Donnerstag, der 16. August 1979

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Donnerstag, 16. August 1979

Bei der Klagenfurter Holzmesse war Minister Ertl, für die Land-
wirtschaft, Ernährung und Forste zuständig, am deutschen Tag ange-
sagt. Haiden konnte wegen seines schwedischen Besuches nicht kommen,
weshalb ich mich doch entschloss, nach Klagenfurt zu fahren. Der
deutsche Botschafter war darüber sehr begeistert, denn er hatte Ertl
zugesagt, dass er mit österreichischen Ministern das Problem der
EG Verhandlungen, Kartoffelprodukte, werde sprechen können. Die
Aussprache fand vor dem Presserundgang statt. Ertl war mit Fachleuten
erschienen. Trotzdem wollte er sich auf ein Detailgespräch nicht ein-
lassen. Ich an seiner Stelle hätte diesen Vorteil sofort genützt.
Die Ministerialbeamten und Dirigenten von Bonn waren natürlich in
allen Details bestens informiert. Trotzdem konnten sie, nachdem der
Chef sehr grosszügig erklärt hat, wir wollen nur die Grundsätze
heute besprechen, nicht ihre Detailfragen anbringen. So viel konnte
ich aber aus dem Gespräch entnehmen, dass sie auf dem Standpunkt
stehen, Österreich hat ein bindendes Angebot der deutschen Seite ge-
macht, welches von ihr akzeptiert wurde. Sie anerkenne nicht, dass
in der EG-Bürokratie ein Fehler geschehen ist und das Anbot, das angeb-
lich Österreich gemacht hat, gar nicht existent ist und war. Ertl
hat sofort dann entschieden, es soll jetzt ein Gespräch in Bonn
stattfinden, wo die österreichischen Spezialisten mit seinen Leuten
über eine Kompromisslösung sprechen sollten. Er hat, wie er mir dann
auch noch vertraulich mitgeteilt hat, in Bayern grössten Widerstand
und Schwierigkeiten in seinem Wahlkreis wegen der legeren Politik
für Österreich. Immer wieder sagt man ihm, dass die Österreicher nicht
bereit wären, der bayrischen Seite entgegenzukommen. Natürlich hat
er auch auf die Bierlösung ?? hingewiesen. Ich habe ihm sofort
erklären können, dass wir in Österreich nichts anderes machen, als
die EG auf diesem Sektor in Brüssel beschlossen hat und damit auch
für die Bayern gilt. Dort werden sogar noch Exportsubventionen ge-
währt. Nur diese Erstattungsbeträge bringen uns in die Situation
dass wir eben solche Massnahmen setzen sollen. Ertl hat immer wieder
darauf verwiesen, dass er als Liberaler für die liberale Handelspoli-
tik und Ernährungspolitik sei. In der Praxis sieht dies halt dann
so aus, dass er auf alle Fälle irgendwelche Massnahmen zum Schutz
der bayrischen Industrie und Landwirtschaft setzen muss, oder zu-
mindestens soll.



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Da es sich in Klagenfurt um eine Holzmesse handelt, war aus sein
Holzspezialist mit. Der wollte wissen, wie es jetzt mit den
Rohholzexporten Österreichs nach Deutschland weitergehen wird.
Ich habe ihm sofort erklärt, dass die jetzt getroffene Lösung die
Optimalste für beide Seiten ist. Richtig ist, dass wir zwar jetzt
ein Kontingent von 100.000 fm festgelegt haben und tatsächlich nur
15.000 fm exportiert werden konnten. Die Schuld, wenn man über-
haupt von einer solchen sprechen kann, liegt eindeutig bei den deut-
schen Importeuren. Die deutschen Exporteure können zwar wesentlich
grössere Schwachholzmengen nach Österreich exportieren und tun dies
auch. Die deutschen Importeure, insbesondere die Sägen, sind aber
scheinbar nicht imstande, grössere Mengen von den zugestandenem Kon-
tingent nach Deutschland einzuführen. Damit hat Ertl sich zufrieden
gegeben und hat sich dann auch mit mir dagegen ausgesprochen, dass
-an vielleicht gar diese 100.000 fm offiziell verlautbaren sollte.
Ein solcher Wunsch bestand von der Bonner Bürokratie.

