Mittwoch, 1. August 1979
Der pakistanische Minister für Exportförderung machte bei mir
eigentlich nur einen Antrittsbesuch. Seine Frau ist zur Unter-
suchung nach Wien gefahren, man sieht, die Wiener medizinische
Schule hat noch immer einen guten Ruf und er war sehr froh,
dass ich ihn überhaupt empfangen habe. Wir unterhielten uns
längere Zeit, wie man den österr.-pakistanischen Handel ver-
grössern könnte und wie vor allem das Ungleichgewicht der
Handelsbilanz beseitigt werden kann. Im Vorjahr hatten wir
nur für 85 Mio. S importiert und immerhin für 161 Mio exportiert.
Die Importmöglichkeiten sind sehr gering, da nur landwirt-
schaftliche Produkte und vor allem handwerklich erzeugte
Waren zur Verfügung stehen. Durch das Abkommen über die Zollbe-
freiung dieser handwerkliche hergestellten Waren hat Pakistan
auf diesem Gebiet seinen Export wesentlich ausgeweitet. Pakistan
ist ein typisches Beispiel dafür, dass man trotz billigster
Arbeitskraft kaum eine Exportoffensive starten kann. Der Minister
hat selbst zugegeben, dass z.B. ihre Lederprodukte sehr gut
sind. Das grosse Problem aber ist die Ausführung. Das Finish
entspricht nicht und vor allem die Bestandteile wie Bügel
für Taschen usw. hat nicht das Finish, das in Westeuropa gut
ankommt. Dazu kommt nach ihren Erfahrungen die Situation, dass
man von der Türkei in einer Woche Waren nach Westeuropa bringen
kann, von Pakistan, obwohl dies nicht bedeutend weiter ist,
6 Wochen. Pakistan liefert heute besonders in die Golfstaaten,
dort insbesondere nach Oman. In den Golfstaaten gibt es grössere
Möglichkeiten der Bewässerung und Pakistan hätte ein grosses
Interesse daran, mit österreichischem know-how um österreichischer
Planung gemeinsame Projekte in Angriff zu nehmen. Ich habe ihn
sofort aufmerksam gemacht, dass dafür nur private Kontakte
diese Projekte finden können. Das Handelsministerium hat keine
Möglichkeit, auf die Firmen irgendeinen Druck auszuüben.
Ich empfahl den Pakistani, sie sollten mit österreichischen Waren-
häusern, ähnlich wie es die Inder und auch andere asiatische
und afrikanische Staaten schon gemacht hatten, pakistanische
Wochen starten.Dort könnten sie handwerklich hergestellte Waren
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in grösserem Ausmass verkaufen und gleichzeitig pakistanische
Spezialprodukte aus dem Nahrungsmittelgewerbe und der Nahrungs-
mittelindustrie womöglich schon zubereitet entsprechend absetzen.
Die Wiener sind noch immer bereit, für irgendwelche exotische
Neuerungen Geld auszugeben und vor allem aber immer schauen
zu kommen. Mit Ungarn hat Pakistan eine engere wirtschaftliche
Verbindung und Verflechtung. Hier dürften aber politische Motive
von Ungarn das ausschlaggebende Moment sein, besondere Produkte
in Ungarn zu kaufen und andererseits zu versuchen, mit pakistani-
schen Firmen zu Kooperationen gegebenenfalls in Drittländern zu
kommen. Ich glaube, man sollte über den pakistanischen Botschafter
in Österreich versuchen, Kontakte mit österreichischen Firmen
herzustellen. Die Pakistani beabsichtigen in nächster Zeit nicht
eine Delegation sondern wirklich einzelne Geschäftsleute zu
animieren, vielleicht sogar hat er die Möglichkeit, sie zu
schicken, um solche Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vielleicht kann die Sektion oder die
Handelskammer entsprechende Vorarbeiten leisten.
Präs. Sallinger hat eine Aussprache gewollt und natürlich
sofort einen Termin bekommen. Ich dachte, weil es sehr unge-
wöhnlich ist, dass er ausserhalb des Jour fixe Kontakt sucht,
um weiss Gott, worum es sich dabei handeln wird. Zu meiner
grössten Überraschung hat er nichts anderes als eine wie ich
glaube sogar berechtigte Beschwerde des Handelskammerpräsidenten
von Kärnten, Baurecht. Dieser teilte ihm mit, dass der Freie
Wirtschaftsverband Kärnten ihm triumphierend sagte, vier seiner
Mitglieder seien jetzt vom Bundeskanzler als Kommerzialräte
der Statistik des Aussenhandels ernannt worden. Baurecht hat
dagegen nichts einzuwenden, fragt nur, wieso aber die anderen
Leute der Handelskammer bis jetzt noch nicht nominiert sind.
Beim letzten Jour fixe haben Sallinger und Mussil sich bei
mir beschwert, dass nur ein Mitglied, nämlich Walter Hesse,
wie ich später dann feststellte, ein Pelzhändler, ernannt wurde.
Burian hat sich damals erkundigt und erfahren, dass es gewisse
Fachabteilungen im Statistischen Zentralamt gibt, wo unmittel-
bar jetzt eine Bestellung notwendig ist. Mich hat diese Auskunft
damals sehr verwundert, denn ich weiss, dass die Aktivitäten der
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Beiratsmitglieder fast Null ist. Das Statistische Zentralamt
braucht in den seltensten Fällen irgendeine Auskunft von
den sogenannten Fachleuten, die jemals Kommerzialräte
dann ernannt werden. Angeblich war die Notwendigkeit, für
die Metallbranche gewisse schnelle Nominierungen vorzunehmen.
Burian hat sich dann neuerdings erkundigt und festgestellt,
dass eben nicht nur der eine, auch nicht die vier, die jetzt
beanstandet wurden, sondern alle Vorschläge des Freien Wirt-
schaftsverbandes bereits ernannt wurden, dagegen die der
Bundeskammer, selbst wenn sie nur Wiederernennungen waren,
bis jetzt nicht durchgeführt sind. Eine solche Vorgangsweise
halte ich unter uns gesagt für vollkommen unmöglich und auch
unzweckmässig. Es muss zu einer entsprechenden Konfliktsituation
in den Ländern ja sogar auch der Bundeskammer mit dem BKA
kommen. Ich bin überzeugt, wenn Kreisky dies erfahren wird,
wird er sich darüber auch sehr aufregen. Da Sekt.Chef Zeleny
derzeit auf Urlaub ist, hat Burian mit dem Sachbearbeiter
vereinbart, er wird alle Vorbereitungen treffen, um so
schnell wie möglich die Unterschrift des Herrn Bundeskanzlers
für die Ernennung der anderen unbestrittenen Mitglieder
zu erreichen. Man sieht, was die Kommerzialräte für Probleme
aufwerfen und vor allem, wie sehr die Handelskammer an diesen
formellen Akten und Aktivitäten hängt. Ich bin heute mehr denn
je froh, 1970 mich sofort entschieden zu haben, die dem Handels-
ministerium zustehende Quote von Kommerzialratsernennungen
dem Freien Wirtschaftsverband und der Handelskammer sozusagen
überragen zu haben. Ich bin sehr gespannt, was bei der Kommerzial-
ratsbestellungen für die Aussenhandelsstatistik noch alles
herauskommen wird. Da die Handelskammer ihre Wünsche nicht
unterbringt, die Quote ist durch die Ernennung von den Vor-
schlägen des Handelsministeriums und der anderen Ministerien
schon erschöpft, ja sogar überzogen, wird es noch allerhand
Diskussionen und Streit darüber geben. Ich bin nur gespannt, wie
Kreisky letzten Endes dann entscheiden wird.
Die Junge Generation hat in Mödling einen Wohnblock mit 306
Wohnungen errichtet. Zu Schlüsselübergabe wurde Androsch einge-
laden, der aber kurzfristig absagte. Darüber waren alle sehr
erschüttert und mir sehr dankbar, dass ich eingesprungen bin.
In dem grossen Saal der Wienerwald-Restauration war nicht
nur eine fröhlich gestimmte sehr junge sondern auch grosse
Anzahl von Besuchern erschienen. Natürlich ist die Einführung
wann man die Wohnung bekommt, wie man am besten den Vertrag
dann abschliesst, so wichtig und interessant, dass eben alle
Mieter dort erschienen sind. Bgm. Horny, jetzt allerdings
durch einen Kommissär ausser Dienst gestellt, hatte nach der
Begrüssung vom Leiter der Wohnbaugesellschaft Junge Generation
sehr geschickt in seiner Rede erinnert, wie es zu diesem Bau
gekommen ist. Die ÖVP, hat er mir dann nachher gesagt, hat
sich schwer dagegen ausgesprochen. Angeblich wurden sogar
Sabotage-Akte beim Bau festgestellt. Jetzt, wo er nicht mehr
Bürgermeister ist, greifen sie ihn ja auch in diesem Punkt
am stärksten an. Sie behaupten, er hätte 5.000 Sozialisten
nach Mödling bringen wollen, um seine Mehrheit zu sichern
und dadurch die Gartenstadt in eine Mietstadt verwandeln
wollen. Stadtrat Veleta hat für die Bauvereinigung JG dann
ein entsprechendes Kurzreferat gehalten. Ich selbst habe
nicht zuletzt, weil Horny mir flüsterte, Veleta hätte ich er-
wähnen können, dass Horny jetzt neu kandidiert, sofort ver-
standen und zwar eine launige, dafür aber umso aggressivere
Wahlrede gegen die ÖVP – Landeshauptmann Maurer, der ja die
unberechtigte Abberufung durchsetzte – und für den Kandidaten
Horny gehalten. Durch Zufall war die Familie, der ich den
Schlüssel übergab, auch ein graphischer Arbeiter bei Elbemühl,
wodurch ich natürlich viele Anknüpfungspunkte hatte. Der
Baukostenbeitrag ist 2.300 S pro m², der Zins 35.40 S. Im Bau
selbst ist aber ein Schwimmbad, Sauna und vor allem von den
306 Wohnungen 289 Garagen unter der Erde. Auch hier zeigt sich für
mich, dass die jungen Leute bereit sind, für gut ausgestattete
Wohnungen verhältnismässig hohe Beträge anzulegen.
Tagesprogramm, 1.8.1979