Donnerstag, der 29. März 1979

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Donnerstag, 29. März 1979

Dr. Kienzl verständigt mich, dass er bereit ist für die Bro-
schüre über die zukünftigen Fremdenverkehrsaufgaben zur
Hälfte zu finanzieren. Dr. Norden von Tourist Austria wird
den Druck und den Vertrieb übernehmen. Die Broschüre wird
60.000 Schilling kosten, 30.000 müssen wir bezahlen. Im
Prinzip kann ich ihm zusagen, doch müssen wir wahrscheinlich
zum Unterschied von der Nationalbank eine beschränkte Aus-
schreibung machen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Veranlasse die notwendigen Massnahmen.

Kienzl ist sich nicht ganz klar, ob wir diese ad hoc gegründete
Kommission über die Weiterentwicklung des österreichischen Frem-
denverkehrs beibehalten sollen. Da ich auf dem Standpunkt stehe,
dass jedwede überparteiliche Organisation besser ist, als selbst
die bis jetzt gut funktionierende ökonomische Konferenzarbeits-
gruppe für den Fremdenverkehr, bin ich unbedingt dafür. Zweckmässig
erscheint mir nur, dass wir im Laufe der nächsten Wochen und
Monate bestrebt sind, diese Kommission wesentlich zu ergänzen.
Neben Prof. Bernecker, den Kienzl in die Kommission aufnehmen
möchte, erscheint es zweckmässig, auch noch Leute wie Skardarasy,
Präsident der Hoteliervereinigung, Scheiner, Obmann der Fremden-
verkehrssektion und selbstverständlich den einen oder anderen
Politiker dann zu gewinnen. Kienzl schlägt für den Sekretär dieser
Kommission Dr. Lutz Sperlich vor.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Heindl, Jagoda besprechen.

Die Gesellschaft für Energiewesen, deren Obmann der ehemalige
Aussenminister Gruber ist, ist heute finanziell gut gepolstert.
Kienzl als Kassier kann mir mitteilen, dass finanzielle Probleme
in diesem Verein in der nächsten Zeit nicht entstehen werden.
Durch so überparteiliche Organisationen, die ganz gewisse Ziele
verfolgen und Aufgaben übernehmen, kann man neben der Publicity
vor allem auch viel Geld locker machen. Ich kann mir sehr gut
vorstellen, dass wir vielleicht doch am besten auch der Kommission


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für die Weiterentwicklung des österreichischen Fremdenverkehrs
deren Enquete und damit auch im Ausfluss auch des Druckes ihrer
Broschüre eine Subvention von 30.000 Schilling geben, wodurch
wir vielleicht ganz den Vorschriften entsprechen, die Broschüre
eben nicht als Handelsministerium drucken und dadurch uns die
Ausschreibung ersparen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND BURIAN: Lasst bitte diesen Weg auch
von Jagoda und Kazda prüfen.

Die Gewerbeordnungsenquete, nach 5 Jahren Bestehen der neuen
Gewerbeordnung, war unverhältnismässig gut besucht. Der III.
Saal war ganz voll. Dies lag sicherlich vor allem an der An-
kündigung, dass Prof. Seidel über Wirtschaft und Gewerbeordnung,
Prof. Rill von der Wirtschaftshochschule über die Umwelt-
schutzfragen und Prof. Barfuß über den Konsumentenschutz in der
Gewerbeordnung referieren wird. In meiner Einleitung habe ich auf
die Geschichte der Entstehung der Gewerbeordnung 1973 hingewiesen.
Besonders strich ich natürlich heraus, dass alle meine Amtsvor-
gänger sehr wohl eine solche Gewerbeordnung wollte, sie aber aus
den politischen, vor allem aber interessensgruppenmässigen Gegen-
sätzen, die sich nicht überwinden konnten, zu keiner Einigung ge-
kommen ist. Daher war es selbst in der ÖVP Alleinregierung, wo
diese mit einfacher Stimmenmehrheit hätte eine solche Gewerbeord-
nung beschliessen können, nicht möglich diese auch durchzusetzen.
So offen allerdings habe ich nicht gesprochen, da bei dieser
Enquete lauter Fachleute sassen, die die Geschichte genau kannten,
habe ich mich nur mit Andeutungen begnügt. Die Referate waren,
soweit sie sich um konkrete Fragen handelten, dies gilt insbesondere
für Barfuß und Rill, sehr interessant.

Die anschliessende Pressekonferenz war, wie ich immer wieder
predige, eine Pleite. Wenn die Journalisten auf den Montagtermin
eingespielt und eingestellt sind, dann ist es hoffnungslos zu
glauben, man bekommt die ganze Gruppe auch an einem anderen Tag.
Zum Glück konnten wir gegenüber den Professoren dies ein wenig
tarnen, indem wir vom Haus Leute in mein Zimmer holten und so
wenigstens die Sessel besetzt haben. 3 Journalisten waren nur er-
schienen.



