Montag, 11. September 1978
Die gemeinsame Sitzung des Wiener SPÖ-Vorstandes mit dem Wiener
Klubvorstand des Gemeinderates war nicht aus besonderem Anlass,
sondern nur aus Zweckmässigkeitsgründen wegen der ausserordentlichen
Gemeinderatssitzung, die die ÖVP verlangt hat. Die erklärte Absicht,
den angeblichen Grundstückskandal bei dieser ausserordentlichen
Gemeinderatssitzung vor den Wiener Wahlen zu diskutieren, wird durch
eine Mitteilung von Stadtrat Nittel insoferne unterlaufen, dass dort
entsprechende Massnahmen dann verlangt werden. Materialisierter Gewinn ?
durch Umwidmung soll abgeschöpft werden. Nittel teilte mit, dass die
Aktenprüfungen keinerlei Anhaltspunkt bei den Grundtransaktionen
ergaben. Nur bei einer Holdingprüfung wurde jetzt festgestellt, dass
die GESIBA, Dr. Muchna, der jetzt schon in Pension geschickt wurde, ein
billigeres Angebot für den Rudolfsplatz gehabt hätte, was er uner-
klärlicher Weise nicht angenommen hat, sondern zu einem späteren Zeit-
punkt teurer kaufte. Der Gemeinderat beginnt diesmal auch erstmalig
mit einer Fragestunde. 27 Fragen liegen vor. Wenn die Gemeinde so die
Fragestunde abwickelt wie beim Nationalrat, kommt es wahrscheinlich
nicht einmal zur 8. Frage, wo Schaumayer wegen der Consultatio frägt.
Gratz teilt mit, dass er Neunteufel, dem Gemeinderat, der jetzt von der
ÖVP abgesprungen ist, empfohlen hat, er soll sich dies genau über-
legen. Bei einer Aussprache, die er im Juli mit ihm hatte, er meinte,
er wird es nervlich nicht durchstehen und er soll daher lieber auf
diesen Schritt verzichten. Jetzt hat er ihm auch empfohlen, auf gar
keinen Fall zu der Gemeinderatssitzung zu kommen. Gawlik, der seinen
Vater sehr gut kannte, empfahl ihm ebenfalls diesen spektakulären
Schritt nicht zu tun. Als Renegat wird er sich furchtbar schwer
in Zukunft tun, den letzten Endes wird er von seinen Freunden in
der ÖVP mißachtet werden. Von so viel Menschlichkeit sowohl Gratz'
als auch Gawliks war ich sehr überrascht.
Edlinger berichtete über die Aktivitäten des Gemeinderatswahl-
kampfes und daran entwickelte sich eine riesige Diskussion. Teils war
man mit den Aktivitäten auch der Spitzenpolitiker unzufrieden. teils
wurden insbesondere die Passagendiskussionen kritisiert. Diese seien
nur Propagandaplattform für die kleineren politischen Gruppen und
gleichzeitig Angriffsmöglichkeiten für Querulanten usw. Ich empfahl
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die Passagendiskussionen eben nicht nur bei den Wahlen zu machen,
sondern unangekündigt während der ganzen Legislaturperiode. Dadurch
kommen nicht die Querulanten so leicht zu den Plätzen, die sie jetzt
überall lesen können und mit den paar Betrunkenen, die immer dabei
sind, wird man schon fertig. Eine harte Diskussion gab es dann auch
noch, weil die junge Generation mitteilte, Extrablätter, die oder
deren Inhalt sie nicht goutierten, nicht auszutragen. Sie meinten zu-
erst müsste man über den Inhalt diskutieren und eben nicht nur über
die Verteilungsmodalitäten. Da kamen sie bei manchen Genossen sehr
schlecht an, denn mit Recht sagten diese, im Wahlkampf verlangt man
Disziplin, die materielle Seite des Wahlkampfs läuft optimal. Ob es
tatsächlich dann aber den Erfolg bringt, den man erwartet, nicht zu
viele Mandate zu verlieren, wird sich erst zeigen.
Beim Journalistenfrühstück berichtete Hönlinger von der BÜRGES neuer-
dings über die gigantische Ausweitung. 1 Mia 1970, 6 Mia heuer, das
ist ein maximales Kreditvolumen von 12 Mia, das gefördert wird. Müller
berichtete über die Wurstpreiserhebung in 5.000 Lebensmitteleinzel-
händlergeschäften, wo bis zu 100% Preisdifferenz festgestellt wurde.
Vorarlberg mit 5 Sorten an der Spitze, die restlichen 4 Sorten in
Tirol am teuersten. Wien schneidet äusserst günstig ab, da es die
niedrigsten Durchschnittspreise hat. Der nächste Schwerpunkt, der jetzt
von den Preisbehörden erhoben wird, sind Schulartikel, eben bei Schul-
beginn. Da wir bei einer Preiserhebung für Fleisch mit dem berühmten
Schnitzelpreis in den Gaststätten einen riesen Krach auslösten, weil
tatsächlich statistisch falsch der Mindestpreis und der Höchstpreis in
den einzelnen Bundesländern verglichen wurde, wurden diesmal die
Detailziffern nicht vorgelegt. Trotzdem erwarte ich, wie ich bei der
Pressekonferenz mitteilte, einen neuerlichen Sturm der Entrüstung von
den betroffenen Ländern. MR Gröger schilderte die Idee eine vernünftige
Beschilderung für den Fremdenverkehr durch Semantik ? der gleichzeitig
auch für Alu- und Eisenindustrie helfen könnte. Das Vorbild für mich
ist Italien, wo die Kunstgegenstände entsprechend für den Touristen
leicht erkenntlich geschildert werden. In Österreich aber soll das
mit seinem Schilderwald entlang der Strasse führen, in Italien insbe-
sondere durch die Reklame. Ich erklärte, kein Schilderwald, sondern
nur eine vernünftige Beschilderung, ohne dass natürlich dasoft sehr
komplizierte Genehmigungsverfahren auch nur in einem einzigen Punkt
von uns abgeändert wird. Eine Studie und ein Arbeitskreis soll nichts
anderes als entsprechende Empfehlungen ausarbeiten.
Anschliessend hat der Redakteur von HELPJagoda und mir noch einmal
die Heiratsvermittler besprochen. Heiratsvermittlung ist laut ABGB,
wie ich ihm erklärte, als Kuppelei verboten. Die Eheanbahnung aber ist
ein freies Gewerbe. Obwohl zur grössten Überraschung von Jagoda sich
herausgestellt hat, dass die beiden grossen Firmen Schlütter und
Bernard angeblich gar keinen Gewerbeschein besitzen. Da sie aber
selbständige Unternehmen sind, immer wieder dieselbe Tätigkeit ausüben
und auf Gewinn ausgerichtet sind, sind sie selbstverständlich verpflich-
tet einen Gewerbeschein sich zu lösen. HELP kritisiert vor allem, dass
bei einem Rücktritt oft ein Pönale von 20.000 Schilling verlangt wird.
Wir einigten uns darauf, dass wir jetzt durch Verordnung versuchen, die
Adressenvermittler zu erfassen und dann uns nach entsprechenden Vor-
legen von Material durch die Sendung HELP mit dem Problem der Ehe-
anbahnung beschäftigen werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte nimm mit dem HELP-Redakteur Kontakt auf.
und lass Dich über die weitere Tätigkeit ständig informieren.
