Donnerstag, der 31. August 1978

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Donnerstag, 31. August 1978

In der Lebensmittelarbeitergewerkschaft bespreche ich mit unseren
Kollegen vom Arbeitsausschuss Konsum die Konsequenzen, die die
Zentralisierung der Konsumgenossenschaft Wien im Zentralkonsum
mit sich bringt. Für uns gibt es genauso grosse Schwierigkeiten
wie wahrscheinlich für die Unternehmungsleitung. Die Konzentration
bedingt eine ungeheure Verschiebung der Kompetenzen und vor allem
der Machtbereiche. Dadurch ergibt sich eine entsprechende Änderung
der Verantwortung in den einzelnen Konsumgenossenschaften, in den
einzelnen Betrieben und natürlich auch für die einzelnen Betriebs-
räte. Diese können oder wollen sie genau so wenig zur Kenntnis nehmen
als dies sicherlich bei der Unternehmungsleitung den Direktoren
der Fall war. Wir müssen als Gewerkschaft versuchen aus diesem Problem
herauszukommen und eine entsprechende Lösung doch mehr oder minder
einvernehmlich mit den Betriebsräten selbst zu erarbeiten. Eine
ungeheuer schwierige Aufgabe.

Das TEAM 7, eine Möbelfabrik in Ried, hat ein Selbstbaumöbelpro-
gramm entwickelt, welches eine gewisse Lücke füllen soll. In immer
stärkerem Masse werden Selbstbaumöbel vom Konsumenten verlangt.
Jetzt sind es angeblich schon 11%. Dieser neue Möbeltyp ist, wie
der Besitzer der Möbelfabrik Berghammer mir und auch öffentlich
selbst dann sagt, um ein Jahr zu spät gekommen. Die schwedische
Firma IKEA hätte nicht diese Verkaufserfolge erreichen können,
wenn, so glaube TEAM 7, dieser Möbeltyp schon bestanden hätte.
Natürlich ersuchte man mich, ich sollte, schon allein des Gags Willen,
ein Grundmöbel zusammenbauen und man hatte, wie es sich scheinbar
für einen Minister gebührt, alles bereits so hergerichtet, dass ich
es nur mehr zusammensetzen hätte müssen. In Hinkunft wird aber bei
allen Ausstellungsgelegenheiten ein Wettbewerb, wer am schnellsten
zusammenbaut, abgehalten. Natürlich habe ich daher abgelehnt sozusa-
gen bevorzugt zu sein und wirklich vom Regal weg mit entsprechenden
Sprüchen und zum Gaudium der Pressevertreter ein Schubladenkastel
zusammengesetzt. Die Ausführungen des Einzelteils sind wirklich
bestens. Die Frage ist nur für mich, ob die an und für sich sehr gute
Idee .... Spanplatte mit entsprechendem Lack bearbeitet, als Ober-
fläche mit einem optisch sehr guten Eindruck auch wirklich von den
jungen Leuten angenommen wird. Die Firma, die derzeit 80 Mio Schilling
Umsatz hat, hofft auf 25–30 Mio. Schilling zusätzlichen Umsatz


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im Laufe der Jahre. Das Einrichtungshaus in Vösendorf vom Konsum,
Dir. Taferner, was heuer 4 Mio Schilling Umsatz erreichen wird,
hofft, dass dieser Typ der Möbel auch geht. Ansonsten habe ich
natürlich gleichzeitig eine Besichtigung vorgenommen und fest-
stellen müssen, dass wirklich konzentriert wie in keiner anderen
Firma hier die österreichischen und auch Importmöbel zu sehen
sind. Importmöbel, z.B. auch aus Westdeutschland, ganze Wandver-
bauungen um 38.000 Schilling können von österreichischen
Möbelherstellern nicht annähernd um diesen Preis geliefert werden.
Vertraulich hat mir Berghammer mitgeteilt, dass die Spanne von 80%,
die normal auf den Erzeugerpreis aufgeschlagen wird, bei seinen
Selbstbaumöbeln und Abbaumöbeln nur nach harten Kämpfen mit 65%
vereinbart wurde, alles natürlich inklusive Mehrwertsteuer.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Lass bitte vom Branchenreferat feststellen,
wie es weitergeht.

Die Firma Redtenbacher, Herr Rotky, wollte dringendst das Dekret
zur Führung des Staatswappens. Seinerzeit hat die Firma aus-
schliesslich Sensen und Sicheln erzeugt und wäre damit schon
längst konkursreif. In diesem internationalen Sensen- und Sichel-
kartell, welches auf Initiative von Herrn Rotky mit Juli vorigen
Jahres aufgelöst wurde, war der Österreich-Anteil 8.5% Lieferung
nach Deutschland. Dies waren 11.000 Stück. Jetzt schon hat er nach
Kartellauflösung 30.000 Stück heuer exportiert, von einer Gesamt-
verbrauchsziffer von 240.000 Stk. Früher musste er die Sense um
11 DM Fabrikabgabepreis liefern. Der Händler hat sie dann um 20 DM
dem Letztverteiler geliefert, der Verbraucher musste 47 DM bezahlen.
Jetzt kann er die Preise frei gestalten, hat den Fabrikabgabepreis
auf 12.75 DM erhöhen können und der Verbraucher, jetzt insbesondere
in den Grossmärkten Selbstbedienung, zahlt trotzdem wesentlich
weniger. Früher wurden die Sensen und Sicheln nur in Spezialge-
schäften geführt und es war dort eine gewisse Beratung der Verkäufer.
Dies fällt jetzt alles weg, der Einkäufer kauft preisgünstig direkt
ab Werk und der Kunde hat kaum noch eine Beratung. Trotzdem setzen
sich die österreichischen Qualitätssensen entsprechend durch. Leider
ging der afrikanische Markt fast verloren, weil z.B. Äthiopien
vor längerer Zeit schon beschlossen hat, eine eigene Produktion
aufzuziehen. Damals hätte sollen zwischen Polen, Österreich und
Äthiopien eine eventuelle gemeinsame Fabrik errichtet werden. Da


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Rotky davon nicht überzeugt war, hat er schnell einen Teil
seiner Produktionsstätte direkt an einen Äthiopier verkauft.
Mit dem Verkaufserlös hat er sich die Automaten für die Brillen-
schrauben angeschafft. Dadurch konnte er sich einen neuen Markt
erschliessen. Von 300 Beschäftigten sind 240 bereits bei den Brillen-
schrauben beschäftigt. Auch der Umsatz von 83 Mio wird in Hinkunft
zum allergrössten Teil vergrössert und ausschliesslich von den
Brillenschrauben resp. Fassungsteilen erstellt werden. Die Firma
Anger, mit Optilbrillen gross am Markt, hatte bei ihm für 120.000 Stk.
Scharniere und sonstige Teile bestellt. Durch die Anger-Verkaufspolitik
wurde der Auftrag auf 25.000 Stk. reduziert, was einer Katastrophe
gleichkam. Jetzt ist es mit der neuen Firmenleitung geglückt,
bereits 100.000 wieder zu erreichen. Rotky meint, auch die UdSSR sei
daran interessiert, von Anger ein Optilbrillenwerk mit 10 Mio Stk.
errichtet zu bekommen. In diesem Fall würde er auch versuchen, die
Brillenscharniere und sonstige Bestandteile dazuzuliefern. Er wird
uns gegebenenfalls zeitgerecht verständigen, wenn die Sowjets
sich vielleicht doch dazu entschliessen. Die Möglichkeit soll sich
jetzt vergrössert haben, weil diese Fabrik nicht mehr von der
Metall-Staatsorganisation, sondern von der chemischen Staatsorgani-
sation behandelt wird.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte zwar nicht bei den Russen intervenieren,
aber Fälbl soll, ohne Firmen zu nennen, vorsichtigst recherchieren
lassen.

Geschäftsführer Landau, der Firma Sewifa, hat als ........ Firma
als Autozulieferer jetzt mit Volkswagenwerk für Autositze einen
10 Mio Liefervertrag abgeschlossen. Da dies auf unsere Initiative
zurückging, ist er sehr dankbar. Er ersucht nur, wir sollten jetzt
äusserst vorsichtig versuchen herauszubekommen, warum Ford bei
ihm nicht bestellt. Die Offerte, die er gelegt hat, haben Ford be-
stätigt, die Qualitätsansprüche, ja selbst die Preise erfüllt, denn
Ford schreibt ihm, er hat denselben Preis wie seine sonstigen
Konkurrenten. Natürlich will Sewifa unter gar keinen Umständen
haben, dass der Firmenname erwähnt wird. SRat Fellner, der dafür zu-
ständig ist, aber leider bei der Sitzung durch Kierein vertreten war,
muss daher äusserst vorsichtig vorgehen. Ich bin selbstverständlich
bereit einen entsprechenden Brief an Ford zu schreiben.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: SR Fellner bitte auf die vorsichtige Vorgangs-
weise bei Recherchieren besonders aufmerksam machen.



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Direktor Rimsky, Chemie Linz, zeigt Satzinger und mir nur ein
Schreiben, welches Buchner an Kreisky wegen der hohen Gaspreise
gerichtet hat. Die ÖMV verlangt für die zusätzliche Menge Sommer-
gas, welches die Russen liefern, 1.71 Schilling. Die ÖMV hat bis-
her von den Stickstoffwerken 1.42 Schilling verlangt. Durch die
Preisregelung ist es geglückt, den Gaspreis für die Chemie Linz
auf 1.39 Schilling zu senken. Damit könnte laut Rimsky gerade
noch die Chemie Linz auskommen. Eine weitere Erhöhung sei aber unmög-
lich zu verkraften. Kreisky soll angeblich gesagt haben, er mischt
sich in diesen Streit zwischen ÖMV und Chemie Linz nicht ein. Wahr-
scheinlich wird er dann dieses Schreiben doch uns zur Stellungnahme
schicken, weshalb Rimsky uns schon vorinformieren will. Die Stick-
stoffwerke liegen finanziell jetzt nicht mehr so gut wie früher.
Das Acrylwerk in Enns ist zwar nach seiner Aussage vom ersten Tag
an sehr gut gelaufen. Auch die Exportmöglichkeit von Stickstoff
nach Bayern wird reichlich genützt. Die deutsche Gegenattacke durch
Lieferungen von Stickstoff nach Österreich konnte die Chemie Linz
bis jetzt auffangen. Da die Deutschen sehr stark diesen Preis
unter ihrem Abgabepreis in Deutschland erstellen müssen, hoffen
Buchner und Rimsky, dass früher oder später diese zusätzlichen
Lieferungen nach Österreich entfallen werden. Dann hätten die
Stickstoffwerke einen zusätzlichen Markt in Bayern erobert.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass vom Branchenreferat Dir eine
detaillierte Aufstellung mengenmässig und erlösmässig geben.

Dir. Fremuth wird wegen der Kleinkraftwerke jetzt eine Förderge-
sellschaft gründen, wo er mit den österreichischen Energiekonsu-
mentenverband, Dipl.Ing. Hofbauer, mit der Energieverwertungsagentur,
Prof. Fantl, nächste Woche Montag sich konstituiert. Ich habe
Fremuth sofort vorschlagen, dass wir dieses Ereignis bei unserem
Pressegespräch erwähnen sollten. Als zweiten Punkt einigen wir uns
auch noch, dass die Firma Honeywell ihre Mikroprozessoren, welche
zur Energieeinsparung beitragen könnten, bei dieser Gelegenheit
auch präsentieren.

Bei den Enns-Kraftwerken wird jetzt der Vertreter der DoKW, Baumgart-
ner
, in Pension gehen. Fremuth schlägt dafür Dr. Neuhauser, Finanz-
direktor der Verbundgesellschaft, vor. Satzinger stellt dann fest,


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dass auch von seitens der Verbundgesellschaft, zumindestens nach
Information Dr. Wais, der Neuhauser beabsichtigt war, in die
Enns zu schicken.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Prüfe bitte dies noch genauer.

Fremuth protegiert eine internationale Prog!!- Organisation
und wünscht, dass auch ich darüber die Patronanz übernehme.
Dagegen habe ich gar nichts einzuwenden, erkläre aber sofort, dass
das Handelsministerium dafür keinen Schilling Subvention oder
Beitrag leisten kann und wird. Fremuth ist damit vollkommen ein-
verstanden und zufrieden.

Fremuth wurde in der Zeitung jetzt als Nachfolger von Androsch
genannt. Dies ist ihm verständlicher Weise sehr unangenehm. Er
selbst kennt diesen Job sehr genau und meint daher – und davon
bin ich überzeugt – dass er selbst, wenn man ihm ein solches Angebot
machen würde, sich bis zur aller letzten Minute dagegen wehren würde.
Ich verstehe überhaupt nicht, wie durch diese ewige Tratscherei
auch in unserer eigenen Partei immer wieder Menschen in den Zeitun-
gen genannt werden, Kombinationen entstehen und dadurch natürlich
der Nervenkrieg gegen Androsch ganz besonders immer wieder neu
entfacht wird. Fremuth war, zumindestens früher einmal, einer der
wichtigsten Berater von Androsch. Er hat sich auch, so wie er mir
gegenüber äusserst loyal sich in der Energiefrage verhalten hat,
genau so auch in den Finanzfragen bewährt. Da ihm diese Spekulation
äusserst unangenehm ist, hat er an Kreisky, Androsch und Benya ein
diesbezügliches Schreiben gerichtet. Ich bin sehr gespannt, wann
endlich dieser konzentrische Kampf der Gegner, aber nicht nur dieser,
gegen Androsch aufhören wird und ob dies überhaupt jemals der Fall
sein wird. Benya hat sich heute in einer Radiointerview-Sendung
eindeutig hinter Androsch gestellt. Einmal mehr habe ich wieder
festgestellt, auf Benya kann man sich wirklich 100%ig verlassen.

Die Firma Klomfar mit 21 Beschäftigten und ausgesprochenem Spezial-
service und Handel mit Badezimmereinrichtung, 25 Mio Schilling
Umsatz, hatte einen trefflichen Werbegag. Um die neuen Produkte
vorzustellen, insbesondere seine neuen Fliesen, hat er zu einer


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altrömischen Jause eingeladen. Um dies original herzustellen,
hat er sogar einen Historiker Universitätsdozenten engagiert.
Die Sossen insbesondere waren ganz hervorragend. Mehr noch als
aber das Essen hat mich die Spezialfirma beeindruckt, welche
weltweit heute Armaturen, Fliesen, überhaupt Badezimmereinrichtungen
importiert. Bei der Ansprache hat allerdings Klomfar besonders
herausgestrichen, dass er jetzt auch eine eigene Badewanne ent-
wickelt hat, welche er jetzt weltweit exportiert. Man sieht dass
das ewige Appellieren "kauft österreichische Waren, verwendet auch
österreichische Produkte bei euren Verkäufen" doch eine Wirkung
hat. Zu meiner grössten Überraschung sind wir aber mit den exklusiver
Badezimmereinrichtungen wirklich in Österreich noch sehr weit zu-
rück. Die von Klomfar verkauften Einrichtungen sind aber so exklusiv
und teuer, dass es sich wirklich nur eine gewisse Schicht, ich
würde ja sagen, nur die Neureichen leisten werden. Für mich ist das
Bad eine reine Zweckeinrichtung. Bei meiner Ansprache sagte ich
auch, ich sei viel zu konservativ, nach meinen alten Spruch, es
gibt nichts Konservativeres als einen Sozialdemokraten und daher
käme diese Ausstattung für mich niemals in Frage. Dass diese Spitzen-
erzeugnisse trotzdem ihren Abnehmer finden, zeigt der Umsatz von
Klomfar. Ein grösseres Quadratmeter umfassendes Bad als bei uns
üblich, hatte dann auch als Gipfel eine Dusche aus dem Luster,
eine Rundwanne mit vergoldeten Schwanköpfen als Wasserspender,
ich weiss nicht, was sonst alles noch. Ein wirkliches, wie der
französische Ausdruck ja für Badezimmer, nämlich "Palast des Bades"
heisst, eine wirklich optisch grossartige Sache um 300.000 Schilling.
Ich bin Burian wirklich dankbar, dass er mich überredet hat diese
Veranstaltung zu besuchen. Sie war sehr sehenswert.

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Tagesprogramm, 31.8.1978


Tätigkeit: GF Fa. Sewifa


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Finanzminister
      GND ID: 118503049


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Büro des Bundesministers


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Fa. Redtenbacher


          Einträge mit Erwähnung:
            GND ID: 115563237


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Energieverwertungsagentur


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Fa. Klomfar Bad-Accessoires


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Dir. Konsum-Einrichtungshaus, Vösendorf


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Branchenreferent HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Dir. Chemie Linz


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Beamter HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            GND ID: 1017902909


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Chemie Linz


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Beamter HM


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                                      Tätigkeit: Finanzdir. Verbund


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                                        Tätigkeit: TEAM 7 Möbel, Ried (OÖ)


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                                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                                          GND ID: 118566512


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                                            Tätigkeit: Ennskraftwerke


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                                              Tätigkeit: GF Energiekonsumentenverband


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