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ANMERKUNG FÜR BURIAN: In Hinkunft bitte womöglich keine anderen
Termine als Montag für Pressegespräche.

Die Diskussion in den Arbeitskreisen ergab dann, wie die 3 Pro-
fessoren am Nachmittag berichteten, allgemeine Zufriedenheit
aller Gruppen. Seidel erzählte, dass die Landwirtschaftsvertreter
ausdrücklich ihre Zufriedenheit feststellten. Auch die beiden
anderen Arbeitsgruppen stellten eindeutig fest, dass es keine Not-
wendigkeit gäbe, die Gewerbeordnung zu novellieren. Dies veran-
lasste mich zusammenzufassen, nachdem es im Plenum dann keine
Diskussion mehr gab, dass 73, also doch ein sehr gutes Werk
gelungen sein muss. Das Ziel damals und die Methode war, prag-
matisch und konsensual vorzugehen und doch eine liberalere Ge-
werbeordnung zu schaffen, die letzten Endes alle akzeptieren
konnten. Diese Politik werde ich, sofern ich nach dem 6. Mai
noch immer für das Ressort verantwortlich bin, weiter fortsetzen.
Da die Professoren für ihren Vortrag und ihre Tätigkeit 3.000
Schilling bekamen, sind sie auch bereit eine schriftliche Unterlage
zu liefern. SChef Jagoda wird sicherlich eine entsprechende Bro-
schüre auflegen. Ich fürchte nur, dass diese wahrscheinlich nicht
im April fertig wird. Wäre dies zeitgerecht der Fall, so könnten
wir sie noch beim Montag-Frühstück Pressegespräch präsentieren.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte kläre, was jetzt weiter geschieht.

Da ich durch die Teilnahme an der Gewerbeordnungsenquete nicht
an der Eröffnungsfeier der Firma Gustana teilnehmen konnte, habe
ich diese später dann besucht. Beeindruckend für mich war, dass
es dort eine ganz neu und modern errichteten Lebensmittelbetrieb
gibt. Wie zu erwarten hat der Direktor mir gegenüber bestätigt,
dass sie über 1 Jahr in Wr. Neustadt experimentieren mussten, bis
sie jetzt den österreichischen Geschmack und der österreichischen
Nahrungsmittelkodex-Vorschriften und den österreichischen Roh-
stoffen entsprechend Fertigmenüs produzieren konnten. Was in
Berlin jetzt seit Jahren gut läuft, konnte nicht ohne weiteres
nach Österreich transferiert werden. Jetzt ist die Produktion
aber einwandfrei und versorgt zuerst einmal die Kindergärten und
in weiterer Folge dann auch andere öffentliche Stellen. Mit dem
Konsum wurden bereits entsprechende Lieferverträge vereinbart,
sodass auch jetzt schön langsam eine Breitenwirkung für Privat-


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kunden erreicht wird, Interessant für mich war auch die Energie-
rückgewinnung durch einen fast geschlossenen Wasserkreislauf.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Goldmann soll die Entwicklung genauer
verfolgen.

Vor der Hauptversammlung der BAWAG hatte ich den dort anwesenden
Alleinaktionärsvertreter Benya mitgeteilt, dass wir den Sicherungs-
fall Himberger, Kleinkirchheim, nicht machen können. Ich habe
ihm zu diesem Zweck den ganzen Akt gezeigt, damit er nicht das
Gefühl hat, wir wollen nicht. Benya erklärte mir, dass er dies
sowieso nie gedacht hat. Ich glaube dass der Fehler, wenn über-
haupt ein solcher vorliegt, darin besteht, dass man zuerst
nicht zuletzt durch die Interventionen versucht hat, einen
Sicherungsfall zu konstruieren, der dann aber doch nicht möglich
war. Letzten Endes stellte sich dann heraus, dass das Spital
erklärte, es handelt sich um einen Alkoholiker, während der Haus-
arzt natürlich sagte, es geht um ganz etwas anderes. Ich glaube,
dass unsere Bürokraten vergessen, dass dann in einem Dorf
wie Kleinkirchheim aus so einer Diskussion nur eine üble Nach-
rede übrig bleibt. Der Erfolg für die Familie also Null, der Auf-
wand für die Familie verhältnismässig gross und die Nachrede
übel. Jagoda, mit dem ich dann noch einmal über den Fall ge-
sprochen habe meinte, trotzdem hätte man dies niemals machen
können. Da bin ich aber dann dafür, diese Entscheidung zu einem
wesentlich früheren Zeitpunkt zu treffen und nicht durch Inter-
ventionen oder durch Hoffnungen aufgrund solcher Interventionen
den Fall recht lange hinauszuziehen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte in Hinkunft vorsichtiger vorgehen.

Die BAWAG hat eine gigantische Expansion im vergangenen Jahr
mitgemacht. Durch die Betriebsratskreditaktionen, BZK, wo bereits
der 200.000. Fall gemacht wurd, wurden 10,5 Mia. Schilling in
3.500 Betrieben abgewickelt. Die Bilanzsumme der BAWAG hat die
50-Mia.-Schilling-Grenze überschritten. Bis jetzt war die BAWAG
weitesgehendst eine Bank mit verhältnismässig geringen Ver-
waltungskosten. Sie stützte sich auf den Gewerkschaftsbund, die
Konsumgenossenschaft und ganz besonders auf die Betriebsorgani-
sation. Jetzt beginnt sie immer stärker Filialen zu errichten.



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Im vergangenen Jahr 13 neue mit einer Gesamtsumme jetzt von
44. Dadurch braucht sie auch 135 neue Beschäftigte und hat
jetzt schon einen Beschäftigtenstand von 1.345. Ich fürchte
in diesem Punkt für die BAWAG, denn in Zukunft wird sie dann
viele Filialen haben, die kaum kostendeckend arbeiten werden,
grosse Verwaltungskosten und damit das Ende ihrer guten Ge-
winnentwicklung und Prosperität. GD Flöttl dürfte aber auf
den anderen Standpunkt stehen und wenn er die Expansion der BAWAG
weiter fortsetzen möchte, braucht er – so glaubt er zumindestens –
ein entsprechendes Filialsystem. Da jetzt die Filialen freige-
geben wurden, werden die Banken sich in den nächsten Jahren
durch übermässige Filialgründungen einen Apparat aufbauen,
der letzten Endes für sie noch einmal verheerend sein wird.

Der Festtag der Firma Gaskoks zu ihren 75-jährigen Bestehen
fand im Josefstädter Theater statt. Bei dieser Gelegenheit
konnte ich der Firma gleich die Genehmigung zur Führung des
Staatswappens überreichen. Nichts hasse ich mehr, als wenn
man auf der Bühne von Scheinwerfern beleuchtet steht und sein
Publikum nicht sieht und daher keinen optischen Kontakt hat.
Leider konnte ich dann bei der anschliessenden Festakademie
nicht mehr bleiben, obwohl diese bestimmt das Beste von der
ganzen Feier gewesen ist. Die Idee finde ich hinreissend. Das
Ergebnis war natürlich ein volles Haus.

Heindl verständigt mich, dass sowohl Böhm als auch Steilmann
jetzt eine Zusage des Sozialministers brauchen und sofort in
das Waldviertel mit neuen Betriebsansiedlungen gehen würden.
Ich rufe Sozialminister Weissenberg an, der im Prinzip ein-
verstanden ist. Da er aber nicht weiss, wieviel von den 50 Mio.
Schilling, die er einmal für das Waldviertel reserviert hat,
noch offen sind, verweist er mich auf seine Beamten. Dr. Bednar
teilt mir dann mit, dass für Dietmanns, die jetzt zugrunde ge-
gangene Firma Weithofer 5 Mio. Schilling für die Firma Steilmann
zur Verfügung stehen würden. Er versucht die ganze Zeit schon
den Repräsentanten der Firma Olechler, gleichzeitig auch der
Sprecher in Böhm's Modezentrum, zu erreichen. Für Böhm in
Heidenreichstein, 200 Beschäftigte, hat er 6–8 Mio. Schilling
reserviert. Mit grösster Verwunderung erfahre ich, dass die


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seinerzeitige Zusage der Niederösterreichischen Landesre-
gierung, je Arbeitsplatz 50.000 Schilling zu geben, die dann
durch eine Erklärung Kreiskys, dass auch die Bundesregierung
50.000 Schilling dann dazulegt, noch immer nicht in der Praxis
verwirklicht wird. Ausser diesen prinzipiellen Zusagen gibt es
kein konkretes Abwicklungsprogramm. Bednar schlägt deshalb vor,
es sollen sich Steilmann und Böhm resp. deren Repräsentanten
direkt an das Sozialministerium wenden, damit dort die Einzel-
heiten genau besprochen werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte unsere Industrieförderung soll die
notwendigen Vermittlungsgespräche und Durchführungen veranlassen.

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Tagesprogramm, 29.3.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Branchenreferent HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sozialminister
    GND ID: 118806904


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Gutachter


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
        GND ID: 119083906


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 119100339


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Chefredakteur "Tourist Austria"


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Präs. Hoteliervereinigung


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: ehem. Außenminister, ÖVP


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                    GND ID: 118566512


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Inst. f. FV-Forschung WU Wien


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Ökonom, ab 1981 Sts.


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Obmann Sektion FV BHK


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Naturfreunde


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: GD BAWAG


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                      GND ID: 102318379X


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Fa. Schöps


                                        Einträge mit Erwähnung: