Mittwoch, 6. Juni, und Donnerstag, 7. Juni 1979
Ursprünglich sollte in Pörtschach die Regierungsklausur stattfin-
den. Letzten Endes wurde aber dann daraus Mittwoch das erweiterte
Präsidium und am nächsten Tag der Parteivorstand. Kreisky hat
Haiden und mich ersucht, zum erweiterten Präsidium wegen der Ener-
giefragen zu kommen. Ausgelöst wurde dies durch die Bemerkung von
Haiden in der Ministerratsvorbesprechung, dass die Bauern über
die Dieselpreisregelung empört sind und auch er grosse Probleme
darin sieht, dass man die Gebirgsbauern mehr mit einem höheren
Dieselpreis belastete als die reichen Marchfeldbauern, die durch
die Nähe der Raffinerie um 20 bis 30 Groschen weniger bezahlen
als die Tiroler und Vorarlberger. Wir waren für Mittag bestellt
und kamen gerade in die abschliessende Diskussion, welche Sparmass-
nahmen Androsch für das zukünftige Budget treffen sollte. Im
Grossen und Ganzen Einsparungen bei dem Problem Sozial und so
schnell als möglich die Überführung von der ÖBB und der Post in
Gesellschaftsformen, wodurch sie aus dem Budget in der jetzigen
Form ausgeklammert werden können. Vorbild ist zweifelsohne die
erfolgreiche Loslösung z.B. der Salinen. Zum Unterschied von
diesen, die Betriebsräte aber auch die Lebensmittelarbeitergewerk-
schaft haben dagegen keinen Widerstand geleistet, wehren sich aber
die Eisenbahner mit aller Entschiedenheit gegen eine Ausgliederung.
Eine weitere Einsparungsmöglichkeit liegt bei den Sparförderun-
gen und in der Familienpolitik. Sollte eine Neugestaltung auch
entsprechende Änderung eingeleitet werden. Letztere müsste aber
insbesondere soziale Gerechtigkeit bringen.
Bezüglich der Energiefragen hat Kreisky dann knapp vor dem Mittag-
essen die Punkte aufgezählt, die sie bereits vormittags bespro-
chen haben, d.h. die er mit Androsch abgestimmt dem Präsidium
empfohlen hatte, Erstens ein autofreier Tag soll erst nach
einer Meinungsbefragung der Bevölkerung weiter verfolgt werden.
Zweitens eine verstärkte Förderung aller Investitionen für Alter-
nativenergie. Drittens 60 Mio. Schilling für Forschungszwecke wer-
den auch in Hinkunft bereitgestellt. Viertens Institutionen,
insbesondere Elektrizitätswerke sind auf die Abwärmenutzung auf-
merksam zu machen. Fünftens, der Nahverkehr ist zu fördern.
Sechstens, die Bundesgebäude sind nach den Energieempfehlungen zu
bauen und auch zu führen. Siebentens, die SPÖ – und dies war eine
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ganz neue Formulierung für mich – erwartet von der Regierung,
dass sie die Importe von Energie bezüglich der Verteilung genau
überprüft. Achtens, vom Preis sollte man nichts reden, wohl aber
wird man den Mechanismus spielen lassen. Soziale Härten seien zu
vermeiden, insbesondere auf die Ausgleichszulagenempfänger müsste
man Rücksicht nehmen.
Nach diesen Statement fragte ich mich, wozu ich überhaupt dann
noch hinbeordert wurde, habe aber sofort darauf verwiesen, dass
in einem Ministerratsvortrag, dessen Entwurf ich Kreisky und An-
drosch anfangs der Woche gegeben habe – soweit es meine Kompetenz
betrifft – klar und deutlich gesagt wird, was geschehen soll.
Ich habe diese Punkte dort auch noch einmal wiederholt, insbe-
sondere auch die Verspritung von Agrarüberschüssen. Hier bemerkte
Kreisky, es sei zu prüfen, ob zu der Erzeugung von Sprit nicht
mehr Energie gebraucht wird. Darauf konnte ich sofort erwidern,
dass das Projekt Entsorgungsbetriebe Simmering mit entsprechenden
Energieüberschüssen aus der Schlammverbrennung rechnen muss und
deshalb die dortige Energienutzung unbedingt notwendig ist, sollte
sie nicht, wie in vielen anderen Fällen, durch Kühlung sozusagen
verloren gehen. Haiden erklärte dann ebenfalls, er ist auch für
die Verwertung der Überschussprodukte zur Spriterzeugung, denn
er sieht darin die einzig mögliche Entlastung auf dem Agrarsektor.
Weiters wies ich darauf hin, dass als wichtigster Erfolg die Umstel-
lung von beabsichtigten Ölkraftwerken auf Kohle und der Vorschlag,
soweit wie möglich jetzt bestehende, sei es Kraftwerke oder auch
Industriebetriebe wieder auf Kohleheizung resp. Erdgasheizung
umzustellen. Notwendige Mittel seien im Ministerratsvortrag vor-
gesehen, die aber letzten Endes der Finanzminister genehmigen
müsse. Auf der Hinfahrt hat mir Kabinettschef Gehart vorgeschlagen,
ich sollte, um die Energiediskussion in eine andere Richtung zu
lenken und weitere positive Vorschläge zu machen, unbedingt grösse-
re Mittel verlangen. Androsch hat sich dazu nicht geäussert.
Kreisky meinte nur, das müsse man sich genau überlegen. Sebastian
meinte, die Kohle würde auch im Preis steigen und eine Umstellung
in den Betrieben, ja selbst in den Elektrizitätswerken sei kaum
durchzuführen. Wagner fragte nur an, wieso sie in Kärnten um 1.20
Schilling einen höheren Dieselpreis zahlen müssen als in Wien.
Dies konnte ich aber sofort aufklären, dass es unmittelbar nach der
Freigabe in Wien noch 6.10 Schilling alte Dieselpreise für ein
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paar Stunden gegeben hat und in Kärnten man eben schon den
allerhöchsten Preis von 7.30 feststellen konnte.
Aus der Diskussion, aber vor allem aus den Bemerkungen, die im
Laufe der Tagung dann doch noch fielen, obwohl eigentlich nir-
gends eine richtige Diskussion zustande kam, ich selbst habe im
Parteivorstand nicht einmal das Wort ergriffen, da ich dies nor-
malerweise nur gegen Aufforderung mache, kann ich entnehmen, dass
wir, d.h. eigentlich konkreter ich, in der Energiefrage sehr schlecht
liege. Entweder beurteile ich die Situation total falsch und es
ist doch anders als 1974 – auch damals musste ich mehr oder minder,
da ich mich weder um die Massenmedien sehr stark kümmerte, noch
die Vorschläge, ich sollte sofort die Rationierung einführen und
viele andere nicht durchführte, kam es nach der Entspannung
dann zu einer entsprechenden Beruhigung. Ohne die Massnahmen,
die man mir damals aufdrängen wollte, auch den autofreien Tag
hatte ich damals nur sehr zögernd zugestimmt. Eine ähnliche
Situation ergibt sich jetzt. Aus Presseinformationen und Rück-
mitteilungen konnte ich entnehmen, dass Androsch ankündigt, man
wird Benzinrationierung, Preiserhöhungen oder den autofreien Tag
in Kauf nehmen müssen. Da die Energieknappheit, vor allem aber,
die immer stärker werdende Importabhängigkeit nach wie vor bleiben
wird, so wird die Auseinandersetzung über die Energiepolitik ein
Dauerbrenner. Ich habe dieses Problem mit Klubobmann Fischer bei
der Heimfahrt eingehend diskutiert. Zu einem Ergebnis, was wir
tatsächlich im Konkreten gegen diese Entwicklung machen können,
sind wir allerdings auch nicht gekommen, als eben weiter so
wurschteln wie dies bis jetzt, allerdings erfolgreich, geschehen
ist. Meine Argumentation lautet, wir haben bis jetzt die nötigen
Energiemengen noch irgendwie aufgetrieben und ich glaube, dass
dies auch insbesondere, wenn wir die Preise entsprechend den
europäischen Schnitt anpassen können, auch in Hinkunft werden
zustande bringen. Eine solche Fortwurschtelpolitik ist natürlich
weder optisch schön, noch vielleicht politisch opportun, wenn man
zeigen will, dass diese neue Regierung alle Probleme sofort ent-
sprechend radikal in Angriff nimmt und in kürzester Zeit auch
Lösungsvorschläge bringt, die eine Änderung herbeiführen. Viel-
leicht irre ich mich, aber ich sehe eine solche Möglichkeit eben
nicht.
