Mittwoch, 26. September 1979
Die Fettindustrie ist nicht bereit die Vereinbarung von See-
franz als Repräsentant der Unilever, aber nicht des Sprechers
der Ölaufkaufgemeinschaft ausgehandelte Ölsaatübernahme zu ak-
zeptieren. Von der Landwirtschaft kam die erste Garnitur, Präs.
Lehner mit dem Leiter der Ölsaatgutarbeitsgemeinschaft, Arbei-
terkammer, Blaha, Gewerkschaftsbund, Dr. Schmidt. Die Ölvertreter
von Unilever, Vereinigte Fettindustrie und Ebhart & Herout, nur
zweite Garnitur. Anstelle der heuer vorgesehenen 10.000 Tonnen
wurden nur 1.700 Tonnen Raps, 3.000 Sonnenblumen und 300 To Soja-
bohnen geliefert. Die chinesischen Restaurants brauchen nur 10
Tonnen, wie mir erklärt wurde, und nicht wie ich angenommen habe,
wesentlich mehr. Wieso sie dann für diese 10 Tonnen bei 300 Tonnen
Anbot, so hohe Preise, bis zu 15 Schilling, für das Kilogramm be-
zahlen, ist mir ein Rätsel. 1978 hat die Fettindustrie 11 Mio
Schilling Preisdifferenz draufzahlen müssen, die Belastungsschwelle
sei erreicht. Die Erhöhung des Zollsatzes für Margarine von 18
auf 22% würde nichts bringen, denn notwendig wäre auch noch der
3.15 Schilling pro Kilogramm Zollschutz auf 4.50 Schilling zu
erhöhen. Hier ist zu untersuchen, ob wir dies überhaupt autonom
machen können. Ich glaube hier handelt es sich um eine GATT-
Bindung. Da die Fettindustrie erklärt hat, der Obmann der Auf-
kaufgemeinschaft, Hirsch, hat mir gegenüber von 2 Schilling pro Kilo
Stützung gesprochen und nicht wie jetzt zu erwarten ist, 3.50 Schil-
ling, vermindert sich das Stützungserfordernis von 60 Mio. Schilling
auf die Hälfte. Bei einem Gesamtumsatz der Fettindustrie von über 2
Mia. Schilling, müsste dieser Betrag unterzubringen sein. Die Fettin-
dustrie wird dieses Problem in sich neuerdings beraten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Zollerhöhungsmöglichkeit prüfen
lassen.
Aus mir unerklärlicher Weise kamen
so bedeutende Persönlichkeiten wie Vizepräsident Weinberger von
der Bundeshandelskammer, LAbg. Ebert und Gast- und Schankgewerbe-
obmann Fröhlich, mit über 1 Dutzend Dekretübergabe zur Führung des
Staatswappens zusammen. Zeitmässig hatte ich dafür nur 3/4 Stunden
zur Verfügung. Natürlich liess ich wieder meinen Schmäh laufen. In
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Hinkunft habe ich aber nicht die Absicht eine solche Massen-
übergabe zu wiederholen. In vielen Fällen kann man es sicherlich
bei den Dienststellen und Betrieben übergeben, insbesondere wenn
sie im Wiener Raum sind. Den Rest sollte man womöglich in kleineren
Gruppen im Marmorsaal überreichen. Vereinzelt für hochgestellte Per-
sönlichkeiten möchte ich dies dann immer in meinem Zimmer zele-
brieren.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte achte insbesondere darauf, womöglich
in Betrieben zu übergeben.
Die Paritätische Kommission stand unter meinen Vorsitz und wir waren
daher in kürzester Zeit mit diversen Lohnfreigaben insbesondere
für die Nahrungs- und Genussmittelindustrie und Gewerbe, aber auch
mit ein paar unbedeutende Preiserhöhungen im gewohnten Eilzugs-
tempo bald fertig. Zuletzt hatte ich noch die Aufgabe, die ver-
schiedensten Seiten erinnerten mich daran obwohl ich sicher nicht
vergessen hätte, Generalsekretär Mussil zu verabschieden. Kaum
sagte ich den ersten Satz – wir danken ihm für seine Tätigkeit –
unterbrach er sofort und meinte, hier hätte er sich nicht durch-
setzen können, denn hier hätten immer die anderen Recht behalten.
Er hoffe, dass es seinen Nachfolger Kehrer besser geht. Diesen
stellte ich dann vor und das Ganze war in kürzester Zeit erledigt.