GSekr. Dr. Mussil, Dr. Skene, Dr. Ertl von der Handelskammer, Dr. Smolka,
Fachverband Nahrungs- und Genussmittelindustrie, wollten Willenpart
und mir unbedingt einreden, dass wir für die Kosten des Fonds auf Grund
des internationalen Zuckerabkommens aufkommen müssten. Amerika und die
Schweiz haben aber schon eindeutig entschieden, dass dies die Importeure
resp. Exporteure zu zahlen haben. Wenn das Finanzministerium diesen Fonds
finanzieren soll, so wäre dies reine Subvention. Der Finanzminister
müsste dazu ein eigenes Durchführungsgesetz schaffen. Der Mitglieds-
beitrag für das Internationale Zuckerabkommen wird sowieso vom Handels-
ministerium bezahlt. Der Fonds, der Zinsenzuschüsse und Lagerhaltung
auf Grund des Artikel 51 leisten wird, kann aber nur von der Zucker-
industrie selbst finanziert werden. Für die 80.000 Tonnen Rohzucker,
entspricht 70.000 Tonnen Maisszucker, den sie exportieren würden,
wird dies 7 Mio Schilling im Jahr ausmachen. Auch das Aussenministerium
lehnt eine staatliche Subvention ab. Die Einigung mit den Sozialpartnern,
habe ich der Handelskammerseite mitgeteilt, bestünde darin, dass da die
fixen Kosten sowieso von inländischen Verbraucher übernommen werden,
wenn die variablen Kosten durch den Export gedeckt sind, dann die
Zuckerindustrie auf alle Fälle diese 7 Mio Schilling bezahlen kann, bevor
theoretisch die Zuckerindustrie diesen Überschuss abgeschöpft bekommt.
Der untere Interventionspunkt ist 11 Cent, ca 4.20 Schilling, der
Kostenpreis bei uns 4.80 Schilling, derzeit liegt aber der Zuckerpreis
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bei 7 Cent, das sind nicht einmal 3 Schilling.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte verfolge, was die Zuckerindustrie tatsäch-
lich jetzt dann mit dem Finanzminister besprechen wird und wie.
Mussil hat dann unter 4 Augen sich bei mir bitter beschwert, dass
die Handelskammer bei der Begutachtung der BÜRGES-Kredite durch dieses
neue Mitteilungsblatt ausgeschalten werden soll. Er glaubt, dass dies
ein taktischer Zug ist, um die Arbeiterkammer einzuschalten. Ich
erklärte sofort, ich misch mich in die bürokratische Abwicklung der
BÜRGES nicht ein, denn was dort erreicht werden müsste, ist eine
Vereinfachung. Natürlich hat er mir diese Erklärung nicht abgenommen.
Ich versprach ihm nur, mit SChef Jagoda, von dem er behauptet, dass
dieser die Herausgabe des Merkblattes nach der alten Regelung verhindert,
zu reden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Auf Sektionsleitersitzung setzen.
Vorstanddirektor Zach von der Verbund begann seine Aussprache mit
Satzinger und mir wegen Reorganisation des Elektrizitätsförderungs-
beirates. Dieser prüft die Wirtschaftlichkeit und die Vertreter der
Landesgesellschaften wollen der Verbund in ihrem Projekt nicht weh
tun und umgekehrt. Oft werden von den Landesgesellschaften Projekte
genehmigt, wo über 100 Tage Wasser über das Wehr läuft, während die Ver-
bund wenigstens nur 33 Tage durch die Grössenprojektion des Kraftwer-
kes akzeptiert. Zach meint, es müsste daher in Hinkunft der Kalorien-
verbrauch bei Öl- und Kohlekraftwerken mehr berücksichtigt werden,
die grossen Kraftwerke gegenüber den kleineren bevorzugt, siehe Dorfer-
speicher und Gemeindekraftwerk Matrei und vor allem die Kraftwerke früher
zur Begutachtung kommen und nicht, wenn sie schon fast fertig sind.
Die Wirtschaftlichkeit muss aber festgestellt werden, um die steuerlichen
Begünstigungen zu bekommen. Ich habe ihm vorgeschlagen, er soll ent-
sprechende Vorschläge uns schriftlich mitteilen.
Ein zweiter Punkt war, dass er untersucht hat, dass wir in Österreich
teurer bauen als im Ausland, insbesondere in Deutschland. Dies liegt
seiner Meinung nach an der starken Baukontrolle und an der Überwachung
und an den Auflagen der Behörden. Für die obere Drau wurde ein Modell-
versuch verlangt, der 10 Mio Schilling kostet, für das Osttiroler
Speicherkraftwerk ein ökologische Gutachten, was ebenfalls 10 Mio
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Schilling koste. Die Feuerwehr, die Gewerbepolitiker, die Arbeits-
inspektorate, alle machen nichts als Auflagen. Ich erklärte ihm
sofort, dass aus Sicherheitsgründen ich gar nicht daran denke, hier
einzugreifen, schlug ihm aber vor, er soll mir ruhig alles schriftlich
mitteilen, damit wir genau überprüfen, was wirklich geschehen soll
oder geändert werden könnte.
