Freitag, 16. Mai 1980, u. Sonntag, 18. Mai 1980
Die Importeure und gleichzeitig Zuckerexporteure für die Zucker-
industrie, Fritz Mauthner und der Obmann der Zuckerindustrie Skene
beschwerten sich über die ungerechtfertigte Forderung und Vertrags-
verletzung der Fa. Kundl. Diese Sandoz-Tochter, Penicillinerzeu-
gung, hat einen Zuckerabnahmevertrag nicht eingehalten und will
die Übernahme rausschieben, obwohl der Abschlußpreis äußerst gün-
stig ist. In der Zwischenzeit ist der Weltmarktzuckerpreis auf
S 6,50 gestiegen und wird wahrscheinlich noch bis zu 1 S teurer
werden. Auch mit dem Zitronensäureerzeuger Kahane gibt es ähnliche
Schwierigkeiten. Dessen Rechtsanwalt Dr. Schröfl wollte einen
3-Jahresvertrag für eine größere Menge Zucker, jeweils zu den
Weltmarktpreisen, allerdings max. S 4,10. Ich habe die Zucker-
industrie ersucht, sie soll mir jetzt eine genaue Darstellung
schicken, ich werde versuchen, mit beiden Firmen und der Zucker-
industrie vielleicht doch noch zu einem Arrangement zu kommen. In
diesem Zuckerwirtschaftsjahr werden in die Sowjetunion 5.000, nach
Rumänien 5.000, nach Polen 10.000, nach Italien 15.000, nach
Deutschland 12.000, nach Norwegen 20.000, dies sogar in Kilosäcken
verpackt, exportiert werden. Die Verarbeitungsindustrie wird 32.000
t benötigen. Insgesamt wird der Export von 51.000 im vorigen
Zuckerwirtschaftsjahr jetzt auf 62.000 steigen. Da wir als Ex-
portland 80.000 t Rohzucker Exportquote haben, dies entspricht
72.000 Weißzucker, müssen wir in diesem und womöglich noch im
nächsten Wirtschaftsjahr mehr exportieren, um diese Quote auch
tatsächlich wieder zugesprochen zu bekommen. Die Polen haben für
den Zucker S 5,60 bezahlt, allerdings mit Coca-Cola vereinbart,
damit sie ihr Getränk in Polen verkaufen können, diese Zuckermenge
bis Dezember dieser Organisation wieder zurückzugeben, da sie aus
ihrer eigenen Produktion genug Zucker hoffen heuer zu erhalten.
Die Polen wollen alles auf Kredit, was die Zuckerindustrie ablehnt.
Die Vertreter des Papierverbandes Dr. Steurer, aber auch die Fir-
menvertreter Heinzel, Laakirchen, und Salzer brauchen dringend die
ihnen vom Finanzminister zugesagte Zinsstützung für ihre Kapital-
transfers. Insgesamt würde dies 480 Mio S ausmachen. Natürlich
könnte dieser Betrag gegebenenfalls durch Richtlinienänderung
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von den noch offenen 1,7 Mrd. S, zweite Papierzinsstützungsaktion,
bezahlt werden. Diese Mittel werden aber meiner Meinung nach pri-
mär für Investitionen und noch vor Kapitaltransfers benötigt.
Gerade wenn die Konzentration bei den neuen Firmengruppen nach
Verkauf von Bunzl erfolgt, wird man dort größere Investitionen
tätigen müssen. Dies habe ich klar und deutlich der Papierindu-
strie gesagt. In der vorletzten Ministerratssitzung wurde auf
Antrag vom Vizekanzler sogar ein Beschluß gefaßt, daß diese
Transaktion aus der Zinsenzuschußaktion der Bundesregierung zu
bezahlen ist.
Ich habe bei dem Festessen mit Staatssekretär Nußbaumer drüber
gesprochen, dieser ist bereit, wenn er jetzt den endgültigen Be-
schluß vom Ministerrat bekommt, durch eine Änderung der Richt-
linien bei der Zinsenzuschußaktion, Bundesregierung, eine ent-
sprechende Finanzierung jetzt endgültig durchzuführen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort Steurer verständigen.
GD Krischai, Fa. Esso, wollte mir nur darlegen, daß obwohl die
Mutterfirma vom Iran-Öl jetzt auf Saudi-Öl umsteigen konnte und von
Aramco entsprechende Mengen bezieht, die sie auch der österreichi-
schen Tochter liefert, trotzdem im ersten Quartal 3,8 Mio S Ver-
lust hat. Im ersten Quartal 79 hatte sie noch 10 Mio Gewinn. Dies
ist darauf zurückzuführen, daß nur 25 % ihres Benzinverbrauches
aus eigenem Rohöl bei der ÖMV verarbeitet werden, 17 % bekommt
sie von der ÖMV geliefert, den Rest, mehr als die Hälfte, muß sie
vom Spot-Markt importieren und dafür sehr hohe Preise bezahlen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Energiesektion davon verständigen.
Die erste Sitzung über die Wirtschaftliche Landesverteidigung
mit den Wehrsprechern der 3 Parteien verlief, wie ich es mir
vorgestellt hatte. Durch das Zusammentragen aller Unterlagen, die
im Laufe des Jahrzehntes bei der Wirtschaftlichen Landesverteidigung
besprochen wurden, ergab sich ein ganzes Konvolut von Material.
Der Freiheitliche Wehrsprecher Josseck war so überrascht, daß er
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meinte, er wird jetzt sofort auch im Nationalrat öffentlich be-
kennen, daß er seine Meinung korrigieren muß, es sei hier nichts
geschehen. Ermacora von der ÖVP war hier schon vorsichtig und
meinte, er wird das Konvolut studieren und bei der nächsten Sitzung
feststellen, was hier geschehen ist. Der sozialistische Wehrspre-
cher Mondl wollte insbes. einen Operationskalender und war mit
den Unterlagen auch sehr zufrieden. Ich erörterte einleitend, daß
die personelle Änderung seit 70 das Entscheidende ist. Früher
hat es zwar einen Generalbevollmächtigten, der direkt dem Minister
unterstellt war, nämlich MR Hanisch, gegeben, der allerdings, da
er außerhalb eines Sektionsverbandes operierte, im luftleeren
Raum sich befand. Diese Stelle wurde ja deshalb nur geschaffen,
um Hanisch, der Sektionschef werden wollte und dies nicht erreich-
te, hierarchisch zu befriedigen. Sachlich war die Herauslösung ein
Wahnsinn. Insbesondere verwies ich aber dann auf die Kompetenzab-
grenzung und auf die derzeit unbefriedigende gesetzliche Ermäch-
tigung des Handelsministeriums. Im Versorgungssicherungsgesetz
wurde nun ein neuer Weg beschritten, die Länder und die Interessens-
vertretungen haben diesem Entwurf zugestimmt, ich hoffe daher, daß
er auch im Parlament angenommen wird. Weniger gut sieht es mit
dem Energiesicherungsgesetz aus.
Der ÖVP-Wehrsprecher Ermacora meinte, die Kooperation mit den
Ländern und Sozialpartnern sei zweckmäßig, er würde aber vorschla-
gen, daß man auch private Organisationen als dritte noch heran-
zieht. Dies habe ich ihm sofort zugesagt und um entsprechende Vor-
schläge gebeten.
Was die Frage der Gesetzwerdung betrifft, schlug Ermacora vor,
es sollten die Wehrsprecher an den Ausschußberatungen teilnehmen
können. Damit war ich nicht nur sofort einverstanden, sondern
habe auch ebenfalls beim Essen mit Klubobmann Fischer über diesen
Vorschlag gesprochen. Fischer wird ihm im nächsten Präsidium
vortragen. Er hätte keine Bedenken, daß die Wehrsprecher an den
Ausschußsitzungen teilnehmen.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Bitte die Wehrsprecher über Fischers
Einstellung sofort informieren.
