Dienstag, 23. Jänner 1979
Der Bürgermeister von Gröding, Gewerkschaftssekretär Schorn,
kam mit den METRO-Verantwortlichen, die in seinem Dorf einen
METRO-Markt, ähnlich wie in Dornbirn eröffnen möchten. Diese
Absicht haben sie 1974 und haben mit der Landesregierung stets
Schwierigkeiten die Genehmigung zu erhalten. Jetzt handelt es
sich um die Zufahrt zum Metro-Markt. Der Amtssachverständige hat
angenommen, dass zur Spitze 280 Kunden pro Stunde kommen. Die
METRO-Leute nehmen höchstens an, dass am ganzen Tag 700 Kunden
anfahren werden. In Dornbirn wurden genau dieselben Ergebnisse
erzielt. S.Chef Jagoda wird ein Gegengutachten bestellen, um die
Sachverständigen entweder zu bestätigen, oder den wahren Sachver-
halt – wie METRO behauptet – herauszubekommen. Äusserungen von
Politikern in Salzburg zeigen klar und deutlich, dass der ÖVP-
Abgeordnete NR Frauscher, die treibende Kraft gegen diesen METRO-
Markt ist. Unwahrscheinlich, dass es doch in Salzburg möglich sein
sollte, die METRO-Organisation auf diese kalte Tour von ihrer Tä-
tigkeit in diesem Land weitestgehend auszuschalten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Lass vorsichtig prüfen, was Frauscher zu so
einer negativen Stellungnahme veranlasst.
Die Zeitung Umweltschutz wird ein Interview über Energiepolitik
und insbesondere Energiesparen bringen. Viel verspreche ich mir
davon nicht, denn diese Zeitung erscheint ja doch mehr oder minder
unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Redakteur Müller, der in der Pro-Zwentendorf-Aktion mitgewirkt hat
und ein Buch über Energie geschrieben hat, deutet an, dass er für
diese Tätigkeit dies jetzt sehr zu spüren bekommt. Der ARBÖ möchte
überhaupt jetzt mehr in die ganze Energiefrage in seiner Zeitung
einsteigen, weshalb auch ein zweiter AZ-Redakteur ein diesbezüg-
liches Interview mit mir macht.
Auch der schwedische Rundfunk interessierte sich für unsere
spezifische Energiesituation und hat ebenfalls eine Redakteurin
nach Österreich entsandt. Drei Inländer, ein Ausländer an einem Tag
sind gerade genug. Bei solcher Gelegenheit weiss ich erst die Koppe-
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Idee richtig zu schätzen, dass wir mit unserem Pressefrüh-
stück allen Redakteuren die Möglichkeit geben, gleichzeitig
Informationen zu bekommen. Diese Sonderinterviews liebe ich wahr-
lich überhaupt nicht.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wenn möglich alle immer auf das Pressefrühstück
verweisen.
Im Ministerrat berichtet Androsch über die Aussenhandelsergebnisse
im Dezember. Während mir meine Leute immer unter dem strengsten
Siegel der Verschwiegenheit die vorläufigen Ergebnisse mitteilen,
ja mich sogar anflehen, niemand dürfe diese Ergebnisse vorzeitig
jemand anderem sagen, hat Androsch gar keine Bedenken, dies nicht
nur im Ministerrat, sondern auch im Klub mitzuteilen. Nach seinen
Berechnungen wird jetzt das Aussenhandelsdefizit 56 Mia. Schillinge
betragen und die Leistungsbilanz auf 8 Mia. von fast 29 zurückgehen.
Die Importe müssten sich durch 9 % im Dezember minus auf Jahresergeb-
nis minus 1 % einstellen, während die Exporte 16 % plus im Dezember
ein Jahresergebnis plus 9 % betragen würden. Das Aussenhandelsdefizit
und die guten Fremdenverkehrsergebnisse bringen dann die günstigen
Leistungsbilanzen von minus 8 Mia. Schilling. Das Wirtschaftsfor-
schungsinstitut schätzt für heuer 18 Mia., die ebenfalls als zu hoch
gelten müssen. Androsch erwähnt dann noch, dass mit der Österrei-
chischen Nationalbank mit dem Präsidium Gespräche stattgefunden ha-
ben und dann den Diskontsatz um 3/4 % bei der morgigen Generalrats-
sitzung beschliessen wird. Die Kreditinstitute wollten nur 1/2 %,
da sich durch diese Diskontsenkung ihre Ertragslage verschlechtern
wird. Genau dies ist aber die Absicht vom Finanzminister. Die
Österreichische Kontrollbank wird um 1 Mia. Schilling ihren Rahmen
erhöhen können. Für die Geldmarktoperation wird neben den 3 Mia.
1978, die allerdings nie ausgeschöpft wurden, 1979 noch weitere
3 Mia. zur Verfügung gestellt werden. In der Vergangenheit war die
Geldversorgung über unsere Leistungsbilanzdefizite mit Schillingen
über die Banken gesichert gewesen. Jetzt muss die Nationalbank
auf Kreditoperationsbasis vorsorgen.
Kreisky erwähnt, dass sie mit dem Finanzminister Androsch und
Nussbaumer der Ford-Brief, den er allen Regierungsministern ver-
traulich zur Verfügung stellt, abgeschickt wurde. Da wurde noch
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einmal das Angebot um 500 Mio. erhöht und Ford würde jetzt
4,2 Mia. Schillinge Subvention in bar bekommen. 1.5 Mia. 1979,
dann durch 3 Jahre hindurch 900 Mio. Von diesen 4,2 Mia. würde
die Gemeinde Wien, 1.5 Mia. bereits in 1979 zur Verfügung stellen.
Sollte Ford trotzdem ein französisches Angebot machen, welches
der dortige Ministerpräsident Barre überbieten möchte, dann hofft
Kreisky auf General Motors. Diese Riesen-Investitionen und diese
riesigen Fabriken können nur die beiden Firmen errichten. Fiat
oder andere kommen dafür, oder kämen dafür gar nicht infrage.
General Motors hat jetzt ebenfalls ihre Investitionen in einen
Schreiben präzisiert. 1 Mia. 850 Mio. Dollar sollten für die drei
Fabriken investiert werden. Kreisky meint, eine davon kommt in
die Obersteiermark, die Transportverhältnisse muss es gelingen zu
lösen. Dabei ist insbesondere an die Hafenverbindung ans Mittelmeer
gedacht und vor allem auch nach Südkärnten. Kreisky wünscht, dass
der Ministerrat den Bericht zustimmend zur Kenntnis nimmt und ihn
ermächtigt, das Angebot an Ford weiterzuleiten. Die Autounter-
nehmen haben dies von der Regierung dezidiert durch Beschluss verlangt,
da ja auch Wahlen bevorstehen und die Regierungskontinuität von
vorneherein nicht gegeben ist. Wenn die Regierung aber einen solchen
Beschluss fasst, dann sind alle nachfolgenden ebenfalls gebunden.
Kreisky bemerkt dabei, dass auch unsere Regierung jetzt dann die
UNO-City Beschlüsse von Klaus gebunden war. Wäre er noch Aussen-
minister gewesen, hätte er diesen Monsterprojekt nie zugestimmt.
Dr. Poppmeier von der Fa. SPAR, möchte uns vorschlagen, wir sollten
wegen der Einweggebinde nicht an ein Verbotsgesetz denken, es ge-
nügt vollkommen, wenn die Standardeinheitsflasche von uns verlangt
wird und die Industrie dann tatsächlich in diese abfüllt. Dadurch
würde dem Handel so viel Sortierung erspart bleiben, dass er gar
nicht mehr so stark nach Einwegflaschen oder verlorener Packung
frägt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte diese Idee sofort prüfen lassen.
In Wirklichkeit ist Poppmeier gekommen, um die Versorgungsgebiet-
regelung bei Milchprodukten, im speziellen Fall Topfen und Frucht-
joghurt, aus der molkereimässigen oder besser gesagt Milchwirtschafts-
fondsregelung herauszubrechen. Plesch erklärt ihm und auch mir, dass
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die Bauern darauf drängen, unbedingt auch für diesen beiden
Produkte die Milchmarktregelung aufrecht zu erhalten, weil sie
nur auf diese Art und Weise die Importe, die sonst sofort Öster-
reich überschwemmen würden, zurückdrängen können.
Die SPAR-Organisation wird jetzt eine Verbraucherberaterin, Sternberg,
die vorher in einer Untersuchungsanstalt gearbeitet hat, einsetzen.
