Samstag, der 4. November 1978

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Samstag, 4. November 1978

Die Eröffnung der Schleusen in Abwinden/Asten sollten mir Gelegen-
heit geben über die ganze Atomkernkraftdiskussion abschliessend eine
entsprechende Stellungnahme zu präzisieren. Zu diesem Zweck hatte ich –
was sonst gar nicht meine Gepflogenheit ist – am Tage vorher zeit-
gerecht eine entsprechende Rede bereits der Presse durch unseren
Pressedienst übergeben. Die Ergebnisse in den Samstag-Zeitungen
waren entsprechend. Es wurde überhaupt nichts gebracht, ausser die
Arbeiterzeitung machte eine kleine Bemerkung im Rahmen eines Artikels
über alle Stellungnahmen über Pro und kontra Kernkraft. Darüber hinaus
war ich eigentlich darauf eingestellt, dass Landeshauptmann Maurer
als Präsident des Aufsichtsrates der DoKW vor mir vielleicht einen
Bezug auf die elektrizitätswirtschaftlichen Probleme und hier auf Zwen-
tendorf nehmen wird. Maurer ist aber diesem heissen Eisen ausgewichen
wie eine Katze, die darum herumschleicht. Das einzige, was er bemerkte,
war, dass die Donaukraftwerke immer einen grösseren Anteil an der
Stromproduktion haben, weiter ausgebaut werden sollen und umwelt-
freundlich sind. Am typischen Beispiel, es sind Vögel nicht zeitge-
recht weggeflogen und die Bauingenieure haben deshalb deren Nester
nicht mit dem Bulldozer wegführen lassen, sondern gewartet, bis sie
eben nach dem Süden reisten, hat er das umweltfreudige Verhalten von
DoKW-lern demonstriert. Dafür hat die Firma sogar ein Diplom von
Naturschützern Oberösterreichs bekommen. Die erwarteten Aussagen
über die E-Wirtschaft sind von Maurer ausgeblieben. Ich habe des-
halb auch bei meiner Rede nur auf die Wandlung der Umweltschützer
in Frage des Donauausbaues verwiesen. Ich erinnerte Baurat Fenz, der
die einleitenden Worte und die technischen Erläuterungen von Abwinden/
Asten-Sperre erörterte, dass wir seinerzeit mit den Umweltschützern
einen ganzen Tag die Donau mit dem Schiff hinuntergefahren sind. Damals
waren die Umweltschützer primär gegen den Donauausbau. Jetzt wenden
sie sich gegen Zwentendorf. Da es bei dieser Schleuseneröffnung sehr
kalt war, konnte ich – und wollte auch gar nicht – meine längeren
Ausführungen dort machen, sondern habe verhältnismässig verkürzt
und da es letzten Endes ja dort nur um ein paar hundert Elektrizitäts-
leute gegangen ist, die sicherlich alle pro-Zwentendorf waren, auch
propagandistisch kaum wirksam, mich sehr kurz gefasst.



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Überraschend für mich war die Mitteilung von Bandhauer, dass er sich
jetzt die Diskussion über das 1960 abgegebene Schreibtischgutachten
der geologischen Bundesanstalt noch einmal angeschaut hat. Damals
gab es innerhalb des Verbundkonzernes auch mit den Ländervertretern
eine heftige Diskussion. Heute lässt sich natürlich leicht sagen,
man hat damals diesem Gutachten viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet.
Wie weit dieses Gutachten damals den Elektrizitätsministerium, sprich
Verkehrsministerium, bekannt war, kann ich zumindestens heute nicht mehr
feststellen.

Die Überreichung des Staatswappens an Spiralbohrer-Fabrik Reischl
in St. Gallen, Obersteiermark, war für diese Ortschaft natürlich ein
entsprechendes Ereignis. Reischl ist seinerzeit, um Arbeitsplätze in
diesem Gebiet zu schaffen, von Salzburg nach St. Gallen übersiedelt.
Auslösender Faktor war die zu erwartende Schliessung der Zellulose-
fabrik in Weissenbach. Die Fabrik habe ich anschliessend nach der Über-
gabefeier besucht. Reischl hat dort einige alte Drehautomaten von
den Steyr-Werken übernommen. Die Steyr-Werke haben nämlich bis vor
etlichen Jahren selbst Spiralbohrer erzeugt, jetzt aber die Produktion
aufgegeben. Reischl sagte mit Recht, er wundert sich, dass er immerhin
imstande ist, diese Produktion nicht nur kostendeckend, sogar gewinn-
bringend zu führen, während die Steyr-Werke scheinbar darauf .......
denn sie haben ja die Produktion eingestellt. Die Firma selbst ist in
einem neuen Gebäude untergebracht, hat aber alte Maschinen. Zu meiner
grössten Verwunderung wurde mir mitgeteilt, dass es für diese Produk-
tion keine Spezialmaschinen am Weltmarkt zu kaufen gibt oder diese
so teuer sind, dass es für die Salzburger Firma möglich ist, mit
ihrer eigens gegründeten Automatengesellschaft die notwendigen
Werkzeugmaschinen selbst herzustellen. Die Firma Reischl will auch
neuerdings 42 Mio Schilling investieren. LR Peltzmann hat bei seiner
Ansprache darauf verwiesen. Diese Investitionen sind aus zwei Gründen
sehr wichtig. Erstens glaube ich, ist es tatsächlich notwendig, um am
Weltmarkt gegen Brasilien und wahrscheinlich auch Japan konkurrenzieren
zu können, die bessere Produktionsstätte zu haben. Die Brasilianer
besitzen in Amerika den grössten Absatzmarkt für Spiralbohrer den
Vorzug als Entwicklungsland Präferenzzollösungen zu besitzen. Öster-
reich muss 15% Zoll bezahlen. Im Zuge der Tokio-Runde hoffen wir – und
dies habe ich Reischl auch angedeutet – dass es vielleicht doch gelingen
kann, eine Reduzierung dieser Zollsätze zu erreichen. Durch den Dol-
larkursverfall sieht Reischl auch darin keine Lösung. Die Erlöse


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wurden in den letzten Monaten durch den neuerlichen schweren Dollar-
kursverfall sehr beeinträchtigt. Reischl selbst bemüht sich deshalb
seine Exporte auf möglichst viele Länder zu verteilen. Er hat mir
eine ganze Liste gezeigt, wo über 2 Dutzend Exportländer aufschienen.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte wegen der weiteren Investitionen soll
Industriesektion Kontakt aufnehmen.

Der Nationalratsabgeordnete Maderthaner ersuchte mich, ich sollte
auch eine dort angesiedelte Sodawasserfabrik besuchen. Der Firmenin-
haber – ich glaube, er heisst Reisinger – erklärte mir seine Fabrik
und seine Wünsche. Er hat gehört, dass die arabischen Staaten jetzt
Heil- oder Tafelwasser in Plastikflaschen von Österreich kaufen wollen.
Er selbst würde an einem solchen Geschäfte ebenfalls brennendst inte-
ressiert sein. Derzeit erzeugt er zwar nur Fruchtgetränke in Glas-
flaschen. Scheinbar will er auch Wasser in Glasflaschen nach Arabien
exportieren. Zur Exportmöglichkeit musste ich ihm mitteilen, dass
derzeit unverbindliche Gespräche zwischen Firmen und Saudi-Arabien und
anderen arabische Staaten stattfinden. Hier handelt es sich aber aus-
schliesslich um Tafelwasser oder vielleicht gar um Heil- und Mineralwasser,
keinesfalls aber um gewöhnliches Wasser. Der Inhaber teilte mir über-
raschend mit, er könne sich sehr gut vorstellen, dass er, durch die
gute Wasserqualität in St. Gallen bedingt, ohne weiteres eine Lizenz
für Tafelwasser vom Gesundheitsministerium resp. der Landesregierung
bekommen könnte. Ich versprach ihm, dass, wenn wir irgend etwas Kon-
kretes erfahren, ihn sofort verständigen werden.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Goldmann soll sich mit ihm in Verbindung setzen.

Die Zellulose-Fabrik Weissenbach habe ich dann selbstverständlich auch
besichtigt. LR Peltzmann hatte vorher den Bürgermeister und ganz besonders
aber NR Maderthaner dezidiert erklärt, dass die steirische Landesregie-
rung nicht mehr 1 Schilling der Besitzerin Egger zur Verfügung stellt.
Auch ich musste den Maderthaner mitteilen, dass die Firmeninhaberin
bis jetzt noch kein Ansuchen wegen einer Kredithilfe gestellt hat.
Die 16 Mio Schilling in meinem Budget konnten deshalb noch nicht
flüssig gemacht werden. Dieser Betrag ist allerdings für einen Kärnt-
ner Betrieb vorgesehen. Aber auch dort ist die Kärntner Landesregie-
rung nicht mehr bereit, die Firma finanziell zu unterstützen. Für Abg.



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Maderthaner und den Bürgermeister war dies eine furchtbare Eröffnung.
Beide haben fest geglaubt, dass die Landesregierungen und damit auch
letzten Endes der Bund die Weiterführung der Betriebe sichern könnten.
Die Besichtigung ergab für mich das alte Bild. Es liegt eine Schneid-
maschine bereits dort und wird jetzt montiert und damit in Betrieb ge-
nommen. Die beiden neuen Kessel, die jetzt arbeiten, wurden vor etli-
chen Jahren von der neuen Besitzerin dort investiert, mit der er-
klärten Absicht, den Betrieb weiterzuführen. In Wirklichkeit stellt
sich jetzt heraus, hat sie diese Kesseln mit den kurzfristigen Ge-
winnen aus der Zelluloseproduktion durch die hohen Exportpreise finan-
zieren können. Jetzt ist sie scheinbar nicht mehr bereit, von sich
aus 1 Schilling hereinzustecken. Die ganze Situation in Weissenbach
ist trostlos.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Maderthaner von allen Schritten entspre-
chend zu informieren.

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Tagesprogramm 4./5.11.1978

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Landesrat Stmk


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Besitzerin Zellulosefabrik Weissenbach, Stmk


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Inhaber Sodawasserfabrik St. Gallen, Stmk.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: GD Verbund


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Branchenreferent HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Dir. DoKW


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: nö. ÖVP-BR-Abg.


                  Einträge mit Erwähnung: