Donnerstag, der 18. Jänner 1979

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Donnerstag, 18. Jänner 1979

Gen.Dir. Beurle und der Geschäftsführer des Brauereiverbandes
Wagner berichten mir über Bierprobleme. Bei der Diskussion
Krebsgefährdung durch Bier, von einem deutschen Institut jetzt
untersucht, frage ich, wie es möglich ist, dass gerade der Kurier
als eine Zeitung die von der Wirtschaft getragen wird, sich an
die Spitze solcher Aktionen setzt mit den gefährlichsten Schlag-
zeilen meint Beurle, man muss ihm eine gewisse Narrenfreiheit
geben, damit er die Auflage erhöht resp. erhalten kann. Beurle stellt
fest, dass in Österreich gar keine Ware mit der Verbrennungsluft
in Berührung kommt, alles geht über Luftwärmeaustauscher. Natür-
lich frage ich, warum gerade aber dann diese Tatsache im Kurier
und in den anderen Massenmedien nicht gebracht wurde.

Die Brauer haben Angst, dass die Ausgleichsabgabe – seinerzeit
40 Schillinge – dann auf 94 jetzt mit 85 in Geltung und wahr-
scheinlich ab Feber knapp über 70, in weiterer Folge dann noch
abgesenkt wird. Die Landwirtschaftskammer, Präsidentenkonfe-
renz hat einen Druck auch auf die Brauer ausgeübt, dass man diese
Abschöpfungsbeträge senken soll, damit sie bezüglich ihrer Exporte
von Rindern in die Bundesrepublik keine Schwierigkeiten haben. Wagner
wird mir ein diesbezügliches Exposé zur Verfügung stellen.

Eine alte Brauerei in Sopron mit 500.000 hl soll modernisiert
und wesentlich vergrössert werden, bis 1 Mio. hl. Dafür sind fast
500 Mio. Schilling notwendig. Beurle fragt warum dies aus dem
300-Mio.-Dollar-Kredit finanziert werden soll. Ich erkläre, dass
es sich hier nur um eine gewöhnliche Exportfinanzierung handelt,
wie für jeden anderen Export.

Ein wirkliches Problem für die Brauer ist die Nachfrage "macht
grosse Handelsketten, Konsum usw.". Die Kostensteigerungen von
Löhne und Gehälter können kaum verkraftet werden, die Rohstoff-
preise sind annähernd gleichgeblieben. Jetzt überlegt der Braue-
reiverband ob aufgrund des Nahversorgungsgesetzes nicht die dis-
kriminierenden Praktiken, die hier eingerissen sind, bekämpft
werden können. Obwohl die Brau AG mit der steirischen Gruppe fast


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2/3 des Bierabsatzes beherrschen, können sie nicht Ordnung rein-
bringen, denn das restliche Drittel – viele Klein- und Mittelbrau-
ereien – zerstören ständig Ansätze einer Marktregelung.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wagner wird jetzt Handelsdelegierter in Ungarn.

Der chinesische Botschafter interveniert neuerdings, dass ich unbedingt
nach China fahren soll. Die Aussenhandelsentwicklung wird sich in den
nächsten Jahren noch wesentlich vergrössern. Im vergangenen Jahr eine
durchschnittlich 70 %-ige Zunahme der Ex-und Importe. Derzeit verhandelt
jedes Unternehmen allein mit den chinesischen Stellen. Er selbst hat
sich stets eingeschaltet, dass, was vorher ganz unmöglich gewesen wäre,
grosse repräsentative Firmenvertreter wie z.B. Apfalter von der VÖEST
mit Ministern Kontakt bekommen. In der Vergangenheit wurde auch Edel-
stahl und Kunstdünger gekauft und sofort bar bezahlt. Jetzt werden
Anlagen bestellt, wobei natürlich auch Kredite genommen werden. Zum
Schluss interveniert er wegen der abgelehnten Hemdenimporte. Er meint
aus Thailand und Südkorea werden sie gekauft und von China abgelehnt.
Ich erkläre ihm unser System des Multifaserabkommens und vor allem
aber des Antidumping. Solange so billige Hemden angeboten werden,
müssen sie von der Aussenhandelsstelle abgelehnt werden. Er erwägt,
ob nicht zwischen Österreich und China ein wissenschaftlich-technisches
Kooperationsabkommen abgeschlossen werden sollte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Meisl soll prüfen ob eine solche Lösung zweck-
mässig ist und wie wir sie einleiten können.

Direktor und Geschäftsführer der französischen Rüstungsverkaufsfirma
Sofma, Saar-Demichel, berichtet, dass sich die Franzosen benachtei-
ligt fühlen. Gegenüber Lütgendorf hat er immer wieder festgestellt,
dass eine gewisse Vorleistung von Sofma erfolgte. Die Franzosen haben
die Fahrgestellt von Kürassier übernommen und in die unter ihren Ein-
fluss stehenden Länder vermittelt und verkauft. Argentinien, Marokko
Tunesien usw. Bei Goldhaube wurden sie aber, obwohl sie nur 2 Punkte
hinter Philips liegen, nicht berücksichtigt. Noch schlimmer war es bei
den Hubschrauberlieferungen, wo sie mit ihrem Typ Puma billiger waren
als Agusta. Jetzt haben sie mit der Munitionsfabrik Hirtenberg eine
Lizenz um die Munition für den Kürassier 10.5 herzustellen. Die


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20.000 Stück, die dort erzeugt werden können, werden über eine Ver-
kaufsgesellschaft gehen, an der die Sofma 20 %, Demichel persönlich 10 %
und als Geschäftsführer beteiligt ist. Hier kommt es ihm nicht auf den
Verdienst an, sondern ausschliesslich, dass die Franzosen und er selbst
eine Preiskontrolle haben wollen. Die zukünftige Munition wird Pfeil
sein, mit einem Wolframmagnetkern, 6.000 Schilling das Stück, hier
könnte Plansee-Werk eingeschaltet werden. Für die Flugzeug-
produktion Dassault in Frankreich könnten Alu–Lieferungen erfolgen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wanke soll nach Überprüfung uns berichten.

Demichel erklärte, er wird jetzt die Initiative zur Errichtung eines
Österreich-Hauses in Paris für 10 Mio. Schilling, französische Franc
Investition ergreifen. Er selbst zeichnet 500.000 ffrs Anteil, die
Sofma 300.000. Andere daran interessierte Firmen werden sich – so ist
er überzeugt – reichlich beteiligen. Er persönlich wird auch noch
1.5 Mio. ffrs Kredit zur Verfügung stellen. In dem Österreich-Haus
sollte eine Brasserie, ein Nobelrestaurant, Ausstellungsmöglichkeiten,
ja sogar Repräsentationsbüroräume zur Verfügung gestellt werden. Ent-
weder man mietet ein Haus, oder er kauft ein Haus und vermietet es der
Gesellschaft mit 7 % des Kaufpreises als Mietzins. Die Girozentrale
und die "Z" sollen daran Interesse haben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl soll sich darum kümmern.

Die amerikanischen Vizepräsidenten von General Motors McCormack, Roader,
Seis, für die Europa-Division zuständig, haben Kreisky gefragt,
wie sie und welche Unterstützung sie bekommen würden. Ford hat eine
Geschenkzusage von 23 % bar seiner Investitionssumme erhalten und
denselben Betrag würde Kreisky grosso modo auch ihnen geben. Sie selbst
beabsichtigen 3 Fabriken für 270.000 Wagen in der ersten Ausbaustufe,
120 ha Grund, 4.000 Beschäftigte, 670 Mio. Dollar Investitionen. In
der zweiten Ausbaustufe dann 400.000 Wagen mit 5.800 Beschäftigten und
weiteren 400 Mio. Dollar Investition. Zweitens ein Assemblingwerk mit
7.000 Beschäftigten, 150 ha und 480 Mio. Dollar Investitionen für 270.000
Wagen. Drittens eine Motorfabrik für 250.000 Wagen, 30 ha, 1.400 Be-
schäftigte mit einer Investition von 270 Mio. Schillinge?. Die grosse
Frage ob alle Fabriken in einem Ort konzentriert werden müssen, oder ob
sie auch Länder resp. Inländer verschieden verteilt errichtet werden
können, wurde gesagt, das Letztere ist ohne weiteres möglich, ja sogar


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erwünscht, weil die Verkehrsverhältnisse in Österreich günstig sind.
Für Amerikaner sind eben etliche 100 Kilometer auch ein Problem.
Die Frage war, ob die Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, was sofort
von allen bejaht wurde. Die weitere Frage ob Schichtarbeit möglich ist,
ausser Frauen in der dritten Schicht, ohne weiteres möglich. Natür-
lich hat sich dann der österreichische Vertreter Schimpf erkundigt,
wie es jetzt mit den kleinen Projekt in Köflach, Junior-Werke, steht.
Ich hatte vorher mit Gatscha ERP bereits vereinbart, dass von den
130 Mio. Schilling Investitionssumme 70 Mio. Schillinge durch Zinsen-
zuschussaktion und 30 Mio. Schilling sogar durch den ERP-Kohlenkredit
finanziert werden kann. Im letzteren Fall bekommt er 1 % Verzinsung für
2 Jahre und dann wie auch bei Zinsenzuschuss auf 5 % abgestützt für
weitere 5 Jahre. Ebenso hat Weissenberg erklärt, dass er einverstanden
ist, für die 110 Beschäftigten anstelle der 65.000, 75.000 Schilling
pro Beschäftigten aufzuwenden. GM Leute waren damit sehr einverstanden.
Selbstverständlich fragte ich anschliessend dann Schimpf und vor
allem Sternbach, der ja auch bei den Verhandlungen am Samstag dabei war,
wie jetzt das kleine Projekt steht und ob man dies jetzt schnell akzep-
tieren würde. Dies ist bei GM nicht möglich, denn alles muss bis in
Board hinauf und wird wahrscheinlich im März entschieden werden. Dort
allerdings will man auch bereits die Grundsatzentscheidung über die
grossen Projekte treffen. Da mich der Landeshauptmann von Kärnten,
Wagner, ersucht hat, ich sollte mich sehr für Kärnten einsetzen, was
ich auch tatsächlich gerne mache, habe ich ihm nach und nach telefonisch
natürlich unter der Vertraulichkeit informiert. Er meinte, sie hätten
grosses Interesse daran, die Motorenfabrik nach Kärnten zu bekommen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Industriesektion informieren.

Bei der Sitzung der sozialistischen Fraktion der Lebensmittelarbeiter-
gewerkschaft, wegen Bestellung des neuen Vertreters im Bundesvorstand,
konnte ich leider wegen der Autositzung nicht anwesend sein. Zwei Kandi-
daten standen zur Debatte – Bergmann der Niederösterreicher, in der Brauerei
Schwechat Betriebsratsobmann und Simperl, der Wiener bei Coca Cola.
Letzterer hätte sollen bereits bei der letzten Gesamtvorstandssitzung
gewählt werden, weil er die intellektuellere ist, der auch – so glaubte
Blümel und ich – einmal die Gewerkschaft führen könnte. Die Wahl wurde
geheim durchgeführt, beide Kandidaten haben dies vorher besprochen,
weil sie erklärten, es sollte kein Stachel zurückbleiben, wenn natür-
lich nur einer zum Zug kommen kann. Bergmann erhielt 29, Simperl 17,


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2 waren ungültig. In der Gesamtvorstandssitzung hatte ich dann ein
Referat über die wirtschafts- und sozialpolitische Situation ge-
halten. In der Diskussion meldeten sich nur drei. Die Wahl ging
dann dort natürlich einstimmig vor sich. Interessant, dass auch
wir in unserer Organisation das Problem Wien, Länder in so star-
kem Masse haben. Dazu kommt allerdings noch, dass die Gruppe der
Brauer die stärkste ist - und innerhalb der Gruppe der Brauer die
Brauereien natürlich dominieren. Simperl als Vertreter der Nichtal-
kohol-Getränke hatte daher aus diesen beiden Gründen kaum eine Chance.

GD Freibauer, Universale, teilt mir mit, dass jetzt der internationale
Flughafen in Bagdad, Irak, ausgeschrieben war und nach der französischen
Firma Foserol mit 254 Mio. Dinar ist 12.5 Mia. Schilling ungefähr, schon
die Universale mit der deutschen Strobbach gemeinsam 255 Mio. Dinar
angeboten haben. Als dritte dann die deutsche Firma Polenka und Zölner,
279 Mio. Dinar. Die Niederländer Ogen, 287 Mio. Dinar und die Schweden
Ganske mit 300 Mio. Dinar. Freibauer hat mit Kreisky gesprochen, der
einen Brief an den irakischen Ministerpräsidenten schreiben will,
damit Österreich diesen Zuschlag erhält, Ein solcher Brief soll jetzt
zwischen Meisl und Dir. Vlcek von Universale besprochen werden.
Meisl habe ich verständigt, der selbstverständlich sich sofort bereit
erklärte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte den Brief möchte ich sehen.

Die Firma Benk wollte im Ausland eine Kettenfabrik errichten. Durch
Unterstützung der Steirischen Landesregierung 5 Mio. Subvention und
15 Mio. Kredit, durch 20 Mio. Schilling Kredit auf Grund der Regierungs-
zinsenzuschuss und 20 Mio. ERP-Kredit wird Benk bereit sein, in Kapfen-
berg eine solche Kettenfabrik zu errichten, die 500 Beschäftigte haben
wird. Die schon bestehenden Kettenfabriken Gromak und Kohmaier sind
schlecht ausgelastet. Trotzdem wird eine neue errichtet.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Industriesektion verständigen.

Der Betriebsrat von Elbemühl, Bigler, gleichzeitig Vorstandvorsitzender
in der Gewerkschaft graphischer Betrieb, und sein Kollege Krauss be-
schweren sich bitter bei mir, dass Elbemühl von sozialistischen Or-
ganisationen nicht entsprechend Aufträge erhält. Edlinger, Wiener Se-
kretär, soll im letzten Wahlkampf selbst Parteiplakate Donaudruck ge-


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geben haben. Diese kleine Druckerei mit 5 Beschäftigten kann sie
natürlich nicht zeitgerecht ausführen, gibt sie Vorwärts und von Huber
werden sie dann nach den kleinen Firmen Goldmann oder Tusch abgetreten.
Diese beiden Firmen schleudern und liefern um jeden Preis. Tusch ist
ein Freier-Wirtschaftsverband-Betrieb, aber sehr unsozial, mit keiner
gewerkschaftlichen Organisation. Ich verspreche den Beiden mit Ed-
linger
bei der nächsten Vorstandsitzung zu sprechen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mich erinnern.

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Tagesprogramm, 18.1.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sozialminister
    GND ID: 118806904


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Dir. Brau-AG


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: GD Universale


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD VÖEST


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: BRO Coca Cola, stv. LUGA-Obmann


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: öst. Handelsdelegierter Budapest


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: LH Kärnten, SPÖ


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                                Tätigkeit: BRO Brauerei Schwechat


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                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Waffenhändler


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                                      Tätigkeit: GD GM Österreich


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                                        Tätigkeit: GD Universale


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                                          Tätigkeit: GD Ford Österreich, PKW-Importeur


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                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                            GND ID: 118566512


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