Der wichtigste Grund, warum er aber kam, war, mir mitzuteilen, dass die
jetzt von der ÖVP beabsichtigte Lösung, den Verbundvorstand nach Aus-
scheiden von Arthold durch DoKW-Vorstandsmitglied Hermann zu er-
setzen, unzweckmässig ist. In diesem Fall würde Hermann in einer
Mutter, nämlich Verbund, und gleichzeitig einer Tochter DoKW arbeiten
und natürlich in Konfliktsituationen kommen. Was die Verbundgesellschaft
braucht, ist stärkere Kontrollrechte in der Gebarungskontrolle der
Sondergesellschaften, auch in der Frage der Personalentscheidung.
Diesbezüglich möchte er einen Brief von mir an die Verbundgesell-
schaft mit einem diesbezüglichen Auftrag, um alle Kontrollen stärker
durchführen zu können. Was die Verbund aber gar nicht braucht, ist
eine Vermengung von Führertätigkeit mit den Sondergesellschaften.
Sein Vorschlag war, stellvertretende Vorstandsmitglieder, die gleich-
zeitig Hauptabteilungsleiter allerdings bleiben. Ihm schwebt vor
Oberleitner den Bau, Hauptabteilungsleiter in der Verbund, oder
Sommerbauer, der das Sekretariat macht. Ich erklärte sofort, dass die
Idee, Hermann zum zweiten Vorstandmitglied der ÖVP in der Verbund zu
machen, von der ÖVP stammt. Ich selbst wurde damit noch nicht be-
fasst, sehe das auch, wenn überhaupt, nur für eine Übergangslösung
an, denn mein Ziel ist es, so wie in der Donau nur 2 Vorstandsmitglieder
zu machen, wie heuer auch geschehen wird und wenn übernächstes Jahr
Erbacher ausscheidet, dann auch in der Verbundgesellschaft nur mehr
2 Vorstandsdirektoren zu bestellen.
Zach kam auch auf das Problem Osttirol zusprechen und meinte, man sollte
eine Mantelgesellschaft zwischen TIWAG und TKW 50:50 machen, ähnlich
wie die Verbund dies auch in Korneuburg, Dampfkraftwerk, allerdings mit
anderen Beteiligungsverhältnissen tat. Auch diesen Plan erklärte ich
für nicht zielführend, ich sehe die einzige Möglichkeit, dass sich, so wie
Vorarlberg bei den Illwerken, Kärnten bei der ÖDK, jetzt Tirol eben bei
der TKW stärker beteiligt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte achte, dass Du sobald als möglich
die schriftlichen versprochenen Unterlagen bekommst.
Die Aussenhandelsstellenleiter von Amerika meinen, dass die Produkt-
haftung, wie sie jetzt in USA die österreichischen Exporteure verunsichert,
eventuell durch eine österreichische Versicherung abgedeckt werden
könnten. Gen.Sekr.-Stellvertreter Walkolbinger wird so etwas prüfen.
Ohne dass ich es sagte, wäre hier in Wirklichkeit die Handelskammer
mit ihren Überschüssen bei den Aussenhandelsförderungsbeiträgen die
richtige Stelle für eine Übernahme einer gewissen Leistung für die
Exporteure. Ich bin neugierig, ob ein solcher Vorschlag von der Handels-
kammer auch nur erwogen wird. Die kanadischen Aussenhandelsdelegierten
meinten, dass Kanada ein sehr aufstrebendes Land ist und wenn es auch
zur Spaltung in ein frankophiles und ein anglophiles kommen sollte, die
österreichischen Exporte sich dorthin nur gut entwickeln können. Kritisch
sind dort nur die Importhemmnisse tarifarischer und nichttarifarischer
Art. 93 Dumpingverfahren sind anhängig, 4 davon betrafen Österreich.
Fruchtkonzentrat, Stahl, Chemikalien. Der japanische Handelsdelegierte
erklärte, wieso unser Export von 975 1974 auf 706 Mio zurückgegangen
ist. Österreich hat nur Chancen bei gewissen Produkten, Eisenbahnstopf-
maschinen, Spezialmaschinen usw. Ähnlich ist die Situation in Australien
und Neuseeland, wo ebenfalls die restriktiven Importregime die Anti-
dumpingmassnahmen bei Käse, die Beschwerden, dass jetzt Lammfleisch
in das Marktordnungsgesetz einbezogen wurde, am meisten eine Rolle
spielt. Ich habe den Eindruck, dass unsere Handelsdelegierten, ausge-
richtet durch Dr. Gleissner, Aussenhandelsschef der Bundeskammer, ihre
ganze Berichterstattung, aber auch ihr ganzes Denken nur darauf aus-
richten, zu erklären, wie die anderen Staaten durch entsprechende
Hemmnisse den österreichischen Export erschweren. Wie man diese über-
winden könnte, welche neuen Ideen man entwickeln müsste, darüber
reden sie nicht, ich weiss aber auch nicht, ob sie darüber überhaupt
ernstlich nachdenken resp. positive Ergebnisse zeitigen. In dieser
Beziehung, glaube ich, gleichen sich die Handelskammerbeamten auch unseren
Handelsministeriumsbeamten. Alles abwickeln so gut es irgendwie geht,
und keinerlei wirkliche Vorschläge, wie wir aus dem Dilemma herauskommen.
Dass daher die Unternehmungen und Exporteure sich auf ihre eigenen
Wege verlassen und selbst helfen, erscheint mir sehr logisch.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vielleicht können wir ideenreiche Unternehmer dies-
bezüglich fragen.
Dipl.Ing. Mischek hat bei der Eröffnung von Wohnwelt schon den Verein
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Wohnforum angekündigt. Er stellt diesem Verein 1.000 qm Ausstellungs-
fläche und Seminartätigkeit zur Verfügung. Auch sein Restaurant kann
gegebenenfalls herangezogen werden. Jetzt wird die ASSA über Sonnen-
energie und EVA über Energieeinsparung eine Ausstellung durchführen.
Dr. Dürler ist für den Verein verantwortlich. Mischek ersucht mich, ob
ich so wie der Bautenminister bereit bin, dem Verein als Handels-
ministerium beizutreten. Wien, die Arbeiterkammer, die Handelskammer
und die Ingenieurkammer werden noch weitere Vereinsmitglieder. Ich
erkläre mich im Prinzip selbstverständlich dazu bereit, wenn keinerlei
Kosten für das Handelsministerium erwachsen, was Mischek sofort bestätigt.
Seit der Eröffnung der Wohnwelt gibt es 2 Mio Schilling Umsatz pro Tag,
mehr als je erwartet. Der Ramsch, den ihm die Fachleute eingeredet haben,
die er zur Eröffnung auch braucht, stellt sich als eine Fehlentscheidung
dar. Die Leute wollen Qualität und kaufen Qualität. Der Tankstellen-
umsatz ist 20.000 Liter pro Tag, was wirklich auf einen riesen Besuch
schliessen lässt. Der Preis von 6.39 Schilling Super kann bis Jahres-
ende gehalten werden, dann fällt der 10 Groschen Sonderrabatt, den
Mischek von Mieling, Shell, bekommen hat, weg. Mischek wird aber mit
Mieling diesbezüglich noch weiter verhandeln. Der Preis für Benzin
wird aber genau so tief sein wie bei den anderen Supermärkten, dann
wahrscheinlich 6.45 Schilling.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte wegen Vereinsgründung mit Jagoda und seinen
Leuten dann sprechen.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky, dass die steiri-
sche Landesregierung beabsichtigt, der Steyr-Daimler-Puch 500 Mio Schil-
ling zu geben, wenn sie ihr Motorenwerk nicht in Steyr, OÖ, sondern in
der Mur-Mürz-Furche errichtet. Kreisky zweifelt, dass dies zweckmässig
ist. In Thondorf hat man jetzt sowieso die Mercedes-Fertigung hinge-
legt, hat aber, als es sich ja nur um ein Wahlmanöver der Landtags-
wahlen handelt, erklärt, jawohl die Regierung würde eine solche Idee
dann unterstützen, wenn es in die Obersteiermark kommt, wo ein indu-
strielles Notstandsgebiet entsteht.
Die Hirtenberger Betriebsräte waren bei Kreisky und wünschen jetzt
eine Aussprache mit Rösch wegen der Fertigung von Munition durch die
Firma Assmann in Radmer. Vorher hat mir Rösch erklärt, dass er jetzt
mit der VÖEST endgültig vereinbart hat, dass nach Radmer unbedingt Assmann
gehen muss und gehen soll und dass er jetzt die Fertigung zwischen Hir-
tenberg und Assmann so teilen wird, dass, wie er glaubt, beide akzeptieren
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können.
Die Industriekommission wird am 20.9. um 10.30 Uhr einberufen und
Prof. Andrae und Dr. Lacina, Arbeiterkammer sollen über die Vermögens-
bildung Referate halten. Die Budget-Reformkommission soll so schnell
wie möglich aktiviert werden. Das Problem ist die Abstimmung wegen
Termine zwischen den Betroffenen resp. Beteiligten.
Löschnak berichtet über die Überstundenregelung, die im II. Quartal 78
keinen grossen Erfolg gebracht hat, keinesfalls die von Kreisky ange-
kündigte 10%ige Einsparung für das ganze Jahr. Bundeskanzleramt
minus 13%, alle anderen unter die 10%, Gesundheitsministerium sogar
plus 20%, was Kreisky sehr aufregte und Leodolter fragte, wie sie sich
eigentlich in ihrem Ministerium durchsetzt. Landesverteidigung plus 13%,
Unterrichtsministerium plus 11%, Bautenministerium minus 6%, Handels-
ministerium nicht gemeldet, wie Äusseres und Inneres.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie ist dies möglich.
Androsch berichtet über die Budgetsituation. Die Repräsentations-
kosten müssten heuer maximal dasselbe Ausmass haben wie im vergangenen
Jahr, womöglich aber geringer sein.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte achte darauf.
Die Beamtenbudgetverhandlungen hätten 46 Mia Schilling Bruttodefizit
ergeben bei 18.5 Mia Schuldenrückzahlung. Abstriche wären für 10 Mia
vorgenommen worden. Durch die Finanzministerverhandlungen mit den
anderen Ministerkollegen seien bis jetzt 700 Mio Schilling dazuge-
kommen. Da noch wichtige Kapitel wie Landwirtschaft und andere ausständig
sind, rechnet er mit weiteren 1.5 Mia. In der Sozialversicherung sei
er noch nicht ganz einig, müsste aber weiterhin von der Arbeiterpension
zur Angestelltenpension und für die Ärzteversicherung könnte er 1 Mia
Schilling noch profitieren. Durch Sonderfinanzierung von Strassen
kann er jetzt 1 Mia sich ersparen, die allerdings dann in den 80er
Jahren anfallen. Zur Bezugserhöhung, wo bis jetzt 3.5% angeboten wurden,
rechnet er mit mindestens 4 Mia Schilling Mehrbelastung. Die Lohnein-
kommen und Gewerbesteuersenkung kosten ihm auch 3 Mia Schilling. Dies
wird das Bruttodefizit auf 53.6 Mia Schilling erhöhen, ohne den Finanz-
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ausgleich. Im Finanzausgleich wird allerdings nichts wesentlich
Anderes herauskommen als der jetzige, ansonsten nämlich wird ganz
einfach mit einfacher Mehrheit von uns der alte Finanzausgleich ver-
längert. Androsch schlägt vor, dass 1% Aktivitätsaufwand, d.s. 600 Mio
Schilling auf alle Fälle eingespart werden. Die Steuerschätzungen kann
er ebenfalls um 1 Mia Schilling erhöhen. Trotzdem bleibt das Defizit
noch zu hoch. Sein Vorschlag ist deshalb neuerdings die Sozialver-
sicherungsbeiträge zu erhöhen. 1/2 % bei Arbeiter und Angestellten,
brächten 1,5 Mia Schilling, 1% bei den Bauern und Gewerbetreibenden
260 Mio Schilling. Androsch ist nicht bereit die Krankenkasse der
Gewerbetreibenden, die 600 Mio Schilling braucht, zu subventionieren.
Diese legen ihre Mitglieder in die I. Klasse, zahlen Ärztehonorare, die
um 40% höher sind als die anderen. Kreisky meint, die Schallmauer
von 50 Mia Schilling Budgetdefizit dürfe nicht überschritten werden.
Man müsse jetzt schon alle möglichen Massnahmen 1979 durchführen.
Die Pensionisten bekommen 6.5%, die Steuersenkung wird eine gewisse
Entlastung bringen. Es wären deshalb zu versuchen, die Lebensmittel-
subventionen abzubauen. Bezüglich der Sozialversicherung meint
Weissenberg, dass auch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten
ab 1983 einen Bundeszuschuss brauchen. Die Arbeiterpensionsverpflichtung,
die die PVA durch 7.5 Jahre leisten muss, auch dann wenn der Betreffende
ein Angestellter wurde, wird durch Überweisungsbeträge ausgeglichen.
Auch für das Jahr 1979 und 1980 sind die Angestellten bereit, 530 Mio
zu übernehmen. Interessant für mich war die Bemerkung, dass Weissenberg
sagte, der ÖGB hätte niemals die 2x3 % Pensionsverbesserung 1974 und
1975 verlangt. Natürlich wirken sich diese jetzt auf die schlechte
Finanzgebarung der Sozialversicherungsträger entsprechend aus. Kreisky
entschied sofort, dass mit diesem Problem erst der Kontakt und die
Übereinstimmung mit dem Gewerkschaftsbund herbeigeführt werden muss.
Löschnak berichtete, dass 1.600 Dienstposten nächstes Jahr mehr sind,
insbesondere natürlich im Inneres, Verkehr und eventuell Lehrer.
Androsch berichtet, dass Tozzer jetzt seine Recherchen weiterführt,
insbesondere wer jetzt aller von den Frauen der Minister einen Dienst-
pass hat. Zu entscheiden wird sein, ob tatsächlich jetzt die ÖVP
entsprechende Anfragen über wann die Consultatio geprüft wurde stellt.
Androsch steht auf dem Standpunkt, dass auch dies unter das Steuerge-
heimnis fällt. Wenn es zu diesen Anfragen kommt, dann wird man selbst-
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verständlich auch fragen, wann die Landesräte Rümmele, Mandl, die in
Vorarlberg Kanzleien führen, allerdings auch Klauser in der Steiermark,
wie es mit den Bezügen von Keimel und König ist, die angeblich keine
Dienstleistungen bei ihren Unternehmungen erbringen und deshalb, so
wie Busek beim Wirtschaftsverlag, Bezüge haben, die eigentlich gar
nicht von der Steuer abgesetzt werden dürften. Fischer wird versuchen
mit Mock dieses Problem zu klären.
Nach der Sitzung hatte ich mit Fischer und Leodolter eine längere
Aussprache über die Inbetriebnahme vom Kernkraftwerk Zwentendorf.
Nachdem Fritz Marsch schon vorher bei mir interveniert hatte, einigten
wir uns darauf, dass auf gar keinen Fall, da Leodolter auch nicht bereit
ist, einen diesbezüglichen Bescheid vor dem 5. November auszustellen,
die Nulleistung nicht mehr gewährt wird. Der letzte Bescheid den sie
jetzt herausgeben wird, ist die Genehmigung der schachbrettartigen
Beladung.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte erkundige Dich, wie weit die GKT wirklich
jetzt ist.
Die Modeschau von Fürnkranz war im schönen Schönbrunner Schloss-
theater bei irrsinnig lauter Musik und nur mit lauter Vorführungsgags
wie Rauch, Seifenblasen und weiss Gott was alles, angeblich modern.
Ich will dazu weder was den Inhalt der Modeschau betrifft, noch die
Darbietung ein Urteil erlauben.
Tagesprogramm, 11.9.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)