Montag, den 16. Oktober 1978
Beim Jour fixe in der Handelskammer wurde mir mitgeteilt, daß
Androsch bereits mit Sallinger und dann auch mit Mussil über die
Aufwertung der DM gesprochen haben. Der Richtwert sollte von
7,25 S auf 7,33 S, der Schilling also um 1 % abgewertet werden.
Für Mussil war dies zu wenig, Sallinger aber meinte, Androsch
hätte mehr gemacht, aber Koren sei ein ausgesprochener Hart-
währungsfanatiker. Interessant für mich nur die Tatsache, daß
innerhalb der Regierung weniger gesprochen wird, denn erst in
der Regierungsvorbesprechung hat Androsch darüber kurz berichtet.
In vergangenen Zeiten hat Kreisky sogar noch außerordentliche
Ministerratssitzungen einberufen, jetzt erledigt es sozusagen
der zuständige Minister in seinem eigenen Ressortbereich,
sicherlich nach Rücksprache mit Kreisky. So hat man sich auf die
Auf- und Abwertungen der Währungen in Europa gewöhnt.
Wir diskutierten selbstverständlich auch über die Fernsehbe-
merkungen von Taus, wo er die ganzen ÖAAB-ler aufzählt und keinen
einzigen Vertreter des Wirtschaftsbundes als ministrabel be-
zeichnet. Ich versprach der Handelskammer den Text.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte diese Textstelle beschaffen.
KommRat Hrabak, der die omanisch-österreichische Handelskammer
gründen will, möchte auch das Staatswappen führen. Als Gebäude-
verwalter haben wir sowohl Sallinger als auch ich dies stets
abgelehnt, an dieser Stellungnahme soll sich nichts ändern.
NR Heindl will angeblich bei mir diesbezüglich intervenieren.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was ist daran wahr.
Bezüglich der Auszeichnung von Wolf-Hosen mit dem Staatswappen
hat der Fachverband ein negatives Gutachten abgegeben. Seiner-
zeit wurde ein Finanzstrafverfahren durchgeführt, der Kompagnon
von Wolf verhaftet und dann das Strafverfahren zwar eingestellt,
aber er keine Haftentschädigung zugesprochen bekommen, wegen
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Mangel an Beweisen. Unter diesen Umständen fühle ich mich außer-
stande den Wunsch von Decker, der jetzt in die Firma eingeheiratet
hat, zu erfüllen.
Die Handelsausschußarbeiten werden äußerst schwierig sein, Pisec
und Fiedler als Händlervertreter werden Schwierigkeiten beim
Antimarktstörung- und Antidumpinggesetz machen. Sie wollen unbe-
dingt, daß eine Frist für die schwimmende Ware aufgenommen wird.
Mussil sieht ein, daß dies nicht von mir akzeptiert wird und möchte
am liebsten, daß wir es mit unserer Mehrheit beschließen. Ich er-
kläre, daß ich dazu nicht bereit bin. Bezüglich des Europapatentes
teilt er mir mit, daß die Dänen jetzt nicht beitreten werden und
auch hier große Schwierigkeiten zu erwarten sind. Er hat den Handels-
delegierten in Deutschland beauftragt zu recherchieren, ob wir
nicht noch 1 Jahr verschieben könnten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lasse diese Frage von Präs. Leberl
klären; auf nächste Sektionsleitersitzung setzen.
Der Hauptverband österreichischer Buchhändler hat mitgeteilt, daß
deutsche Exporte in die Tschechoslowakei, Rumänien, Jugoslawien,
Bulgarien, Ungarn, aber auch nach Brasilien mit 30 % subventioniert
werden. Um die österreichischen Exporte von deutschsprachigen
Werken dorthin zu ermöglichen, bräuchten sie auch 4 1/2 Mio S
Subvention.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Meisl hat die Unterlagen zur Stellungnahme
schon bekommen.
Mussil hat mit Min.Rat Rameder gesprochen und schlägt diese als
Abteilungsleiterin vor. Er meint allen Ernstes, wir würden den
ersten sachlich großen Krieg bekommen, wenn diese Abteilung wieder
mit einem Gemeindemann, d.h. einem Sozialisten besetzt wird. Ich
erkläre, daß ich mich hier an die Vorschläge der Kommission
halten werde, er meint, das wäre der Kriegsfall, denn die Abteilung,
die die Handelskammer überwacht, dürfe nicht, wie er sich aus-
drückt, rot eingefärbt sein.
Beim Ring deutscher Autobusunternehmer fuhren wir zwar gegen eine
provisorische Einbahn, um zeitgerecht zum Kongreßhaus zu kommen,
doch war dort die Veranstaltung nicht, sondern nur der Work
Shop. Im Parkhotel, wo ich dann hineilte, war ebenfalls nicht die
Eröffnung, sondern im Stadttheater, dort gab es eine Reihe von
Reden und natürlich entsprechende Wünsche, insbesondere der
deutschen Redner. Den wichtigsten Punkt, die schnelle Grenzabfertigung,
am meisten zu erreichen, wenn ein bilaterales Abkommen über die
Umsatzsteuer zwischen Deutschland und Österreich bestehen würde,
konnte ich vorweg nehmen und erklären, das liegt jetzt nur am
deutschen Finanzminister. Österreich ist nämlich verhandlungsbereit.
Das Journalistenfrühstück im Parkhotel war schlecht besucht, dies
war gar nicht anders zu erwarten, weil außerhalb Wiens die Journa-
listen sehr ungern gehen und noch dazu, wenn in Wien höchste
Aktivität und etliche Pressegespräche an diesem Montag statt-
fanden. Überhaupt wundert mich, daß man mir solange den Montag
gelassen hat, sollten sich jetzt mehrere Minister auch auf diesen
Montag festlegen, wenn auch dort von ihnen nicht gleichmäßig
ständige Pressekonferenzen abgehalten werden, dann müßte ich über-
legen, gegebenenfalls auf den Freitag vormittag auszuweichen.
Überhaupt muß ich mir längerfristig eine neue Pressekonzeption
überlegen und mit meinen Freunden erarbeiten.
Im Wiener Vorstand kam ich zu spät und gerade noch zum Schlußwort
von Gratz. Der Bürgermeister hat sich wider Erwarten entschlossen
die Personaländerungen im Stadtsenat erst im Februar durchzuführen.
Im November will er eine Problemliste erarbeiten und Änderungs-
vorschläge in der Stadtverwaltung bis zum Jänner mit allen Bezirken
und sonstigen Stellen beraten. Die Entscheidung über die Sach-
fragen sollte dann in der zweiten Hälfte Februar erfolgen und
daraus dann eine Änderung des Stadtsenates resultieren. Alle
Stadträte werden daher bis Februar noch im Amt bleiben, auch der
Baustadtrat Böck bis zu seinem 65. Geburtstag am 22. Februar 79.
Pfoch verzichtet auf seine Vizebürgermeisterstelle, so daß nur
mehr Fröhlich-Sandner Vizebürgermeister bleibt. Unbefriedigt
wurde die Grundstücksfrage behandelt und wir haben deshalb die
Glaubwürdigkeit verloren. Pfoch hat deshalb im Ausschuß dann
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auch noch einmal zusammengefaßt, daß zwischen 73 und 78 kein einziges
Versäumnis nachzuweisen ist. Die sogenannten Listen, von denen
ein gewisser Worm spricht, waren von der Magistratsabteilung 40
am 9.8.69 von Hintschig angeregt, von einem gewissen Kostelezky
angefertigt. Pfoch wußte gar nicht, daß es solche gab. 18 Liegen-
schaften hatte daraufhin Machek aufgekauft, der sie aber noch immer
besitzt, die Gemeinde habe sie nicht erworben. Bei Marco Polo
wurden 60.000 m2 bis 1970 aufgekauft, 6.000 wurden dann noch
dazu gekauft, 100.000 aber haben die Grundstücksmakler Babeck und
Konsorten um 380,– S den Quadratmeter erworben, wo die Gemeinde
nur 300,– S immer geboten hat. Die GESIBA mußte dann um 440,– S
kaufen und die Gemeinde Wien sogar um 535,– S, da der Grundwert
in der Zwischenzeit durch Umwidmung entsprechend gestiegen ist.