Der Vertreter des Bundeskanzleramtes und für die Landesverteidi-
gung zuständige Sektionsrat Bayer hat vorgeschlagen, bis zur
nächsten Sitzung sollte die Kompetenz für die einzelnen Maßnahmen
zugeordnet werden, womit ich sehr einverstanden bin. Weniger be-
geistert war ich, daß man jetzt neben dem im Gesetz vorgesehenen
Krisen-, Neutralitäts- u. Verteidigungsfall jetzt 5 Bedarfsfälle
neu geschaffen hat. Vom relativen Frieden bis zum absoluten Atom-
krieg. Für diese Einteilung erklärte ich mich nicht zuständig,
außerdem verspreche ich mir davon überhaupt nichts Neues. Was
ein Ministerium braucht, ist gegebenenfalls eine gute gesetzli-
che Ermächtigung und einen notwendigen Behördenapparat, der diese
Gesetze dann auch exekutieren kann. Beides ist derzeit nicht der
Fall und wird auch wahrscheinlich in Zukunft kaum befriedigt zu
erreichen sein. Der Vorschlag des ÖVP-Wehrsprechers Ermacora, um
eine gesetzliche Maßnahme durchzusetzen, sollte man auf die 5
Bedrohungsfälle oder 3 Anlaßfälle ein jeweils den Gegebenheiten
entsprechendes Gesetz vorbereiten, um damit sozusagen in der
Schublade für alle Fälle gerüstet zu sein, könnte er sich noch
durch einen Parteienpakt vereinbart vorstellen. Auch mit dieser
Idee konnte ich mich nicht anfreunden und meinte, dies wird sicher-
lich das Parlament beschließen. Daß wir dutzende von Gesetzen für
den jeweiligen Bedarfsfall vorbereitet haben, bringt ja noch
lange keine Lösung. Die wirkliche Frage wird sein, wieviel Geld
mir zur Verfügung steht und welchen Behördenapparat ich mit den
Ländern und Interessensvertretungen, denn die werden ja die
Exekution im Bedarfsfall durchführen müssen, jetzt bereits vor-
bereitend aufgestellt werden können. Da sich aber die Wirtschaft
und damit auch die kriegswirtschaftliche Situation für den Be-
darfsfall jeweils ändert, kann man zukunftsweisend meiner Meinung
nach überhaupt nichts jetzt schon beschließen und durchführen,
das nicht ungeheuer viel Geld kostet und dann eigentlich sinnlos
gewesen ist. Typisches Beispiel dafür wäre die Lebensmittelbe-
wirtschaftung und Bevorratung. Die gedruckten Marken sind sinn-
los, die Großmärkte, Diskonter usw. könnten sie kaum einlösen
und abrechnen, wahrscheinlich wird man hier mit Chips arbeiten
müssen, das Anlegen von riesigen Vorräten hätte in der Vergangen-
heit viel Geld gekostet und durch die erhöhte Agrarproduktion
von jetzt vollkommen sinnlos geworden. In der Landwirtschaft brau-
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chen wir derzeit nicht eine Bevorratung. Alle Ernten sind weit
über den Bedarf hinaus, könnten daher in Krisenzeiten bis zur
nächsten Ernte jeweils die Bedürfnisse weit decken, wichtig für
die Landwirtschaft ist es vielmehr, daß die Produktionskraft auf-
recht erhalten werden kann. Was die Landwirtschaft braucht, sind
Düngemittel, Energie und im Kriegsfall entsprechende Arbeitskräf-
te garantiert.
ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Hat man diese Fälle auch einmal theoretisch
durchgespielt?
LH Wallnöfer und sein Landesamtsdirektor Kathrein wollten mit
ihrer Vorsprache, wie nicht anders erwartet, eine Zustimmung zu
einer 50:50 Bau- und Betriebsgesellschaft. Zuerst wurde noch
über das Problem der Gegner der Osttiroler Kraftwerksgruppe ge-
sprochen, die Ökologiegutachten sehen vor, daß die Variante 3
die beste ist, dabei will Wallnöfer bleiben. Über die Ersatzwas-
sermengen im Defereggental über die Möglichkeit, das Innergschlöß
unberührt zu lassen und dann unterhalb aufzufangen und in ein
Pumpwerk einzuleiten, wird erst untersucht. Wallnöfer hat vorge-
schlagen, wir sollten wegen der 50 % Lösung uns so schnell als
möglich einigen, damit die Bauarbeiten begonnen werden konnten.
Sollte ich mich dazu nicht entschließen können, wäre er gerne
bereit 3 Richter als Schiedsrichter anzurufen, die feststellen
sollen, ob dieser 50 % Vertrag zwischen Land und Bund nicht nur
dem Verstaatlichungsgesetz entspricht, sondern auch der seiner-
zeitigen Vereinbarung über die Osttiroler Studiengesellschaft, die
ebenfalls 50 % Land und 50 % Verbundgesellschaft vorsieht. Ich
erklärte sofort, daß dies eine falsche Betrachtung sei. Tirol,
insbes. Wallnöfer ist es geglückt, in der Vergangenheit eine
Sonderstellung zu erreichen. Westtirol wurde z.B. als Großkraft-
werk, das eindeutig dem Verbund zugeordnet ist, ausgeklammert und
der TIWAG übertragen. Daraus leitet jetzt der Landeshauptmann
auch für Osttirol die selbe Situation ab. Dies kann von mir nicht
akzeptiert werden. Als Folgewirkung dieser Politik kommt jetzt
Salzburg und wünscht ebenfalls eine 50 zu 50 Regelung, ja sogar
noch mehr für den Ausbau der Salzach, weil es sich dort angeblich
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nicht um ein Großkraftwerk handelt. Sein Parteifreund Haslauer
erklärt sogar, in der Vergangenheit hätte Salzburg auch Kaprun
bauen müssen und nicht die Tauernkraftwerke (TKW). Der nächste
Schritt ist, daß dann Niederösterreich für den weiteren Ausbau
der Donau, ja selbst Wien für die Donaustufe in Wien, eine ent-
sprechende 50-50-Regelung verlangen könnte. Wallnöfer konnte ge-
gen diese Argumentation kaum etwas vorbringen, er pocht nur auf
den jetzigen Vertrag und vor allem auf die vergangenen Regelungen.
Wallnöfer schlug vor, ich sollte mir das ganze Problem noch ein-
mal überlegen, was ich ihm selbstverständlich zusagte. Wallnöfer
ist unter Zeitdruck. Ich habe Zeit, die Spitzenenergie in Ost-
tirol brauchen wir nicht so dringend. Wenn Wallnöfer eine Lösung
haben will, wird er nachgehen müssen. Ich habe den Gesundheits-
minister Salcher vorher schon gebeten, er soll mich dann für die
Feier im Belvedere abholen, wodurch er die letzten Verhandlungs-
minuten noch selbst miterlebte. Mit Salcher stimme ich vollkommen
überein, daß die von mir vorgeschlagene Politik vom Bundesstand-
punkt die einzig richtige ist. Natürlich kann er als Tiroler
dies nicht öffentlich sagen. Dies wünsche ich und erwarte ich
auch gar nicht von ihm.
Beim Festakt im Belvedere hat Gromyko, obwohl dort eine simul-
tane Übersetzung in Französisch, Englisch und Russisch vorge-
sehen war, seinen eigenen Übersetzer mitgebracht. Entweder ein
Organisationsfehler oder, was ich eher annehme, die Selbstverständ-
lichkeit, daß er sich von seinem eigenen Übersetzer nur bedienen
läßt. Die Rede von ihm, aber insbesondere die auch vom amerikani-
schen Außenminister Muskie, übrigens seine erste Auslandsrede
als neuer Secretary of State, war auf der einen Seite sehr be-
stimmt, auf der anderen Seite aber doch zu einem Gespräch offen.
Kreisky hat ein ungeheures Glück. Als wir diese Jubiläumsfeier
vor Monaten besprochen haben, war die Frage, ob die Außenminister
überhaupt nach Österreich kommen würden. Damals hatte niemand
eine Ahnung, daß es zu einem so kritischen weltpolitischen Zeit-
punkt ein außenpolitisches Ereignis sein wird, wenn sich die
Sowjets und der neue Außenminister der Vereinigten Staaten tref-
fen werden. Mit diesem Treffen ist allein vom touristischen
Standpunkt weltweit wieder einmal Österreich in aller Munde ge-
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wesen. Wenn früher oder später die Entspannung und die Verhand-
lungen darüber wieder begonnen werden, wird man auch immer wieder
sagen und dies ist in Österreich bei der Staatsvertragsfeier zu-
stande gebracht worden. Kreisky wird dann als Vermittler einmal
mehr ebenfalls wieder in aller Munde sein.
Nach dem Festessen beim Bundespräsidenten habe ich mit Klubobmann
Fischer auch neuerdings die Frage über die Verhandlungsmodalitäten
der Wirtschaftsgesetze besprochen. Ich habe Fischer klar gemacht,
daß Haiden vor allem seine Agrarwünsche durchbringen muß. Da die
ÖVP dann immer wieder versuchen wird, als Kompensation für ihre
Agrarwünsche, die konträr dessen von Haiden sind, zu erklären, sie
ist bereit, dann die Wünsche des Handelsministeriums zu verhan-
deln, lege ich auf diese Taktik überhaupt keinen Wert. Fischer
hat zur Kenntnis genommen, daß selbst wenn die Wirtschaftsgesetze,
so wie sie jetzt auf unserem Sektor bestehen, verlängert werden,
ich damit mehr oder minder mich abfinden würde. Sollte es zu gar
keiner Einigung kommen und die Wirtschaftsgesetze alle ablaufen,
sehe auch ich darin keine allzu großen oder unüberwindbaren
Schwierigkeiten. Für die internationalen Verpflichtungen würde
ich dann unverzüglich ein ganz kleines Gesetz neu einbringen, die
nationalen Probleme wie Bundeslastverteiler usw. müßten eben
ohne gesetzliche Grundlage geregelt werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Zluwa soll ein solches Gedankenmodell
entwickeln.
