Donnerstag, 27. September 1979
Beim Energieseminar im sozialistischen Klub der Abgeordneten
nur mit Handelsausschussmitglieder referierte Frank über die
Energiepolitik, Burian über die Tarifpolitik und Zluwa über den
Massnahmenkatalog. Die heftigste Diskussion entwickelte sich
über die Tarifpolitik, da Burian einige Thesen aufstellte, die
in sich nicht logisch waren. An und für sich ist die Tarifpolitik-
philosophie heute furchtbar schwer zu begründen. Auf der einen
Seite soll die Kostensituation der einzelnen Energieträger berück-
sichtigt werden, auf der anderen Seite möchte man um Energie zu
sparen, Höchstpreise festlegen. Die Theorie, wonach jedes Joule
gleich sein soll, lässt sich in der Praxis beim besten Willen
nicht berücksichtigen. Dadurch würden einzelne Energieträger zu
Supergewinnen kommen. Die von Burian aber aufgestellten Thesen,
die übrigens wahrscheinlich nicht von ihm stammen, sondern die er von
irgend jemand übernommen hat, unzulänglich selbst studiert, die
er in der Diskussion auch gar nicht verfechten konnte, lösten eine
wilde Diskussion aus. Abgeordneter Veselsky und Wille plädierten
für die höchsten Preise um Energiespareffekte zu erzielen. Abg.
Schmidt und andere waren gegenteiliger Meinung.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Versuche herauszubringen, wer Burian die-
ses Konzept aufgestellt hat.
Der wichtigste Teil dieses Seminars war aber weder meine Ein-
leitung noch die Diskussion über die allgemeine Energiepolitik,
sondern der klare logische Aufbau über den Massnahmenkatalog
und die daraus ergebende Kompetenzklärung, vorgetragen von Zluwa.
Ich hoffe, dass den Abgeordneten erstmals klar wurde, welche
gesetzlichen Massnahmen noch getroffen werden müssen und wer für
diese gesetzlichen Massnahmen zuständig ist. Durch Zufall ist am
selben Tag der Energieverbrauch des I. Halbjahres des Statistischen
Zentralamtes veröffentlicht worden, wo wir über 5% Zuwachsrate
haben.
Die Theorie, die letzten Endes auch bei dem Seminar verzapft
wurde steht im krassen Gegensatz zur praktischen Arbeit. Die
Vorprüfung der Preiskommission für Erdgaspreise, der ÖMV und
der RAG ist in eine kritische Phase gekommen. Der Wunsch der
Arbeiterkammer unbedingt einen gespaltenen Inlandsgaspreis für
Wien und Niederösterreich, de facto ÖMV und für Oberösterreich
in der Mehrzahl RAG, nur mit einem Bohrgebiet auch für die ÖMV
festzulegen, ist auf den Widerstand der RAG gestossen. Der Ver-
treter von Mobil, Ebeling, wollte mich unbedingt sprechen. Da sich
keine Möglichkeit ergab, ist er auch zum Vizekanzler Androsch ge-
laufen, der sich sofort mit Kreisky in Verbindung setzte und angeb-
lich feststellte, es darf keinen gespaltenen Inlandsgaspreis geben.
Ich hatte angenommen, dass das Finanzministerium vornehmlich be-
rührt ist, wodurch wir gegen den Wunsch des Finanzministers gar
keinen Preis hätten festsetzen können. Ich entschied daher, man
sollte jetzt nur den Preis für die ÖMV festsetzen. Dies wurde zuge-
sagt, dass man ab 1. Oktober den neuen Inlandspreis für Gas fest-
legen wird. Ich hatte fest angenommen, nach den bisherigen Aus-
sprachen im Jour-fixe im AK und ÖGB und vor allem auch nach der
Mitteilung von MR Kurzel, dass der ÖMV-Preis von 92 Groschen pro
cbm auf 1 Schilling für das IV. Quartal und auf 1.05 ab 1. Jänner
1980 einvernehmlich festgelegt werden kann. Die ÖMV hätte sich nach
langwierigen Verhandlungen dazu auch bereit erklärt. Zu meiner gröss-
ten Überraschung hat dann die Arbeiterkammer, Hruby, nicht nur ver-
langt, dass für die RAG ein wesentlich tieferer Preis festgesetzt wird,
sondern, dass selbst der ÖMV-Preis nicht in der vorgesehenen Höhe
festgesetzt werden sollte. Auf der einen Seite also die theoretische
Diskussion, die Energiepreise müssen steigen, selbst von Arbeiter-
kammerleuten und Gewerkschaftsvertreter und auf der anderen Seite bei
konkreten praktischen Verhandlungen dann genau der gegenteilige
Standpunkt. Ich habe Kurzel ermächtigt, er soll eine Lösung dahin-
gehend versuchen, dass man jetzt für die letzten 3 Monate, also
für das IV.Quartal für die ÖMV zumindestens einen einvernehmlichen
Preis festlegt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Auf nächstes Jour-fixe AK und ÖGB setzen.
