Dienstag, der 20. Mai 1980

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Dienstag, 20. Mai, bis Montag, 26. Mai 1980

Beim Jour fixe habe ich Sallinger mitgeteilt, daß der Handels-
ausschuß wahrscheinlich 2 Unterausschüsse gründen wird, einen für
das Problem des sogenannten ÖVP-Initiativantrages wegen des
Mittelstandsgesetzes und den zweiten wegen der Wirtschaftsgesetze.
In diesem wird auch das Mühlengesetz verhandelt.

Sallinger berichtet mir von der Vorstandssitzung des Olympischen
Komitees, welches einstimmig letzten Endes dann für die General-
versammlung eine geheime Abstimmung beschlossen hat, von den 58
Mitgliedern waren dann 46 anwesend, von denen 37 für die Teilnahme
und 9 gegen die Teilnahme stimmten. Sallinger war als Wirtschafts-
vertreter sowohl im Vorstand als auch dann in der Generalversamm-
lung brennendst daran interessiert, daß die Teilnahme positiv be-
schlossen wurde. Nur der ÖVP-Jugendsprecher, NR. Höchtl, hatte sich
bereits vorher schon gegen die Teilnahme ausgesprochen. Sallinger
war über dieses Ergebnis sehr erfreut, weil er mit Recht sagte,
dadurch würden unsere sowjetischen Wirtschaftsbeziehungen noch
wesentlich verbessert werden können.

Gleißner, der von Gen.Sekr. Kehrer gerufen wurde, wollte von seinem
Präsidenten eine Weisung, wie der eingeladene Taiwaner Wirtschafts-
minister mit seiner Begleitung bezahlt werden kann. S 46.000.––
für Essen und Heurigen hätte er sowieso übernommen, strittig waren
die S 70.000.–– für Hotel und Transportkosten. Da wir unter allen
Umständen vermeiden wollen, daß Rot-China, wenn das Handelsmini-
sterium auch nur einen Schilling dazu zahlt, eine offizielle Dele-
gation daraus macht und damit sich dagegen ausgesprochen hätte,
einigten wir uns, daß die Handelskammer alles bezahlt. Da ich auch
keinen offiziellen Brief deshalb wegen der Bezahlung schreiben
wollte, meinte Gen.Sekr. Kehrer, er macht einen Aktenvermerk über
diese Aussprache.

Bezüglich des iranischen USA-Boykott-Wunschs wird die Handels-
kammer überlegen, wie sie den courant normal, also den normalen
Handelsverkehr, weiterhin abwickelt. Im Verhältnis zum Durchschnitt
der letzten 5 Jahre liegt derzeit der Handelsverkehr bei ca. 1/3.



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Die Gefahr besteht nur, daß jetzt der Export Deutschlands nach dem
Iran und vielleicht auch sogar Amerika über Transit Österreich
nach den Iran geht. In diesem Fall wäre der durchschnittliche nor-
male Handel in Kürze erreicht und die österreichischen Exporteure
hätten dann keine Möglichkeit mehr, exportieren zu können. Diesen
Zustand möchte die Handelskammer auch nicht, Gleißner wird deshalb
sich überlegen, wie er dem österreichischen Exporteur seine Export-
möglichkeit wahrt und den Transithandel über Österreich, an dem
auch österreichische Transithändler verdienen, nach dem Iran gege-
benenfalls sogar durch ein Verbot stoppt.

ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte die Handelskammer soll die-
se Entscheidung so schnell als möglich treffen.

Die Handelskammer ist genauso erschüttert, daß wir das argentini-
sche Rindfleisch für den Botschafterabend mit der argentinischen
Fußballmannschaft nicht einführen konnten, weil die österreichischen
Veterinäre sich dagegen ausgesprochen haben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich brauch vom Gesundheitsministerium eine
genaue Begründungsablehnung.

An der EFTA-Tagung in Schweden werden nur Gleißner und Melis teil-
nehmen. Mein Vorschlag, auch den Präsidenten oder den Generalse-
kretär zu schicken, wird nicht akzeptiert. Kehrer verweist darauf,
daß der ÖGB auch nur Muhm schickt. Bezüglich der Kosten der EFTA-
20-Jahrfeier in Wien ersucht die Handelskammer, ob nicht doch ich
diese übernehmen könnte. Ich werde dies erst entscheiden, bis ich
die genaue Aufstellung kenne.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte eine diesbezügliche Zusammenstellung
machen lassen.

Das WIFI möchte für die Innovation und Energieberatung in Zukunft
vom Handelsministerium 10 Mio S Subvention. Der bisherige Betrag
war 6 Mio., 8 Mio. erwartet sich die Handelskammer.



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ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte die Budgetziffern der letzten Jahre
zusammenstellen lassen.

Bezüglich der § 68, Führung des Staatswappens, bezüglich der
Immobilientreuhänder, hat das Handelskammerpräsidium beschlossen,
daß diese nicht ausgeschlossen werden können. Die Fa. Hrabak wird
daher von der Handelskammer jetzt positiv begutachtet. Bezüglich
der WIGAST, der Nachfolgeorganisation und Firma der WÖK, wird,
obwohl die Fremdenverkehrssektion dagegen gestimmt hat, die Han-
delskammer wahrscheinlich ein positives Gutachten abgeben.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte verfolge dies weiter.

Neuerdings urgiert die Handelskammer für die Fa. Hein und vor allem
für die Fa. Singer, eine Reinigungsanstalt, und Prack & Matzke,
die schon jahrelang eingereicht haben und von der Arbeiterkammer
immer wieder abgelehnt wurden. Der Obmann des Büromaschinengre-
miums Reinauer, und die Fa. Springer haben bereits ihr Ansuchen,
wegen ständigen Einspruchs der Arbeiterkammer zurückgezogen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was ist mit diesen 5 Fällen.

Bezüglich der Beitrittsverhandlungen von Griechenland zur EG
wird jetzt an der Formulierung der Rechtsstandpunkte der EG und
Österreichs gearbeitet. Solange die EG diese Frage nicht erledigt
hat, ersucht mich Kehrer, sollten wir nicht paraphieren. Ich in-
formiere ihn, daß eine interministerielle Sitzung jetzt die end-
gültige und weitere Vorgangsweise beschließen wird.

Bezüglich der Zinsen in der Bürges möchte die Handelskammer, daß
so wie bei dem Kleingewerbekredit und der Fremdenverkehrssonder-
kreditaktion automatisch dieser Höchstzinssatz mit der Bankrate
steigt und fällt. Dagegen spreche ich mich ganz entschieden aus,
weil ich überzeugt bin, daß auch die Banken, welche innerhalb der
Handelskammer für diesen Wunsch Propaganda machen, bei den fixier-
ten tieferen Höchstzinssätzen letzten Endes die Gewerbebetriebe
mit Krediten versorgen werden. Auch vor einigen Jahren hat es
schon eine solche schwere Auseinandersetzung zwischen den Banken-


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vertretern und dem Handelsministerium gegeben. Die Drohung, dann
nicht Kredite zur Verfügung zu stellen, wurde damals auch ausge-
sprochen, aber nicht durchgeführt. Wenn der Gewerbebetrieb mit
seiner langjährigen Bankverbindung von dieser dann einen Bürges-
Kredit finanziert bekommen will, hat er ihn bis jetzt immer noch
erhalten.

ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Wie geht dies jetzt mit der
Handelskammerbesprechung weiter.

In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky gemeint, daß be-
züglich der 25-Jahrfeier Österreichischer Staatsvertrag die Ver-
anstaltungen und Zeitungsberichte zusammengefaßt werden sollten.
Der Bundespressedienst wird nur formell die Koordinierung durch-
führen. Sekt.Chef Neumayer, der diese Sektion übertragen bekommen
hat, könnte dies gar nicht und würde alles relativ lustlos derzeit
machen. Neumayer besetzt außerdem alles mit Volksparteilern, seine
Bestellung, sagt Kreisky, für die er verantwortlich ist, war sein
Fehler. Er wird also für diese Redaktionsarbeit versuchen,
Portisch zu gewinnen. Blecha schlägt Andics vor, wenn Portisch
ablehnen sollte. Firnberg berichtet, daß von dem wissenschaftlichen
Symposium und Androsch von dem ökonomischen Symposium sowieso eine
Publikation aufgelegt wird. Kreisky meint, dann könnte man eine
Österreich-Reihe mit einheitlicher Gestaltung ausmachen.

Der Antrag vom World Wildlife Fund, die Regierung soll das
Sammelergebnis verdoppeln, wird abgelehnt. LH Kery würde dadurch
sehr verärgert. Firnberg berichtet, daß der World Wildlife Fund
die 1 Mio. Pacht nicht aufbringen kann. Kirchschläger hat um eine
Unterstützung ersucht, 1/3 soll der Bund übernehmen, das Land-
wirtschaftsministerium hat bereits 100.000.–– zugesagt, auch das
Wissenschaftsministerium wird eine Subvention gewähren.

Der Bürgermeister von Bregenz will nach seinem großen Wahlerfolg
jetzt auch die ÖBB-Untertunnelung durchführen, um das Bregenzer
Seeufer freizubekommen. Androsch meint, auch die Autobahn-Unter-
tunnelung von Feldkirch, der Ausbau der Strecke Feldkirch Bludenz
mit einem zweiten Geleise müßten in diesem Fall gekoppelt werden.



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Das Land muß nämlich 20 % Anteil übernehmen, weshalb diese
Forderung des Bundes von Landeshauptmann Keßler zurückgestellt
wird. Sekanina verweist darauf, daß auch ein Citytunnel gebaut
werden muß. Das Ganze soll in einem Paket abgehandelt werden.

Die Rechnungshofberichte von den Ländern werden von Dr. Wiesmüller
für Kreisky genau gelesen und exzerpiert. Kreisky meint, dort
findet man Kritiken an den Personalzulagen und Personalpensionsre-
gelung, die günstiger sind, als die der Bundesangestellten. Auch
die anderen negativen Gesichtspunkte sollte man in den National-
ratsdiskussionen stärker hervorheben.

Kreisky berichtet dann über die Informationen, die er vom
Giscard-d'Estaing-Besuch in Warschau und Zusammentreffen mit
Breschnew hat. Er sieht darin nur eine Veranstaltung, die dem
französischen Prestige dienen soll. Vor allem will man den Besuch
des Bundeskanzler Schmidt in Moskau, die optische Bedeutung ein-
schränken und besonders das Sonderverhältnis Frankreich – Sowjet-
union herausstreichen.

Kreisky erwähnt, daß im Iran die Gruppe stärker wird, die eine
Lösung wünscht. Nähere Informationen gibt er nicht.

Staatssekretär Eypeltauer berichtet, daß bei der Wohnbauförderung
jetzt ihr Vorschlag, eine bessere Wärmedämmung einzuführen, auf
heftigsten Widerstand der sozialistischen Parlamentsfraktion ge-
stoßen ist. Kreisky meint, dies müsse die Fraktion akzeptieren.
Androsch verweist, daß ein umfassendes Energiesparprogramm von
uns beschlossen wurde und deshalb auch dann wenn weniger Wohnungen
gebaut werden können, müßte dies durchgezogen werden. Schon jetzt
wurde der Heizkostenbeitrag von 9 S auf 12 S pro m² erhöht. Auf
lange Sicht wird durch bessere Wärmedämmung Energie gespart und
der Mieter erspart sich auch Geld. Kreisky wollte schon einen Aus-
schuß der beteiligten Ministerien einsetzen, als Sekanina letzten
Endes mitteilt, er hat mit dem Fraktionsvorsitzenden des Bauten-
ausschusses, NR. Babanitz, eine Besprechung vereinbart, um die
Differenzen auszuklären.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Stelle bitte fest, was der Unterausschuß
letzten Endes dann beschlossen hat.



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Im Ministerrat berichtet Kreisky, daß er nach Bonn fliegt, um
den mexikanischen Präsidenten mit Brandt und anderen zu treffen,
damit eine Besprechung über den Nord-Süd-Dialog gelöst wird. Der
Präsident der Sozialistischen Internationale, Brandt, ist in dieser
Frage scheinbar gescheitert, jetzt versucht man mit einem ge-
meinsamen Vorsitz Präsident Mexikos und Bundeskanzler Österreichs
eine neue Verhandlungsphase vorzubereiten.

Im Handelsausschuß wird erwartungsgemäß die interessante Tages-
ordnung erledigt und für die beiden Probleme Klein- und Mittel-
betriebe und Wirtschaftsgesetze jeweils ein Unterausschuß einge-
setzt.

Bei der Rußland-Fahrt habe ich Kehrer über die Tätigkeit des
Handelsausschusses genauer informiert. Er war auch sehr erstaunt
zu erfahren, daß wir bis jetzt alles mit Ausnahme des Kernkraft-
werkproblems einstimmig dort beschlossen haben. Bezüglich des
Vorschlages von Abg. Feurstein in der letzten Handelsausschuß-
sitzung, die mit der Europäischen Gemeinschaft jetzt vereinbarte
Zolltarifierung und Ermächtigung des Gemischten Ausschusses, das
in Hinkunft selbst tun zu können, dem Parlament vorzubehalten, war
er entsetzt. Die Handelskammer ist über die Lösung, die letzten
Endes dann auch beschlossen wurde, sehr glücklich. Die Unternehmer
können dadurch schneller und zweckmäßiger tarifieren. Überhaupt
habe ich die Gelegenheit des Rußlands-Besuches, wo ich doch fast
eine Woche mit Kehrer zusammen war, genützt, um mit ihm über das
Verhältnis Handelsministerium – Handelskammer und vor allem die
Schwierigkeit der Handelskammer innerhalb der ÖVP, ohne ins ein-
zelne einzugehen, zu besprechen. Er hat wahrscheinlich genau
den selben schwierigen Stand innerhalb der ÖVP als ich oft mit
der Arbeiterkammer.

Der Empfang und das Verhandlungsklima in der Sowjetunion war
äußerst herzlich. Zu meiner größten Überraschung ist sogar
Patolitschew mich am Flughafen abholen gekommen. Die Verhandlung
lief programmgemäß, ich habe gleich bei meiner Einleitung dann
durchgesetzt, daß die Firmenvertreter für VÖEST-Alpine, Gasser,
für Siemens Wolfsberger, für Haid Dautzenberg, für Voith Dr.



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Roth und für die Schiffwerft Korneuburg Hager, kurze Erklärungen
abgegeben haben. Außerdem hat selbstverständlich Gen.Sekr. Kehrer
ein Statement gebracht, wo er auf den Rückgang unserer Maschinen-
und Anlagenexporte hinwies. Der Vizeminister Manschulo hatte
in seinem Referat ausgeführt, daß immerhin noch 40 % Maschinen
und Anlagen in die Sowjetunion exportiert werden können, während
die Österreicher nur 2 % übernehmen. Für 250 Mio Rubel werden
jetzt Verhandlungen geführt. Insgesamt soll der sowjetisch-öster-
reichische Handelsverkehr im Jahre 1980 von 810 Mio. Rubel '79
auf 823 Mio. steigen.

Der Vorsitzendes des Staatskomitees für Außenwirtschaftsbeziehun-
gen in der Gemischten Kommission, Jakubow, berichtete, daß jetzt
für Drittländer mit österreichischen Firmen 3 Mio. Rubel-Verträge
unterzeichnet wurden. Für 20–25 Mio Rubel werden Verträge ver-
handelt. Im neuen 5-Jahresplan von '81–'85 sei ein Kernkraftwerk
in Libyen, ein Kohlenbergbau in Jugoslawien, eine Zellulose- und
Papierfabrik in Bulgarien, eine Zementanlage in Jugoslawien, in
Syrien eine Bahn und Häfen sowie in Kolumbien und Jemen entspre-
chende Projekte mit einem Österreich-Anteil von 400–500 Mio. Rubel
möglich. Wie weit solche Drittlandprojekte wirklich gehen, kann
ich kaum beurteilen. Wenn österreichische Firmen eingeladen werden,
hoffe ich, daß sie sich daran beteiligen, noch viel mehr aber
rechnet die Sowjetunion, daß österreichische Firmen die sowjeti-
schen Außenhandelsorganisationen, insbes. eben das Staatskomitee
für Außenwirtschaftsbeziehungen bei Projekten in Drittländern mit-
nehmen.

Überrascht war ich, daß der Ministerpräsident Kossygin den Wunsch
äußerte, ich sollte ihn besuchen kommen. Da man mir freistellte,
meine Begleitung zu wählen, habe ich selbstverständlich neben
dem Botschafter Hinteregger sofort bestimmt, daß auch Gen.Sekr.
Kehrer neben Min.Rat Fälbl mitgehen sollte. Für Kehrer war dies
eine besondere Auszeichnung und für mich eine Gelegenheit ihn
stärker in die sowjetisch-österreichischen Vertragsverhandlungen
einzubinden. Kossygin selbst hat dann über eine Stunde mit mir
verhandelt. Hinteregger hat darüber eine Aktennotiz angefertigt,


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die ich dem Tagebuch als strengst vertraulich beihefte. Ich werde
ein solches Exemplar Kreiskys Kabinett für ihn schicken. Kossygin
hat einleitend besonders hervorgehoben, daß die Zusammenarbeit
mit Österreich bestens funktioniert und daß insbes. Kreisky nicht
nur eine große Autorität, sondern auch mit ihm zu reden ein großes
Vergnügen ist. Er wird nach Österreich kommen. Der Termin bleibt
aber noch offen. Natürlich versuchte ich während der ganzen Zeit
bei jeder sich passenden Gelegenheit immer wieder auf die Energie-
frage zu sprechen zu kommen. Ich verwies, daß Österreich das erste
Land war, welches ein Röhrengasgeschäft mit der Sowjetunion abge-
schlossen hat. Patolitschew hat mich bei einer Vorbesprechung im
kleinsten Kreis darauf aufmerksam gemacht, daß strengst vertraulich
ein neues solches Geschäft von der Sowjetunion projektiert wird,
worüber ich aber mit niemandem offiziell sprechen soll. Bezüglich
des Elektrizitätsaustausches war Kossygin einverstanden, daß die
Verhandlungen weitergeführt werden. Der bedeutendste Punkt in
meinen Augen aber unserer Aussprache war, daß es mir geglückt ist,
Kossygin zur Atommüllfrage eine Zustimmung über weitere Verhand-
lungen zu erreichen. Mein Gedanke war, wir sollten in die Sowjet-
union weiters Komponenten von der VÖEST-Alpine, Andritz usw. lie-
fern und dafür sollte die Sowjetunion unseren Atommüll übernehmen.
Für beide also ein gutes Geschäft, wir werden die abgebrannten
Brennelemente los und die Sowjets würden dafür Komponenten als
Bezahlung erhalten. Da ein solches Atommüllager Milliarden-Beträge
kosten würde, konnten hier ganz schöne Exporte getätigt werden.
Kossygin stimmte zu, daß man sich darüber Gedanken machen soll.
Die Gemischte Kommission sollte dies aufklären, es seien Fach-
leute einzusetzen, in der Sowjetunion gibt es dafür ein Sonder-
ministerium. Ich habe sofort erklärt, ich werde die Verbundgesell-
schaft beauftragen, diesbezügliche Verhandlungen sofort zu begin-
nen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Strengst vertraulich Fremuth informieren.

Selbstverständlich erwähnte ich auch die kritische Auftragssitu-
ation der Schiffswerft Korneuburg, wobei Kossygin meinte, die
Flußschiffe seien in der Sowjetunion sehr populär. Ich bin fest
davon überzeugt, wie mir dann auch Dir. Hager, den ich davon in-


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formierte, mitteilte, sie hofften zusätzliche Anschlußaufträge
zu bekommen.

Bei einem sehr geschickt arrangierten Empfang von Hinteregger
traf ich den Gasminister Orudschew, mit dem ich dann auch über die
Gassituation vertraulich gesprochen habe, und gleichzeitig dann
den für Papiermaschinen zuständigen Minister, der von mir dahin-
gehend beeinflußt wurde, daß wir fest damit rechnen, die fünfzigste
Papiermaschine von Voith jetzt zu bekommen. Voith hat diese
Maschine um 936 Mio. S angeboten, ist jetzt bereits bei 820 Mio S.,
angeblich betragen die Selbstkosten 835 Mio. Die Sowjets möchten
aber nur 766 Mio bezahlen, womit gerade die Grenzkosten gedeckt
sind. Wie mir dann in der Sowjetunion noch mitgeteilt wurde,
hätten die Finnen, unsere härtesten Konkurrenten, bereits aufgege-
ben, weil sie fest überzeugt sind, daß Österreich diese Maschine
bekommen wird. Die Firmenvertreter, aber auch die Repräsentations-
vertreter in der Sowjetunion, welche ich alle bei einem Empfang
des österreichischen Handelsdelegierten Draszczyk getroffen habe,
waren mit der neuen Einführung, Firmenvertreter in die Kommission
aufzunehmen, sehr einverstanden. Noch mehr waren sie aber zufrieden
mit dem Einsatz, den wir alle, aber doch auch insbesondere ich
bezüglich ihrer Firmenwünsche geleistet habe. Das System, die ent-
sprechenden Listen zu übergeben, wurde insoferne verbessert, als
erstmals auch eine Schwerpunktliste von dem Handelsdelegierten
Draszczyk vorgeschlagen wurde. Bis jetzt hat die Handelskammer
sich immer geweigert eine Selektion durchzuführen, weil dann
vielleicht die eine oder andere Firma beleidigt sein könnte. Da
Gen.Sekr. Kehrer sich selbst überzeugen konnte, daß eine Selektion
auch im Interesse Österreichs dringendst notwendig ist, hat er,
glaube ich, dieser neuen Regelung zugestimmt.