Sonntag, 18. Mai 1980
Der flauste Wahlkampf, uninteressanteste Wahltag und der größte
Triumph des Kandidaten Kirchschläger mit 80 % der abgegebenen
Stimmen gewählt zu werden. Alle Prognosen waren falsch, niemand
dachte, daß so wenig weiße Stimmzettel abgegeben werden und nie-
mand dachte vor allem, daß Burger doch 130.000 Stimmen bekommt.
Gredler war nicht im Stande die nationalen Stimmen auf sich zu
vereinen, die Rechtsradikalen, vor allem aber die alten Nazis
haben ihm mißtraut und wenden sich natürlich, wenn man logisch
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denkt, dem wirklich radikalen Vertreter zu. Kreisky hat in einem
Fernsehinterview, daß natürlich dann nicht gesendet wurde, ich
hatte es zufälligerweise in der Löwelstraße mitgehört, die Bemer-
kung gemacht, an diesem Wahlsieg Burgers sind alle die daran
schuld, die ihn so bekannt machten, er selbst hätte auch in sei-
ner Jugend immer den Fehler gemacht, den Gegner durch ständige
Attacken und durch ständiges Beschäftigen mit ihm sozusagen in
aller Munde zu bringen. Ob dies tatsächlich zutrifft, bezweifle
ich. Da teile ich schon eher die Meinung von Gehmacher, IFES,
der sagt, das Motto der Rechtsradikalen war, jetzt dürfen wir
endlich wieder einmal und haben einen Kandidaten. IFES selbst
hat ihn scheinbar auch schwer unterschätzt, denn sie haben nicht
einmal eine einzige Umfrage darüber gestartet. Jedermann hat
scheinbar angenommen, er kriegt höchstens ein paar tausend Stim-
men. Theoretisch würde er mit den 3,2 % Stimmenanteil bei den
nächsten Nationalratswahlen das Grundmandat bekommen und in den
Nationalrat einziehen. Dieser Entwicklung werden jetzt alle Parteien
besonderes Augenmerk zuwenden.
Stadtrat Mayr hat mir beim traditionellen Treffen beim Bürger-
meister Gratz die Frage vorgelegt, wie ich die Finanzierung der
Fernwärme durchführen werde. Die Gemeinde Wien hat in der ersten
Kraft-Wärme-Kopplung von Simmering durch mangelndes Fernwärmenetz
nur 20 % genützt. Mein Hinweis, daß er wahrscheinlich eine An-
schlußpflicht statuieren muß, kann von ihm aus Kostengründen nicht
akzeptiert werden. Die Gemeinde hat keine Mittel, um die Fernwärme
zu finanzieren und müßte daher alles auf die Mieter überwälzen.
Dies getraut er sich nicht einmal bei den Gemeindebauten, geschwei-
ge denn bei Substandard-Wohnungen. Sein Vorschlag war daher, man
sollte über den Elektrizitätspreis eine Prämie einheben, daß die-
ser angehoben wird, vor allem aber den westlichen Bundesländern
Tirol und Vorarlberg durch einen einheitlichen Elektrizitätspreis
von der Preisbehörde die Differenz abgeschöpft wird. Diese Mit-
tel könnten dann für den Ausbau der Fernwärme zur Verfügung stehen.
Ich habe ihm sofort gesagt, daß ein einheitlicher Elektrizitäts-
preis, selbst in der Zeit, wo ich noch in der Arbeiterkammer tä-
tig war, an dem Widerstand der westlichen Länder, dort aber ganz
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besonders auch der Arbeiterkammern und der Gewerkschaftsver-
treter gescheitert ist. Ich kann mir beim besten Willen nicht
vorstellen, daß man einen einheitlichen Elektrizitätspreis schafft
und dann dem Westen sozusagen die Preisdifferenz abschöpft, um
sie zum Ausbau der Fernwärme, sprich dem Osten zur Verfügung zu
stellen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte nächstes Jour fixe AK und ÖGB
setzen.
Tagesprogramm, 16.5.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)