Im Parteivorstand hat dann Kreisky ebenfalls sofort mit der
Energiefrage begonnen und meinte, das Ölproblem sei ein Preis-
problem und die Gefahr besteht, dass kalifornische Zustände
auf Österreich übergreifen. Kreisky weiss, welche Gewinne bei den
Ölgesellschaften gemacht werden, er kennt sicher die Auseinander-
setzung zwischen ÖIAG und ÖMV, über die Gewinnabführung – und meinte,
wir werden in Hinkunft eine stärkere Auseinandersetzung so wie
Carter auch mit den Multis haben. Der Präsident von General Motors
hätte ihm gesagt, die Amerikaner seien bereit bis zu 4.– Dollar
* zu bezahlen, aber würden keine Rationierung akzep-
tieren. Im Parteivorstand zählte Kreisky dann fünf Punkte auf.
Erstens, die Nahverkehrsmittel seien die Alternative, zweitens
ein Autofreier Tag dürfte nicht dekretiert werden sondern man
müsste eine Meinungsbefragung durchführen, drittens die Import-
verteilung und die Multis müsste man prüfen, viertens Industrie-
organisationen müssten über die Energieeinsparung eingeschaltet
werden, fünftens, eine Konzentration in der Elektrizitätswirt-
schaft wird angestrebt. Androsch wird diese Punkte dann noch be-
sonders erörtern. Dieser hat dann aber nur darauf hingewiesen,
dass 2/3 Elektrizität, die Hälfte Gas und nur 1/5 Öl aus der in-
ländischen Produktion kommt, 8 Mia. Schilling die Importe 1970,
24 Mia. Schilling 1978 für Energie ausgegeben werden mussten und
derzeit 68% des Energiebedarfes eingeführt werden müssten.
Der zweite wichtige Punkt waren Budgetprobleme, wo Kreisky in
die Vergangenheit schweifte und meinte, wir hätten durch die Tei-
lung des Budgets Konjunkturbelebung, Stabilisierung usw. die
bestmögliche Lösung gebracht. Androsch wurde auch zur Ergänzung
aufgefordert und hat – nachdem er grosse Unterlagen verteilt hat –
darauf verwiesen, dass von 1970 bis 1974 sich die Budgetsituation
bezüglich der Staatsschulden verbessert hat. Von 2.1% auf 1.8%
bezüglich der Bruttoinlandsproduktion, von 7.8% auf 6.4% bezüglich
des Ausgabenanteiles und von 14.4% auf 12.1% bezüglich des Netto-
einnahmenanteils. Jetzt hat sich das wesentlich geändert, ist auf
3.7 bezüglich des Bruttoinlandsproduktes, auf 12.1 bezüglich der
Ausgabenanteils und auf 26% bezüglich der Nettoeinnahmen gestiegen.
Die Staatsschuld beträgt jetzt 240 Mia. Schilling und würde bis
1983, wenn nichts geschieht, auf 450 Mia. Schilling anwachsen.
ÖBB, landwirtschaftliche Überproduktion, Sparförderung, konjunk-
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turpolitisches Defizitspending der Vergangenheit, welches man jetzt
nicht mehr braucht, seien die Ursachen und hier müsste man Änderun-
gen vornehmen. Die dritte Phase sollte mit 1980 schon beginnen und
das Defizit um 15 Mia. Schilling verbessert werden. Präliminiert
1979 ist es 34 Mia., wird auf 40 Mia ansteigen und wäre 1980, 45 Mia.
wenn nichts geschehen würde. Da man weder die Einkommen noch
Lohnsteuer, auch die Mehrwertsteuer nicht erhöhen kann, bleibt es
nur mehr bei den preisabhängigen Steuern. Als Beispiel hat er die
Mineralölsteuer im Auge. Natürlich gab es über den Bericht Kreisky
anfangs sehr zögernd, aber dann eine verhältnismässig grosse Dis-
kussion von über 1 Dutzend Diskussionsteilnehmern – auch einige
Minister erörterten ihre Probleme. Nach 3 Stunden war aber auch
der Parteivorstand zu Ende und Rösch sagte mir mit Recht, ein
Wahnsinn, dafür sind wir alle 10 Stunden und mehr hier her ge-
reist.
Ich nutzte die Gelegenheit, um mir den Bau von Annabrücke anzu-
sehen. Dort waren auch gleichzeitig die Betriebsratsobmänner der
Drau zu einer Besprechung von Inthal zusammengerufen. Ich habe des-
halb mit ihnen über die Energiesituation und insbesondere die Per-
sonalpolitik diskutiert. Sie verlangen mit aller Entschiedenheit,
dass der Vorstandsdirektor Dichtl, dessen Vertrag nächstes Jahr
abläuft, nicht auch nur um einen Tag verlängert wird. In diesem
Fall würde nämlich der ÖDK Millionenbeträge für zusätzliche Ab-
fertigung erwachsen. Da ich gar nicht die Absicht habe, versicherte
ich ihnen dieses Problem mit Bandhauer zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte wie steht der Fall und mit Band-
hauer Besprechung vereinbaren.
Die Kärntner erwarten, dass Andrä nach wie vor ein Energiezentrum
bleibt und möchten deshalb auf jugoslawischer Kohle ein St. Andrä 3
bis zu 450 MW erbauen. Im Prinzip hätte ich nichts dagegen, wenn
wir, wie die Kärntner glauben, im Lavanttal Kohle finden, wie dies
auch in Voitsberg, für Voitsberg 3 geglückt ist. Diesbezügliche
Untersuchungen müssten jetzt beschleunigt durchgeführt werden.
Angeblich wurde entschieden, dass man jetzt bis 400 Meter Bohrun-
gen durchführt. Die Kollegen meinen, es wäre viel richtiger Flä-
chenbohrungen nicht so tief jetzt in stärkerem Masse zu forcieren.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte prüfe was an diesem Wunsch mög-
lich und richtig ist.
Die Umweltschützer werden immer aktiver und Dir. Hautzenberg, mit
dem ich über dieses Problem besonders gesprochen habe, meint, sie
könnten bezüglich Voitsberg 3 nur dann existieren, wenn die Landes-
regierung bei ihren jetzigen Beschluss im Zuge des energierecht-
lichen Verfahrens verbleibt. Sie haben einen Platz für die Ent-
schwefelung freizuhalten, müssen aber eine solche nur dann ein-
bauen, wenn der Stand der Technik das wirtschaftliche Vermögen
und die Immissionswerte dies verlangen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lasse Dich bitte wegen dieser Frage stets
am laufenden halten und entsprechende Berechnungen immer vorlegen.
Bei meiner Übernachtung im HotelMusil, sehr laut, aber sehr nobel
konnte ich dann mit der Besitzerin über die Kärntner Fremdenver-
kehrssituation sprechen. Diese meinte, unerklärlich, dass zu
Pfingsten die Leute sich stundenlang an der Grenze angestellt
haben, obwohl es in Kärnten herrlichstes Badewetter gegeben hat
und die Betriebe keinesfalls ausgebucht waren. Da fiel mir ein,
vielleicht sollte man tatsächlich auf kurzfristige Art vorsorgen,
dass in einem solchen Fall an der Grenze, besser noch vor der Grenze
durch Durchsagen darauf hingewiesen wird, wie die Grenzsituation
ist und dass es noch dort und da – in diesem Fall wäre es im ganzen
Seegebiet gewesen – Quartier und gute Erholungsmöglichkeiten
gibt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Zolles diese Idee besprechen.
Die Überreichung zur Führung des Staatswappens an die Firma
Springer war insofern anders, als ich pünktlich dort war, deshalb
sogar die Verhandlungen mit General Motors verliess und als erster
eingetroffen bin. Die Gäste kamen alle erst wesentlich später. Der
General-Motors-Vertrag ist noch nicht endgültig. Sicher ist nur,
dass wenn sie 4.2 Mia. Schilling investieren, um 1.560 zu be-
schäftigen, wir 1,4 Mia. als Geschenk zuschiessen. 1/3 davon wird
Wien tragen. Die Entscheidung ist bereits für Aspern gefallen.
Da im Finanzkomitee die Prüfung schon erfolgte, besteht grösste
Wahrscheinlichkeit, dass dieses Projekt nach Österreich kommt.
Bei einem Abendessen, das Kreisky für die sehr grosse Delegation –
der Präsident und Vizepräsident sind sogar mit ihren Frauen gekom-
men – musste ich leider erfahren, dass General Motors nicht be-
absichtigt jetzt nach Köflach zu gehen, GD Schimpf hat mir ver-
traulich versichert, dass hier keine Möglichkeit mehr besteht.
Dies kann ich vom Standpunkt GM ohne weiteres verstehen, denn dort
wären ihnen nicht annähernd die Konditionen gegeben worden, die
sie jetzt für die Motorenfabrik in Wien bekommen werden.
Firnberg ersuchte mich neuerdings mit der Elektrizitätswirtschaft,
sprich Bandhauer, zu sprechen, damit diese nicht aus Seibersdorf
jetzt ausscheiden. Genau dies ist aber auch tatsächlich ein un-
möglicher Zustand. In der ganzen Welt, in den Elektrizitätswirt-
schaften, in allen Kernforschungsinstituten, bei uns wäre es viel-
leicht begründet durch die Volksabstimmung, genau umgekehrt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte auf Tagesordnung mit Bandhauer
setzen.
Rösch intervenierte neuerdings wegen Komm.Rat-Titel für Jäger-
mann aus der Kultusgemeinde, Firnberg wegen der Firma Kunsttrans,
ein international anerkanntes Unternehmen, wegen Auszeichnung
§ 68. Ich habe beiden zugesagt, dass ich mich dafür sehr einsetzen
werde.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie steht es mit diesen beiden Fällen.
Im Parteivorstand wurde dann noch von Marsch und Blecha über
die Organisationsarbeiten referiert. Der Parteitag wird auf 14.
bis 17. November vorgezogen. Der Mitgliedsbeitrag um 5.– Schilling
mit 1.1.1980 auf 25.–, ermässigter Beitrag 20 Schilling, erhöht.
Gleichzeitig wird eine Mitgliederwerbeaktion im Herbst jetzt ge-
startet. Staatsbürgerversammlungen werden durchzuführen sein und
entsprechende Serviceaktionen überall gestartet. Neu ist jetzt,
dass jetzt die Bezirkssekretäre der Partei eine Verpflichtung zur
Schulung bekommen werden in Kurzseminaren, in Briefschulen usw.
sollen sie entsprechend gedrillt werden. Der nächste Parteivor-
stand wird Donnerstag, den 28. Juni am 12.00 Uhr im Parlament
stattfinden. Zu Rösch bemerkte ich, ich werde mich zu Wort melden
und verlangen, dass dieser in Bregenz abgehalten werden soll. Der
einzige Vorteil in Pörtschach war, dass ich einige Sachen erledigen
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konnte, der dortigen örtlichen Organisation noch insofern
geholfen habe, als sie mich ersuchten, ich sollte doch die
Betriebe besuchen, die ihnen nahestehen, manche sind sogar Partei-
mitglieder und wo sie sozusagen ein bisschen Staat machen können.
Selbstverständlich bin ich dem nachgekommen. Erschreckend für
mich war, wie teils veraltete Betriebe wie z.B. Werzer, der erst
jetzt mit der Komfortzimmeraktion, Bäder und Duschen und WC in
seine Räume einbaut, aber auch noch andere Betriebe ähnlichen Typs
existieren. Kärnten ist hier wirklich zurückgeblieben, man hat
scheinbar tatsächlich geglaubt, es genügt, wenn man einen See hat.
