Freitag, 16. Juni 1978
Frau Richfield, die in Chicago Werbesendungen zusammenstellt und
stets mit der Wiener Musik als Untermalung gute Werbe-Erfolge hat,
bestätigt, dass trotz aller Schwierigkeiten in Amerika sie die
wirtschaftliche Entwicklung positiv beurteilt. Der Binnenmarkt,
die Binnennachfrage ist so stark, dass sie keine wirtschaftliche
Krise erkennen kann.
Ing. Brutschy von der Fa. Wild in Kärnten ist überzeugt, dass
sein Schweizer Mutterhaus die 120 Mill. investieren wird, wenn
die österr. Regierung die Exportmöglichkeit für Zielfernrohre
schafft. Die Hauptaktionäre, Schmidheiny, erwarten aber darüber
hinaus, dass Steyr-Daimler-Puch auch für die österreichischen
Kürassiere optische Geräte von der Fa. Wild verwendet. Gen.Dir.
Malzacher, mit dem ich über dieses Problem vor längerer Zeit ge-
sprochen habe, hat mir versprochen, mit Schmidheiny, die er sehr
gut persönlich kennt und privat befreundet ist, darüber zu
verhandeln. Schmidheiny hat in Singapur eine Fabrik jetzt er-
richtet und beabsichtigt eine weitere in USA. Durch die 20 Mio S
ERP-Kredit konnte die Beschäftigung von 300 um weitere 30 aufge-
stockt werden und würde, wenn es zu einem Arrangement mit Steyr-
Daimler-Puch resp. Exportmöglichkeit kommt, bis zu einer Verdoppe-
lung der Belegschaft führen, für Vöcklabruck, insbesondere wenn es
zu einer Schliessung von Rechberg kommt, ein arbeitsmarktpolitisch
wichtiges Vorhaben.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass prüfen, wie weit Steyr-Daimler-
Puch ist.
Der schwedische Handelsrat Everlöf verlässt Österreich, kann
aber seinen Nachfolger gar nicht vorstellen, weil dieser noch
nicht ernannt ist. Scheinbar funktioniert es woanders noch
schlechter als bei uns. Die Bundeshandelskammer, die die Handels-
delegierten stellt, ernennt und letzten Endes auch abberuft,
hat bis jetzt zumindestens immer, wenn ein Handelsdelegierter
wechselt, den neuen zumindestens ernannt. Die Übergabe erfolgt
zwar auch nicht immer derartig, dass der alte den neuen entspre-
chend einführen konnte.
Der polnische Energieminister Szozda ist keineswegs für die
Energie im umfassenden Sinne zuständig. Bei der Kohlenproduktion
z.B., die Kohlevergasung gehört z.B. nicht zu ihm, ebenso das
Problem Kohlenpipeline. Diese ressortiert bei Lejczak. Zwei Fragen
wurden sehr freimütig und offen besprochen: Die Polen können auf
meine – fast hätte ich allerdings sagen wollen, nur Alibianfrage –
wegen Kernkraftwerksmüllagerung nur eine Kooperation mit einer
langfristigen Perspektive anbieten. Derzeit haben sie noch gar
kein Kernkraftwerk und die zweimal 440 Woronesch-Reaktoren plus
den neuen Typ über 1000 bauen sie derzeit in der Nähe von Danzig.
Die Sowjets liefern nicht nur die Reaktoren, sondern auch das
Uran und nehmen die abgebrannten Brennstäbe zurück. Die zweite
sehr offene Frage war die Möglichkeit der Aufstockung von 400
MW auf 1.200. Die Verbundgesellschaft sieht maximal eine solche auf
900 vor. Von der Grösse der zusätzlichen Abnahme hängt es aber
ab, wieviel Investitionsaufwendungen die Polen machen müssen.
Davon hängt dann wieder die Preisgestaltung der zusätzlichen
Liefermenge ab. Derzeit haben wir einen Höchsttarif-Abnahme-
vertrag von 100 Megawatt für 36 Groschen. Die Tschechen liefern
dazu in Niedertarifergänzung um 28 Groschen, wenn der 400 MW-
Vertrag jetzt in Kraft wäre, betrüge der Strompreis nicht einmal
30 Groschen, im Verhältnis zu unserem Atomkraftwerksstrom, ja
selbst zu unserem Strompreis aus der Wasserkraft sehr preiswert.
Ich befürchtete stets, dass die Polen, um zu höheren österreichischen
Krediten zu kommen, diese Verträge auf die Zukunft eingegangen
sind. Eine Bemerkung des Energieministers machte mich nämlich
sehr stutzig. Sie treffen alle Verkehrungen, dass sie die 400 MW
1983 liefern werden, obwohl sie laut Klauselvertrag gegebenen-
falls davon zurückstehen könnten.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lass Dir dies genau erklären.
Schwierigkeiten haben die Polen für eine weitere Zusatzmenge ins-
besondere mit dem Tschechen wegen des Transits. Szozda erklärte,
dass sie das letzte Mal unter Zeitdruck standen und deshalb die
csl. Forderung 18 % Peagierung Durchleitungsgebühr akzeptieren mussten.
Darüber hinaus müssten, wenn ein neuer Vertrag zustandekommt, ganz
neue Leitungen konzipiert werden. Allen Ernstes hoffen die Polen,
hier einen freundschaftlichen Druck auf die Tschechen auszuüben,
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dass sie so schnell wie möglich zu einer einvernehmlichen
Lösung kommen. Auch bei der Vorsprache beim Bundespräsidenten
wurde dieses Problem freimütig besprochen. Kirchschläger und
auch ich lehnten natürlich eine Einmischung in den COMECON-
Bereich in dieser Frage ab. Kirchschläger meinte nur, er wird
sich im Oktober, wenn er Prag offiziell besucht und ich ihn
je begleiten soll, vorher bei mir erkundigen, wie die Sache steht.
Szozda legte grössten Wert darauf, über Energiesparen alle In-
formationen bezüglich unserer Erkenntnis vom Energiesparbeirat
zu bekommen. Darüber hinaus möchte er gerne mit Firmen, die
Patente haben, Kontakt aufnehmen. Ausserdem soll die technisch-
wissenschaftliche Zusammenarbeit gerade auf diesem Gebiet
forciert werden. Sekt.Chef Frank hat versprochen, alle die Unter-
lagen zusammenzustellen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte einen Brief mit den Unterlagen
dann für den polnischen Botschafter fertigmachen.
Am meisten überrascht war ich, als er mir dann bei der Fahrt
zum Flughafen mitteilte, das in Polen jetzt bereits Flächenab-
schaltungen oft bis zu 5 Stunden haben. Er meinte, da müsse
er sich dann immer im Parteipräsidium resp. auch in der Regierung
entsprechend verantworten. Im COMECON, ja selbst nicht einmal in der
Sowjetunion ist man aus dem Inselbetrieb, der in Westeuropa
seit Jahrzehnten aufgehoben ist und mit der UCPTE ein wirklich
westeuropäischer funktionierender Verbund besteht, noch nicht
hinausgekommen. Die Variante, die Kirchschläger, nämlich über
Sowjetunion und Ungarn Strom nach Österreich zu liefern, anschnitt,
ist kaum lösbar. Der COMECON-Bereich möchte jetzt eine 750 KV,
also sehr zukunftsträchtig starke Ringleitung errichten.
Die Absicht besteht aber, glaube ich, schon lange und sie kommen
scheinbar auch nicht weiter.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB verlangte Zöllner neuerdings eine
Mineralölpreissenkung. Im Preisunterausschuss sind wegen der
Heizölpreissenkung nicht weitergekommen und Zöllner wollte
allen Ernstes, dass ich die Benzinpreis amtlich jetzt senke.
Ich erklärte ihm sofort, daran nicht zu denken, er blieb auch
mit diesem Wunsch wirklich allein. Die einzige Möglichkeit,
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die ich sehe ist, mit den Ölfirmen, insbesondere Gen.Dir. Bauer,
wegen neuerlicher Verhandlungen im Preisunterausschuss bezüglich
des Heizöl-schwer-Preises zu sprechen. Ein weiterer Schritt
ist, dass wir die Lagerkosten, die immer stärker werden und die
von den Ölgesellschaften nur widerwillig getragen werden, in
dieser Preisdiskussion zu verankern.
Bezüglich Erdgaspreis-Regelung mit der RAG gibt es grosse
Schwierigkeiten. Die RAG verrechnet 75 Groschen bis 1.20 S,
den letzteren Preis insbesondere für Chemie Linz, die verhältnis-
mässig spät Verträge mit der RAG abgeschlossen hat. Das die ÖMV
einen Durchschnittspreis von 92 Groschen hat, die RAG aber nicht
bereit ist, den Abgabepreis für Chemie Linz ein klein wenig zu
senken, wird die Arbeiterkammer jetzt einen um 10–20 Groschen
billigeren Preis als die ÖMV im amtlichen Preisverfahren verlangen.
Ich hoffe, dass ich dadurch eine gute Ausgangsposition habe,
um die kommerziellen Verträge, die zwischen RAG und ihren Abnehmern
bestehen und die im Laufe der Jahre auslaufen, insbesondere für
die Höchstpreise von 1.20 S entsprechend senken zu können.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass Dir über die Preisverhandlungen
berichten.
Bezüglich der Verhandlungen mit den Amerikanern wegen der Abgaben-
änderungsgesetzes-Belastung von Ölimporten wird allgemein die
Meinung geteilt, dass es hier zu schweren Auseinandersetzungen
zwischen USA und Österreich kommen wird. Selbst wenn unser
Vorgehen GATT-konform ist, werden die Amerikaner einen so starken
wirtschaftspolitischen Druck ausüben, dass alle, die jetzt, wie
die Landwirtschaft, aber auch Kreisky, fürs Durchziehen sind,
dann sehr bald kapitulieren werden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Laß in den Protokollen von Willenpart genau
festhalten, wie die Landwirtschaftskammer jetzt die harte Linie
verfolgt.
Die AK stimmt nach heftiger Diskussion zu, dass die Auszeich-
nungen § 68, Führung des Staatswappens, grosszügiger von ihr
beurteilt wird. Aus mir vollkommen unerklärlichen Gründen ist
die Arbeiterkammer restriktiver als die zur Einreichung ver-
pflichtete Handelskammer. Wenn jetzt Fremdenverkehrsbetriebe
in stärkeren mit der Führung des Staatswappens geehrt werden sollen,
so kann es uns doch nur recht sein. Früher haben die Handelsminister
aus dieser Verleihung weiss Gott ein Riesenaufsehen gemacht.
Wenige, meistens Grossbetriebe wurden damit ausgezeichnet. Jetzt
obliegt es nur mehr den Beamten zu prüfen, ob die gesetzlichen
Voraussetzungen gegeben sind, trifft dies zu, dann kann es
von mir jedermann bekommen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Lass eine Zusammenstellung machen, wieviele
früher und wieviele jetzt bereits von uns ausgezeichnet wurden.
AK hat nur grosse Bedenken, dass die Konsumenten diese Auszeichnung
als Qualitätszeichen beurteilen und dadurch getäuscht werden.
Angeblich kommen immer wieder Fälle vor, wo das Staatswappen
nicht nur im Briefpapier, sondern auch auf die Produkten geklebt
werden. Dies wird Sekt.Chef Jagoda genau prüfen müssen. Dr. Koppe,
VKI, möchte dies insbesondere auch mit dem neuen Verein
zur Förderung des Absatzes österreichischer Waren gekoppelt
wissen. Dieser Verein wird sich jetzt endlich am 17. Juli
konstituieren. Neue Titel soll "Made in Austria", abgekürzt "MIAU",
sein. Ich weiss nicht, ob tatsächlich es möglich ist, einen
solchen Titel ohne Verwechslung zu führen. Das A-Zeichen sollte
dann verwendet werden dürfen, wenn 50 % und ein wesentlicher
Bestandteil, so wie eben jetzt schon dieser Verein, der bei der
Handelskammer unter demselben Namen firmiert, verwendet. Das
Budget wird 5,9 Mio betragen, je 2,7 Mio Handelsministerium
und die Handelskammer, 100.000 die Arbeiterkammer, eine einmalige
Subvention der OeNB von 500.000 S. Der Verwaltungsaufwand soll
nur 300.000 S ausmachen, der Rest soll in konkrete Werbemass-
nahmen verwendet werden. Ich habe den Verdacht, dass es Koppe
hier wieder einmal gelungen ist, den Verein für Konsumenteninfor-
mation einen neue Einnahmequelle zu erschliessen. Unbefriedigend
ist, dass es fast ein Jahr gedauert hat, bis die an und für sich
gute Idee "Kauf Dir Deinen Arbeitsplatz – Kauft österr. Waren"
jetzt konkrete Gestaltung annimmt. Wenn dann noch dazukommt,
dass letzten Endes mit den fast 6 Mio bestehende Arbeitsgemein-
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schaften oder der VKI nur zusätzliche Geldmittel bekommen und
sonst sehr wenig geschieht, ist diese an und für sich gute Idee
auch in die Binsen gegangen. Koppe meint, zur aktiveren Gestaltung
wäre es dringend notwendig, eine Kennzeichnungsverordnung für das
"A" auf Grund des UWG § 32 zu erlassen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte besprich dies mit den zuständigen
Stellen.
Beim Milchpreis wird festgehalten, dass die Berechnungen von der
Arbeiterkammer und ÖGB so erfolgen, dass vorerst überhaupt keine
Trinkmilchpreiserhöhung notwendig ist. Da die Landwirtschaftskammer
sicherlich 50–60 Groschen Berechnungen für Verbraucherpreis-
trinkmilch vorlegen wird resp. zumindestens verlangen wird,
könnten wir uns dann vielleicht doch bei 40 Groschen einigen.
Bezüglich des Getreidepreises wird in Aussicht genommen, für
Qualitätsweizen 10 Groschen und für den Roggen 5 Groschen zu
geben. Bei Durum besteht überhaupt keine Notwendigkeit, derzeit
wurden die ha-Anbauflächen von 7.000 im vergangenen Jahr auf 11.000
dieses Jahr erhöht. Da der Bedarf an Durumweizen damit gedeckt ist,
bräuchte kein weiterer Preisanreiz mehr gegeben zu werden.
Dr. Mold, AK, beschwert sich bitter, dass wir die Preistreiberei-
bestimmungen der Judikatur angepasst haben. Die Handelskammer
lehnt diesbezügliche Wünsche der Arbeiterkammer, in anderen Gesetzen
so vorzugehen, ganz strikt ab. Ebenso beschwert sich Zöllner, dass
bis jetzt nichts gegen die Aussenhandelsförderungsbeiträge durch
das Handelsministerium unternommen wird. Zöllner wäre daran
sehr interessiert, die ganz konkreten Handelskammereinnahmen zu
erfahren. Da er selbst die Gefahr sieht, dass diesbezügliche In-
formationen Präsident Sallinger sehr verärgern würden, ja sogar
vielleicht wenn es zu einer Senkungsdebatte käme, die Sozialpart-
nerschaft ernstlich gefährden würde, wird er momentan davon Abstand
nehmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Sallinger, wenn er in
diesem Punkt bemerkt, dass die AK, insbesondere Zöllner sein mühsam,
aber sehr aufwendiges Gebäude angreift und dann in seinen Augen
zerstören will, sofort mit dem Präsidenten Benya und Czettel Ge-
spräche führen wird. In diesem Fall werden diese Zöllner entsprechend
zurückpfeifen. Zöllner wird also viel Staub aufwirbeln und sicherlich
keinen Erfolg erzielen können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Erkundige Dich vorsichtig, was Bachmayer in der
Angelegenheit Veredelungsverkehr bis jetzt unternommen hat.
Tagesprogramm, 16.6.1978