Dienstag, der 27. Mai 1980

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Dienstag, 27. Mai 1980

Die Gemischte Kommission mit dem argentinischen Außenhandelsmini-
ster wurde von mir einleitend dahingehend informiert, daß zweifels-
ohne aus Verschulden der österreichischen Unternehmer und auch des
Handelsministeriums der argentinisch-österreichische Handel keines-
falls den Möglichkeiten auch nur annähernd entspricht. Im vergangenen
Jahr hatten wir einen Importrückgang von 500 Mio S auf 295 Mio S
festzustellen. Unsere Exporte dagegen sind von 568 Mio auf 708 Mio
gestiegen. Der argentinische Minister de Hoz verwies darauf, daß
sie jetzt einen neuen 10-Jahres-Investitionsplan von 120 Mrd $ haben,
Energie, Telekommunikation, Transport, Hafenausbau usw. Derzeit läuft
ein 20jähriges hydro power Programm. Auch Naturgas wird jetzt in
größerer Menge gewonnen und sogar exportiert, insbes. sind die Wirt-
schaftsverflechtungen zwischen Brasilien und Argentinien verstärkt
worden. Die Absicht der Argentinier ist es, klar und deutlich diese
beiden großen lateinamerikanischen Staaten wirtschaftlich näher
zu bringen und dadurch eine ganz große Wirtschaftsmacht in diesem
Gebiet darzustellen. Der argentinische Minister unterstrich, daß
sie nicht nur den normalen Handel ausbauen wollen, sondern auch öko-
nomische Partner suchen. Hier hätte Österreich große Möglichkeiten.
Durch den argentinischen verstärkten Handel und die verstärkten Ko-
operationen könnte man auch gleich eben Brasilien besser mitbetreuen.
Brasilien und Argentinien bilden eine Entente cordiale.

Da er noch vor der Eröffnung eines Symposiums mit österreichischen
Unternehmern in der Handelskammer den Präsidenten der Bundeshandels-
kammer besuchen wollte, war sein und auch mein Einleitungsreferat
verhältnismäßig sehr kurz. Da ich weiß, daß die Lateinamerikaner
verhältnismäßig sehr protokollbewußt sind, habe ich veranlaßt, daß
er in unserem Haus beim Portier bereits empfangen wird. Da ich
vermutete, die Bundeshandelskammer würde vielleicht nicht ein ent-
sprechendes Protokoll kennen, habe ich ihn extra persönlich in die
Bundeshandelskammer begleitet. Wie ich erwartet habe, sind dort
weder beim Portier noch dann im Stock, sondern wirklich erst im
Zimmer des Präsidenten Sallinger Gen.Sekr. Kehrer und der Obmann
des Außenhandelsausschusses Schoeller gesessen und haben auf ihn ge-


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wartet. Ich kann ja wirklich nicht verstehen, wie man so gefühls-
und instinktlos sozusagen wartet, bis er kommt. Da mußte ich
wirklich unserem Protokoll Abbitte leisten. Bei uns funktioniert
es wirklich wesentlich besser.

Mit GD Fremuth besprach ich die weitere Vorgangsweise für die
Atommüllbeseitigung. Fremuth vertritt so wie ich den Standpunkt,
wir müssen jede Gelegenheit nützen, um hier, wenn das Volksbegehren
einigermaßen Erfolg haben sollte, um eine Atommüllbeseitigung an-
bieten zu können. Der Flugzeugkauf, sei es in Frankreich oder in
in den Vereinigten Staaten, ist die eine Möglichkeit, die Kompo-
nentenlieferung in die Sowjetunion vielleicht eine andere. Ver-
folgen müssen wir alle diese Wege unter allen Umständen. Da
Fremuth vor nicht allzu langer Zeit von Bundeskanzler Kreisky er-
fahren hat, daß er in dieser Frage gar nichts unternehmen soll,
möchte er jetzt unbedingt, daß ich und er mit Kreisky darüber
sprechen. Dagegen habe ich gar nichts einzuwenden, die nächste
Möglichkeit ergibt sich, da Kreisky derzeit in Griechenland einen
Staatsbesuch absolviert, am kommenden Montag bei der Regierungs-
klausur.

Bezüglich der Errichtung des Kohlekraftwerkes in Burgenland zur
Verfeuerung der ungarischen Kohle gibt es lt. Mitteilung von
Fremuth keinen neuen Gesichtspunkt. Solange die burgenländische
Landesregierung die Umweltschutzauflagen nicht genau festgelegt
hat, kann die Verbundgesellschaft die Stromkosten nicht kalkulie-
ren und erklärt sich außerstande einen Kohlenvertrag mit den
Ungarn abschließen zu können. Ich habe in einem Antwortschreiben
an LH Kery festgehalten, daß eine Entschwefelungsanlage dann ge-
baut werden soll resp. sogar muß, wenn sich nach einer gewissen
Betriebszeit herausstellt, daß die Schornsteinhöhe und damit die
Emissionsverteilung im burgenländischen Gebiet nicht ausreicht.
Ich fürchte, daß Kery und die ganze Landesregierung dagegen ver-
langen wollen, wir sollten jetzt bereits in die Planung und auch
Finanzierung und damit auch in den Elektrizitätspreis eine sünd-
teure Entschwefelungsanlage einbauen. Fremuth unterstreicht immer
wieder, dann würde diese kWh auf fast 1 S kommen, bei wesentlich
geringeren Stromerlösen der Verbund.