Der von der Handelskammer nominierte Obmann-Stellvertreter des
Außenhandelsausschusses, BR Dr. Pisec, wurde letzten Endes auch
von Kehrer dazu bestimmt, die Usbekistan-Reise mitzumachen. Dort
wird ein fantastischer Wiederaufbau dokumentiert. Leider, und das
werden sie in ein paar Jahren bereuen, werden alle alten Gebäude
weggerissen, soweit sie nicht historischen Wert haben. In
Buchara, ein sehr interessanter, fast orientalischer Markt, sicher-


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lich in Wirklichkeit sehr schäbig, soll auch total verschwinden.
Die neue Markthalle wurde dem mich begleitenden Binnenhandelsmi-
nister Usbekistans gezeigt, sie ist noch im Bau und wir versanken
bis zu den Knöcheln im Staub. Sowohl Kehrer als ich bemühten uns
den Usbeken klar zu machen, daß der alte orientalische Markt,
wenigstens ein kleines Stückchen, erhalten bleiben sollte. Die Jugend
sei daran nicht interessiert, wird doch auch nicht hingehen, wes-
halb alles weggeräumt wird, um um die Zitadelle einen freien
Verkehrsplatz zu schaffen. Die Restaurierung der historischen Ge-
bäude erfolgt vorbildlich, bekommt aber dann einen fast leichten
sterilen Charakter. Typisch für mich war, daß dort, wo seinerzeit
die Weißrussische Revolution sich abgespielt hat, kein einziger
Fremdenführer auch nur eine Silbe erwähnt. Nur der Parteivorsitzende
von Buchara hat bei einem Minorewegesetz restauriert wird, erklärt,
dort hätten sie durch einen tollkühnen Flugzeugangriff von dem
Revolutionär Frunse, der die Rote Armee dort unten führte, den
Antirevolutionstruppen solchen Schrecken eingejagt, daß sich diese
ergeben hätten. Niemand anderer erwähnte die weißrussische Konter-
revolution auch nur mit einem Wort. Da es dort unten natürlich
nur Hammelfleisch gab, die Versorgung aber gegenüber Moskau ist
auch mit Obst und Gemüse wesentlich besser, habe ich, wie Kehrer
mir zugestanden hat, sehr geschickt getarnt, so getan als würde
ich alles essen und habe dabei wirklich eigentlich nur von Brot
und Früchten gelebt. Jede warme Speise war, ob Frühstück, mittags
oder abends, stets mit Hammelfleisch garniert. Die Gastfreundschaft
der Usbeken ist allerdings ungeheuer groß und nur durch geschickte
Tarnung konnte ich erreichen, daß sie nicht beleidigt waren. Pisec
selbst wieder war glücklich, daß Kehrer ihn bestimmte, an dieser
Reise mitzumachen und hat nur dann am letzten Tag unter furchtbaren
Magenkrämpfen gelitten. Er behauptet, er hätte sich infiziert. Zu
meiner größten Verwunderung ist dann nach Rückkehr nach Moskau auch
zur Verabschiedung am Flughafen Patolitschew wieder erschienen.
Die Sowjets legen ganz großen Wert darauf, unser gutes Einvernehmen
und vor allem die Politik Österreichs immer wieder als zwar neutral,
aber sehr positiv zu unterstreichen. Im Flugzeug haben wir dann
eine ganze Reisegruppe aus Österreich getroffen. Kehrer meinte,
als diese mich um Autogramme angegangen sind und wir natürlich
den Wiener Schmäh haben laufen lassen, daß ich doch überall nur


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Politik mache. In Wirklichkeit konnte ich mich aber davon selbst
überzeugen, daß diese Leute, besonders wenn sie nach längerer Zeit
wieder nach Österreich zurückkehren, mir immer wieder bestätigen,
wie froh sie sind, daß sie dann in die Heimat zurückkommen können.
Österreich ist für sie dann umso begehrenswerter, wenn sie die
Zustände in der Sowjetunion und in anderen Staaten der Welt kennen-
lernen.

Kreisky hat, wie wir noch in der Sowjetunion gehört haben, mit den
Verhandlungen im Iran wegen der Geiselfreilassung einen riesen
weltpolitischen Erfolg errungen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Kreisky braucht für Schweden eine Redeunter-
lage von Steiger wegen der EFTA.



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Unterredung des Herrn Bundesministers für
Handel, Gewerbe und Industrie, Dr. Josef
Staribacher
, mit Ministerpräsident Kossygin

Am 21.5. wurde der Herr Bundesminister für Handel,
Gewerbe und Industrie über sowjetische Initiative von Minister-
präsident Kossygin zu einem einstündigen Gespräch empfangen.
Auf sowjetischer Seite waren Außenhandelsminister Patolitschew,
Vizeaußenhandelsminister Manschulo und der sowjetische Handels-
delegierte in Österreich, Nikolaenko, anwesend, auf öster-
reichischer Seite Botschafter Dr. Hinteregger, Ministerialrat
Dr. Fälbl und Generalsekretär Dr. Kehrer.

Nach begrüßenden Worten von Ministerpräsident Kossygin
bemerkte der Herr Bundesminister, er habe davon Kenntnis, daß
Herr Bundeskanzler Dr. Kreisky anläßlich der kürzlichen Unter-
redung mit Außenminister Gromyko in Wien den aufrichtigen Wunsch
ausgedrückt habe, daß Ministerpräsident Kossygin zu einem ihm
genehmen Termin der Einladung des Herrn Bundeskanzlers Folge
leisten und einen offiziellen Besuch in Österreich absolvieren
möge. Dr. Staribacher fügte hinzu, daß für Herrn Bundeskanzler
Dr. Kreisky und für die ganze Bundesregierung dieser Besuch
eine große Freude und Genugtuung sein würde.

Herr Kossygin entgegnete, Außenminister Gromyko habe ihm
die neuerliche Einladung des Herrn Bundeskanzlers überbracht. Er
bitte, dem Herrn Bundeskanzler auszurichten, daß er mit großer
Freude nach Österreich fahren werde, gegenwärtig aber noch kein
Datum nennen könne, da er sehr mit Arbeit überlastet sei. Es
gehe gegenwärtig um die Erstellung des Wirtschaftsplanes für
1981 sowie des neuen 5-Jahresplanes und des Perspektivplanes
bis 1990. Es gelte ca. 100 Ministerien oder diesen gleichgestellte
Behörden sowie die Wünsche von 15 Teilrepubliken zu koordinieren
und mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten in Einklang zu bringen.
Er bittet daher um Verständnis, daß er über das Besuchsdatum nichts
Konkretes sagen könne, möchte aber diesen Besuch realisieren, sobald
sich ihm Gelegenheit hiezu bietet, er komme gerne mit Herrn
Bundeskanzler zusammen, weil dieser über großes internationales
Ansehen verfüge und zwischen ihnen sehr gute Beziehungen bestünden,


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Seinerzeit, als die sowjetischen Truppen sich noch
in Österreich befanden, wurde gesagt, die Russen würden nicht
aus Österreich abziehen, ja sie würden noch weiter verstoßen.
Dies sei nichts als Provokation gewesen. Seit 25 Jahren, d.h.
seit dem Abschluß des Staatsvertrages, leben die Österreicher
in Frieden, sind ein freies, neutrales Land, dem es als
solchem weitaus besser gehe, als wenn es paktgebunden wäre.
Es habe freie Hand in seiner Politik und eine laute Stimme
in der Welt, die auch von anderen gehört werde.

Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Österreich
seien gut, die österreichische Führung und insbesondere Herr
Kreisky genießen große Autorität. Auch künftig werden seiner
Meinung nach sich die Beziehungen sehr gut gestalten. In
diesen Beziehungen gebe es keine Engpässe und wenn auch je-
mand nach solchen suchen wollte, würde er keine finden. Weder
die Sowjetunion noch Österreich werden nach solchen Engpässen
suchen, da dies nicht im Interesse der einen oder anderen
Seite liegen könne.

Auf die Frage Herrn Kossygins, womit sich die gegen-
wärtige Tagung der österreichisch-sowjetischen Gemischten
Kommission befasse, erklärte Außenhandelsminister Patolitschew,
daß vor allem ein neues langfristiges Programm der wirt-
schaftlichen Kooperation ausgearbeitet worden sei, welches
zwar eher allgemeinen Charakter habe, aber doch die Grundlage
für eine Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen bieten werde.

Bundesminister Staribacher erklärte, er sei mit Herrn Patolitschew
einer Meinung, daß sich die österreichisch-sowjetischen Wirtschafts-
beziehungen ständig verbessern. Wenn es fallweise kleinere Schwie-
rigkeiten gebe, so würden diese mit Unterstützung von Herrn Patolitschew
immer wieder gemeistert. Gegenwärtig gebe es zum Beispiel
Schwierigkeiten auf dem Gebiete des Tiefbaues, und er drücke die Hoff-
nung aus, daß die österreichischen Werften noch Aufträge aus der Sow-
jetunion erhalten werden.

Herr Kossygin erwiderte, daß sich die österreichischen Schiffe in der
Sowjetunion großer Beliebtheit erfreuen. Sodann stellte er die Frage,
ob die österreichische Verschuldung gegenüber den westlichen Ländern
eine sehr hohe sei.



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Bundesminister Staribacher verneinte dies und fügte
hinzu, daß die österreichische Staatsschuld natürlich in den
letzten Jahren gewachsen sei, daß es sich jedoch um eine überwiegend
innere Verschuldung handle, die staatlichen Auslandsschulden
belaufen sich gegenwärtig auf 60 Mrd. S bei einem Nationalprodukt
von 900 Mrd. S.

Herr Kossygin meinte hiezu, daß dies normal sei. Öster-
reich führe seine Wirtschaft gut.

Der Herr Bundesminister wies sodann auf die gute Be-
schäftigungslage sowie die geringe Arbeitslosenrate (1,8 %) hin.
Ein ernstes Problem, wofür er auch zuständig sei, sei allerdings
die Energiesituation.

Herr Kossygin meinte hiezu, daß Österreich mit diesem
Problem nicht alleine dastehe, sondern man dies in der ganzen
Welt antreffe.

Der Herr Bundesminister dankte für das Verständnis der
Sowjetunion für die Lieferungen der für die österreichische Wirt-
schaft so wichtigen Energieträger, für die man langfristige Ver-
träge abgeschlossen habe. Österreich sei das erste Land gewesen,
welches einen großen Kontrakt für die Lieferung von Rohren gegen
Erdgas abgeschlossen habe. Es habe sozusagen das Recht des Erst-
geborenen und habe von sowjetischer Seite stets eine bevorzugte
Behandlung erfahren.

Ministerpräsident Kossygin wies darauf hin, daß die Sowjetunion
nunmehr außer nach Österreich auch nach Frankreich, Italien und
der BRD Erdgas liefere. In der Sowjetunion gebe es viel Erdgas
und es sei auch beabsichtigt, die Förderung weiter zu steigern,
doch lägen die Vorkommen in sehr entfernten Gegenden. Der Bau
der Gasleitung sei sehr teuer. So komme eine Gasleitung vom nörd-
lichen Eismeer in die zentralen Gebiete auf ca. 4 Mrd. $ zu stehen.
Eine Gasleitung mit einem Rohrdurchmesser von 1420 mm könne einen
Durchsatz von ca 30 Mrd. m³ im Jahr bewältigen. Man müßte nunmehr
Leitungen für einen Druck von 100 Atmosphären bauen, wodurch der
Durchsatz auf 45 Mrd. m³ erhöht werden könnte. Gegenwärtig aber gebe
es jedoch noch nicht die entsprechenden Anlagen für einen solchen
Druck. Es müßten neue Rohre, Kompressoren und andere Apparaturen ent-
wickelt werden, welche das sehr große Risiko vertretbar machen würden.
In den USA habe man Versuche mit 100


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Atmosphären Druck gemacht, doch hätten diese bisher keine große
Verbreitung gefunden. Eine andere Möglichkeit sei die Erhöhung
des Durchmessers der Rohre auf 1620 mm, doch seien hierüber
die Experten sehr unterschiedlicher Meinung, da sehr große Ver-
luste entstehen würden und auch die erforderlichen Kompressoren
ein Problem darstellen. Gegenwärtig fördere die Sowjetunion mehr
als 400 Mrd. m³ Erdgas, man wolle jedoch die Produktion weiter
erhöhen, wofür die vorhandenen Vorkommen durchaus die Möglichkeit
bieten würden. Allerdings stelle man sich bisweilen die Frage,
was in 100 Jahren sein werde, woher werde dann z.B. Österreich
das Erdgas beziehen. Bundesminister Staribacher erwähnte, daß in
Österreich bereits Bohrungen in 7800 m Tiefe nach Erdgasvorkommen
durchgeführt würden.

Herr Kossygin bemerkte hiezu, daß auf der Halbinsel
Kola bei Bohrungen bereits eine Tiefe von 11000 m in 3jähriger
Arbeit erreicht worden sei, doch handle es sich hiebei in erster
Linie um wissenschaftliche Versuche. Ministerpräsident Kossygin
stellte sodann die Frage, ob in Österreich Kohle abgebaut werde.

Bundesminister Staribacher führte aus, daß es in
Österreich keine Steinkohle, sondern nur Braunkohle gebe. Früher
habe man Kohle in großer Tiefe abgebaut, was jedoch sehr teuer
gekommen sei. Jetzt gewinne man Braunkohle nur noch im Tagbau,
müsse jedoch sehr viel Abraum beseitigen. Die Kohle sei von
schlechter Qualität und werde daher sofort zur Gewinnung elektrischer
Energie verfeuert.

Ministerpräsident Kossygin erklärte, er stelle die Frage deshalb,
weil in kleinen Ländern oft interessante Sicherheitseinrichtungen
gegen Methangasexplosionen bestünden. Gäbe es in Österreich solche
Geräte? Es wäre dies für die Sowjetunion von Interesse und man
würde gerne einige Spezialisten zum Studium solcher Einrichtungen
nach Österreich entsenden. Man nehme auch mit der BRD und Frank-
reich diesbezüglich Kontakt auf, aber vielleicht gäbe es auch Interes-
santes in Österreich. Gegebenenfalls könne man eine Kooperation auf
diesem Gebiet ins Auge fassen, wie überhaupt aus aller Welt Erfah-
rungen und Ausrüstungen für die Schächte der sowjetischen Bergwerke
erworben werden sollen. Es gebe sehr große


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Kohlevorkommen von hoher Qualität in der Sowjetunion, wobei
jedoch die große Schwierigkeit der weiten Transportwege gegeben
sei. Bezüglich Methan bitte er nochmals zu prüfen, was es in
Österreich an Sicherheitseinrichtungen gebe und dies Minister
Patolitschew bekanntzugeben. Vielleicht gebe es auch spezielle
Methoden für Bohrungen.

Bundesminister Staribacher sagte zu, er werde sofort
veranlassen, daß die einschlägigen Unterlagen über den sowjetischen
Handelsvertreter in Wien an Patolitschew gesandt werden. In
Österreich habe man den früheren Bergbau in der Tiefe von 1300 m
aus Rentabilitätsgründen eingestellt. Andererseits sei man jedoch
an einer Ausweitung des Tagbaus interessiert, so werde über eine
Kooperation mit Ungarn bezüglich eines Tagbauprojekts großen Aus-
maßes an der Grenze verhandelt.

Ministerpräsident Kossygin bemerkte, daß auch in der
Sowjetunion große Tagbaubetriebe in Kasachstan und Sibirien exi-
stieren. Man habe jedoch beschlossen, an Ort und Stelle Kraft-
werke zu errichten, um die langen Eisenbahntransporte zu vermeiden.
Die Möglichkeit werde geprüft, chemische Anlagen zur Kohleverflüssi-
gung zu errichten.

Bundesminister Staribacher erwähnte sodann die
Gespräche, die mit der Sowjetunion über einen Stromaustausch –
elektrische Grundlast gegen Spitzenenergie – zwischen Österreich und
der Sowjetunion und den hiefür erforderlichen Stromverbund geführt
werden, was sich für beide Teile sehr günstig auswirken könnte.

Ministerpräsident Kossygin wies auf das große Ausbauprogramm
im europäischen Teil der Sowjetunion hin, welches sich auf Atom-
und Wasserkraftwerke stütze. Kraftwerke auf Basis Kohle, Erdgas
und Heizöl würden im europäischen Teil nicht mehr errichtet werden.
In Leningrad sei ein Atomkraftwerk mit 3 Reaktoren und einer Ge-
samtkapazität von 3 Mio. KW bereits in Betrieb, ein 4. Reaktor
werde gebaut. Die gesamte Industrie des Gebietes könne damit ver-
sorgt werden. Auch werde die Zusammenarbeit mit den
Ländern auf diesem Sektor ständig ausgeweitet.



54-0649

Auf die Frage nach der Lage in Österreich führte
der Herr Bundesminister aus, daß ein Atomkraftwerk mit einer
Kapazität von 730000 KW fertiggestellt sei, jedoch aufgrund einer
Volksabstimmung mit ganz knapper Mehrheit nicht in Betrieb ge-
nommen werden dürfe. Von Seiten der Gewerkschaft habe man nun
eine neue Kampagne zugunsten der Inbetriebnahme gestartet und
man hoffe gemeinsam mit der Wirtschaft einen Durchbruch zu er-
zielen. Auf die Frage Herrn Kossygins, ob es seismische Schwierig-
keiten in jenem Gebiet gebe, meinte der Herr Bundesminister, darüber
sei ein Streit der Experten entstanden, die einen sehen keine Ge-
fahr und meinen, das Kraftwerk könnte das stärkste je in dieser
Gegend registrierte Erdbeben ohne Schaden überstehen, ein anderer
Experte (einer der Anführer der Atomgegner) sei der gegenteiligen
Meinung. Österreich habe viele Komponenten für dieses Werk ge-
liefert, so die VÖEST ALPINE den Druckkörper, die Firma Andritzer
Maschinenbau die Pumpen und die Firma Siemens die Leittechnik usw.
Der Großteil des Werks sei in Österreich erzeugt worden. Ein Pro-
blem sei jedoch ungelöst und vielleicht könne hier die Sowjetunion
helfen, nämlich die Deponierung des Atommülls. Eine Lagerung in
Österreich wäre politisch für keine Regierung durchzustehen.
Vielleicht könnte eine Lösung gefunden werden, die darin bestehe,
daß Österreich Kraftwerkskomponenten in die Sowjetunion liefere
und die Sowjetunion dafür den Atommüll aus Österreich übernehme.
Ministerpräsident Kossygin erklärte hiezu, daß man sich das
überlegen werde. Die Spezialisten müßten diese Frage studieren.
Auch die Kommission solle sich damit beschäftigen.

Bundesminister Staribacher brachte seinen Dank für die Bereitschaft
aus, diese Frage zu prüfen. Er werde unverzüglich der österreichi-
schen Verbundgesellschaft den Auftrag geben, die erforderlichen
Unterlagen zu liefern.

Ministerpräsident Kossygin bemerkte in diesem Zusammenhang, es gebe
ein sowjetisches Ministerium, daß sich speziell mit dieser Frage
beschäftige.

Der Herr Bundesminister dankte abschließend dafür, daß Minister-
präsident Kossygin trotz seiner großen Arbeitsbelastung sich Zeit
für ein so ausführliches Gespräch genommen habe.

Die Unterredung verlief in einer besonders angenehmen und aufgeschlossenen
Atmosphäre

Moskau, am 21. Mai 1980

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Tagesprogramm, 20./26.5.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 43. Ministerratssitzung, 20.5.1980

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Nachtrag TO 43. Ministerratssitzung, 20.5.1980

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hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)


Tätigkeit: Leiter Abt. wirtsch. Zusammenarb. d. Komitees d. UdSSR f. außenwirtsch. Beziehungen; evtl. Falschschreibung


Einträge mit Erwähnung:


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Außenhandel BWK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: HK, Evidenzbüro für Außenhandel, Wr. ÖVP-Bundesrat


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: MR HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Beamter HM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Vorsteher Gremium Büromaschinenhandel


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: bgld. LH


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: AK


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: BK BRD, SPD


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: öst. Handelsdelegierter in Jugoslawien, später Moskau


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                GND ID: 118723189


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Fa. Voith


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: MR HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: sowj. Gasminister


                                      Einträge mit Erwähnung:


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          GND ID: 125942052


                                          Einträge mit Erwähnung:


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              GND ID: 115563237


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Dir. Korneuburger Werft


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Gen.Sekr.


                                                  Einträge mit Erwähnung:


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Leiter BKA-Sektion III, Bundespressedienst


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: LH Vbg., ÖVP


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: frz. Staatspräs.


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                                                              Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                GND ID: 129507873


                                                                Einträge mit Erwähnung:
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                                                                  Einträge mit Erwähnung:
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                                                                    Einträge mit Erwähnung:
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                                                                      Einträge mit Erwähnung:
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                                                                        Einträge mit Erwähnung:
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                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                              Tätigkeit: HK


                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                Tätigkeit: GD Fa. Haid Stockerau, LIF


                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                  Tätigkeit: früh-sowj. Heerführer


                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                                    GND ID: 118566512


                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                                      Tätigkeit: GD Siemens Österreich


                                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                                        GND ID: 1019705841


                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                                          Tätigkeit: Dir. VÖEST; evtl. Falschidentifikation


                                                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                                                            Tätigkeit: Finanzminister
                                                                                            GND ID: 118503049


                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                                              Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Staatssekretärin


                                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                  Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                                                                                  GND ID: 11869104X


                                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                      Tätigkeit: öst. Botschafter in Spanien, der Sowjetunion, ab 1981 GS im BMfAA


                                                                                                      Einträge mit Erwähnung: