Montag, 28. April 1980
Der Konsum wollte zuerst ganz groß israelische Wochen in Wien
durchführen. Aus innerpolitischen Gründen hat er sich dann ent-
schlossen, diese Aktion verhältnismäßig klein und ohne Presse
aufzuziehen. An mich sind sie herangetreten, ob ich trotzdem
zur Eröffnung kommen würde, was ich natürlich sofort zusagte.
Überraschend für mich waren nicht nur der israelische Botschafter
in Österreich und der Handelsrat anwesend, sondern aus Israel
war auch ein mir bekannter Sektionschef aus dem Außenhandelsmi-
nisterium gekommen. Dieser brachte mir die Grüße des neuen
Außenhandelsministers Patt, Hurwitz, den ich in Israel noch ge-
troffen habe, ist jetzt seit längerer Zeit Finanzminister. Ich
habe selbstverständlich sofort erklärt, daß Patt ebenso von mir
als eingeladen gilt als seinerzeit Hurwitz. Da Patt sich aber
jetzt in den nächsten Tagen in seiner Partei stellen muß und
nicht sicher ist, ob er überhaupt wieder gewählt wird, ist es
ohne weiteres möglich, daß auch ein anderer in kürzester Zeit
Außenhandelsminister wird. Israel offeriert bei dieser Israel-
Woche im Konsum neben Früchten, Juice, Spezialschnaps, hand-
werkliche Produkte auch Kunstwerke der Gegenwart, Zeichnungen
usw. Vom Konsum war nur GD Kadits anwesend und einige Einkäufer.
Meiner Meinung nach wird der Umsatz ausschließlich in den
Fressereien gemacht werden können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nach Abschluß der Woche fragen, was
eigentlich wirklich dort gekauft wurde.
Der israelische Handelsrat Shamir kannte das Zementgeschäft
sehr gut. Ich habe es natürlich mit dem israelischen Sektions-
chef im Detail durchbesprochen. Dieser teilte mir mit, sie
hätten jetzt in Kairo etliche Vertreter, u.a. hat auch die
große Gewerkschaftsorganisation, welche in Israel bekanntlicher-
weise ein riesiges Wirtschaftsimperium beherrscht, einen Spe-
zialdelegierten. Der österreichische Handelsdelegierte in
Ägypten, Kerntaler, hat mich angerufen und sich wegen einer Pres-
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senotiz im Samstagwirtschaftsmagazin entschuldigt. Dort stand, er
ist mein Ohrwurm, was er gesagt hat und ich bin von ihm abhän-
gig, was er wieder nicht gesagt hat. Da ich genau weiß, wie
so etwas zustande kommt und Kerntaler mir versichert, er wollte
ausschließlich dokumentieren, daß ich wie kaum ein anderer stets
mit den Handelsdelegierten zusammenarbeite und sie in jeder
Beziehung unterstütze, habe ich gar keinen Grund an seiner
Aussage zu zweifeln. Bei dieser Gelegenheit habe ich nur ihn
ersucht, er möge sich jetzt sofort mit der israelischen Seite
wegen des Zementgeschäftes ins Einvernehmen setzen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß Dir von Kerntaler erzählen,
wie es weiterging.
Im Pressefrühstück, das diesmal ohne Staatssekretär Albrecht
durchgeführt werden mußte, berichtete nur Würzl über die guten
Märzergebnisse im Fremdenverkehr und über die Ausschreibung
von Vorschlägen für den Fremdenverkehrstag. Staatssekretär
Albrecht konnte die Pressekonferenz nicht leiten, weil sie als
Wiener Frauenobmann alle Hände voll zu tun hat und andere Ter-
mine wahrnehmen mußte, um die Wiener Frauenkonferenz für Abend
vorzubereiten. Dort wurde von Staatssekretär Dohnal inspiriert
der Karenzurlaub für die Bäuerin, 6-Stunden-Arbeitstag für die
Frau, jetzt sogar neuerdings auch die Emanzipation des Mannes
angekündigt, alles das muß Albrecht versuchen zu schlichten
oder zumindestens in ein Geleis zu bringen, wo nicht sofort
eine Konfrontation mit der Gewerkschaft und anderen entsteht.
Die eigentlich verhältnismäßig schwache Tagesordnung für das
Pressefrühstück geht auf einen angeblichen Wunsch der Redak-
teure zurück. Diese erklären, sie könnten sonst in der ihnen
zur Verfügung stehenden Zeit, insbes. der APA-Vertreter hätte
dies behauptet, nicht mehr die notwendigen Vorbereitungsarbei-
ten dann bis zum Druck machen. Ich kann mir dies zwar nicht
vorstellen, bin aber mit dieser Lösung auch einverstanden.
Da wir aber mit den beiden Themen in kürzester Zeit fertigge-
wesen wären, mußte ich dann doch als Lückenfüller einspringen
und durch Berichte über die Ungarn-Verhandlungen, die natürlich
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kein Mensch mehr bringen wird, zumindestens die Zeit füllen.
Ein Pressegespräch, das in 20 Minuten zu Ende gegangen wäre,
war auch kein idealer Zustand.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Sollen wir tatsächlich immer nur 1 oder
2 Probleme präsentieren?
Der sozialistische Personalvertreter Müller berichtet, daß
jetzt auch die ÖVP eine Abänderung der Ausschreibungsbedingun-
gen für den Sektionschef der Energiesektion verlangt. Eine
solche Forderung wurde ja bekanntlicherweise von der soziali-
stischen Fraktion gestellt.
ANMERKUNG FÜR KAZDA: Bitte die Wünsche sofort mit mir be-
sprechen.
Ich habe Müller fairerweise mitgeteilt, daß jetzt Kreisky mit
mir gesprochen und insbes. ihren Brief uns zur Stellungnahme
geschickt hat. Ich werde selbstverständlich auch die Antwort
abschriftlich der sozialistischen Fraktion geben.
MR Kurzel hat mir die am Freitag einvernehmlich beschlossenen
Benzin- und Heizöl-extra-leicht-Preisverordnungen zur Unter-
schrift vorgelegt. Die mir gehässige Presse wird sicherlich
wieder daran rumnörgeln. Ich aber habe Kurzel gratuliert, daß
er wirklich imstande war einen Beschluß zu erreichen, wo alle
mehr oder minder zugestimmt habe. Am Abend in der Regierungs-
besprechung, die übrigens keine war, wurde über dieses Problem
in kleinerem Kreis, sozusagen über den Tisch hinweg, zwischen
Androsch, Sekanina und mir lebhaftest diskutiert. Klubobmann
Fischer wollte nämlich wissen, wie jetzt technisch die Erhöhung
der Mineralölsteuer durchgeführt wird. Sekanina wieder will
so schnell als möglich zu den 30 Groschen kommen. Der Finanzmi-
nister sieht aber durch die Steuererhöhung dann eine entspre-
chende Reduktion der Gewinne der Ölgesellschaften und meint,
sein Körperschaftssteuerverlust, den er dadurch erleidet, er
beziffert ihn mit S 800 Mio., ist auch für ihn kaum zu verkraf-
ten. Die Mineralölsteuer ist zweckgebunden, die Körperschafts-
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steuer, die ja allerdings, wie im Finanzausgleich vorgesehen,
mit anderen Gebietskörperschaften teilen muß, fehlt ihm dann
im Budget. Für mich ist aber dieses Problem keines, welches ich
lösen muß und ich habe mich daher in diese Frage nicht sehr
eingemischt.
Überraschend für mich war, daß nicht nur die Verabschiedung
der Frau Nähsmann, eine doch jetzt immerhin 7 Jahre bei uns
im Büro arbeitende gute Mitarbeiterin, sozusagen eine Feier
mit riesig viel guten Sachen zum Essen, sondern dann auch die
Regierungsbesprechung am Abend auch als eine Feier endete.
Die letzte Zusammenkunft der Gewerkschafter und der in Wien
anwesenden Präsidialmitglieder, andere kommen ja nicht deshalb
aus der Steiermark oder sonstwo herauf, mit den Regierungsmit-
gliedern war schon sehr lange nicht mehr. Ich war daher sehr
überrascht zum jetzigen Zeitpunkt in der jetzigen Situation
der Partei eine solche Einladung zu bekommen. Albrecht ist
dann gar nicht mehr erschienen. Bei der Begrüßung schon hörte
ich, wie Benya mit den Gewerkschaftern über die Beschlüsse, die
die sozialistischen Frauen wahrscheinlich bei ihrer Abendkon-
ferenz dann auch beschlossen haben und die eigentlich die Ge-
werkschaft sehr berühren, wie eben 6-Stunden-Tag, diskutierte.
In weiterer Folge gab es den immer von Kreisky so gewünschten
Tafelspitz und da niemand auf Aufforderung Kreiskys das Wort
ergriff, um irgendwelche Probleme zur Sprache zu bringen, hat
sich Benya gemeldet und dann ganz kurz sein Glas erhoben und
auf 10 Jahre Bestand der sozialistischen Regierung und insbes.
Kreisky für seine Leistungen herzlichst gedankt. Dann ging alles
wieder in Gemurmel und Gesprächen untereinander unter. Ich
glaube, wir werden wieder lange nicht eine solche Zusammenkunft
haben, die ich übrigens allein schon wegen der Fresserei selbst
dann, wenn ich es ablehne, dort zusammenzukommen. Klubobmann
Fischer fragte mich, wie es jetzt mit den Marktordnungsgesetzen
weitergehen wird, da natürlich die ÖVP das Ganze wieder mit
allen Wirtschaftsgesetzen des Handelsministeriums koppeln möch-
te und auch koppeln wird. Ich habe Fischer dezidiert erklärt,
daß die Idee von der Landwirtschaft mir jetzt das Hauptinteresse
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an all diesen Wirtschaftsgesetzen zuzuschieben, ein taktischer
Versuch ist, der sicherlich scheitern wird. Wenn nämlich die
ÖVP ihre Zustimmung zu all den Gesetzen verweigern wird, um
mehr von uns herauszupressen, sollte man ruhig gegebenenfalls
auf alle diese Gesetze verzichten. In kürzester Zeit würden
sie selbst dann bereit sein, aufgrund der internationalen Ver-
pflichtungen gewissen Gesetzen neuerdings zuzustimmen und ge-
wisse andere, wie z.B. Preisregelung, Rohstofflenkung, Lebens-
mittelbewirtschaftung, könnten gegebenenfalls im Krisenfall
mit Notverordnung, wie unsere Bundesverfassung sie vorsieht,
administriert werden. Fischer wird sich dies genau überlegen.
Bei dieser Gelegenheit machte er mich übrigens aufmerksam, daß
ich noch immer an ihn eine Wettschuld von 1 Liter Milch nicht
beglichen habe. Diese Wette hatte ich tatsächlich verloren, als
ich vor ganz langer Zeit, als wir mit den Kernkraftwerkproblemen
begonnen haben, großgoschert sogar einen Tag im September als
Inbetriebnahme des Kraftwerkes bezeichnete.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte bei nächster Parlamentsgelegen-
heit mir den Liter Milch mitgeben.
Mit Staatssekretär Löschnak besprach ich die Frage mit Buchauer.
Dieser soll mit 1. Juli Ministerialrat werden, günstig wäre es
gewesen, wenn er zu diesem Zeitpunkt, so glaubt Buchauer, schon
Abteilungsleiter ist. Durch Fernbleiben der Arbeitnehmer in der
Ausschreibungskommission wird jetzt die Bestellung des Sek-
tionschefs verzögert und daher steht nicht fest, wann die Ab-
teilung, die dieser Sektionschef führen würde, ausgeschrieben
werden kann. Buchauer wird ab 1. Mai im Handelsministerium im
Büro des Bundesministers zu arbeiten beginnen, bis jetzt hat
man sich nicht einmal für ihn um ein Zimmer umgeschaut. Die
Idee, daß er in das Zimmer von Wanke einzieht, ist absurd.
Jedermann würde dann kombinieren und das wäre gerade in der
jetzigen Zeit verheerend.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte irgendwo ein Zimmer für ihn auf-
treiben.
MR Steiger berichtete mir, daß jetzt sowohl die Landwirtschaft
als auch die Handelskammer bei einer interministeriellen Be-
sprechung über Griechenland-Beitritt zur EG dezidiert verlangt
haben, ich müßte unbedingt nach Brüssel fahren. Steiger selbst
sieht jetzt auch ein, daß auch dann, wenn keinerlei Erfolge
daraus resultieren werden, ich unbedingt diese Reise unterneh-
men muß. Ich habe ihn beauftragt, mit dem Leiter der Mission
Seyffertitz und dem Präsidenten Sallinger resp. Kehrer und vor
allem Präs. Lehner einen Termin zu vereinbaren. Ich beabsich-
tige allerdings nur in der Früh raus- und am Abend wieder zurück-
zufliegen. Es soll die Kurzreise ausdrücklich damit demonstriert
werden. Was mich eigentlich erschüttert hat, ist, daß es Steiger,
der doch ein wirklich objektiver Beamter ist und dem doch die
ÖVP-Seite vertrauen müßte, nicht im Stande war, sich mit seiner
Idee gegenüber dem Referenten Schwarz in der Handelskammer, von
der Landwirtschaft ganz zu schweigen, durchzusetzen. Ich bin
eigentlich über die Diskriminierung ihrer Vertreter im Handels-
ministerium sehr erschüttert. MR Steiger gibt allerdings zu,
daß hier von Seiten der Handelskammer und noch viel mehr von
der Landwirtschaftskammer nur ein politisches Spiel getrieben
wird. Die Landwirtschaft würde, wenn sie durch diese Manöver
ihre Aufstockung der Höhenrinder um 7000 Stück verlieren sollte,
gar nicht so unglücklich sein, weil sie dann eben von der Re-
gierung andere Kompensation verlangen könnte und würde. Manch-
mal kann man sich über die Politik der Oppositionspartei nur
wundern.
Tagesprogramm, 28.4.1980