Der Direktor der Klagenfurter Messe, Dr. Kleindienst, hat sich bei
mir bitter beschwert über die Salzburger Messeveranstalter, die
jetzt auch dort eine Holzmaschinenmesse aufziehen möchten. Zwei der
Aussteller, Hornstein aus Wien, ein Händler, und Schelling aus
Vorarlberg, ein Maschinenerzeuger, hätten mit den Salzburgern bereits
fixe Vereinbarungen und engagieren jetzt die in Klagenfurt ausstellen-
den Firmen ab. Dies soll sogar vertraglich geschehen. Dieser Vertrag
verstösst eindeutig gegen die Kartellgesetzgebung. Ich habe Klein-
dienst
zugesagt, ich werde mich bemühen, hier eine Klärung herbei-
zuführen, ohne einen grossen Krieg zu entfachen. Wichtig wäre fest-
zustellen, ob tatsächlich hier gegen das Kartellgesetz verstossende
Verträge von den Ausstellern erzwungen werden. Kleindienst meinte
auch, da es sich in Salzburg im private Ausstellerveranstalter handelt
könnten diese Methoden einführen, wie es öffentliche oder zumindestens
halböffentliche Messeorganisationen nicht anwenden können. Er deutete
an, dass Schmiergelder gezahlt werden, dass man Ausstellern Urlaub
schenkt, dass man Angestellte sonst wie unterstützt und das alles
über Privatentnahmen leicht verbuchen kann. Die Messen haben eine
solche Möglichkeit natürlich nicht.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vorsichtigst untersuchen lassen.

Am Freitag, den 17.8. habe ich dann in Stuhlfelden der Firma Grete
Gössl
die offizielle Eröffnung ihres neuen Exportbetriebes,


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Dirndl- und Trachtenblusen in Stuhlfelden, durchgeführt. Die
Betriebsvergrösserung war zwar schon 1978 durch Erweiterung des
Sortiments auf Strickwaren durchgeführt worden, doch aus welchen
Gründen immer, jetzt erst wollte die Firma die offizielle Eröff-
nung in Anwesenheit vom Handelsminister, wie sie in ihren Aus-
sendungen vor längerer Zeit schon die Geschäftsfreunde und natür-
lich die ganze Gemeinde verständigt hatte. Für mich gab es daher
gar keine andere Möglichkeit als dorthin zu fahren. Der Reiseverkehr
war mörderisch. Der Landeshauptmannstellvertreter Katschthaler, der
nur aus Salzburg nach Stuhlfelden gefahren ist, kam 1/2 Stunde zu spät,
ich um eine viertel Stunde. Der Bürgermeister von Stuhlfelden hat
mich anschliessend ersucht, ich möchte doch noch einmal prüfen, ob
sie den Zinsenzuschuss für einen Kredit ihres Freizeitzentrums zu-
rückzahlen müssen. Angeblich gibt es hier Ungereimtheiten. Im Haus
sei aber die Fremdenverkehrsabteilung nicht derselben Meinung wie
der Gruppenleiter Würzl. Ich habe zwar nichts materiell zugesagt
wohl aber versprochen, nach meiner Rückkehr den Fall genau prüfen zu
lassen und ihm auf alle Fälle dann zu schreiben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass den ganzen Fall vorlegen.

In diesen 14 Tagen Urlaub, die ich anschliessend gemacht habe, habe
ich erstmals aus der Ferne sozusagen nur vom Radio und gelegentlichen
Zeitungen, die man dort doch zu kaufen bekommt und selbstverständlich
von den Telefongesprächen und Zeitungsausschnitten miterleben, wie es
auf jemand komisch wirken muss, wenn er sozusagen in der Ferne doch
gelegentlich zumindestens immer wieder im Sommerklatsch genannt wird.
Für mich steht fest, dass es einige Genossen gibt, die irgendwelche
Kombinationen weitererzählen, ja vielleicht sogar Kombinationen
schaffen über meine zukünftige Tätigkeit in der Bundesregierung.
Da mit mir überhaupt niemand gesprochen hat, ich fürchte auch,
wahrscheinlich niemand sprechen wird, habe ich viel Zeit gehabt, über
die ganze Problematik nachzudenken. Eines steht für mich fest, ich
habe es auf Grund meiner bisherigen Tätigkeit nicht notwendig, als
Schwachmatikus, für manche Zeitungen sogar als Tschapperl dazu-
stehen, der halt noch, aus welchen Gründen immer, in der Regierung
verbleiben kann. Ich werde daher die weitere Entwicklung abwarten, ich
will auch keinerlei öffentliche Diskussion eröffnen, bin aber fest
entschlossen, keinesfalls alles hinzunehmen. Die Pflichterfüllung
gegenüber der Regierung, oder wenn man auch noch besser sagen will,
gegenüber der Partei hat auf alle Fälle auch für mich gewisse Grenzen.

Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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      Tätigkeit: sbg. LH-Stv., ÖVP


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        Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: BRD-LWM


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