Montag, 28. Jänner 1980
In der Lebensmittelarbeitergewerkschaft hat der Betriebsleiter
von der Fleischfabrik Wiesbauer, Schmiedbauer, interveniert
wegen der notwendigen Aus- und Umbauten im 13. Bezirk. Bis jetzt
hat die Bezirksvertretung die entsprechenden Verbesserungen,
Neubau von Selchen nach dem Maurersystem, wodurch weniger Geruchs-
belästigung wäre, aber auch sonstigen Ausbau, immer positiv befür-
wortet. Die neue Bezirksvorsteherin Frau Bischof hat nun dagegen
Stellung genommen. Eindeutig rechnet sie damit, dass das Land die
entsprechenden Baugenehmigungen gibt, wodurch sie dann umso leich-
ter ihre Parole pro Wien, Hietzing soll ein Nobelwohnbezirk im
Grünen bleiben, weiter propagieren kann. Die Investitionen würden
10 Mio Schilling ausmachen und die Chefin und Besitzerin Frau
Wiesbauer wäre bereit diese Umweltschutzmassnahmen noch zu finanzie-
ren. Der Idee, gegebenenfalls den Betrieb zu verlegen, würde sie nicht
zustimmen, selbst wenn die Gemeinde einen grossen Ablösungsbetrag
für die zentrale Lage in Hietzing bezahlen würde. Die Baubehörde,
Obersenatsrat Misch, hat nun auch zu erkennen gegeben, dass er nicht
beabsichtigt, einen entsprechenden Bescheid zu erlassen. Er möchte,
dass der Verwaltungsgerichtshof dann wegen nicht zeitgerechter
bescheidmässiger Erledigung selbst entscheidet.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit SChef Jagoda Besprechung festlegen.
Die Tabakarbeiter sind wegen der Erklärung von Gesundheitsminister
Salcher, dass er eine gezielte Tabakwerbung für Jugendliche und
Frauen verbieten möchte, sehr beunruhigt. Ich habe sofort mit Sal-
cher Kontakt aufgenommen, weil die Fraktion der sozialistischen
Betriebsräte mit ihm unbedingt eine Aussprache möchte. Salcher war
sofort damit einverstanden, dass sie am selben Tag noch zu ihm kommen
sollen. Seine Idee und Taktik halte ich für richtig. Die ÖVP, der
Gesundheitssprecher Wiesinger, hat von ihm verlangt, er soll überhaupt
ein Werbeverbot erlassen. Er meint, dies sei weder zweckmässig, noch
würde er einen solchen Weg beschreiten. Wenn nämlich Österreich ein
Tabakwerbeverbot erlässt, würde über die deutschen Illustrierten
entsprechende ausländische Zigarettenwerbung in Österreich dadurch
erfolgen. Ein Werbeverbot könnte nur international oder europaweit
durchgeführt werden. Er hat deshalb die Absicht mit der Tabakregie
53-0088
entsprechende Vereinbarungen zu treffen, wonach die Werbung auf
gewisse Aktivitäten beschränkt bleibt. Keinesfalls aber wird er
dem Verlangen von Gesundheitssprecher Wiesinger entsprechen. Die
sozialistische Fraktion, welche innerhalb der nächsten Betriebs-
ratswahlen, die heuer noch erfolgen, wegen dieser Werbediskussion
die Argumentation des ÖAAB, damit seien von sozialistischer Seite
die Arbeitsplätze der Tabakarbeiter gefährdet, könne durch das Ver-
botsbegehren der ÖVP leicht entgegengetreten werden. Salcher wird
also den sozialistischen Betriebsräten seine Taktik klarmachen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte setzte Dich auch mit Salcher und den
Betriebsräten ins Einvernehmen, um auch im Werbeausschuss dieselbe
Linie zu vertreten.
Beim Journalistenfrühstück hat Sterk über das Rohstoffversorgungskonzept,
welches jetzt erstellt wird, berichtet. Der Vizedirektor der Geolo-
gischen Versuchsanstalt, Gattinger, ergänzte dann über die euromagne-
tische Erkundung durch Flugzeuge der Geologischen Bundesanstalt.
In Vorarlberg, Tirol und grösstenteils von Salzburg ist diese
Überfliegung bereits erfolgt und in Karten festgelegt. Damit hofft
man Eisen und Nickel und andere Mineralien leichter orten zu können.
Insgesamt wurden dafür 12 Mio Schilling aufgewendet. Die zweite Unter-
suchung ist eine geochemische, diese hat 40 Mio. Schilling gekostet
und man hat durch die beiden das Scheelit-Vorkommen in Mittersill
entdeckt. Die endgültige Feststellung einer Lagerstätte kann aber
dann natürlich nur durch Bohrung oder bergmännischen Vortrieb, sprich
Stollen, endgültig fixiert werden. Ich hatte freimütig zugegeben,
dass ich schön langsam von einem Saulus zu einem Paulus wurde. Ich
hatte, als es anfangs darum ging die notwendigen Geldmittel dafür
bereitzustellen, grosse Skepsis, ob tatsächlich entsprechende Erfolge
erzielt werden. Seit dem entdeckten Scheelit und vor allem durch die
übertiefe Bohrung in Zistersdorf und den Gasausbruch habe ich meine
Meinung geändert und von den Geologen eine wesentlich bessere Meinung.
Prof. Hadic, der 1 1/2 Jahre im Handelsministerium gearbeitet hat,
hat dann seine Arbeit über die Lagerstätten vorgestellt. 1953 wurden
in einer entsprechenden Arbeit in Leoben 1.494 Vorkommen angegeben,
1966 durch die Bundesanstalt 2.409. 1979 hat er jetzt 6.938 Vor-
kommen in seinem Werk zusammengefasst. Von diesen werden aber höchstens
53-0089
400 genützt, 1/3 davon das, was man herkömmlich und langläufig
unter Metallen versteht, 2/3 sind sogenannte Massenrohstoffe,
Tone, Erden, Steine und auch Industriemineralien. Durch die
Massenrohstoffe kommt es natürlich bei dem Abbau zu grossen
Eingriffen in die Landschaft. In Zukunft fürchtet Prof. Hadic,
dass trotz reichlichem Vorkommen infolge Grundwasser, Siedlung,
land- und forstwirtschaftlicher Nutzung nicht genug dieser Roh-
stoffe zur Verfügung stehen werden. Dies wurde auch von den Ver-
tretern Malecki, Bundesanstalt, Weber, Oberste Bergbehörde, be-
stätigt. Dies ist mit ein Grund, warum man jetzt integrierte Pro-
spektion betreibt, d.h. versucht, wenn schon ein Abbau erfolgt,
dann alle Roh- und Mineralstoffe dort gleichzeitig zu gewinnen.
Die bisherige Begrenzung für solches Ausbreiten war ausschliesslich
die Kostenfrage. Insbesondere braucht man riesige Energiemengen,
um gegebenenfalls auch aus Gesteinen z.B. oder Ton Metalle zu ge-
winnen wie Aluminium. Rentabel ist dies ganze selbst bei den ge-
stiegenen Rohstoffpreisen derzeit nicht. Für mich, erklärte ich frei-
mütig, gibt es aber noch den anderen Gesichtspunkt, nämlich dass
der Fremdenverkehr nicht allzu sehr in einer Gegend beeinflusst
werden darf. Gerade bei den Massenrohstoffen kann es nämlich nicht
nur zur Umweltbelastung, sondern für längere Zeit zur Landschafts-
zerstörung kommen. Es hilft herzlich wenig, wenn dann nach Jahr-
zehnten, wie dies in der Bundesrepublik sehr typisch und schön de-
monstriert wurde, danach bei den Abbauhalden durch Aufforstung und
Begrünung wieder eine ganz passable Landschaft entsteht. Ich persön-
lich glaube auch nicht, dass in der nächsten Zeit – und da meine ich
schon noch unser Jahrtausend – tatsächlich eine Verknappung in irgend-
einem Rohstoff eintreten wird. Die so wichtigen Energievorräte wurden
mit 60 Mio Tonnen Kohle, im Lavanttal leider bis zu 800 m tief, in
Sollenau und in Langau werden die Prospektionen erst in Angriff ge-
nommen. 60 Mio Tonnen Öl, wovon 19 Mio Tonnen bekannt sind, 60 Mia
cbm Gas, wovon 12 Mia bekannt sind, angegeben. Hier wird man infolge
der Energieknappheit und der insbesonders so gestiegenen Energie-
preise sehr wohl entsprechende Prospektion fortsetzen und bei einiger-
massen günstigen Lagerstätten mit dem Abbau beginnen.
Interessant war, dass ansonsten niemand eine Frage in der Presse-
stunde stellte, anschliessend daran gleich die halben Redakteure
und Reporter wegen des Zuckerpreises Fragen stellten. Ich hatte
zwar dann keine Neuigkeiten mehr verzapft. Der Zuckerpreis wird
mit 1. Feber um 50 Groschen, von 11.40 auf 11.90, 1 Kilo Normal-
kristall fein, die wichtigste Sorte im Verkauf, erhöht. Gleichzeitig
konnte ich auch entsprechende Informationen über die grösseren Ex-
portanbauabsichten der Bauern und der Zuckerindustrie mitteilen, weil
der Weltmarktpreis für Zucker derzeit mit 5.50 Schilling äusserst
günstig auch für die Zuckerexportindustrie liegt.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Du musst vielleicht doch die Redakteure inten-
siver zum Schluss fragen, ob sie nicht noch einige Wünsche haben.
Die Sektion Industrie, Obmann Schoeller, und der Energiehandelskammer-
vertreter für die Industrie, Dr. Oberndorfer, intervenierten wegen der –
wie sie glauben – überhöhten Belastung der Industrie bei der jetzt
vorzunehmenden Tarifierung des Strompreises. Natürlich habe ich da-
rauf verwiesen, dass, wenn die Handelskammer sich von den Sitzungen
absentiert und nur mehr protestiert, dann die anderen Interessens-
vertretungen keine besonderen Gründe mehr haben, die Wünsche der Han-
delskammer entsprechend zu berücksichtigen. Durch die Festlegung des
Groschenbetrages anstelle der beabsichtigten perzentuellen Erhöhung
in den einzelnen Landesgesellschaften wird das Gewerbe, welches jetzt
schon einen sehr hohen Tarif hat, begünstigt, die Industrie aber ins-
besondere, die, die kontinuierlich arbeitet und über 5.000 Stunden
Strom im Jahr bezieht, entsprechend benachteiligt. Dort gibt es Er-
höhungen von 15% bis 21%. Für diese davon betroffenen Sparten, Hütten,
Metallverarbeitung, chemische Industrie, Steine- und Keramikindustrie
usw. habe ich versprochen, werde ich mit dem Preisreferenten MR Burian
entsprechende Gespräche führen.
Eine diesbezügliche Aussprache ergab, dass auch er der Meinung ist,
man müsste diese Sparten von diesen hohen Belastungen befreien und
auf ein Normalmass zurückführen. Diesbezügliche Vorschläge wird er
im Laufe der nächsten 2 Monate erstatten. Die Tarifierung muss ja
erst bis Ende März fertig sein. Burian glaubt – und hofft auch – dass
es ihm gelingt, mit Hilfe des SAFE-Durchrechnungssystems ein neues
Preissystem erstellen zu können. Danach würden dann die Mehrbela-
stungen durch entsprechende Anschaffung von Elektrogeräten im Haus-
53-0091
halt zur Strompreisabdeckung entsprechend stärker herangezogen,
als dies nach dem jetzigen System üblich ist. Für die Industrie
ergäbe sich dann ein günstigerer Satz, insbesondere für die strom-
intensive Industrie.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass Dich und auch mich ständig am Lau-
fenden halten.
Prof. Winkler hat mit seinem chinesisch-österreichischen Verein
die Kontakte mit National-China, Taiwan, stets aufrecht erhalten.
Als die VOEST Alpine, gezwungen durch günstige Anbote eines
Stahlwerkes in Rot-China, die Beziehungen zu Taiwan abgebrochen
hat, wurde die einzige noch funktionierende Brücke von Prof. Winkler
hergestellt. Winkler hat nun die Nationalchinesen ausgesöhnt. Er
beabsichtigt den Handelsminister und etliche Holding-Chefs für
Stahl und sonstige grosse Betriebe nach Österreich einzuladen.
Selbstverständlich kann er diese Einladung nicht aus seinem beschei-
denem Budget von seinem Verein bezahlen. Ich habe ihm sofort zuge-
sichert, dass selbstverständlich die Handelskammer oder das Handels-
ministerium dafür aufkommen wird. Die Nationalchinesen sehen ein,
dass mit diesem Besuch keine Propaganda verbunden werden soll und
darf. Die Österreicher können es sich nicht erlauben, mit Rotchina
oder, besser gesagt, Festlandchina zu brechen. Die Nationalchinesen
haben deshalb jetzt auch darauf verzichtet, dass bei irgend welchen
Anlässen, wo sie daran teilnehmen, wie z.B. auf Messen, die national-
chinesische Flagge gehisst wird. Prof. Winkler hofft, dass Fest-
landchina keine Schwierigkeiten bei Wirtschaftsbeziehungen mehr
mit Nationalchina macht. Wenn dies zutrifft, könnte die VOEST – und
sie ist ja daran brennendst interessiert – mit Nationalchina ihren
Stahlvertrag neuerdings aufleben lassen. Der Handel in National-
china hat sich von 6 Mia 1971 auf 38 Mia Dollar erhöht. Dieses gi-
gantische Handelsvolumen geht an Österreich vorbei, weil wir mit
Rücksicht auf Festlandchina von entsprechenden intensiven Wirtschafts-
beziehungen abgesehen haben. Dies könnte nach Auskunft Winklers
sich jetzt leicht ändern lassen. Angeblich hat er eine Aussprache
mit Aussenminister Pahr und selbst mit Bundeskanzler Kreisky. Dieser
hat ihn beauftragt, alles zu unternehmen, um jetzt wieder normale
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Nationalchina und Österreich her-
zustellen. Da Prof. Winkler – und das überraschte mich persönlich sehr –
nicht einmal seine Flugreisen nach Nationalchina, die er mindestens
1 mal im Jahr durchführt, verrechnen kann, sondern aus eigener Tasche
53-0092
bezahlt, erklärte ich auf seinen Wunsch mich sofort bereit, eine
entsprechende Bestätigung für das Finanzamt zu geben. In dieser
Bestätigung wird nichts anderes festgehalten, als dass Prof. Winkler
im österreichischen Wirtschaftsinteresse diese Vereinstätigkeit
ausübt und daher – wie ich glaube – auf alle Fälle seine Aufwendungen
von der Steuer abgesetzt werden müssten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte aktmässig eine solche Bescheinigung
festhalten und wunschgemäss Winkler ausstellen.
Tagesprogramm, 28.1.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)