Freitag, 18. Mai 1979
Die oberösterreichische Konsumentenorganisation hat ihre
Betriebsräte jetzt zusammengefasst zu einer Arbeitsgruppe
"Konsument aktiv". Die Absicht ist mehr konsumentenpolitische
Informationen, den Betriebsräten zu geben und gleichzeitig auch
ein Instrument der Arbeiterkammer für etwaige Erhebungen zu be-
sitzen. Die oberösterreichische Veranstaltung, eine Art Konsumen-
tenforum war verhältnismässig gut besucht. Überrascht war ich,
dass ich sowohl den zuständigen Landesrat Reichl als auch den
Beamten der oberösterreichischen Landesregierung angetroffen
habe. Die ganze Konsumentenaktivität kann nur dann funktionieren,
wenn sie überparteilich mindestens über die reine Arbeiterkammer-
interessensvertretung hinaus organisiert ist. Koppe's Wunsch war,
dass ich über die nationale Konsumentenpolitik referiere.
Ladstätter hat mir zu meiner grössten Überraschung eine sehr
gute Zusammenstellung von Stichworten und Gesetzesstellen ge-
liefert, die ich nur in der Diskussion mit Burian und Koppe ein
wenig ergänzen musste. Bei der anschliessenden Diskussion stellte
sich heraus, dass natürlich die Gemeinden oder Landesdienststel-
len an Personalmangel leiden um die doch unverhältnismässig
vielen Kennzeichnungsverordnungen kontrollieren zu können.
Andererseits beschwerten sich die Präsidiumsmitglieder der Orga-
nisation "Konsument aktiv" über den Informationsmangel. Die
Broschüre "Konsumentenfibel" wird allgemein anerkannt, es müsste
noch wesentlich mehr Informationsmaterial in Form von Bro-
schüren den Betriebsräten zur Verfügung gestellt werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Besprich mit Koppe, was wir hier machen
könnten.
Interessant für mich war, dass der Referent der Europäischen Ge-
meinschaft Kurrer meinte, Österreich mit seiner ausgeprägten
Konsumenteninformation und seinem verhältnismässig starken
Einfluss der Interessensvertretungen und der Regierung auf diesem
Gebiet sollte ein Art Gegengewicht gegen die langsam arbeitende
Europäische Gemeinschaft sein. Dort erwartet er durch die Süd-
Erweiterung, so nennen sie den Beitritt von Spanien, Griechenland
usw., dass die mitteleuropäischen Staaten kaum eine Chance haben,
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dann ihre Konsumentenpolitik durchzusetzen. Die Idee ist ver-
hältnismässig retardierend. Selbst wenn die Kommission zu irgend-
welchen Entschlüssen kommt, ist der Rat, der einstimmige Beschlüsse
voraussetzt und wo einzelne Staaten entsprechend hemmen. Interes-
sant und überraschend für mich war, dass er behauptet, die
österreichischen Handelsattache in Brüssel und in den sonstigen
EG Staaten würden nur die Produzenten vertreten. Kurrer dürfte
nicht gewusste haben, dass unsere Handelsdelegierten von der
Handelskammer sind und daher natürlich für die Konsumentenpolitik
nur sehr wenig übrig haben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Kläre wie in Brüssel unsere Beamten zu
diesen Fragen stehen.
Der Festakt 50 Jahre Zuckerfabrik Enns mit Ordensüberreichung gab
mir die Möglichkeit einige grundsätzliche Bemerkungen über die
Zuckerwirtschaft und ganz besonders auch das Verhältnis zwischen
Unternehmungen und Gewerkschaft zu machen. Die Zuckerindustrie
hat ein verhältnismässig gutes Einvernehmen mit der Gewerkschaft und
die Betriebe mit den Betriebsräten. Enns wurde 1929 gegründet,
10 Jahre zuvor hatte die oberösterreichische Bauernschaft ver-
sucht eine Zuckerfabrik zu errichten, wobei die Bauern alle ihre
Anteile verloren haben, da die Fabrik in einer Brauerei mit
schlechten Maschinen ausgestattet, ihre Produktion begann. Die
Zuckerindustrie unterschätzt, glaube ich, die Konkurrenz, dass von
Stärke Zucker kommt. In Amerika werden dort gigantische Produktions-
steigerungen verzeichnet und die Rüben- und Rohrzuckerproduktion
geht ständig zurück. Mit Präs. Lehner von der Landwirtschafts-
kammer habe ich dieses Problem besprochen, doch er glaubt, dass
in Österreich eine solche Gefahr nicht besteht. Die Bauern-
schaft denkt, dass sie aus dem Stärke- und Zuckergesetz absolut
geschützt ist. Ich glaube hier wird sie noch ihre blauen Wunder
erleben.
Präs. Lehner hat mir bei dieser Gelegenheit mitgeteilt, sie
rechnen, dass der Getreidepreis um 10 Groschen erhöht wird und
dass dieser Betrag aber nicht an die Bauern ausbezahlt wird,
sondern zur Exportstützung einbehalten wird. Lehner spricht sich
ganz entschieden dagegen aus, dass wir heuer nur den Normalweizen-
preis regeln und die anderen Getreidemengen, die nicht zur Vermahlung
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kommen, freigeben. Er sieht darin den Zusammenbruch des Ge-
treidesystems.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte mit Landwirtschaftsministerium
die Taktik genau absprechen.
Beim Mittagessen mit Vorstandsdirektor Münzner von VW-Werk
und den Porsche-Leuten aus Salzburg, hat Münzner weiterhin zuge-
sagt Österreich bei seinen Exportbemühungen tatkräftigst
zu unterstützen. Die VW-Werke haben jetzt, obwohl sie Kapazi-
täten frei haben, ihre Produktion nicht erhöhen können, weil
sie keine entsprechenden Facharbeiter zur Verfügung haben. Da-
durch ergibt sich, dass nicht nur in Österreich, sondern in ganz
Europa und sogar weltweit, Volkswagen heute in allen Typen
gefragt sind und nicht ausgeliefert werden können. Himmer von
Porsche Salzburg hat mir nachher gesagt, dies bedeutet für ihn,
dass er 10.000 Autos heuer nicht verkaufen kann, die er dringendst
bräuchte. Für ihm ist weniger der Verdienstentgang bei den di-
rekten Verkauf, als die weitere Reparatur und Serviceleistung,
vor allem aber die Ersatzteil-Leistung ein Verlust, der nie mehr
aufzuholen ist. Münzner hat bei seinem letzten Besuch mir er-
klärt, dass die Volkswagenwerke an dieser Politik festhalten
wollen. Dieses Mal hat er korrigiert und meint, er wird unter
allen Umständen jetzt versuchen die Produktion jetzt zu steigern
und dadurch auch mehr Teile aus Österreich kaufen. Neu für mich
war, dass Volkswagen einen Spartyp jetzt laufen haben, der 4,5
Liter Benzin nur verbraucht. Allerdings nach amerikanischen
Fahrzeugreglement. Nach deutschen würden es 6.5 Liter sein.
Trotzdem hofft Münzner, dass dieses Projekt in Amerika tragend
wird, wodurch auch in Österreich in kürzester Zeit, spätestens
in 3 bis 4 Jahren, dieses Modell zur Verfügung stehen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Industriesektion soll jetzt endlich
versuchen auch die anderen Importfirmen zu ähnlichen Lösungen
auszufragen.
Das REPA-Werk in Grödig arbeitet derzeit auf 2 Linien und er-
zeugt 7.000 Gurte pro Tag. Die Beschäftigung ist heute fast um
50% höher als beabsichtigt und es ist mit weiterer Ausdehnung zu
rechnen. Da die deutsche Gesetzgebung jetzt aber auch auf den
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Hintersitzen Sicherheitsgurte vorschreibt, wird Volkswagen bei
REPA noch grössere Bestellungen tätigen, als dies ursprünglich
beabsichtigt war. Vorstandsdirektor Münzner hat ausserdem zuge-
sagt, er wird jetzt noch weitere Teile, gedacht ist an Verschluss,
Schlösser für Volkswagentypen nach Österreich legen. Bei der
Betriebsbesichtigung konnten sowohl MR Gröger als auch ich fest-
stellen, dass viele Fertigteile aus der BRD importiert werden
müssen, weil es in Österreich keinen Erzeuger gibt. Dies ist
mir vollkommen unerklärlich, weil es sich teils um gestanzte
Bleche resp. um Kunststoffteile handelt, die ohne weiteres
von österreichischen Produzenten erzeugt werden könnten. Ich
habe MR Gröger ersucht, er soll unverzüglich mit dem Fachverband-
sekretär Meier über Export resp. Liefermöglichkeiten dieser
Einzelteile verhandeln.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Für nächstes Jour-fixe eine Zusammen-
stellung machen.
Die Grossveranstaltung der LUGA im Stiegl-Keller war eine Folklore-
feier mit Jubilarehrung. Da die Arbeiterkammerwahl bevorsteht
wurde auch ein Referat von Präs. Brunauer der Arbeiterkammer
Salzburg gehalten. Ich bin immer wieder überrascht, wie in den
Bundesländern solche Veranstaltungen doch verhältnismässig gut
ankommen.
Tagesprogramm, 18.5.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)