Als wir uns dann persönlich verabschiedeten, meinte ich meinte ich,
wir würden ihm ja als Präsident des Aufsichtsrates bei VÖEST-Al-
pine treffen. Mussil meint, das wird wahrscheinlich nicht zustande
kommen, denn die ÖVP will diesen Vorschlag von Kreisky nicht akzep-
tieren. Mein Vorschlag, Mussil gegebenenfalls als Energiesprecher
der Handelskammer zu etablieren, ist bis jetzt von Sallinger nicht
akzeptiert worden. Dieser schiebt dieses Problem immer nur neuer-
dings hinaus und meint, darüber müsse man sprechen. Entweder ahnt
Sallinger, dass dieser Mann dann mit dem Parteisprecher oder Be-
reichssprecher König ständig einen Konflikt haben kann und wird,
oder er kann sich wirklich nicht zu einem starken Mann in der Han-
delskammer, den er nominieren müsste, durchringen. Im Prinzip
bleibt daher der jetzige unbefriedigte Zustand. Die Handelskammer
wird ständig bei mir raunzen über energieproblematische Entschei-
dungen oder vielleicht gar Propagandaaktionen, die letzten Endes
dann daneben gehen werden, de facto aber kaum etwas dagegen unter-
nehmen. Die zu erwartende Konfrontation auf dem Energiesektor
ist aber kaum mehr zu verhindern. Ich lasse alle, die davon nur
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im entferntesten betroffen sein können wissen, dass der Konfron-
tationskurs früher oder später auch zu einer Reaktion in der bis
jetzt doch noch weitgehenden Konsenspolitik in der Elektrizitäts-
wirtschaft führen muss und wird.
Die Firma Naue hat in Radstadt eine 110-Mio.-Schilling-Investition
vor. Volkswagen kauft Schaumsitze und Naue, der jahrelang schon
nach Radstadt schon auf Urlaub kommt, hat den dortigen Bürgermeister
versprochen, er wird einen Betrieb ansiedeln um den 400 Auspendlern
eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit zu geben. In der
ersten Ausbaustufe hat er 75 Mann beschäftigt. Eine zweite Ausbau-
stufe würde bis 130 Beschäftigte dann für Radstadt bringen. Trotz
Zusagen wurde ihm der ERP-Kredit bis jetzt nicht gewährt und er be-
fürchtet, dass er diesen auch nicht in voller Höhe bekommen kann.
Dadurch ist die zweite Ausbaustufe gefährdet. Ich habe ihm sofort
vorgeschlagen, er soll diesbezüglich die örtliche Arbeiterkammer,
Bezirksgewerkschaftssekretäre usw. mobilisieren, damit diese beim
Bundeskanzler wegen ERP-Zusagen vorsprechen. Der Initiator dieses
Projektes, Dir. Matousek von VW, wird seinerseits mit den Zentral-
stellen, insbesondere Dr. Schmidt, ÖGB, sprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte auf Jour fixe AK, ÖGB setzen.
Direktor Zach von der Verbundgesellschaft wollte eine Aussprache
um seine Probleme mir darzulegen. Zuerst meinte er, niemand könne
verstehen, wieso er so gut mit seinem Freund Bandhauer zusammenge-
arbeitet hat. Der Zweiervorstand bestätigt er mir, sei eine ganz
hervorragende Lösung. Nach seiner Meinung sei es nur notwendig,
dass jetzt die Verbundgesellschaft gegenüber den Sondergesell-
schaften und Landesgesellschaften gestärkt wird. Bezüglich der
Sondergesellschaften haben sie zwar 95% der Personalpolitik koor-
diniert, aber gerade die restlichen 5% seien die kritischen. Die Ge-
barungsprüfung müsste noch verstärkt werden, weniger durch Ausbau der
Revision als durch Richtlinien, dass sie eben alles revidieren
können. Die beste Lösung erscheint ihm, wenn die Sondergesell-
schaften in das Eigentum der Verbund übergeben, wie dies auch die
ÖIAG-Konstruktion ist. Dies gilt auch natürlich bezüglich bezüg-
lich der Verbundgesellschaft selbst. Also eine ÖIAG Lösung oder
zumindestens ein Treuhandvertrag mit wesentlich verstärkter zentra-
listischer Grundlage. Ich selbst habe sofort Zach erklärt, dass
ich diese Meinung nicht teile. Mir erscheint es wichtig, dass
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der Verbund sich als Konzernspitze darstellt, dass aber die
Sondergesellschaften sehr wohl ihre Eigenständigkeit, insbe-
sondere über ihre Bautätigkeit behalten sollten. Der Verbund
hat aber mir unerklärlicherweise jetzt immer mehr Bauabsich-
ten, wie z.B. aus der Vergangenheit von mir schon übernommene
Bau des Dampfkraftwerkes Korneuburg und jetzt der beabsich-
tigte Bau von Moosbierbaum. Für die Verbund – und darüber war
ich mit Bandhauer einig – gibt es nur gegenüber dem Handels-
ministerium die jetzige Konstruktion.