Überraschend für mich war auch, dass der ORF eine Liveüber-
tragung in ein Energieprogramm für ZIB 2 vorsah und mich auf-
forderte im Studio zu erscheinen. Zuerst hatte ich dazu, nicht
zuletzt wegen der ganzen Energiesituation – und der, mich eigentlich
persönlich berührenden Entwicklung wenig Lust – habe mich dann aber
des alten Sprichwortes von Koppe erinnert, kein Mikrophon, keine
Fernsehkamera auslassen, wenn man sie angeboten bekommt, was uns
und insbesondere mir aber in dieser Frage am meisten fehlt ist,
dass wir – und das zeigt sich deutlich bei der Energie – zu wenig
public relations betreiben. In Wirklichkeit sind die Beschlüsse
des Präsidiums – sprich Vorschlag Androsch und Kreisky – wahr-
scheinlich auch nichts anderes als Zusammenfassung was bis jetzt
schon geschehen ist, wobei wir viel mehr erreicht haben als dies
dort zum Ausdruck kommt und in Wirklichkeit entsteht der Eindruck
ich mache nichts, bin unentschlossen und lasse alles laufen wie
es läuft, erkenne nicht die Gefahr und was es sonst noch an Vor-
würfen gibt. Hier muss ich unter allen Umständen – wenn es über-
haupt noch möglich ist – versuchen die Situation radikal zu ändern
und zu verbessern.
Selbstverständlich nützte ich die Gelegenheit nach dem Präsidium
zuerst mit Benya und Hofstetter über die neuen Attacken des Pro-
fils gegen meinem Schwager, wobei ich weiter damit rechne mit
hineingezogen zu werden, um sie zu informieren. Benya meinte, ja
das macht weniger aus, ich sollte mich sozusagen darum nicht küm-
mern. Mit Gratz, der zufällig bei Fischer an einem Tisch sass,
habe ich dann ebenfalls dieses Problem besprochen und er meinte
sogar, es wird alles skandalisiert und er möchte am liebsten gar
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nichts mehr prüfen, denn seine Beamten werden nur ver-
unsichert und das Kontrollamt müsste Tag und Nacht nur mehr das
tun, was die Massenmedien anzünden. Kreisky habe ich dann auch
zuletzt informiert und er meinte einleitend, dass die Betriebs-
ansiedlungsgesellschaft sich sehr bewährt hat und dass es für ihm
ausser Zweifel steht, dass ich überhaupt nichts damit zu tun
habe und dass sich die Situation für Mayerhofer nur verschlech-
tert, wenn sich herausstellt, dass er irgendwelche Unzulänglich-
keiten oder gar Unredlichkeiten begangen hat, indem er dem Betrieb
etwas zuschanzte, was er hätte dürfen. Eigentlich war es nur
Kreisky, der sich um Details auch kümmerte, die ich ihm allerdings
nicht beantworten konnte. Ich verwies in all diesen Fällen, dass ja
eine Untersuchung durchgeführt werden wird und letzten Endes dann
sich herausstellt, wieweit Vertragsverletzungen durch meinen Schwa-
ger begangen wurde. In all den Aussprachen, die ich bis jetzt in
dieser Causa – wem immer ich gehabt habe – stand sozusagen meine
Person ausser jeder Diskussion. Dass wir das Haus von ihm gekauft
haben, erscheint jedem einleuchtend und selbstverständlich. Ich bin
aber überzeugt, dass was immer geschehen wird oder vielleicht
schon geschehen ist, es wird immer meine Person ins Gespräch kommen,
von den Massenmedien dann entsprechend auch herausgestrichen werden
und letzten Endes – davon bin ich überzeugt – trotzdem ich selbst-
verständlich mit all diesen Sachen nichts zu tun habe, irgend etwas
irgendwo hängen bleibt. Hier gebe ich mich keiner Illusion hin.
Tagesprogramm, 6./7.6.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)