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Bei den Donaukraftwerken, die ich mit dem Bundespräsidenten
besuchte, ist die Situation wesentlich besser. Dort bringen nicht
nur die alten gebauten Donaukraftwerke günstigere Stromerlöse,
sondern selbst die neuen haben den Vorteil, daß sie weit unter
dem Schilling die kWh produzieren können. Der Besuch sollte dem
Bundespräsidenten, aber auch mir klar und deutlich zeigen, wie sehr
die Donaukraftwerke hier ein wirklich großzügiges Ausbauprogramm
bewerkstelligen. Dir. Kobilka liegt im Rudolfsspital. Die Führung
hat deshalb der Mitte des Jahres in Pension gehende Direktor
übernommen. Für mich interessant war nur das in Ybbs-Persenbeug
aufgebaute Modell der Donau, derzeit von Altenwörth bis Wien,
mit einem besonders noch vergrößerten Modell der Donaustufe
Greifenstein. Die Hochwasserüberschwemmung, die dort simuliert
wurde, hätte Prof. Lorenz sehr befriedigt. Seine Ganserln und
Vögel brauchen in den Donauauen immer in gewissen Perioden eine
Überschwemmung. Trotz Ausbau aller Donaukraftwerke wird in Ab-
ständen von 5 bis 7 Jahren stets der Fall sein, wie ich mich bei
unzähligen Aussprachen auf der Fahrt genau überzeugen konnte.

Das Kabelkartell Österreichs feierte mit den Lieferungen in die
Sowjetunion ihren 25jährigen Bestand. Zu diesem Zweck hat GD
Wolfsberger den Partner dieser Organisation Raznoimport, Russow,
eingeladen. Seit den 25 Jahren werden 3 mal so viel Kabel gelie-
fert als zu Beginn 1955. Der Betrag ist immerhin 10 Mio. Rubel.
Als neues Produkt wurden jetzt Aluminiumfolien für 9 Mio. Rubel
ebenfalls von Österreich abgenommen. Rasnoimport, Russow, verwies
aber darauf, daß die Sowjetunion auch größere Exporte in Aluminium,
Nickel und ganz besonders synthetischen Kautschuk nach Österreich
durchführen wollte. Mir ist es eigentlich unerklärlich, wieso diese
Rohstoffprodukte von uns nur unzulänglich oder vielleicht von
Raznoimport gar nicht abgenommen werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was weiß Fälbl davon?

Im Präsidium der SPÖ Landstraße herrschte fast eine verzweifelte
Stimmung, denn für den Landstraßer Kirtag am Wochenende hatte der
Zeltbesitzer abgesagt. Sallaberger war in Niederösterreich über-
all rumgefahren, um ein anderes Bierzelt arrangieren zu können,


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niemand hat sich dazu bereit erklärt. Die Kommissionierungen in
Wien sind viel zu kompliziert und zu langwierig, kein Bierzeltaus-
steller möchte sich einer solchen Aufgabe unterziehen. Da ver-
zichtet er lieber auf das verhältnismäßig sehr gute Geschäft,
was sicherlich der Landstraßer Kirtag für ihn bringen würde.
Sallaberger hat nun mit dem Zelterzeuger Peterson verhandelt und
hofft, daß dieser uns, natürlich gegen entsprechend hohe Mieten,
ein solches Zelt aufstellt. Bevor in der Bezirksausschußsitzung
dieser Landstraßer Kirtag bis in die letzten Details noch einmal
besprochen wurde, hat Heindl mich ersucht, ich sollte über die
wirtschaftliche und ganz besonders natürlich außenpolitische
Situation einen Bericht bringen.

Bei der Kirtageröffnung am Freitag kann ich anwesend sein und
zur Schlußfeier am Sonntag bin ich auch schon aus Ungarn zurück.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Freitag Termin einplanen.

Ministerpräsident Kossygin hat, scheinbar ausgelöst durch ein
großes Methanunglück im sowjetischen Bergbau, großes Interesse
geäußert, die Erfahrungen Österreichs im Untertagbau kennenzu-
lernen. Ich habe ihm versprochen, daß wir ihm einen ausführlichen
Bericht über die sowjetische Botschaft zur Verfügung stellen.
Bei der Kabelfeier hat der sowjetische Botschafter großes Interesse
gezeigt, von mir eine Information über die sowjetisch-österreichi-
sche Gemischte Kommission, insbesondere natürlich die Vorsprache
bei Ministerpräsidenten Kossygin zu bekommen. Ich habe ihm zugesagt,
in den nächsten Tagen zu ihm in seine Botschaft zu kommen. Bis
zu diesem Zeitpunkt muß der gewünschte Brief der ÖMV an die
sowjetische Regierung, wegen Kohleimport eingeschaltet zu werden,
fertig sein.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Bauer soll jetzt endgültig diesen
Brief bringen.

Darüber hinaus möchte ich bei dieser Gelegenheit dann den Bericht
über die österreichischen Methangrubenunglücke, soviel ich mich


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erinnern kann, war das größte in der Kriegszeit in Fohnsdorf mit
über 100 Toten, sowie über die Schutzmaßnahmen, die bei uns er-
griffen wurden, vor allem aber auch über die möglichen Schutzan-
lagen, die in Österreich erzeugt werden, einen genauen Bericht
mitbringen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte dies sofort bei der Obersten Berg-
behörde veranlassen.

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Tagesprogramm, 27.5.1980


GND ID: 118715194


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Dir. DoKW


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD ÖMV


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        Tätigkeit: Zelterzeuger; evtl. Petersen?


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          Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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            Einträge mit Erwähnung:
              GND ID: 115563237


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                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Fa. Raznoimport, Moskau


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                    GND ID: 118566512


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Obmann Sekt. Ind. BHK


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR HM


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                          Tätigkeit: Gen.Sekr.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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                              Tätigkeit: bgld. LH


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                                Tätigkeit: GD Siemens Österreich


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                                  Tätigkeit: argent. Wirtschaftsminister


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                                    Tätigkeit: Beamter HM


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                                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                      GND ID: 102318379X


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                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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