Dienstag, der 9. Oktober 1979

50-1081

Dienstag, 9. Oktober 1979

Bei der Kassenfabrik Putz nützte ich, bevor ich das Staats-
wappen übergab, die Zeit zur Besichtigung des Betriebes. Im
Hof war ein Rednerpult aufgestellt und ich erwartete, daß dort
die Dekretüberreichung erfolgt. Dies war dann auch der Fall,
doch zu meiner großen Enttäuschung, ohne die Belegschaft, zum
Glück hatte ich vorher Gelegenheit, den Arbeitern die Hände zu
schütteln und mit ihnen auch wirklich zu reden. Da ich 1936 beim
Einsitzen, wie es so schön hieß, , Kommissariat Ottakring einen
Kassenschränker als Zellengenossen hatte, war dies wirklich ein
sehr guter Einstieg bei der Festrede. Putz-Kassen hätte selbst dieser
an und für sich sehr bedeutende Fachmann nicht knacken können.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte das nächste Mal versuchen, daß die
Belegschaft dabei ist.

Im Klub wollte Kreisky keinen politischen Bericht geben, so daß
Fischer mich und Haiden ersuchte, einzuspringen. Da ich ja selbst-
verständlich über die Energiefrage nicht im Klub referierte,
das werde ich in Villach auf der Klubtagung machen, sprach ich
über die anderen Ressortprobleme: Preisverhandlungen, Elektrizität,
Milch, Benzin, Außenhandel, Fremdenverkehr, insbesondere hier be-
richtete ich über die erfolgreiche Sommersaison und das neue
10-Jahres-Programm. Weiters berichtete ich über die Handelskammer-
novelle, daß diese im engsten Einvernehmen und auf Wunsch des
Freien Wirtschaftsverbandes als Initiativantrag ins Parlament
kommt. Die Wahlordnung wird so geändert, daß weniger unter-
stützende Unterschriften und mehr Kandidaten vorgesehen sind und
daß der Freie Wirtschaftsverband davon profitieren kann, wie ich
auch hoffe, wird. Der mit 0,1 % des Familienlastenausgleichsbe-
rechnungsmethode festgelegte Fonds für die Unterstützung der
Kein- und Mittelbetriebe zur Bezahlung der Arbeiterabfertigung
wird ebenfalls vorgesehen sein, wenn die Details noch mit dem
Finanzministerium geklärt sind. Die Statuten für diesen Fonds
werden jetzt ausgearbeitet. Zum Schluß berichtete ich nur, daß
anstelle des verstorbenen Bandhauer Fremuth jetzt zum General-
direktor der Verbundgesellschaft ernannt wird. Durch die Reduktion
von Aufsichtsräten nun Mehrheiten der Sozialisten jetzt in allen
Gesellschaften sowie durch die Reduzierung der Vorstände auf zwei


50-1082
ist die Reorganisation abgeschlossen. Diese Information gab ich
aus dem Grund, damit nirgendwo ein Zweifel entstehen könnte, daß
ich bereit sei, von den Zweier-Vorständen abzugehen. Androsch war
anwesend, hat keine Silbe dazu gesagt, ich habe dies deshalb im
Klub referiert, was sonst gar nicht meine Gewohnheit ist und um
formell jetzt sogar eine Deckung für meine Vorgangsweise zu haben.
Satzinger hat mir von der Aufsichtsratssitzung der Verbundgesell-
schaft in Eisenstadt berichtet, wo der Sektionschef vom Finanz-
ministerium Neudörfer erklärte, das Finanzministerium besteht auf
einen Dreier-Vorstand. Androsch dürfte Direktor Nentwich diesbe-
zügliche Zusagen gemacht haben und will sie jetzt einlösen. Die
ÖVP hat dann dort sofort einen Vierer-Vorstand verlangt, die
Fraktion hat sich aber schon in der Vorbesprechung, nachdem
Satzinger erklärte, der Handelsminister ist nicht bereit vom
Zweier-Vorstand abzugehen, auf der einen Seite gemeint, hoffentlich
hält er, auf der anderen Seite diese Vorgangsweise für absolut
richtig befunden. Für mich war es gar keine Frage, daß ich derzeit
zumindestens nicht bereit bin, auf längere Zeit einen anderen
Vorstand zu etablieren.

Haiden berichtete dann über die Novelle zur Milchwirtschaft,
interessanterweise gab es weder bei ihm noch bei mir nur eine
einzige Wortmeldung. Dies würde man an und für sich für erfreulich
halten, weil man annehmen kann, alle sind mit der Berichterstattung
so zufrieden, daß sie keinerlei kritische Bemerkung oder auch nur
Ergänzung machen wollen oder brauchen. In Wirklichkeit sehe ich
aber in der Diskussionsmüdigkeit ein sehr beunruhigendes Zeichen.

Bei der Verleihung des Staatspreises für gute Werbung an drei
Firmen und drei Anerkennungspreise erhielt ich ausnahmsweise
ein an und für sich ganz gutes Rednerkonzept. Ich habe einige
Punkte daraus entnommen und vor allem die dort angeführten Zitate
sogar wortwörtlich verlesen. Eine solche Kombination halte ich
für optimal.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wer hat das Rednerkonzept geliefert.



50-1083

Der jugoslawische Botschafter und sein Handelsrat kamen, um mir
zu berichten, was Außenhandelsminister Rotar und Snuderl in
Belgrad mit mir besprechen wollen. Er entschuldigte sich, daß sein
Deutsch noch immer nicht so gut ist und er daher in Englisch spricht,
er ist fest davon überzeugt, ich beherrsche diese Sprache hervor-
ragend, fragte nur Herrn Min.Rat Hillebrandt, er versteht doch
auch unter dieser, was sollte er auch anderes sagen, erklärte er
selbstverständlich. Da ich außer Amerikanern und Briten, deren
Muttersprache Englisch ist, bei Ausländern, wenn sie ein wenig
langsam sprechen, wirklich keine Schwierigkeit habe, störte mich
diese in Englisch geführte Unterhaltung überhaupt nicht. Über
die Vidierungszölle, Kooperationenzusammenarbeit, Drittländerge-
schäfte, insbesondere aber über die regionale Kooperation durch
eine gemischte Arbeitsgruppe über kleinen Grenzverkehr bis zur
einer eventuellen Vereinbarung der Doppelbesteuerung und ein
Abkommen über die kommerziellen Risken sowie Arbeitsbewilligungen
für jugoslawische Firmen die in Österreich investieren, dem
Tourismus und vor allen die Investitionen bei der Winterolympiade
in Sarajevo wurde so ziemlich alles erwähnt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll die konkreten Unterlagen
für diese Punkte sofort zusammenstellen. Da Hillebrandt erklärt hat,
er versteht alles, muß er dies jetzt ja auch im Detail zusammentra-
gen können.

Im Parlament, das bis knapp vor 24.00 Uhr dauerte, hatte ich
dann endlich Gelegenheit, am späten Nachmittag, als Sekanina
erschien, den Wunsch Kazda's zu erfüllen und ihn persönlich vor-
zustellen und Probleme zu besprechen. Kazda selbst erklärte mir,
er hätte im Laufe der 10 Jahre mit fast allen Abgeordneten Kontakt
bekommen, weil er ja auch Leiter des Büros von Bautenminister
Moser war. Nur interessanterweise mit Sekanina hat er niemals
auch nur das Geringste zu tun. Er wollte daher unbedingt,
daß ich ihn entsprechend bei Sekanina einführe, als nicht nur
Präsidialist des Ministeriums, sondern auch als politischer
Funktionär von Währing. Dies tat ich um so lieber, als ich bei
dieser Gelegenheit Sekanina gleichzeitig nicht nur unseren


50-1084
gemeinsamen Präsidialisten vorstellte, sondern auch Sekanina
dezidiert erklärte, ich werde im Präsidium keine wie immer ge-
artete Entscheidung und Änderung vornehmen, solange er nicht im
Amt so eingearbeitet hat, damit wir dann gemeinsam entsprechende
Beschlüsse für Neubesetzungen, Reorganisation usw. fassen können
und ich bin überzeugt, auch gemeinsam einvernehmlich tun werden.
Sekanina ist viel zu wenig kompliziert, um jetzt, wie vielleicht
Kazda erwartet hätte, war sofort mit ihm per Du und meinte, es
ändert sich jetzt einmal überhaupt nichts, er wird sich erst
im Ministerium genau umsehen, um dann eventuelle Reformen vorzu-
nehmen. Kazda fiel ein Stein vom Herzen, ohne daß er es mir sagte,
aber fast hörte ich ihn plumpsen. Ich kann mir persönlich schon
vorstellen, wie es einem Beamten geht, wenn sein Chef wechselt,
und er nicht genau weiß, was der Neue unternehmen wird und wie
er sich verhält.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Im Präsidialbereich werden also keinerlei
Änderungen jetzt vorgenommen.

Nationalrat Köck erzählte mir, daß bei der DoKW jetzt die Ab-
sicht von Direktor Hermann besteht, frühzeitig in Pension zu
gehen. Die Betriebsräte überlegen, ob sie nicht von der Ver-
bundgesellschaft Wiesinger an dessen Stelle verlangen sollen.
1966 wurde auch von der ÖVP eine Lösung bei der DoKW durchge-
zogen, wo kein einziger sozialistischer Direktor unterkam.
Sollte dies nicht möglich sein, eine solche Lösung habe ich
allerdings nicht ausgeschlossen, so müßte unbedingt Dkfm. Gruber,
ein jetziger Prokurist und Direktor in den Vorstand berufen
werden. Der Generaldirektor-Stellvertreter Zach von der Ver-
bundgesellschaft möchte nämlich angeblich einen gewissen
Dobner von der SGP rüberholen. Dagegen spricht sich die Belegschaft
ganz entschieden aus. Auch ich erklärte sofort, ich denke nicht
daran, wenn in der Elektrizitätswirtschaft selbst gute Leute sind,
unbedingt von Außen jemand reinzuholen. Dies gilt noch dazu be-
sonders dann, wenn Zach scheinbar seine Einflußmöglichkeit in den
Sondergesellschaften vergrößern möchte.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte informiere dich über die Details.



50-1085

Die Luft im Sitzungssaal ist so schlecht, daß, wenn man sich
einige Stunden darin aufhält, richtiggehend müde wird. Durch
meine verdrängten Schnupfen bedingt habe ich auch erstmalig
einen sogenannten Drehschwindel mit erlebt. Ich bin zwar
kein Walzertänzer, kann mir aber sehr gut vorstellen, wie
es nach einem stundenlangen Walzertanzen im Kopf zugeht. So
ähnlich war es auch hier, der neben mir sitzende Dr. Steyrer
hat mich sofort insofern verarztet als er Blutdruck und Herz
genau untersuchte, dabei feststellte, was ich sowieso von
vornherein schon gewußt habe, alles okay, vielleicht was auch
ein normaler Zustand ist, ein wenig überarbeitet.

Mit unserem Klubobmann-Stellvertreter Anneliese Albrecht hatte
ich mich lange Zeit unterhalten, wie Frauen nach Ausscheiden
von Leodolter stärker in die Regierungsmannschaft eingebaut
könnten und sollten. Kreisky muß hier etwas unternehmen und ich
stehe auf dem Standpunkt, daß dies eine richtige Politik ist.
Ich habe schon seinerzeit, als der Klub den dritten Präsidenten
nach Ableben von Otto Probst wählte, dafür plädiert, eine Frau
in diesem Falle käme ja nur Anneliese Albrecht in Frage, diesen
Posten bekommen müßte. Ich habe persönlich überhaupt nichts
gegen Thalhammer, der als sich als Ordner gut bewährte und diesen
Posten mit Recht erwarten konnte. Politisch war diese Entscheidung
aber falsch.

50_1080_05

Tagesprogramm, 9.10.1979

50_1080_06

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: jug. Außenhandelsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sts. HM


    Einträge mit Erwähnung:


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO DoKW


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Finanzminister
          GND ID: 118503049


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., ab 1981 Gesundheitsmin.


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Büro des Bundesministers


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 115563237


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Kandidat Postenbesetzung DoKW (ÖVP)


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Gesundheitsministerin


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Dir. DoKW


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: GD Verbund


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: -obmann


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: DoKW


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Techn. GF KKW Tullnerfeld GmbH


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: MR HM


                                  Einträge mit Erwähnung:


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: MR HM


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Vertr. Finanzministerium


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Vorstand Verbund


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Bautenminister


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Verbund, Prokurist Dampfkraftwerk Korneuburg, Vorstand DoKW


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                  Einträge mit Erwähnung:


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: HM


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                        GND ID: 118566512


                                                        Einträge mit Erwähnung: