Dienstag, 8. August 1978
Vizepräsident der Handelskammer Seidl und gleichzeitig Auf-
sichtsratpräsident der OÖ Ferngas sowie deren Geschäftsführer
Dr. Amon wollten von mir die Zustimmung haben, dass sie für
Oberösterreich die volle Versorgung laut Energiewirtschaftsgesetz
zugesprochen bekommen § 5 des Energiewirtschaftsgesetzes. SChef
Frank und König hat es ihnen zugesagt, wenn sie ihr Kapital von
31 Mio in den nächsten 5 Jahren auf 100 Mio aufstocken und gleichzei-
tig die Konsumenten- und Kommunalversorgung in Oberösterreich
zusichern. Ich stellte fest, dass die Versorgungspolitik für Energie
in allen Ländern dahin geht, den Landesgesellschaften der Elektrizi-
tätsunternehmungen möglich ein Monopol einzuräumen, d.h. alle Energie-
versorgungsarten, auch die Gasversorgung zuzusprechen. Gegebenen-
falls geschieht dies mit einer eigenen Gesellschaft, die aber
von den Ländern resp. Landeselektrizitätsgesellschaften dominiert
werden. In Oberösterreich ist zwar die OKA und das Land mit je
einem Anteil bei 22 Anteilen insgesamt vertreten, danach also in
einer hoffnungslosen Minorität. Trotzdem haben die OKA und der
Vertreter des Landes bei der letzten Generalversammlung der Ges.m.b.H
dieser Politik zugestimmt. Zum Glück entdeckte ich im Kommentar zum
Energiewirtschaftsgesetz, dass die Genehmigung nach § 5 nicht das
Ministerium der Bundeswirtschaftsminister-Nachfolger zu treffen hat,
sondern das Land. Hier gibt es jetzt geteilte Meinung zwischen
SChef Frank und seinen Juristen und den Kommentatoren des Energie-
wirtschaftsgesetzes Orglmeister, Fremuth, Bandhauer usw.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort von Zluwa und den Juristen
prüfen lassen.
Selbstverständlich kam ich dann auch auf die Preispolitik zu
sprechen. Die OÖ Ferngas wäre einverstanden, dass die RAG sowie
die ÖMV als Höchstpreis 92 Groschen pro cbm bekommt. In diesem
Fall könnte sie ihren Verbraucherpreis um ca 2–3 Groschen senken.
Der jetzige Preis beträgt im Durchschnitt für die Abgabe an die
grossen Industrieunternehmungen, ja an alle ihre ganzen 18 Abnehmer
ca 1.11 Schilling. Soweit sie jetzt in ihren Einzugsgebiet und
nach Abgrenzung mit den Stadtwerken Linz wird für die Ortschaft Haid
als erste ihr Versorgungsgebiet zugesprochen, verlangt sie sowie
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die Gemeinde Wien ca 3.50 pro cbm. Die Kleinverteilung kostet
nach ihren bisherigen Erfahrungen und Berechnungen sehr viel Geld.
Unter anderem muss sie zu den 40 derzeit Beschäftigten noch
20 zusätzlich aufnehmen, um ein Letztverteilernetz aufzubauen, um
das notwendige Service liefern zu können. Ich erkläre ihnen sofort,
dass die Absicht besteht, für die Chemie Linz, ihren grössten Ab-
nehmer, und auch für Lenzing als zweite grosse chemische Fabrik
eine besondere Preisbildung, d.h. besondere Ermässigungen festzu-
setzen. Vizepräsident Seidl, der von der Lenzinger-Fabrik kommt
und noch immer sein Herz dort hat, wie er mir bezeichnet, ist in
einem richtigen Dilemma. Er weiss genau wie ich, dass es ganz unmög-
lich ist, den Gaspreis um ca 1/3 zu senken. Dies verlangen nämlich
die Chemiebetriebe, um einigermassen konkurrenzfähig zu sein. Mit
Recht sagt Seidl, es ist aber unmöglich den Dollar-Preisverfall,
als er noch verkaufte, voriges Jahr war er 16.50 Schilling und ist
jetzt um 2 Schilling noch zurückgegangen, durch Gaspreisermässigung
zu kompensieren. Die Oberösterreichische Ferngas
wäre mit der Idee Dr. Neuholds, der
Preisverantwortliche in der Energiesektion, einverstanden, nur eine
Preisbeobachtung durch Bescheid festzusetzen. Damit könnten die
Dutzenden von Verträgen mit den einzelnen Abnehmern bestehen bleiben.
Im Jahre 1980/81 will die OÖ Ferngas sowieso einen einheitlichen
Gaspreis finden, den sie dann nur durch Mengenrabatte für die
Chemiebetriebe und sonstige Grossabnehmer reduziert.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND SATZINGER: Diese Idee mit AK und ÖGB be-
sprechen.
Gen.Dir. Wohlgemuth und Hagen vom Walzstahlbüro haben Meisl und mich
ersucht, unverzüglich für Stahlgitter die Lizenzierung, d.h. die
Einfuhrscheinregelung und das Antidumpingverfahren sofort durchzu-
führen. Die Handelskammer, Dr. Ertl, hat dem bereits zugestimmt.
Ebenso sollte bei allen anderen Stahleinfuhren die Auftragsbestäti-
gung beigebracht werden. Die Deroutierung des Stahlmarktes geht von
den 80 kleinen Firmen im italienischen Gebiet Brescia aus, die
Gruppe heisst Bresciani, die mit 100% Kapazitätsauslastung arbeiten.
Die grossen Deutschen wie Thyssen, Korf, Herberthafen arbeiten
nur zu 60%. Wenn jetzt nicht bald eine einvernehmliche Regelung
innerhalb der EG, die auch geprüft und durchqezogen wird, kommt,
werden die deutschen Firmen sich ebenfalls über die EG-Richtlinien
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und Bestimmungen hinwegsetzen. Dann allerdings wird ein mörderischer
Preiskampf in Europa entstehen. Meisl versprach zu veranlassen, dass
die Verordnungen unverzüglich vorbereitet werden und kurzfristig
in die Begutachtung gehen. Er, aber auch ich, ist fest davon überzeugt,
dass die Handelskammer nicht so schnell den Vorschlägen des Walz-
stahlbüros zustimmen wird, obwohl deren Vertreter dies behauptet.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Hagen hat mir eine Zusammenstellung ver-
sprochen. Bitte verlange diese.
Ing. Langenbach von der Vereinigung österr. Zuckergrosshändler, die
180.000 Tonnen, d.s. ca 60% des österr. Zuckermarktes umsetzen,
erhoffen sich eine perzentuelle Handelsspannenerhöhung. Ich habe
sofort erklärt, dass im nächsten Jahr kaum mit einer Preiserhöhung
zu rechnen ist und für eine Spannenerhöhung kaum eine Chance in
näherer Zukunft besteht. Ihren Wunsch, ich sollte an ihrer Vor-
standssitzung einmal teilnehmen, habe ich abgelehnt und mich nur
bereit erklärt, den MR Kurzl hinzuschicken. Die Preiserhöhung für
Sirup, Langenbach vertritt nicht nur Wartenberg & Co. als Zucker-
grosshändler, sondern auch die Firma Deuring, bei Mais von 20.8%
und 14% für Sirups, betrachtet er als überhöht, er kann die Pari-
tätische Kommission nicht verstehen. Die österreichischen Abnehmer
werden jetzt von Mais, Sirup weggehen. Die Verarbeitung von in-
ländischen Mais, Importe werden jetzt keine mehr erfolgen, hat zu
dieser Preissteigerung geführt.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Prüfe, was hier geschehen ist.
Der neue nordkoreanische Botschafter hat mir mitgeteilt, dass sie
jetzt ihre Schulden abzahlen werden. Am 20.7. haben sie bereits die
Raten bezahlt. Nordkorea möchte jetzt 10.000 Tonne Bleche, wie er
sofort sagte, gegen Bargeld und automatische und halbautomatische
Maschinen kaufen. Ich erklärte ihm neuerdings, dass es notwendig ist
mit der Österreichischen Kontrollbank zu einem Arrangement zu kom-
men. Vorher wird der norkoreanisch-österreichische Handel kaum
wesentlich ansteigen. Zu unserer grössten Überraschung – Meisl er-
wartete dies unbedingt – hat er seine Einladung an mich nicht wieder-
holt nach Nordkorea zu kommen, um dort unseren schon längst ausge-
handelten Handelsvertrag endlich zu unterschreiben. Ich selbst habe
natürlich überhaupt keine Erwähnung gemacht.
Tagesprogramm, 8.8.1978