In der Vorstandsitzung der Lebensmittelarbeiter gab es nach
meinem Bericht über die Besetzung des Sekretärs für die Molkerei-
arbeitergruppe eine heftige Diskussion. Niemals noch konnte sich
eine Gruppe aussuchen, wer Sekretär werden wird. Allerdings ver-
suchte man weitesgehendst immer einen aus der Gruppe kommenden
Kollegen zu bestimmen. Voraussetzung nur, seitdem ich in dieser
Gewerkschaft bin ist, dass er die Sozialakademie besucht hat. Ein
einziges Mal wurde vor meiner Zeit sogar gegen meine Bedenken,
damals war noch Kollege Berger Obmann der Gewerkschaft der Tabak-
arbeiter, Sekretär bestellt, der nicht die Sozialakademie hatte. Wir
haben damit keine guten Erfahrungen gemacht. Die Gruppe selbst hat
den in der Sozialakademie gewesenen Betriebsratsobmann Plank von der
WIMO vorgeschlagen. Dieser hatte vorher, weil die Gewerkschaft
um 2.500 Schilling ihm weniger bezahlen kann, als in seinem Beruf
heute verdient, abgelehnt. Scheinbar auf Druck vieler seiner Kollegen
Betriebsratsobmänner anderer Molkereibetriebe hatte er sich dann
letzten Endes dazu bereit erklärt. Das Ganze wäre halb so schlimm,
hätte man nicht in der Zwischenzeit mit dem Bäckersekretär gesprochen,
der sich bereit erklärt hat, wenn es die Gruppe wünscht, zum Molke-
reiarbeitersekretär rüberzuwechseln. Jetzt hat ihm wieder die Gruppe
abgelehnt und nachdem die Plank dazu gebracht hat, dass er das Gehalts-
schema des ÖGB akzeptiert, zustimmte, Molkereiarbeitersekretär zu
werden, sitzt dieser jetzt zwischen zwei Sesseln. Eine unangenehme
Situation, an der ich letzten Endes auch schuld bin, weil ich nicht
schnell infolge des Gewerkschaftskongresses durch die Vorstands-
sitzung entschieden habe. Wenn wir durch den Gewerkschaftskongress
unseren normalen Vorstandstermin haben verschieben müssen, dann
hätte ich eine ausserordentliche Sitzung sofort einberufen.Es gibt
in Wirklichkeit – und dies ist die Erkenntnis, die sich wieder ein-
mal bestätigt hat – nichts schlimmeres als Personalentscheidungen
hinauszuschieben. Nach reiflicher Diskussion, nach Überlegungen,
niemals soll man etwas sofort entscheiden, sondern alles über-
schlafen, muss man aber doch so schnell als möglich und vor allem
zeitgerecht die notwendigen Personalentscheidungen herbeiführen.
Die Kollegen im Vorstand – auch der Molkereiarbeitervertreter – haben
nämlich natürlich erklärt, hätte man, wie dies üblich , schon einen
Vorstandsbeschluss gehabt, dann hätte sich natürlich jedermann da-
ran gehalten. Ich bin auch überzeugt, dass wir damals noch einen ein-
stimmigen Vorstandsbeschluss zustande gebracht hätten. Bis jetzt
50-1047
war es nämlich, wie ich auch unterstrich, immer so, dass wir,
seitdem ich Ende der Fünfziger Jahre in die Gewerkschaft gekommen
bin, bis heute stets einstimmige Beschlüsse fassen.
Im Sporthaus Dusika wurde von 2 sehr bekannten Radrennfahrern
auf einem Rollenrad ein 24 Stundenfahren um 4 Uhr gestartet und
dann letzten Endes auch, so hoffte Dusika, von vielen Prominenten
besucht. Ich traf dort Polizeipräsident Holaubek, den Trainer
der österreichischen erfolgreichen Nationalmannschaft Stotz.
Was man von mir erwartete war, dass ich mich auf einem Heim-
rad zwischen den Rennfahrern placierte, wodurch es ausgesehen
hat, als ob ich auch an dieser Konkurrenz teilnehmen würde. Um
dies auf keinen Fall vorzutäuschen war ich nur bereit, ein Dusika-
Kapperl aufzusetzen, um durch den normalen Anzug zu zeigen, dass
ich auf einem anderen Rad sitze. Auf den Rollen glaube ich, hätte
ich kaum, auch nur eine Minute fahren können.
Der Verein Freunde der Fotografie und der Verein Österreichische
Kinderdörfer hatten eine blendende Idee. Künstler, Wissenschafter
Politiker, also Leute, die in der Öffentlichkeit stehen und be-
kannt sind, wurden ersucht, ein Kinderfoto beizustellen. Diese
wurden entsprechend vergrössert und in einer Ausstellung, neben
meinem jetzigen Farbfoto wesentlich kleiner, nur dass man überhaupt
weiss, um wem es sich eigentlich handelt, und einen kurzen Lebens-
lauf ausgestellt. Die Eröffnung der Ausstellung, die ich vornehmen
sollte, war phantastisch besucht. Es kamen selbstverständlich ein-
mal alle, die dort ausgestellt waren und dies waren schon über ein
halbes Hundert. Lustig, wie bei manchen am Kinderfoto, wenn man
wollte, schon einen Teil ihrer weiteren Lebensgeschichte heraus-
lesen konnte. Manche behaupteten sogar, man könnte Ähnlichkeiten
zwischen dem Kinderfoto und den jetzt meist schon über 50-Jährigen
erkennen. Dies bestreite ich entschieden. Was nur manchmal sehr lustig
war, ist, dass man aus den Utensilien oder der Aufmachung des Kinder-
fotos eine gewisse Verbindung zur jetzigen Tätigkeit herstellen
konnte. Von mir gibt es ein 4 jähriges Bild mit Rucksack, der
damaligen typischen Kapperl-Kopfbedeckung, kurzer Hose, nicht
aber eine Lederne, Kniestrümpfe und ganz wenig hervorblitzende lange
Unterhose. Wenn man will, kann man sagen, damals schon unterwegs für
Wanderbares Österreich. Ich hoffe, dass die Ausstellung, die vor der
50-1048
Eröffnung schon Interesse der Zeitungen gefunden hat, dem Kinder-
dorf tatsächlich die erwarteten Einnahmen bringt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Erkundige Dich, wenn sie geschlossen ist, was
es tatsächlich an Reinerlös abgeworfen hat.
Tagesprogramm, 27.9.1979