Ähnlich ging es bei den Tamarisken zu, beim Rudolfsplatz dürfte
etwas nicht in Ordnung sein, was jetzt aber noch genau untersucht
wird. Das Unbehagen darüber wurde weder im Vorstand besprochen,
noch im Ausschuß geklärt, die Diskussion darüber war sehr negativ.
Es meldete sich allerdings nur Schreiner zu diesem Problem. Die
einzig personelle Umbesetzung ist, daß Hlawka als Präsident des
Landtags zurücktritt und dafür Suttner 1. Präsident und Schweda
als 3. Präsident bleibt. Klubobmann wird Hofmann. Zu den 58 Grund-
mandaten kommen 4 Reststimmenmandate und da acht, Bürgermeister
und Stadträte, zurücklegen, können 14 in den Gemeinderat einziehen,
wodurch alle Bezirke befriedigt sind. Im Ausschuß gab es dann
darüber eine Diskussion wegen der nicht doch sofort durchge-
führten Stadtratsänderung. Viele meinten, die ÖVP und insbesondere
aber die unabhängige Presse wird uns jetzt durch Monate hin durch
mit dieser Personalfrage beschäftigen. Die Absicht darüber, nichts
zu diskutieren, nur der Bürgermeister dürfte gegebenenfalls
Äußerungen machen und sich ganz auf die Sachfragen zu konzen-
trieren, wird sicherlich vom Gegner durchkreuzt. Die Meinung
war daher in der Diskussion sehr geteilt. Heindl hat Gratz Schützen-
hilfe gegeben, indem er meinte, jetzt könne man die Fragen in
den Bezirken besser durchdiskutieren. Die Sachfragen werden
auch dort nur eine sekundäre Rolle spielen, immer wieder wird
es dann um die Personaldiskussion gehen, wer wird was? Eine
große Schwierigkeit wird dann entstehen, wenn, wie Deistler er-
wähnte, nach vier Monaten einige Stadträte zurücklegen und
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dann als Gemeinderäte wieder in den Gemeinderat einziehen. Dann
müssen jetzt neuernannte Gemeinderäte auch wieder zurücklegen.
Er schlug deshalb vor, man sollte erst zu diesem Zeitpunkt die
Gemeinderäte bestellen, die auf das zurückgelegte Mandat der
Stadträte jetzt bereits einberufen werden. Gratz meinte dann in
seinem Schlußwort, im Ausschuß nach den Nationalratsverlusten
66, die ebenfalls 3 % betragen haben, ist es zu einer Aufbruch-
stimmung in der Partei gekommen, er hofft dies auch jetzt in
Wien zu erreichen, hier irrt Gratz, glaub ich, insofern, als 66
wir aus der Regierung rausgeworfen wurden, was natürlich eine ganz
andere Reaktion innerhalb der Partei auslöste. Gratz hat dann
auch noch vorgeschlagen gehabt, daß man das Kontrollamt den Frei-
heitlichen anbietet, um zu verhindern, daß alles in sozialisti-
schen Händen ist und daher alles vertuscht werden kann, was man
sowieso nicht beabsichtigt. Gratz-Vorschlag wurde bezüglich der
Sachdiskussion und erst im Februar Stadtssenatsänderung gegen
eine Stimme, Deistler, angenommen, die Übertragung des Kontrollamtes
wurde von 7 Genossen, Gawlik, Hirsch, Pluskal usw., abgelehnt.
Sowohl im Vorstand als auch im Ausschuß gab es dann eine leb-
hafte Diskussion über die Kernkraftwerk-Volksabstimmung. Alles
erwartet vom Bundesparteivorstand eine eindeutige Stellungnahme,
Kreisky könnte sich nicht mehr in eine Warteposition begeben,
dasselbe gilt auch für alle anderen Spitzenfunktionären. Die SJ
und die Junge Generation hat, wie der Obmann Woller erklärte,
nicht die Plakatüberklebungen der eigenen Ständer durchgeführt.
Dies seien Vereinzelte, die gegen ihre Beschlüsse handeln, Be-
zirksobmann Hirsch vom 1. Bezirk beschwerte sich nämlich bitter
darüber, daß die Busek-Plakate geschont und ihre eigenen Plakate
ständig von SJ-lern und Junge-Generations-Leuten überklebt
werden mit dem Plakat Sozialisten gegen Kernkraftwerk Tullner-
feld. Ich habe auch das Gefühl und dies immer wieder gesagt,
daß die Partei hier längst hätte schon eine einheitliche und
eindeutige Stellungnahme beziehen müssen. Die Unsicherheit,
die sich hier breit macht, kann verheerend sein. Ich glaube
in diesem Fall überhaupt nicht an die guten Ergebnisse der
Meinungsumfrage zur Volksabstimmung.
Vor der Ministerratsvorbesprechung besprach ich mit Löschnak den
Rechnungshofbericht und die Taktik, die sich für die einzelnen
Ministerien ergibt. Überall wurden die Arbeitsleihverträge kriti-
siert, die Repräsentationskosten bis ins Detail gefiltert. Kreisky
berichtet dann, daß man bei ihm sogar die Mineralwasser gezählt
hat und ihm vorgehalten hat, daß er Würsteln servieren ließ,
wenn die Sitzung nicht länger als 3 Stunden gedauert hat. Zu mir
gegenüber meinte er dann, er würde den Repräsentationsfonds der
Handelskammer entsprechend attackieren, wenn die ÖVP diese Taktik
fortsetzt. Darauf konnte ich nur erwidern, die ÖVP ist heute
nicht mehr bereit auf Wünsche der Handelskammer einzugehen. Der
deutlichste Beweis ist, daß Taus nicht einmal mehr Wirtschafts-
bündler erwähnt.
Die Ministerratsvorbesprechung selbst war in den anderen Punkten
mehr oder minder eine Postsitzung. Bei wichtigen Entscheidungen
für Gemeinden sollen, wenn sie nicht von Sozialisten geführt
werden, selbstverständlich unsere Vizebürgermeister auch verständigt
werden. Beim Fernmeldeamt Wien mußte er 27 Minuten am Sonntag
warten, bis sich überhaupt jemand gemeldet hat. Gratz erklärte
dies, daß nur die halben Pulte besetzt sind, wie er bei einer
Betriebsbesichtigung feststellen konnte. Leodolter wurde empfohlen
mit dem dafür zuständigen Pahr jetzt für die Internationale
Atomenergieorganisation die adviser opinion einzuholen. Ich habe
Pahr mitgeteilt, daß ein Ministerratsvortrag diesbezüglich von
uns bereits vorbereitet wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte diesen so schnell als möglich
abschließen.
Die Wiesinger-Anfrage-Beantwortung, wie Sekt.Chef Frank sie vor-
schlägt, wird von Kreisky im Prinzip akzeptiert, nur müßte sie
vielmehr propagandistisch ergänzt werden. Die Länder seien im
einzelnen aufzuzählen, die sich an der GKT beteiligen, die Auf-
sichtsratsvorsitzenden müßten namentlich genannt werden, der Bund
wird insbesondere die Sicherheit noch besonders herausstreichen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte endgültige Formulierung sofort
mit Gehart und Kunz besprechen.
Bezüglich Filmförderungsgesetz hat die Handelskammer an Kreisky
geschrieben, daß seine Information, in den Ministerien wird ein
diesbezüglicher Entwurf verhandelt, nicht stimmt. Sowohl Androsch
als auch ich haben dagegen remonstriert, da leider war Unter-
richtsminister Sinowatz abwesend, im Unterrichtsministerium sehr
wohl jetzt der Entwurf liegt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte, sofort über Büro im Unterrichts-
ministerium urgieren und Briefentwurf für Antwortschreiben
Kreisky herstellen lassen.
Androsch berichtet über die Sonntag nachts um 1/2 2 Uhr geführten
Telefongespräche mit Deutschland und dann auch mit Nationalbank-
präsident Koren. Von Herbst 77 bis Juni 78 ist der Schilling gegen-
über der DM um 7 Groschen, das ist 1 %, gesenkt worden, seit
August mit 7,18 S, jetzt auf 7,25 S, ist weiter 1 %. Durch die Er-
höhung jetzt auf 7,33 S würde ein weiteres Prozent Abwertung
erfolgen. Die Richtung wird aber eher auf 7,30 S sich einpendeln.
Androsch wehrt sich dann auch noch im Zusammenhang mit dem Stützungs-
abbau gegen Minkowitsch -Behauptung eines Wort oder Vertragsbruches.
Solche Vereinbarungen wurden mit der Bauernschaft nie getroffen.
Löschnak erörterte die Punktation bezüglich des Ruhestandes von
Beamten, die Nationalrat oder Bundesräte werden. Kreisky teilte
mit, daß er die Privilegienkommission jetzt einberufen hat und
der Vorsitzende und auch Neuner vernünftige Vorschläge unter-
breiten werden, sie sind auf alle Fälle der Meinung, daß die
Teilung der Gehälter in halbe versteuerbar und halbe Pauschale
für Aufwendungen beibehalten werden soll. Bezüglich des Bezüge-
gesetzes meint Androsch, müsse man jetzt klären, wie es weiter
gehen soll. Da Kreisky auch bei der neuen Erhöhung wünscht, daß
nur der Anteil, der versteuert wird, erhöht wird, meinen Fischer
und Androsch mit Recht, dadurch würden die Grundlagen zu ändern
sein, ein Minister bekommt dann nicht mehr 200 %, sondern derzeit
nur 196 % und in Hinkunft wird es immer weniger werden, des
Neuner-Posten-Bezuges. Die beste Lösung wäre, diesen Prozent-
satz dann endgültig zu entkoppeln von den Sektionschefbezügen.
Androsch verweist darauf, daß bereits zwei andere Pauschalen, näm-
lich 7.000 S für Aufwendungen und 4.700 S als streng verrechenbar,
die ausschließlich dem Minister zustehen, eingefroren sind.
Kreisky ist aber nach wie vor der Meinung, daß wir nur durch diese
Vorgangsweise Kritik in der Öffentlichkeit widerstehen können.
In den Repräsentationsaufwendungen und in den Privilegien, die
die ÖVP hat, müssen wir überhaupt stärker attackieren. Androsch
verweist auf Kohlmaier, der in der Sozialversicherung 600.000 S
bezieht und kaum etwas arbeiten kann, zumindestens glaubt dies
Androsch, weil er hauptberuflich ÖAAB Geschäftsführender Obmann
eigentlich ist, dasselbe gilt für König als Unilever-Personalchef
und bei Busek ist überhaupt keine Leistung, obwohl er vom Wirt-
schaftsverlag entsprechende Gage bezieht. Kreisky meint, solche
Beispiele gebe es auch auf unserer Seite. Diese ganze Diskussion
wird in der Bevölkerung, so bin ich fest überzeugt, einen einzigen
Eindruck hinterlassen, diese Politiker, die Pülcher, sind doch
alle gleich, bringen wird es garantiert für keinen etwas. Alle
sogenannten Privilegien, die Kreisky eingeschränkt hat oder sogar
abgeschafft hat, hat meiner Meinung und meines Wissens nach keiner-
lei großen Einfluß in der Bevölkerung ausgelöst. Die Paar, die
es überhaupt wußten, haben dazu geschwiegen.
Die Aussprache mit der gesamten kärntnerischen Landesregierung
wurde von Wagner eingeleitet, der meinte, das Forderungsprogramm
74, welches schrittweise erfüllt wird, bildet nach wie vor die
Grundlage ihrer Vorsprache. Sie haben nur die einzelnen Punkte,
die jetzt noch besonders behandelt werden sollten, aufgeführt.
Bezüglich des Kernkraftwerkes wurde von allen Parteien in der
Kelag ein gemeinsamer Beschluß gefaßt und die Landesregierung
steht dazu. Soweit die Punkte des Erfüllungsprogrammes mich be-
treffen, hat Frühbauer sich über die hohen Transportkosten für
Gas beschwert, da die TAG-Transportkosten nicht gepoolt sind,
muß Kärnten als weitest Entfernte den höchsten Transportkosten-
beitrag leisten. Ich versprach mit Frühbauer und Gen.Dir. Bauer
eine diesbezügliche Aussprache.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Sitzung mit Frank einberufen.