Bezüglich Osttirol wollte Zach mir unbedingt einreden, dass man
eine 50:50-Lösung akzeptieren könnte. Die Tiroler würden in die-
sem Fall von der jetzt ihnen zustehenden Dirimierung, die der Vor-
sitzende hat, Abstand nehmen. Bis jetzt hat man mir überhaupt nicht
gesagt, dass nicht nur in der Ost-Tiroler Studiengesellschaft ein
50:50-Pattverhältnis, sondern sogar noch ein Dirimierungs-
recht des tirolerischen Vorsitzenden existiert. Dies ist für mich
ein Grund mehr zu erklären, dass ich nicht bereit bin, eine Lösung,
wie sie die Verbundgesellschaft scheinbar anstrebt zu akzeptieren.
Der Osttiroler Studiengesellschaftsvertrag kann auf die Dauer ja
nicht weiter wirken, denn die jetzt notwendigen Massnahmen kann nur
eine neue Gesellschaft erfüllen. Ich lasse daher gegebenenfalls
diesen Vertrag auslaufen. Die ÖVP-Seite und insbesondere das Land
Tirol wird halt zur Kenntnis nehmen müssen, dass ich zwar bereit
bin über alles zu verhandeln, nur nicht über eine Pattstellung
in einer neuen Gesellschaft.
Zach teilte mir vertraulich mit, dass Hermann von der DoKW krank-
heitshalber vorzeitig in Pension gehen möchte. Er hofft auf eine
einvernehmliche Lösung. Die Krankheit muss sich aber jetzt erst
gezeigt haben, denn Hermann rechnete immer damit, dass er anstelle
Arthold in die Verbund als Direktor kommen wird. Zach urgierte
dann auch noch, dass für Austeda, Verbund, und Dichtl, ÖDK, eine
Pensionsregelung gesucht werden muss, damit diese auch die Vorstands-
pensionen bekommen können. Ich habe keinerlei Zusage gemacht.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte erkundige Dich, wie diese Fälle genau
liegen.
Der Zuckerexporteur Fritz Mauthner hat mit Herrn Kahane eine
grössere Auseinandersetzung, weil dieser die vereinbarten Zucker-
mengen für seine Zitronensäureproduktion nicht abnimmt. Kahane
möchte ausserdem immer wesentlich günstigere Preise. Er will vor
allem die jetzt am Weltmarkt angetretene Zuckerpreissteigerung
die die Zuckerindustrie veranlasst hat, auch ihrerseits den Zucker-
preis um 25 Groschen, von 3.40 auf 3.65 Schilling zu erhöhen, zu
akzeptieren. Kahane beruft sich dabei angeblich ständig auf die
guten Beziehungen zum Bundeskanzler, mit dem er mindestens 2 x
in der Woche essen geht usw. Mauthner dürfte Angst haben, dass
Kahane dieses Problem bei Kreisky zur Sprache bringt, weshalb er es
mir brühwarm sofort erzählt hat. Für mich ist der ganze Streit un-
interessant, denn ich bin fest davon überzeugt, dass sich früher
oder später die Zuckerindustrie mit Kahane einigen wird.
Der Klub der Alt-SAJ, Sozialistische Arbeiterjugend der Ersten Repu-
blik, hat mich eingeladen, bei ihnen über Wirtschaftsprobleme zu
referieren. Dies habe ich gerne getan, denn viele von ihnen kenne
ich persönlich noch. Es gab sogar drei Diskussionsredner. Für mich
leider zu wenig. Ein Angriff richtete sich aber gegen die viel
zu geringe Steuergleichheit und Gerechtigkeit zwischen Freiberuf-
lern und Unternehmern auf der einen Seite und Arbeiter auf der
anderen. Der Diskutant hat allerdings gleich zugegeben, dass dies
ein Problem des Finanzministers ist. Vorgeführt wurde auch ein
Film aus dem grossen SAJ Internationalen Treffen in Wien. Unwahr-
scheinlich, wie die Zeit vergeht. Für mich immer noch ergreifend,
unsere damalige grosse organisatorische Stärke und unser verhält-
nismässig geringer politischer Einfluss. Wie haben sich die Zeiten
gewandelt.
Der Bundespräsident gab für den Vorstand der Gesellschaft für Chemie
Wirtschaft einen Empfang und ich bin Gott sei Dank noch zeitgerecht
hingekommen. Präsident Bauer, GD der ÖMV, den ich wegen des Briefes
der Überwälzung der 2.000 Tonnen Sprit, den sie übernehmen sollen,
erklärte sofort, hier handelt es sich um eine Alibihandlung. Er be-
trachten selbst diesen Brief an mich als Frotzelei, bittet mich,
ihn nicht näher zu beachten. Er hat jetzt mit Lunacek, GD vom Ver-
band ländlicher Genossenschaften, wegen des Beitrittes der ÖMV zum
Betrieb der Verarbeitung von Biomasse in Alkohol eine neuerliche
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Aussprache gehabt. Er kann sich vorstellen, dass die ÖMV sich
doch daran beteiligt. Voraussetzung ist aber, dass er entspre-
chende Ausstiegsmöglichkeiten hat. In diesem Fall glaubt er,
könnte er sogar die Multis dafür gewinnen, ebenfalls mit der ÖMV
zu diesen Projekt beizutreten. Ich informierte Bauer, dass es be-
reits drei Gruppen, Eisenberg, eine amerikanische und jetzt sogar
die Andritzer gibt, die gegebenenfalls den Alkohol am Weltmarkt
verkaufen würden. Bauer dürfte davon schon gewusste haben, denn
meine Beobachtung hat sich bestätigt, denn er lässt seine Kohorten
noch gegen das Projekt kämpfen und ist bereits dabei, sich mit
EBS zu arrangieren.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte die Lohnveredlung, wie EBS uns er-
sucht hat, prüfen lassen.
Die 30-Jahr-Feier dann im Zeremoniensaal der Hofburg war verhält-
nismässig gut besucht. Bauer begrüsste und wies auf die Bedeutung
der Chemie, insbesondere natürlich der Petrochemie hin und hat
seine Sorgen dabei gleich eingepackt. Aufgefallen ist mir, dass
er ganz lange Passagen von einem Aufsatz, der in einer dort auf-
liegenden Zeitschrift gestanden ist, gezeichnet war dieser Auf-
satz aber nicht vom Präsidenten, sondern vom Obmann des Vereines.
Kirchschläger hat dann vielleicht in Anspielung darauf erklärt,
er könne über Chemie nicht sprechen, denn dann hätte er etwas
runterlesen müssen, was ihm andere aufgesetzt hätten, und dies
macht er nicht gerne. Die beiden Fachvorträge, GD Buchner über die
österreichische Chemie, das Hoechst-Vorstandsmitglied Lanz aus
Deutschland über die EG-Chemie, war ein so typisch runtergelesenes
Referat, wie es auch Bauer tat. Wohlwollend natürlich unterschied
sich dann wieder einmal meine launige Ansprache, wobei ich aber
selbstverständlich auf die Energie- und insbesondere Rohstoffpro-
blematik, Wiedergewinnung usw. eingegangen bin. Zum Glück hat
Bauer bei seiner Einleitung erwähnt, dass ich über die 20-Jahr-
feier und über die 25-Jahr-Feier den Ehrenschutz übernommen hatte.
Für die 30-Jahr-Feier hatte man Bundespräsident Kirchschläger gewon-
nen. Höher sagte ich, geht es jetzt nicht mehr hinaus. Ausserdem
erinnerte ich mich, dass ich einmal im Jugendklub dieser Vereinigung
diskutiert habe, dass mir gute Ansatzpunkte für persönliche Be-
merkungen ermöglichte. Einmal mehr musste ich feststellen, dass
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es ideal wäre, wenn die zuständige Abteilung wüsste, was
ich alles schon für Aktivitäten auf diesem Gebiet entfaltet
hätte, denn dann wäre ich nicht angewiesen durch reinen Zu-
fall davon zu erfahren, oder mich gelegentlich daran zu er-
innern. Wenn dann noch vielleicht die damals von mir sicherlich
handschriftliche vorliegende Unterlage zur Verfügung stünde,
hätte ich es wesentlich leichter als sonst. Sicherlich liegt es
auch darin, dass ich jetzt schon über 1 Dutzend Sekretäre gehabt
habe und dadurch eine gewisse Kontinuität verlorengegangen ist.
Da mir aber Haffner und Gröger dann im letzten Moment doch einige
Ziffern heraussuchten, die ich gut brauchen konnte, habe ich nicht
nur allein den Wiener Schmäh und Blabla machen müssen, sondern
auch einige, glaube ich, ganz interessante facts zu dieser Feier
beistellen können.
Tagesprogramm, 26.9.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Mittagessen für Metallgesellschaft, Frankfurt/Main, im Palais Pallavicini, 25.9.1979: Teilnehmer, Vortragende
Mittagessen für Metallgesellschaft, Frankfurt/Main, im Palais Pallavicini, 25.9.1979: Teilnehmer