Samstag, 17. und Sonntag, 18. Juni 1978
Bei der Eröffnung des Hotels Katharina, Fam. Latini,
in Zell/See hatte ich wieder Gelegenheit, mit dem in
dieser Gegend sehr bekannten Wirtschaftsprüfer und
Steuerberater Dr. Prodinger zu reden. Er wird mir eine
Zusammenstellung machen, welche steuerlichen Massnahmen,
ohne dass der Finanzminister grossen Steuereinnahmenentfall
hätte, Vereinfachungen durchführen könnte.
Prodinger, der übrigens auch die Festansprache hielt, provo-
zierte, um mich zu Aussagen über die Unternehmerinitiative
zu veranlassen. Natürlich habe ich sofort erklärt, dass
insbesondere in den Dienstleistungsunternehmungen – und
der Fremdenverkehr ist eines solche par excellence – der
Familienbetrieb reüssiert wie keine andere Rechtsform.
Der Spatenstich, in Wirklichkeit Auslösung einer Sprengla-
dung in Weiss-See , Rudolfshütte, gab mir Gelegenheit, mit
den Alpenvereinsvorständen zu verhandeln. Diese erwarten,
dass wir auch in der Aktion Bergerlebnis mehr den alpinen
Vereinen zukommen lassen. Die Absicht, beim Finanzministerium
statt der rund 6 Mill. in Hinkunft für die Alpinen Vereine
10 Mill. zu bekommen, wurde sehr begrüsst. Für das alpine
Ausbildungszentrum Rudolfshütte erwartet man einen ERP-Kredit
oder sonstige Zinsstützungen. Der Ausbau wird über 40 Mill. S
kosten. Trotz der Kälte und der grossen Höhe war eine Musik-
kapelle und vor allem ein Kindersingchor aus Oberösterreich
extra angereist. Der Vertreter des Deutschen Alpenvereins
hat in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass er den Österr.
Alpenverein beglückwünscht, dass sich die Regierung, insbe-
sondere der zuständige Fremdenverkehrsminister so für die Akti-
vitäten einsetzt. In Deutschland meinte er, sei dies nicht fest-
zustellen.
Bgm. Maier von Uttendorf hofft, dass es ihm mit dem Alpine-
Zentrum gelingt, wesentlich mehr Gäste in diese Gegend zu
bringen. Das Nachbartal Kaprun ist nämlich, wie ich dann selbst
43-0691
feststellen konnte, um Jahrzehnte später erst in den
Fremdenverkehr eingestiegen und hat sich durch die Tauern-
kraftwerke TKW sehr gut entwickelt. Das Stubachtal hat
durch die Bahn und deren Stromerzeugung wesentlich früher
erschlossen, hat sich aber niemals entwickeln können.
Die Kitzsteinhorn-Gletscherbahn muss nun ein neues Gäste-
haus bauen, das ebenfalls über 40 Mill. S kostet und
erwartet auch hier ERP-Kredit resp. Zinsenzuschüsse.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl soll mir mitteilen, welche Mög-
lichkeit er für beide Projekte sieht.
Die Dekretüberreichung zur Führung des Staatswappens an die
Fa. Gärtner, Fahnen, war insoferne typisch, als ich ausdrück-
lich erklärte, das Staatswappen dürfe nur auf dem Briefpapier
und keinesfalls auf die Produkte, d.h. auf die Fahnen ge-
druckt werden. Nach Schluss meiner Ansprache bei der Über-
gabe schmetterte die Musik einen Tusch, eine Fahne rollt
herunter und darauf ist genau das Staatswappen mit staatlicher
Anerkennung. Spasseshalber erklärte ich, dieses Produkt
müsste ich beschlagnahmen. Herr Gärtner und seine Frau,
die für Mittersill als Grossbetrieb eine grosse Bedeutung
haben und daher auch von der Gemeinde entsprechend gewürdigt
wurden, waren damit sehr einverstanden. Mittersill, der dortige
Bürgermeister hat es wieder einmal mir gegenüber bestätigt,
lebt von einigen kleineren Betrieben und natürlich haupt-
sächlich vom Fremdenverkehr. Der Bürgermeister ist aber so
tüchtig, dass er zum Unterschied von den Landtagswahlen in
Mittersill stets die absolute Mehrheit erreicht. Mehr denn
je zeigt sich in der Gemeinde, im Land, ja auch im Bund,
dass es ausschliesslich auf die Ausstrahlungskraft des
Spitzenkandidaten ankommt. Wer immer, wo immer die richtigen
Leute kandidieren und dann insbesondere die Verwaltung
führen können, entscheidet, ob rot, schwarz oder manchmal
sogar blau regiert wird. Diese für manchen Sozialisten
oder auch Sozialdemokraten bittere Erkenntnis bestätigte
sich in den letzten Jahrzehnten stärker denn je zuvor.
Die Idee, das Programm kann gut, ja sogar zündend sein,
entscheidend ist letzten Endes, wer es repräsentiert resp.
vorträgt.
Tagesprogramm, 17.6.1978