Freitag, der 2. November 1979 bis Sonntag, der 4. November 1979

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Freitag, 2. November 1979

Direktor Schlager von der Kohlenimport und Grosshandelsgesellschaft
aus Salzburg, die allerdings zu 67 % auch bereits Gaskoks gehört,
spricht sich gegen einen Import von jugoslawischer Hausbrandkohle aus.
Die SAKOG, deren Vertrieb er übernommen hat, ist jetzt auf ein neues
4 m Flöz gestossen und wird daher die Produktion von 2.000 Tonnen auf
3.000 Tagestonnen erhöhen. Im heurigen Jahr wurden nicht 550.000 Tonnen
wie in der Vergangenheit, sondern wahrscheinlich 620 bis 630.000
Inlandskohle befördert und auch verkauft. Die Lager sind seiner Infor-
mation nach bei allen Konsumenten voll. Da nach seiner Information nach
die Importkohle um 20 bis 30 % ebenfalls gestiegen ist, da die Heiz-
stellen für Kohle aber nicht vermehrt wurden, muss es bei einem Im-
port zum Zusammenbruch des Absatzes der inländisch produzierten Braun-
kohle kommen. Daran habe ich natürlich als oberster Bergherr auch kein
Interesse. Die Importkohle, Freigrenze 610 Schilling kostet, der Ver-
kaufspreis wird sich auf ca. 660 Schilling je Tonne stellen, diese
Ziffern sind Schätzungen von Direktor Schlager, hat einen Wärmepreis
von 154. Demgegenüber steht die Sakog mit 171 und Karlschacht, GKB
sogar mit 174 Schilling. Noch ärger wird es, wenn man den Raum Kla-
genfurt beliefern würde. Hier ergäbe sich 217 für die Sakog, 272 für
Karlschacht und 174 Schilling für die Importkohle. Schlager hat
eingesehen, dass aber aus Aussenhandelsgründen wir einen Export
Kohle Jugoslawien nach Österreich kaum verhindern können. Bei meinem
letzten Gespräch mit dem jugosl. Aussenhandelsminister hat dieser auf
die nur geringen Exportmöglichkeiten Jugoslawiens hingewiesen. Der da-
mals mit mir reisende Direktor der VÖEST-Alpine, Rohner, hatte den
Jugoslawen den Vorwurf gemacht, sie hätten keine Kohlenmengen für
die Versorgung des zu erbauenden Kohlekraftwerkes durch STEWEAG Kals-
dorf zur Verfügung stellen können oder wollen. Wenn jetzt 30.000 Tonne
Flemmer für BP, 18.000 Übeleisen und 15.000 Tonnen Bartl, insgesamt
also 45.000 Tonnen aus Jugoslawien importieren wollen, so würde dieses
Argument zusammenbrechen. Schlager erklärte mir, dass seine Gesell-
schaft in der zweiten Hälfte 1980 auf alle Fälle Kohle importieren wird
müssen. Ich schlug ihm vorher, er soll sich auch im Importe aus Jugos-
lawien bemühen. Mir selbst ist es nämlich ganz gleich, wer die Kohle
importiert. Schlager mit Direktor Dressler von Gaskoks, in Wirklich-
keit sein Chef durch die Mehrheitsverhältnisse noch einmal über dieses
Problem reden und Montag Bescheid geben. An der Aussprache war neben


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Satzinger auch noch Dr. Mock anwesend, den ich durch Zufall beim
Portier getroffen habe. Mock als wirklich äusserst fleissiger Be-
amter der Bergbehörde, zwar für den Import von Kohle nicht der zu-
ständige Mann, aber ich habe grössten Wert darauf gelegt, dass aber
die ganze Angelegenheit auch aktmässig festgehalten wird, weshalb
ich ihn zu dieser Sitzung zugezogen habe.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Unterlagen der Obersten Bergbe-
hörde, Mock, sofort zur Verfügung stellen.

Dir. Schlager ist auch Geschäftsführer vom neuen Verkaufskontor in
Salzburg der Ruhrkohle. Diese beliefert die westlichen Bundes-
länder Vorarlberg, Salzburg, Tirol, aber auch Teile von Kärnten mit
Koksbriketts usw. Schlager war sehr erstaunt von mir zu hören, dass
aus der BRD mit keiner weiteren wesentlichen Steigerung des Kohlen-
exportes gerechnet werden kann. Der deutsche Wirtschaftsminister hat
nämlich dezidiert erklärt, er wird in den nächsten Jahren dafür ein-
treten, dass anstelle von 5 Mio. Kohlenimporte Deutschlands zur Ver-
stromung, um 1,1 Mio. mehr importiert werden. Die Deutschen rechnen
also mir stärkerem Umstellen der Elektrizitätserzeugung auch auf
Kohlebasis. Zu diesem Zweck erhöhen sie das Zollfreikontingent für
die Verstromungskohle.

Der Leiter der RAG ist mit dem Generaldirektor Ebeling und dem
Vertreter Dir. Windsteig, in der Preiskommissionssitzung erschienen,
um wie er sich ausdrückte, Meinungsverschiedenheiten zu bereinigen
und vor allem Mißverständnisse aufzuklären. MR Kurzel, aber auch der
Vorprüfungsreferent Dr. Neuhold, waren seit der letzten Preiskommis-
sionssitzung über das Verhalten der RAG sehr empört. Ebeling erklärt,
sie hätten sich unter allen Umständen gegen eine Preisregelung aus-
gesprochen und wären bereit, entsprechende Sonderrabatte sowie im
Vorjahr auch heuer wieder Chemie Linz, Lenzing und Steyrermühl zu
geben. Nach seiner Behauptung würden sie, wenn sie den Schillinggas-
preis pro cbm, wie die ÖMV im Osten bekommen, über 96 Groschen
Erlös haben. Kurzel wies ihm nach, dass Ebeling nicht nur immer von
Mißverständnissen spricht, aber in Wirklichkeit alles daran setzt,
um die Preisregelung rauszuschieben. Bei der letzten 5 Stunden dau-
ernden Verhandlungen hat die RAG nur Obstruktion gemacht. Kurzel
war in sehr empört und sagte, in seiner 30-jährigen Laufbahn ist
ihm ein so unqualifiziertes Verhalten noch nie untergekommen. Wir


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einigten uns darauf, dass Ebeling bis am Montag seine Vorschläge
ganz dezidiert und schriftlich der Preiskommission zuleiten soll,
damit das Preisverfahren, welches am Montag neuerdings beginnt,
dieses besprechen eventuell sogar berücksichtigen kann. Die RAG hat
auf die vorgesehene für Oberösterreich festzulegende Preisbestimmung
für in Oberösterreich gewonnenes Gas mit 92 Groschen, genau derselbe
Betrag, den auch die ÖMV für seine oberösterreichischen Gasproduk-
tionsmengen bekommt, dahingehen geantwortet, dass man in Zistersdorf
für das RAG-Gas 68 Groschen festsetzen könnte. Ich habe diesen Preis
natürlich sofort notiert, die RAG hat im Zistersdorfer Gebiet eine
ganz geringe Menge Erdgasproduktion, ähnlich der ÖMV, die auch in
Oberösterreich nur 10 Mio. cbm hat. Die RAG dagegen 800 Mio. derzeit
und 700 Mio. in Zukunft. Neuhold hatte angedeutet, dass die Kalkula-
tionen aufgrund des derzeitigen Preisrechtes und der Gepflogenheit
der Preiskommission wahrscheinlich nur 60 bis 65 Groschen über die
RAG ausmachen würden. Die grossen Aufwendungen der RAG in den ver-
gangenen Jahrzehnten sind nämlich in der Zwischenzeit längst abge-
schrieben und wenn man will, auch kalkulationsmässig untergebracht.
Ich habe unter vier Augen MR Kurzel vorgeschlagen, das Preisregelungs-
verfahren durchzuführen. Dadurch würde die RAG gezwungen werden
ihre endgültigen Rabattangebote verbindlich darzulegen. In diesem
Fall könnte dann Kurzel versuchen ob es möglich ist, zu einem Kompromiss
über dieses Angebot mit den Interessensvertretungen zu kommen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte auf Jour fixe ÖGB, AK setzen.

Das Referat bei der Arbeiterkammervollversammlung über die Energie-
situation gab mir Gelegenheit insbesondere über das ungarisch-bur-
genländische Kohlen- und Verstromungsprojekt zu referieren. Der Kammer-
amtsdirektor hatte mich ausdrücklich vorher darüber ersucht. In der
Diskussion meldete sich dann der zuständige Kammerrat und hat dieses
Milliarden-Schilling-Projekt sehr begrüsst. Insbesondere unterstrich
er aber meine Ausführungen, dass die Umweltschutzbestimmungen unbe-
dingt restlos eingehalten werden müssen. Die zweite Diskussionsfrage
erstreckte sich auf die Bio-Sprit-Anlage. Der Betriebsratsobmann der
Arbeiter von der Zuckerfabrik Siegendorf war daran verständlicher-
weise sehr interessiert. Bei meinem Referat hatte ich nämlich – mir
eigentlich vollkommen unerklärlich – auf dieses Projekt vergessen.

Mit dem Bürgermeister von Mattersburg, den ich auch besuchte, be-
sichtigten wir dann mit seinem Vizebürgermeister, einem ÖVP-Abgeordneten


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der Jungen Wirtschaft, den Betriebsräten und auch den Gewerkschafts-
vertreter der Lebensmittelarbeiter, die Konservenfabrik Felix Austria.
Die Fabrik war wesentlich kleiner angelegt und verbreitert sich jetzt
Jahr für Jahr. Die Fabrik ist ziemlich mit modernen Maschinen ausge-
stattet und wie mir Direktor Jeschko versichert, sehr bemüht, vom
saisonalen Betrieb wegzukommen. Natürlich gibt es gewisse Produkte,
die man nur saisonal erzeugen kann. Da aber die Saisonarbeiter – zu-
mindestens 1/3 davon – grösstes Interesse haben, ganzjährig be-
schäftigt zu sein, werden Produktionen von Ketchup, Bohensuppe usw.
versucht, eine kontinuierliche Jahresproduktion. Das Lager beträgt
nach der Ernte exorbitant viele Produkte und weit über 10 Mio. Schil-
ling. Um den Marktanteil halten zu können, oder vielleicht sogar noch
ein bisschen zu vergrössern, werden auch ständig neue Produkte kreiert.
Der letzte Schrei ist auch Rettich in Gläsern. Überhaupt stellt sich
heraus, dass die Konservenproduktion wieder von Blech auf Gläser
überwechselt, denn dort kann der Konsument die Produkte sehen. Nur
für die Gastronomie werden grössere Einheiten in Blechdosen, da sie
wesentlich billiger sind, erzeugt.

Mit grossem Stolz hat mir der Betriebsrat von Felix, der gleichzeitig
auch als Hobby das Mattersburger Heimatmuseum betreut, dieses dann
in allen Details geschildert und gezeigt. Da die Gemeinde aus diesem
Haus, das ehemalige alte Rathaus, heraus muss und in einen Neubau
übersiedelt, hat das Gemeinde Museum jetzt reichlich Platz. Diese
Museen sind insbesondere durch solche phanatische Gründer und Erhalter
lebensfähig. Als Arzt hat er viele, früher den Besitzern wertlos
scheinende Gegenstände erworben, wie man mir sagte hat er zu Hause
gar keinen Platz mehr und deshalb mit grosser Freude dieses Museum
angelegt. Für die Mattersburger sicherlich eine schöne und interessan-
te Pflegestätte ihrer Kultur und Geschichte.



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Sonntag, 4. November 1979

Der Wanderweg 404 berührt wirklich die schönsten Teile Österreichs,
weshalb er auch vom Kurier in seine Rundwanderwege einbezogen wird.
Trotzdem halte ich diese Idee, ganz Europa durch Wanderwege zu er-
schliessen für den Massentourismus ungeeignet. Das Hauptproblem ist,
dass man mit seinen eigenen Wagen sozusagen den Rundwanderweg nicht
absolvieren kann. Die ansonsten von den örtlichen Gemeindeverbänden
und vor allem auch von den Massenmedien, Kurier-Wanderwege, Kronen-
zeitung-Wanderwege, die immer wieder zum selben Ausgangspunkt zurück-
kommen, aber gleichzeitig eben nicht einen selben Weg zurück haben
viel besser. Die Aufwendungen für die Markierungen sind sehr gross
und bezüglich der Weitwanderwege sicherlich im Verhältnis zu ihrem
Aufwand unrentabel.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mit der nächsten Besprechung mit alpinen Ver-
einen möchte ich dieses Problem anschneiden.

Die deutsche Handelskammer feiert ihre Jahresversammlungen immer mit
entsprechendem Pomp. Warum sie diesmal allerdings eine Opernaufführung
gewählt haben, wo nur die bulgarische Nationaloper in Wien gastiert,
ist mir ein Rätsel. Fürst Igor war wirklich schrecklich lange, die
Inszenierung im wahrsten Sinne des Wortes wie zur Zeit als man die
Oper schrieb, die Chöre phantastisch, aber sicher nicht für alle
der Höhepunkt des österreichischen Kulturlebens. Die deutsche Handels-
kammer wäre in diesem Fall besser beraten gewesen, in ein Theater zu
gehen. Beim anschliessenden Souper hat mich der Hauptgeschäftsführer
Conrad – nicht nur neuerdings wegen seinem Dienstpass und Kommerzial-
rat-Titel erinnert, sondern diversen neuen Leuten vorgestellt. Unter
anderem auch, den wahrscheinlich neu kommenden Hauptgeschäftsführer
der Industrie- und Handelskammer Deutschlands. Die Handelskammer wird
im nächsten Jahr ihr 25 jähriges Bestehen mit einer riesigen Veran-
staltung feiern. Conrad hat ein grosses Protokollproblem, da Kreisky
sich bereit erklärt hat, dort eine Ansprache zu halten, wusste er nicht
wie er mir beibringt, dass nach Lambsdorff dann nicht ich komme,
sondern gleich der Bundeskanzler. Ich habe ihm sofort gesagt, das
spielt bei mir überhaupt keine Rolle. Seine Sorgen möchte ich haben.

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Tagesprogramm, 2./4.11.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR HM


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        Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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            Tätigkeit: Haupt-GF dt. HK in Österreich


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                Tätigkeit: Bundeskanzler
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                    Tätigkeit: Fa. Briko, Kohleimporteur für BP


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                        Tätigkeit: Dir., Leiter Generalrepräsentanz Wien VÖEST-Alpine


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