Freitag, der 22. Juni 1979

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Freitag, 22. Juni 1979

Bei der BÜRGES-Beiratssitzung wurde berichtet, dass jetzt ein
leichter Rückgang der Ansuchen festzustellen ist. Dies ist meiner
Meinung nach auf das Verhalten der Kreditinstitute zurückzuführen,
da jetzt die Liquidität dort nachgelassen hat und die Zinssätze
sich erhöhen, wurde von ihnen die Unternehmer nicht mehr so stark
auf die Aktionen der BÜRGES hingewiesen, resp. Kreditgewährungen
im Hinblick auf die BÜRGES Zinsenzuschüsse sowie in der Vergangen-
heit so stark in Anspruch genommen. Trotzdem werden wir im Handels-
ministerium die grössten Schwierigkeiten haben, die finanzielle
Bereitstellung der Mittel, insbesondere in den zukünftigen Jahren
sicher zu stellen. Für Gewerbestrukturverbesserung wird es leichter,
wenn die zweckgebundene Abgabe, 7.5 % vom Gewerbesteuerertrag auf
10 % novelliert sein wird. Für die anderen Aktionen, insbesondere
die Stammaktion, wo auf Anregung des Finanzministers die Grenzen
wesentlich erhöht wurden, wird er jetzt die notwendigen Zuschüsse
für das Handelsministerium in dessen Budget aufbringen müssen. Ich
persönlich war ja mit jedweden Ausdehnungs- und Erweiterungsvor-
schlägen sehr zurückhaltend und habe mich jahrelang dagegen gewährt.
Dr. Hackl, Vertreter der Bundeshandelskammer, wollte auch eine grös-
sere Richtlinienänderung. Eigene Sportstätten, nicht im Zusammenhang
mit einem Hotel oder Gaststättenbetrieb sollten eingezogen werden.
Hier besteht die Gefahr, dass dann Vereine sich gewerberechtlich
tarnen. Ebenso wollten andere, dass die Richtlinien für die Lager-
errichtung von Speditionen ebenfalls einbezogen werden. Im Hinblick
auf die finanzpolitische Situation, ja vielleicht vom Finanzmini-
ster jetzt wirklich durchgezogene Grundsatz, die Budgets der ein-
zelnen Ressorts 1980 und in den folgenden Jahren womöglich nicht zu
erhöhen, muss uns im Handelsministerium sehr vorsichtig agieren
lassen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte keinerlei Ausdehnungen mehr zulassen.

Dir. Schreier, Fa. Vogelbusch, hat mir das Projekt Aschach von der
Gmünder, Dir. Wohlmeyer, auseinandergesetzt. Er ist ebenfalls fest
davon überzeugt, das Simmeringer Projekt zu bekommen, wenn wir
ihm entsprechend unterstützen. Dies habe ich auf alle Fälle zuge-
sagt, weil ich fest überzeugt bin, dass wir den EBS-Geschäftsführer


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Hübl dazu zwingen können und werden. Da dieser die Energie wesentlich
billiger als Abfallenergie behaupten manche, sogar gratis in die
Kalkulation einsetzen kann, kommt er mit 20 Groschen durch. Aschach
wird nach Berechnungen und Überlegungen von Dir. Schreier, aber
auch Wohlmeyer 25 ?? mindestens, wahrscheinlich aber 37.5 Groschen
kosten. Schreier hat Wohlmeyer jetzt ein Kernkraftwerk auf Kohlebasis
mit Gegendruckanlage empfohlen. Wenn die Schlempe in einem Um-
kreis von 10 km verkauft werden kann, dann soll sie unkonzentriert,
d.h. energiesparend verkauft werden Ebenso soll grünes Getreide
mit den anfallenden CO2 silagiert werden und dadurch auch die Ge-
treideeinstandspreise wesentlicher tiefer angesetzt werden können.
Ich bin überhaupt überzeugt, dass eben Aschach über die Landwirt-
schaft entsprechende Kostenvorteile haben muss, die Simmering durch
die Energieabfälle auf diesem Gebiet profitiert. Auf alle Fälle habe
ich Schreier wieder auseinandergesetzt, dass wir so wenig wie mög-
lich gesetzliche Massnahmen – vorerst nämlich überhaupt keine beab-
sichtigen – und dass sich die Preise im freien Markt zwischen der
erzeugenden Firma und der Ölindustrie herausbilden werden. Im dritten
Projekt, dass die Zuckerindustrie ausarbeitet, gibt es wegen der
Rübenlagerung noch Probleme. Dies kann ich mir sehr gut vorstellen,
denn die Zuckerkampagne dauert maximal 100 Tage, die Alkoholerzeugung
müsste sich, weil man ansonsten eine zu grosse Kapazität für einen
Kampagnebetrieb aufbauen müsste, über das ganze Jahr erstrecken.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Goldmann soll Koalitionsvergleich ?? anstellen
lassen.

Die Firma ÖFA Akkumulatoren, die die Varta-Batterien erzeugt und
einen deutschen Besitzer hat, bekam jetzt als dritte Akkumulatoren-
fabrik das Staatswappen. Eigentlich ist sie die grösste und hätte
schon längst das Staatswappen bekommen können. Varta hat vor Jahren
bereits versucht vor Jahren wartungsfreie Batterien auf den Markt
zu bringen. Da sie 15 % teurer sind als die Normalen, hat sie die
Produktion einstellen müssen. Ich bin neugierig, ob es der Linzer
Firma ihren wartungsfreien Batterien genauso ergeht.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Das Branchenreferat soll versuchen dies zu
verfolgen.

Beim Jour fixe AK und ÖGB hat es wegen der Ölpreissituation wieder


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eine längere Debatte. Weder Zöllner noch Schmidt, Tumpel sind
sich über die weitere Vorgangsweise einig. Da Präsident Benya, ÖGB,
bereits eindeutig entschieden hat, dass eine zweckgebundene Ener-
giesteuer, in welcher Form immer, von ihm nicht die Zustimmung fin-
det, hat Schmidt jetzt seine Idee, die Preise jetzt stärker erhöhen
und abschöpfen, wieder aufgegeben. Da niemand genau weiss, wie es
jetzt weitergeht und was eigentlich geschehen müsste, vertrösten
wir uns alle auf die OPEC Sitzung nächste Woche, dann sollen die
Entscheidungen fallen. Die Benzinpreise und Benzinversorgung macht
mir eigentlich weniger Sorge. Wirklich problematisch ist nur der
Heizöl-, insbesondere Ofenheizölsektor.

Die AK glaubt nicht, dass wir im Laufe der nächsten Woche, spätes-
tens aber in 14 Tagen bereits das Getreidekonzept und die neuen
Getreidepreise fertig haben können. Es ist richtig, dass wir unter
einem ungeheuren Zeitdruck stehen, denn die neue Konstruktion und
die Preise müssten bei Einsetzen der Ernte bereits fixiert sein.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Blaha ständig Kontakt halten.

Die Handelsausschussmitglieder, welche als Energiesprecher in Frage
kommen, wollten eine Spezialinformation. Diese haben sie sofort
erhalten. Die Nationalräte Heindl, Wille, Teschl werden sich, davon
bin ich überzeugt, in Hinkunft öfters im Parlament bei Energie-
fragen zu Wort melden. Material haben sie von S.Chef Frank und
insbesondere Zluwa in rauen Mengen erhalten.

Mit Dr. Fessel und Gehmacher, IFES, besprach ich die Ausschreibungs-
modalität für die Meinungsumfrage über das Energiebewusstsein und
die Energiemassnahmen die gesetzt werden sollten, zur grossen Mei-
nungsumfrage. Die Studie wird ca. 1,3 Mio. Schillinge kosten. Ich
habe deshalb sofort entschieden, dass wir dies ausschreiben müssen.
Es kommen zwar nur 4 Institute ausser IFES und Fessel, Gallup und
IMAS in Frage, doch möchte ich mir nicht den Vorwurf machen lassen,
hier ebenfalls manipuliert zu haben. Der Budgetmann Manschein
hat mir dann, als die Einzelheiten mit S.Chef Kazda, Burian und ihm
besprochen wurden, auch vollkommen recht gegeben. An und für sich
ist die Ausschreibung nur eine Farce, denn weder Gallup noch IMAS
könnten diese umfangreiche Erhebung auch tatsächlich durchführen.



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Sie besitzen gar nicht dafür die notwendigen Voraussetzungen. Ich
hoffe auch, dass aufgrund der Ausschreibungsbedingungen wirklich
nur Fessel und IFES anbieten werden.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Zuschlag so schnell als möglich verteilen.

Direktor, eigentlich Besitzer Moskovics von der Bank Winter, will
jetzt in das Israel-Geschäft stärker einsteigen. Zu diesem Zweck
möchte er bei der Besprechung am Montag mit den israelischen Indu-
striellenvertreter dabei sein. Ich habe dagegen gar nichts einzuwen-
den. Moskovics hofft auch, dass er Bauprojekte und andere Geschäfte,
die er mit Ministerpräsident Begin sogar besprochen haben will,
durchführen kann.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lass vorsichtig erkunden, welche Möglich-
keiten es mit Israel wirklich noch gibt.

Die Konsumentensendung, die jetzt Schiejok im Rahmen der Argumente
aufziehen möchte, beschäftigte sich mit dem brandaktuellen Thema
Benzinsparen – Autofahren. Da er diese Sendung mit Filmen usw. auf-
lockern muss, kam es nicht wie bei Club 2 zu einer wirklichen Kon-
frontation der Meinung zwischen Oppositionsparteivertretern und mir.
Die Sendezeit war äusserst günstig 21.25 bis 22.15 Uhr. Drei Tele-
fondienste wurden eingerichtet und soweit man den ersten Eindruck
haben kann, lehnen die Anrufer einen autofreien Tag ab und möchten
eine Rationierung. Die Meinungsumfrage wird sicherlich ein ähnliches
Verhältnis ergeben. Dadurch wird es dann noch schwieriger werden,
die Entscheidungen nach Zweckmässigkeit zu fällen. Immer wird man sagen
aufgrund der Meinungsumfrage, die Bevölkerung will ganz etwas anderes.
Ich sehe bereits eine ähnlich schlechte Entwicklung auf diesem Sektor
herankommen wie bei der Volksabstimmung zur Kernkraftfrage.

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Tagesprogramm, 22.6.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Branchenreferent HM


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      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
      GND ID: 119083906


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        Tätigkeit: MA vw. Referat ÖGB


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          Tätigkeit: Dir. Bankhaus Winter


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            Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


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                Tätigkeit: Agrarindustrie Gmünd


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                      Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                              Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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