Freitag, 25. Jänner 1980
Die Bohrung Zistersdorf ist bei 7.544 m auf Gas gestossen.
Leider hat sich dann sofort ein normaler Gasaustritt er-
eignet und das Bohrloch wurde in einigen Stellen verstopft.
Wie überhaupt die Bohrung wieder flott gemacht werden kann,
ist unsicher. Aus Amerika wurde jetzt ein eigenes Bohrgerät
angeschafft, das so dünn bohren kann, man nennt es daher
auch Makkaroni, dass im jetzigen Bohrgestänge durchgebohrt
wird, bis man wieder an die Sohle kommt. Dann soll. Dann soll
der Bohrmeissel dort weggesprengt werden, um dem Gas einen ge-
wissen Austritt zu geben. Im Gasaustritt und der anschliessenden
Verstopfung ist natürlich ungeheuer viel Spülmittel aus dem Bohr-
loch herausgeschleudert werden und hat die ganze Bohrstelle im
wahrsten Sinne des Wortes in einen Sumpf verwandelt. Die Bohrmann-
schaft hat Gigantisches geleistet, niemand wusste, was passieren
wird, niemand ist aber weggelaufen. Alle haben unter härtestem
Einsatz ihre Pflicht erfüllt. Wenn man eine solche Bohrstelle nach
ein paar Tagen erst besucht, kann man sich an den Resten ein Bild
machen, was dort in der Nacht vorgegangen ist. Am meisten befrie-
digt sind natürlich die Geologen. Der Chefgeologe hat triumphierend
mir gegenüber festgestellt, dass sie doch recht gehabt haben und
in so einer Tiefe, wie sie vermutet haben, wenn schon nicht Öl, doch
Gasmengen vorhanden sind.
Auf der Fahrt hatte ich Gelegenheit mit GD Bauer die letzten Vor-
gänge der Preisbildung und Preissetzung und insbesondere der
Versorgung eingehend zu diskutieren. Bauer musste indirekt zugeben,
dass es ein Wahnsinn war, die Heizöl-extraleicht- und Heizöl-
mittel-Auslieferung gegenüber dem Vorjahr um 15% zu kürzen. Die
Ausrede, dass sie nicht genug Rohöl der entsprechenden Qualität haben,
ist natürlich nur bedingt richtig. Öl bekommt man, jede Qualität,
die Frage ist nur, zu welchem Preis. GD Bauer meint, die ÖMV hat
zwar die Versorgungspflicht, kann aber nicht alle Preiswünsche
auf Spot-Märkten nur allein aus Versorgungsgründen erfüllen.
Meine Behauptung war, dass selbst wenn die letzte Preisfestsetzung
unzulänglich gewesen ist, sie mit Jahresende im Jahre 1980 wieder
sehr positiv abschneiden werden, wie dies seit 1974 Jahr für Jahr
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der Fall gewesen ist. Meine Theorie lautet, in einer Knappheits-
hysterie, wie sie seit 1974 und insbesondere jetzt 1979 und sicher-
lich auch 1980 sein wird, muss und wird die ÖMV immer positiv ab-
schneiden. Nur vereinzelt wurden in den vergangenen Jahren, wenn die
Bevölkerung und die Konsumenten nicht hysterisch nachgefragt haben,
im Sommer Rabatte gegeben. Die Industrie und das Gewerbe haben dann
nicht den amtlich preisgeregelten und von der Paritätischen Kom-
mission bestimmten Höchstpreis bezahlt, sondern es mussten ständig
Nachlässe gegeben werden. Diese Zeit war 1979 vorüber und ich fürchte,
auch 1980 wird es ähnlich sein. Schon allein aus diesem Grund er-
spart sich die Mineralölwirtschaft hunderte Millionen Schilling.
Selbst wenn sie jetzt geringere Mengen, die, wie ich zugebe, in
der letzten Zeit mehr wurden, am Spotmarkt kaufen muss, wird
dennoch zumindestens für die ÖMV, Mobil und Shell, die bekanntlich
im Inland Öl produzieren, ein guter Abschluss herauskommen. Ich
will gar nicht abstreiten, dass AGIP und vielleicht auch BP schlechte-
re Bilanzen legen werden. Die grosse Masse aber der Gesellschaften
wird 1979 und sicherlich auch 1980 positiv abschliessen. Unerklär-
lich ist mir, wie überhaupt nach der Preissetzung jetzt eine solche
Versorgungskrise heraufbeschworen wurde. Ich hätte noch eher er-
wartet, dass man Versorgungsschwierigkeiten vor der Preisfestsetzung
macht. resp. herbeiführt, um einen gewissen Nachdruck zu erreichen.
Ich bin sehr gespannt, ob tatsächlich einige Ölgesellschaften, wie
angekündigt, ihre Tankstellen leer stellen werden, weil sie keine
Importe tätigen. Die ÖMV rechnet, dass infolge des Staatsbesuches
von Kreisky in Saudi-Arabien dort Bezugsmöglichkeiten für die
ÖMV entstehen werden. Bis jetzt hat Saudi-Arabien es abgelehnt, mit
der ÖMV in Geschäftskontakt zu kommen. Die Saudi-Araber haben aus-
schliesslich die Multis beliefert. GD Bauer hat mir strengst ver-
traulich mitgeteilt, dass sie fest rechnen ins Geschäft zu kommen
und dass dann jedwede Versorgungsschwierigkeit für 1980 auch für
die ÖMV behoben ist. Die saudi-arabischen Kontaktpreise liegen näm-
lich wesentlich unter den anderer arabischer Staaten und natürlich
unter den Spotmarkt-Preisen.
MR Gröger teilt mir mit, dass ausgelöst durch die Anordnung von
Verbund, GD Fremuth als Hauptlastverteiler, wegen Versorgung im
Notstandsfall jetzt er auch die entsprechende Wirtschaftliche Lan-
desverteidigung neuerdings aktivieren möchte. Seitdem Oberst Fenz,
der in die Industrie gegangen ist, nicht mehr die Wirtschaftliche
Landesverteidigung macht, ist hier ein gewisser Stillstand einge-
treten. Der im Haus beauftragte Leutnant der Reserve Preglau lehnt
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die Arbeit ab. Fenz hatte natürlich im Verteidigungsministerium
die Möglichkeit viele seiner Leute einzusetzen, Preglau kann
dies nicht. Ausserdem sind Preglau und Gröger verfeindet, weshalb
eine Zusammenarbeit sehr schwierig ist. Wahrscheinlich wird es
dringendst notwendig, dass das Verteidigungsministerium uns einen
anderen Mann für Fenz nominiert.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte im Verteidigungsministeriums-Minister-
büro vorfühlen, damit ich mit Rösch sprechen kann.
Gröger möchte auch mit Peyerl, der für die Energiebewirtschaft ,
und Limberger vom Landwirtschaftsministerium für die Lebensmittel-
bewirtschaftung zuständig ist, Gespräche führen. Ausserdem soll
bei den Landeshauptleuten kontrolliert werden, wie weit diese die
ganzen Bewirtschaftungsagenden a jour haben. Mit dem Finanz-
ministerium, Dr. Kinast, möchte Gröger neuerdings die Gespräche auf-
nehmen, wie weit Lagerhaltung finanziert werden kann. Unser seiner-
zeitiger Vorschlag, man sollte die Devisenreserven der Notenbank durch
Warenlagerungen ergänzen resp. ersetzen, wurde ja abgelehnt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Halte Dich bitte am Laufenden.
Beim Jour-fixe mit der Arbeiterkammer habe ich mich – ohne mich be-
sonders zu ärgern, aber dafür umso deutlicherem Nachdruck – die
Arbeiterkammer kritisiert, weil sie zuerst bei etlichen Jours-fixes
dem Heizöl-extraleicht-Preis von 60 Groschen zugestimmt hat und
nachher in einer Presseaussendung behauptet hat, dass dieser zu hoch
festgesetzt wurde. Meine Argumentation war, dass es in Wirklichkeit
schon ganz egal ist, was die Arbeiterkammer jetzt noch macht, sie
verliert sowieso ständig an Ansehen, wird in den seltensten Fällen
noch Ernst genommen und wird früher oder später ihre letzten Ver-
bündeten, wahrscheinlich sogar auch im Gewerkschaftsbund, verlieren.
Diese Politik wird früher oder später für diese Institution verhee-
rende Folgen haben.
Über die Zuckerrübenabgabe für den Export 10 Groschen konnten wir
uns dann letzten Endes doch auf eine unbefristete Verlängerung
einigen. Zöllner hatte zwar wieder behauptet, das sei von mir aus-
schliesslich deshalb unbefristet vorgesehen, weil damit die Lebens-
mittelarbeiter leichter Lohnbewegungen durchsetzen können. Dass die
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Abgabe mit Lohnbewegungen überhaupt nichts zu tun hat, musste
ihm erst Blaha klarmachen. Seinerzeit wurde diese 10-Groschen-
Abgabe, die vom Fabrikabgabepreis vorweg abgezogen wird, des-
halb befristet eingeführt, weil die Bauern ja letztens hier eine
Kürzung ihres Rübenpreises akzeptieren müssten. Derzeit ist der
Weltmarktpreis günstig. Die Bauern bekommen für die 65.000 to
Exportzucker in diesem Jahr 42 Schilling pro Zentner, für die
310.000 Tonnen Inlandszucker 70.90 Schilling pro Zentner. Aus der
Exportrübe kann bei derzeit 4 Schilling variablen Kosten und einen
fob-Preis von 196 Pfund, das entspricht ca 5.50 Schilling, wenn
man jetzt die Fracht noch abzieht, etwas für die Zuckerindustrie
Fixkostenanteil resp. für die Bauern höherer Rübenpreis im
nächsten Jahr herausgewirtschaftet werden. Dies ist auch der Grund,
warum im heurigen Jahr 1,835.000 Tonnen Rübe auf 41.000 ha und statt
324.000, 650.000 Tonnen Exportrübe auf 14.000 ha mehr angebaut werden
sollen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Präsident des Zuckerverbandes und
Goldmann Sitzung einberufen.
Bei der Zuckerpreiserhöhung wurde zwar von Wirtschaftsprüfern
8.41% als notwendige Kostendeckung errechnet, die Zuckerindustrie
ist aber mit 4.3% vollkommen einverstanden. Der kiloverpackte
Kristallzucker fein, der hauptsächlich gekauft wird, wird von 11.40
auf 11.90 Schilling, d.h. um 50 Groschen, erhöht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Goldmann soll mit Blaha alle relevanten Daten
vom heurigen Jahr und nächsten Jahr zusammenstellen.
Bei der Versorgung mit Mineralölprodukten kam es zur üblichen
Diskussion mit AK und ÖGB. Tumpel ist jetzt im Aufsichtsrat der
ÖMV, kennt daher die Situation genauer und ist ständig im C1inch
mit Dr. Zöllner. Tumpel glaubt, dass wir knapp die richtige Preis-
festsetzung verfehlt haben. Seiner Meinung nach hätten die Preise
höher angesetzt werden müssen. Ich bin nicht dieser Meinung. Ich
glaube, dass tatsächlich mit dieser Preisfestsetzung sowohl in der
Preiskommission als auch in der Paritätischen ein richtiger Preis-
schnitt gemacht wurde. Zugegebenermassen ist derzeit in der Bundes-
republik und derzeit in der Schweiz der Benzinpreis höher als der
jetzt in Österreich festgesetzte. Dies wird sich aber sofort än-
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dern, wenn Androsch dann unter dem Druck von Sekanina doch die
Mineralölsteuer um 20 oder 30 Groschen erhöht. Leider wurde diese
Preisfestsetzung jetzt nicht uno actu durchgeführt, wie dies Benya
in der Regierungsklausur unbedingt durchziehen wollte. Androsch
hat in der Öffentlichkeit erklärt, es gibt jetzt keine Mineralöl-
steuererhöhung, weshalb er eben als – und das möchte ich neidlos
anerkennen – starker Minister, der sich gar nicht um die Sozial-
partner kümmert, eben diese Erhöhung ablehnte. Die Spekulation
von Androsch allerdings, dass wenn er einige Monate zuwartet,
dann die Mineralölwirtschaft ihm sofort, wie beim letzten Mal,
30 Groschen aus dem jetzigen Preis die Mineralölsteuer bezahlt,
ohne dass die Verbraucherpreise erhöht werden, wird dieses Mal,
glaube ich, nicht aufgehen. Fest steht für mich ausserdem, dass es
bei Heizöl jetzt momentan nach den zusätzlichen 15.000 Tonnen für
extra leicht und 15.000 offiziell für leicht, inoffiziell wird
sogar die ÖMV, weil sie ihre Abnehmer stärker versorgen will,
20.000 Tonnen mehr ausliefern, zu keinen Engpass mehr kommen.
Kritisch kann in der nächsten Zeit die Versorgung mit Normal-
benzin werden. Da die Konsumenten jetzt immer mehr zum Normalbenzin
zurückkehren, Super dürfte im Vorjahr keine Steigerung, Normal-
benzin aber von mindestens 10% erreicht haben, ergibt sich eine
schlechtere Ertragssituation für die Ölwirtschaft. Superbenzin
ist doch um 70 Groschen teurer, die Erlössituation dürfte dort
günstiger sein.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die genauen Details mit der ÖMV kalku-
lationsmässig feststellen.
Aus mir unerklärlichen Gründen wurde jetzt von der Preisabteilung
neuerdings in Erinnerung gerufen, dass die Goldschmiede die Preis-
auszeichnung nach Goldwert und Zuschlag durchführen müssen. Gleich-
zeitig wurde auch dekretiert, dass Silberwaren jetzt entsprechend
ausgezeichnet werden sollten. Dies bedeutet, wie Lachs mit Recht
von einem Bekannten erfahren hat, für diese Geschäfte eine verhee-
rende Mehrarbeit. Derzeit liegt das Goldschmiedegeschäft fast still.
Niemand kauft bei diesen bewegten Goldpreisen. Als Draufgabe so-
zusagen wird ihm jetzt vorgeschrieben, er muss womöglich jedes
einzelne Stück, das er ausstellt, entsprechend preisauszeichnen.
Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass man bis zu einem gewissen
Betrag, mein Vorschlag war 1.000 Schilling, die Arbeiterkammer
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meinte 5.000 Schilling, irgendwelche Auszeichnungspflicht fest-
legt. Auch hier müsste es zu wesentlichen Vereinfachungen kommen.
Wir einigten uns, dass eine interministerielle Besprechung mit
den Interessensvertretungen stattfinden soll.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte nur ein einfachstes System, das auch
die Goldschmiede akzeptieren können, beschliessen.
Die Firma Stroh hatte für ihre Kunden im Schwarzenberg-Palais
zur Staatswappenverleihung eine kleine Show bereit. Zuerst gab
es eine sehr interessante Multimedia-Show, wo die Geschichte
des Hauses, immerhin derzeit in der fünften Generation geführt,
und die Entwicklung in Klagenfurt genau dokumentiert wurde.
Anschliessend daran gab es einen Zauberer, mit dem ich schon
einmal bei einer solchen Staatswappenverleihung zusammengearbeitet
hatte. Natürlich musste ich, so wie viele andere aus dem Publikum,
mitspielen. Wir machten dies aber so gut, dass nachher einige mich
fragten, wie dies überhaupt möglich sei. Der Gipfel der Zauberei
war, dass dann neben all den vielen Produkten, die die Spritfabrik
Stroh erzeugt, auch das Staatswappen von mir hervorgezaubert wurde.
Der Nachteil einer solchen Show ist, dass natürlich dann die An-
sprache nur sehr kurz sein kann und vor allem nicht dieser Effekt
erzielt wird, wie wenn ich sozusagen die Show allein abziehe. Der
Vorteil war, dass wir – und auch ich mich – ganz köstlich unter-
halten habe. Unter anderem war es notwendig etliche Geschicklich-
keitsübungen zu machen, wie der Zaubermeister ankündigte, eine
ganze Pyramide von Strohprodukten zu gewinnen. Der neben mir
sitzende Geschäftsführer schrie auf die Bühne, als niemand anderer
dies zusammengebracht hat, der Minister kann es. Theoretisch
habe ich also eine ganze Ladung Stroh-Weinbrand gewonnen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wurden dort dann tatsächlich auch diese
Strohartikel verteilt.
Tagesprogramm, 25.1.1980