Auf der einen Seite sollen Kunden dadurch mehr oder minder einen
Ombudsmann haben und die Sparorganisation gleich erfahren, wo es
bei ihr mangelt. Scheinbar kann niemand anderer, die 1.600 Händler,
die heute bei SPAR organisiert sind, in dieser Beziehung betreuen.
SPAR hat jetzt ein Energiesparprogramm für Licht, Kühlung und
Heizung mit 81 Punkten ihren Händlern mitgeteilt. Wie weit sie
kostensparende Investitionen, wie einige Filialen von anderen Ketten
resp. Genossenschaften scheinbar proben, konnte ich nicht feststel-
len. Bis jetzt handelt es sich scheinbar nur um eine deklaratori-
sche Erklärung.
Hauptanliegen für die SPAR-Organisation ist aber, dass sie bei
Kosten von 18 % des Kleinhändlers gegenüber den Supermärkten und
Ketten irrsinnig hoch mit den preisgeregelten Spannen nicht das
Auslangen finden können. Sie streben daher wie die Handelskammer
auch, eine Aufhebung der amtlichen Preisregelung an. Ich würde
dem irrsinnig gerne nachgeben, denn wie ich Poppmeier erklärte,
ist jedwede Aufhebung der Preisregelung dann nur zu weiterer Schleu-
deraktion, oder wenn man so sagen will, Verkauf unter dem Einstands-
preis verwendet worden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Verbraucherberaterin auf Jour fixe AK und
ÖGB setzen.
Das Gespräch mit Dir. Nentwich und Dr. Binner von der Studiengesell-
schaft für Atomenergie war insoferne erfolgreich, als wir uns
sofort darauf einigten, ich sollte die Reaktorsicherheitskommission –
der Binner angehört über den Bundeskanzler zu einem Besuch nach
Zwentendorf einladen. Nentwich hatte zuerst Bedenken, weil er nicht
weiss, wie die Arbeit dieser Reaktorsicherheitskonferenz vor sich
gehen wird. Diese hat in ihrer ersten Sitzung beschlossen,
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sich nicht aufzulösen trotz der Volksabstimmung, sondern ganz
im Gegenteil, das Genehmigungsverfahren noch einmal nachvollziehen.
Da die GKT unbedingt die Dokumentation braucht, kann ihr die
Reaktorsicherheitskommission dabei nur behilflich sein. Die GKT wird
jetzt nicht an die Verwertung der Systeme denken, sondern wird vor-
erst jetzt die Komponentendokumentation fertigstellen. Dies wird
ihr 2 Mio. Schilling kosten. Für die weiteren werterhaltenden Mass-
nahmen sind ca. 1 Mio. Schilling erforderlich. Die Gesellschafter,
die prinzipiell für die Konservierung einen Betrag von 30 Mio.
Schilling zur Verfügung gestellt haben, werden auch diese 3 Mio.
ohne weiteres genehmigen. Insgesamt glaubt aber die GKT wird man für
den TÜV 5 Mio. Schilling brauchen und einen ähnlichen Betrag für die
SAGE. Die offene Frage ist nur, was die Kraftwerkunion-Kosten sind,
wenn jetzt die Dokumentation fertiggestellt wird. Alle sind sich
aber vollkommen klar, dass ohne Dokumentation, was immer mit dem
Kernkraftwerk geschieht, die Werte nicht nur nicht gehalten, sondern
alle dann tief unter den Werten.Der Einladungsbrief wird von Zluwa
aktenmässig festgehalten.
Im Klub berichtet Androsch über seine Gesetze, die morgen ver-
handelt werden. Sparkassengesetz, Kreditwesensgesetz usw. und dort
gibt es nur eine Diskussion, da Veselsky glaubt, die ÖVP hat uns
insoferne reingelegt, dass sie zuerst zu erkennen gegeben hat, sie
wird den Gesetzen zustimmen, entsprechende Konzessionen bei den
Verhandlungen erreichte und uns jetzt allein die Verantwortung
insbesondere für KWG Kreditwesensgesetz überlässt. Weissenberg be-
richtete über die Sozialgesetze. Für mich interessant ist, dass er
die Arbeitsmarktförderung so ändern möchte, dass er aus Zuschüsse
und Darlehen in Hinkunft auch Haftungen übernehmen kann. Hier
meint er, würde er am wenigsten belastet werden. In der Diskussion
über seine Abfertigung und vor allem aber auch über die Kommission
für die Lohngleichstellung der Frau, gab es dann eine heftige Diskus-
sion. Gewerkschafter, wie Zentralsekretär Wille, aber auch Hell-
wagner als Betriebsrat von Ranshofen hatten grosse Bedenken. Die
Kommission wird Unzulänglichkeiten feststellen und die Gewerkschaft
wird dann nicht imstande sein, dies so schnell als die Kommission
und wahrscheinlich die Öffentlichkeit und vor allem die davon be-
troffenen Frauen erwarten, die Gleichziehung durchsetzen können.
Mühlbacher, Freier Wirtschaftsverband, hat nur verlangt, man müsse
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für die kleineren Betriebe bei der Abfertigung eine ähnliche Regelung
anstreben, wie dies bei der Lohnfortzahlung der Fall war. Über
einen Fonds, eine Versicherung oder irgend eine andere Regelung,
muss man den Kleingewebetreibenden die Möglichkeit geben, wenn sein
Arbeiter dann in die Pension geht, oder überhaupt ausscheidet, dass
diesen seine Abfertigung von einer Institution übernommen wird.
Ist dies nicht der Fall, würde wahrscheinlich jetzt eine grosse
Kündigungswelle einsetzen.
Bei einem Empfang des Präsidiums im Nationalrat habe ich wieder
einmal meinen ehemaligen Lehrer, Pittermann, getroffen. Er sieht
sehr gut aus, seine Tochter hat sich bitter bei mir mit Recht be-
klagt, dass er sich sehr vereinsamt fühlt. Ich muss ihn besuchen
gehen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte günstige Gelegenheit mit entspre-
chender Begründung suchen.
Im Bezirksausschuss auf der Landstrasse musste ich den Genossen
meine Gespräche mit unserer beabsichtigten Kandidatin Preiss
mitteilen, weil wir ja unseren Beschluss reassumieren mussten.
Die einhellige Meinung war, obwohl nur ein Diskussionsredner sich
meldete, es ehrt Eva Preiss, dass sie überhaupt dieses Anbot ablehnt
um ihre Familie nicht zu opfern, einer meinte mit Zwischenruf,
das ist die einzige Politikerin, die so etwas tut. Es zeigt aber
auch andererseits, wie schlecht die zentrale Organisation ist,
das so etwas passieren kann. Ich selbst habe sofort auch meinen
Teil der Schuld – ich hätte mich vorher erkundigen müssen – und nicht
als selbstverständlich annehmen, dass alles abbesprochen ist, auf mich
genommen. In Hinkunft werde ich nämlich wirklich in dieser Bezie-
hung vorsichtiger sein.
Die Bezirkskonferenz verlief sehr diszipliniert, ruhig und sach-
lich. Arbeiterkammerpräsident Czettel hielt ein vorzügliches
Referat. Unerträglich war nur die Hitze, die in diesem Saal herrschte
Auf dem Podium oben war es eine reine Sauna, mit annähernd 30 Grad.
Czettel tat mir im wahrsten Sinne des Wortes leid. Wir sassen sofort
in Hemdärmeln, er meinte nachher allerdings, die Hosenträger haben
ihm veranlasst, sich nicht auch sofort den Rock auszuziehen. Die
Kandidatenliste wurde ohne Diskussion einstimmig angenommen, was
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ich allerdings auch erwartet habe. Staribacher, Heindl, unsere
Sekretärin Tischler für die Frauen seit eh und je auf der Liste
und als neuen Kandidaten den Zentralsekretär des Freien Wirt-
schaftsverbandes, Sallaberger. Da Zentralsekretär Blecha bezüglich
der Reihung eine Bemerkung gemacht hatte, die weder Heindl noch
ich verstehen können, werde ich mich jetzt erkundigen, wie eigent-
lich die Wiener Liste aussieht. Dazu habe ich nicht nur ein be-
sonderes Recht als Bezirksobmann, sondern, da ich ja sogar aus mir
unerklärlichen Gründen auf die Einbringergruppe gesetzt wurde,
steht mir auch von dieser Seite eine offene Information zu.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Edlinger verbinden.
Tagesprogramm, 23.1.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 147. Ministerratssitzung, 23.1.1979