Die gemeinsamen Finanzaktionen zwischen Ländern und Bund sollten
verbessert werden. Ich habe deshalb sofort vorgeschlagen, daß
so wie die Gemeinde Wien, Stadtrat Mayr hat sich mir gegenüber
sehr positiv geäußert, auch Kärnten jetzt in konkrete Verhandlungen
eintreten soll, damit die neue erhöhte Grenze für die Betriebsneu-
gründung mit 2 Mio S auch vom Land Kärnten akzeptiert wird und
daher eine gemeinsame Aktion, die dann 4 Mio S Höchstgrenze und
15 % Prämie hätte, sofort gestartet werden kann.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Mit Wien und Kärnten bitte Spezialverhand-
lungen durch Jagoda einleiten lassen.
Bezüglich des Wunsches Kärntens ein Accordino nicht nur mit Slowenen,
sondern auch mit Julisch-Friaul und Venezien abzuschließen, wird
zwar nicht von Kärnten ernstlich gefordert, sondern man soll nur
darüber diskutieren. Ich selbst erkläre mich bereit, mit den Jugo-
slawen, aber gegebenenfalls auch mit den Italienern Gespräche zu
führen, wenn es möglich ist einen stärkeren Grenzverkehr ohne
ein entsprechendes Accordino oder ähnliches Vertragswerk abzu-
schließen. Absichtserklärungen, Briefwechsel usw. sind ohne weiters
möglich. Ein Accordino aber würde, eine Verfassungsbestimmung vor-
ausgesetzt, im Parlament zu behandeln sein und auf größten Wider-
stand stoßen. Dies gilt nicht nur für den verfassungsrechtlichen
Teil, sondern noch viel stärker für den materiellen bezüglich der
landwirtschaftlichen Produkte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß
die Kärntner Landwirtschaftskammer wirklich bereit ist, zu akzep-
tieren, daß in Hinkunft Obst und Gemüse aus Italien zollfrei ein-
geführt werden soll. Wagner, ja die ganze Bundesregierung war mit
meinem Vorschlag sehr einverstanden, dieses Problem jetzt ein-
gehend zu diskutieren, zu studieren und die Kärntner Landesregierung
dann zu verständigen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Meisl soll eine eingehende Studie
anfertigen, die wir dann in Form eines Briefes an Wagner schicken.
Bei der Betriebswirtschaftlichen Woche der Wirtschaftstreuhänder,
wo man sehr lange beim Empfang wartete, bis ich dann doch gekommen
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bin, hat der deutsche Vertreter auf das spezielle österreichische
Sozial- und Witschaftsklima hingewiesen und uns darum beneidet. Der
erwähnte außerdem noch, daß der Status der Wirtschaftstreuhänder
und Buchprüfer in Österreich viel besser sei, mehr anerkannt,
mehr geschätzt als in der Bundesrepublik. Ich konnte diese Aus-
führungen dazu benützen, um darauf hinzuweisen, daß ich jetzt
gerade bestrebt bin eine einheitliche Lösung mit Zustimmung aller
Vertragspartner für eine 10 %-ige Erhöhung der Gebühren durchzu-
setzen. Dies wurde mit Befriedigung aufgenommen, wenn man auch einen
höheren Prozentsatz erwartete. Mit dem Präsidenten hatte ich dann
ein langes Gespräch über die neue Wahlordnung, welche jetzt von
einzelnen Teilen der Wirtschaftstreuhänder verlangt wird. Der
Präsident Burkert fürchtet, daß durch die Aufsplitterung dann
der ÖVP-Exponent Böck den größten Gewinn erzielen wird. Dies
wird sich leider kaum verhindern lassen, denn sowohl der sozia-
listische Flügel unter Bechinie als auch die Wirtschaftstreuhänder
selbst wollen eine neue Wahlordnung, die den Gegebenheiten mehr
Rechnung trägt und insbesondere verfassungsrechtlich einwandfrei
kundgemacht wird. Die jetzige könnte jederzeit beim Verfassungs-
gerichtshof angefochten und dann garantiert dort aufgehoben werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jagoda hat diese Diskussion dort mitgemacht.
Bitte versucht eine optimale Lösung.
Tagesprogramm, 16.10.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)