrüßt. Einen größeren Zufall als wie bei den
beiden Ministern hätte man sich wirklich nicht vorstellen können.

Die Besprechungen mit Veres nützte ich dazu, um die Wünsche der
VÖEST-Alpine und Waagner-Biro, die mir in Briefen und Fernschrei-
ben dies mitgeteilt hatten, zu deponieren. Gerade bei solchen
Besuchen bemüht sich natürlich dann der Gastgeber, die Vorschläge
weitestgehend zu prüfen und vielleicht sogar auch wirklich zu
erfüllen. Hier kann er sich nämlich, oder muß er sich, besser ge-
sagt, mit dem Einzelprojekt, das man vortragt, ganz besonders be-
schäftigen. Bei großen Gemischten Kommissionen sind es eh
meistens Dutzende von Vorschlägen. Ich verstehe daher nicht ganz,
warum die österreichischen Firmen meine Anwesenheit in diesen
Ländern nicht mehr nützen.

Der einzige, der davon eine Ausnahme macht, war der GD Wallner
vom Casino. Dieser hatte mit der Fa. Danubius einen Kooperations-
vertrag vorbereitet. Die Casino AG würde sich mit 49 % an einem
ungarischen Casino beteiligen. Er hatte mit dem Casinovertreter
bereits einen Vorvertrag fix und fertig und angenommen, es ist
alles in schönster Ordnung. Er ist eigentlich nur mitgefahren,
damit ich ihm Sághy vorstelle. Sághy hat dagegen mir auf der
Fahrt, als ich auf dieses Problem selbstverständlich sofort zu


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sprechen kam, mitgeteilt, es hätten sich noch andere beworben.
Ursprünglich waren es 6 Bewerber, jetzt sind nur mehr die BRD und
Österreich übergeblieben. Die BRD hat wesentlich günstigere Be-
dingungen und Konditionen gegeben. Für mich war es ganz klar,
daß zwischen der BRD und Österreich der Vorzug uns gegeben wird.
Die Schwierigkeit war nur herauszufinden, um wieviel und in wel-
chen Punkten die BRD besser ist. Sághy meinte, Details kennt er
nicht, was teils stimmten mag, in Wirklichkeit aber wollte er sich
nicht präjudizieren. Er bekommt, wie er mir mit Recht sagte, die
letzten Endes notwendige Vorlage und Unterschrift erst ganz zum
Schluß. Zwischendurch hatte ich dann natürlich wieder mit Wallner
gesprochen, der mir mitteilte, er nimmt an, daß die Hamburger,
die übrigens auch von der Österreichischen Casino AG eingerichtet
wurden, sich um dieses Geschäft beworben haben. Da die Hamburger
die Spielautomaten noch nicht besitzen, hat mich Wallner ersucht,
daß ich auf diesen Punkt besonders hinweise. Außerdem habe ich
natürlich sofort unterstrichen, daß letzten Endes Hamburg auch von
uns mehr oder minder mitgegründet wurde. Sághy war damit einver-
standen, daß wenn die Verhandlungen, die Wallner letzten Endes
dann mit Danubius in Budapest führte, zu keinem Ergebnis führen
sollten, wir am nächsten Tag noch einmal bei einem Empfang über
dieses Problem sprechen sollten. Spät abends ist dann Wallner ge-
kommen und hat mir mitgeteilt, daß er sehr wohl durch Nachlassen
von 800.000 $ jetzt alle offenen Punkte von Danubius erfüllt
hat. Diese Zahl hört sich schrecklich viel an, ist in Wirklich-
keit aber nur eine rein fiktive Leistung. U.a. wird das know-how,
welches die Casino AG einbringt, von 400.000 $ auf 200.000 $ ge-
senkt. Für Verluste wird eine Ausfallshaftung übernommen. Wenn
es zu keinem politischen Erdrutsch kommt, kann das Casino keine
Verluste haben. Die Personalleistung wird nicht so hoch angesetzt,
als ursprünglich vorgesehen. Für die Verzollung der einzuführenden
Tische usw. wird ein Kredit gewährt. Ich glaube daher fest, daß
jetzt alle Punkte erledigt sind.

Sághy hat am Sonntag morgen für mich überraschend eine Presse-
konferenz angesagt. Dort wurde ich natürlich über die öster-
reichisch-ungarische Wirtschaftssituation gefragt, insbes. wollte
man von mir wissen, ob ich ausschließlich wegen der Grundstein-


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legung der beiden Hotels komme. Ich nützte natürlich die Gelegen-
heit, um zu sagen, ich wäre auch wegen der Casino-Verhandlungen
befaßt worden und könnte mit Freude feststellen, daß man sich
jetzt geeinigt hat. Sághy war über diese Mitteilung nicht allzu
glücklich, denn er meinte, die Presse sollte darüber jetzt noch
nicht schreiben. Der tiefere Grund sei aber, wie er mir dann ver-
sicherte, weil er doch jetzt für diese Woche noch die Deutschen
eingeladen hat und nicht wünscht, daß diese aus der Zeitung er-
fahren, daß Danubius und die Österreichische Casino AG bereits
handelseinig sind. Vielleicht allerdings wollen die neuerdings
dann noch einmal Wallner drücken.

Die beiden Hotelgrundsteinlegungen waren nichts Besonderes.
Sághy selbst hat, zum Unterschied von den ersten beiden, auch dies-
mal frei gesprochen, kennt eine Unzahl von Details und hat eigent-
lich alles gesagt, was man zu einer solchen Hotelgrundsteinlegung
sagen kann. Mir blieb natürlich dann noch immer genug, insbes. der
Wiener Schmäh, der ja auch in Ungarn gut ankommt. Da die meisten
Zuhörer ja entweder Deutsch konnten oder größtenteils auch Öster-
reicher waren, verlief alles programmgemäß. Überrascht war ich
nur, daß verhältnismäßig höchstens ein Dutzend Arbeiter von Öster-
reich bei der Feier anwesend war. Während ich bei den ersten
beiden Hotels bei der Grundsteinlegung mit einer ganzen Gruppe
von in Bauarbeiterkluft erschienenen Baraberern reden konnte,
waren es diesmal eben, wie gesagt, nur ein Dutzend fein gekleideter
Herren. Da diesmal die Arbeitsgemeinschaft Hinteregger aus Vor-
arlberg zum Zuge kam, erklärte ich mit Recht, daß Sághy dadurch
auch eine innerösterreichische Koordinierung zustande gebracht
hat. Hinteregger hat mir nämlich vorher erklärt, er hätte es
sehr schwer gehabt, sich gegen ostösterreichische Firmen, sprich
insbes. die Großen, Porr, Universale usw., durchzusetzen. Alle
diese österreichischen Firmen rechnen fest, daß sie weitere Hotels
bekommen, die Ungarn bauen mindestens noch 8 Stück. Ich selbst
habe Sághy immer wieder und dann auch bei meiner öffentliche An-
sprache auf den Wunsch der österreichischen Firmen und das große
Interesse der österreichischen Bundesregierung, bei diesen Bauten
zum Zuge zu kommen, hingewiesen. Schwierigkeiten gibt es, wie
ich durch Gespräche mit Dr. Jurkowitsch von der österreichischen


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Firma Warimpex feststellen konnte, bei der Forintrechnung. Die
Ungarn haben angenommen, daß sie in 20 Jahren forintmäßig den
Kredit für diese Hotels zurückzahlen können. Jetzt stellt sich
heraus, daß dies 23 Jahre dauern würde, weshalb die Planungsbe-
hörde große Schwierigkeiten macht. Jurkowitsch meinte, es wäre
auch günstig, wenn man den Ungarn Hotelmanager oder zumindestens
Managerbetreuung und Beratung in Österreich anbieten könnte.
Dagegen ist gar nichts einzuwenden, nur fragt sich, wer bereit ist
diese Managementschulung durchzuführen resp. was die Ungarn
dafür bezahlen wollen. Die Ungarn haben ja nicht zuletzt mit
Intercontinental, jetzt mit Hilton usw. solche Hotelverträge abge-
schlossen, damit sich nicht nur in der Kette sind, sondern auch
das amerikanische Management und die ganze Betriebsfort übernehmen
können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie weit können wir diese Idee weiterver-
folgen?

Den Vorteil, den ungarische Hotelbauprojekte haben, ist, daß der
Architekt sich, wie dies bei dem Hotel, wo der Grundstein gelegt
wurde, es handelt sich um die Autoeinfahrt von Österreich kommend,
einen herrlichen Platz dadurch sichern konnte, daß man einen
dort befindlichen Friedhof ganz einfach wegräumte. Makaber wurde
mir erzählt, hat man beim Aushub etliche Knochen gefunden.

Sághy selbst teilte mir dann freudestrahlend mit, daß jetzt das
Fremdenverkehrsabkommen von ihnen aufgrund unserer letzten Vor-
schläge akzeptiert werden kann. Er schlug deshalb vor, wir soll-
ten so schnell als möglich das Abkommen auch unterfertigen, weil
Österreich der einzige Staat ist, mit dem sie ein solches Abkom-
men bis jetzt nicht haben. Selbstverständlich erklärte ich mich
dazu sofort bereit und habe Sághy für September, früher kann er
nicht, nach Österreich eingeladen. Wir würden am Freitag den Ver-
trag unterzeichnen und Samstag, Sonntag würde ich dann mit ihm
und vor allem seiner Frau eine entsprechende Rundreise veranstal-
ten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte alles insbesondere Termin genau
fixieren.

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Tagesprogramm, 31.5.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesprogramm, 1.6.1980


Tätigkeit: Baufirma Hinteregger, Bregenz


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: ung. Binnenhandelsminister


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        Tätigkeit: Fa. Warimpex


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          Tätigkeit: ung. Handelsrat


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            Tätigkeit: Botschafter in Ungarn


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                Tätigkeit: ung. Außenhandelsminister


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