Montag, 13. Feber 1978
Beim Jour fixe war nur Sallinger und ich bedankte mich bei ihm
für den Beschluss in der ÖVP-Bundesparteileitung wegen der Reso-
lution zur Kernkraft. Sallinger hatte dort mit Energiesprecher König
stundenlang gegen die Phalanx und die Taus'sche Absicht gekämpft,
eine vage Erklärung zur Kernkraft und vor allem ein Moratorium
von etlichen Jahren zu beschliessen.
Sallinger schlug mir vor, den Industrieminister von Nigerien einzu-
laden, allerdings erst bis das neue Budget im März beschlossen ist,
weil dort meistens gleichzeitig auch bei Budgetbeschluss Minister-
wechsel vorgenommen werden. Im Prinzip erklärte ich mich einverstanden,
weil ich ja vor längerer Zeit bereits dem Wunsch des österr. Bot-
schafters und Handelsdelegierten Rechnung tragend diese ermächtigt
hatte, den Handelsminister einzuladen.
Das Institut für Gewerbeforschung an der Wirtschaftsuniversität,
Prof. Hruschka, soll jetzt nach Vorschlag vom Wissenschaftsministerium
vergrössert werden und neben Betriebswirtschaftslehre auch noch
Industrie- und andere Sparten einbezogen werden. Dagegen spricht
sich sowohl der Institutsleiter Prof. Hruschka als auch die Handels-
kammer entschieden aus. Ich erkläre mich, darin nicht einmischen zu
wollen, und verweise nur darauf, dass wir grosszügig Subventionen
noch immer dem seinerzeitigen Heinrich-Institut geben.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND WANKE: Wieso kommt es zu dieser Ausdehnung
des Instituts gegen dessen Willen?
Sekt.Obmann Dr. Ebert soll einen Orden bekommen, der der Handels-
kammer als zu gering erscheint. Sallinger meint, statt des Ehrenzeichen
am Frack möchte er eines für den Hals. Angeblich kann, wenn die
Gemeinde Wien den Antrag einbringt, der Bundespräsident diesen Ordens-
grad ihm verleihen. Ich wäre sehr dafür, denn Ebert hat im Konsumenten-
beirat sehr loyal immer mit uns zusammengearbeitet.
ANMERKUNG FÜR HIRSCH UND WAIS: Bitte womöglich den Wunsch der Handels-
kammer erfüllen.
Die Bundeskammer möchte für den Wienerwald-Besitzer einen Dienst-
pass beantragen und fragt, ob ich etwas dagegen habe. Da Jahn zwar
gleichzeitig Schweizer Staatsbürger ist, jetzt aber in den Oststaaten
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eine Wienerwald-Kette aufbauen soll, sehe ich darin eine gewisse
Begründung.
Eine Salzburger Firma Reinartz soll das Staatswappen bekommen, hat
aber derzeit noch eine ungetilgte Strafe wegen eines Devisenvergehens.
Ich erkläre sofort, solange dies nicht getilgt ist, besteht keine
Aussicht, dass das Handelsministerium im normalen Verfahren einen
diesbezüglichen Antrag positiv befürwortet.
Vier Fälle § 68 sind noch offen, die Fa. Braun, Einrichtungshaus,
sowie die 1975 abgelehnte Firma Brack & Matzke , die ebenfalls, wenn
Braun die Auszeichnung bekommt, das Staatswappen zu führen, gleich
behandelt werden müsste. Springers Erben , Weichselbraun, die ein
Waffengeschäft betreibt und die Firma Berger in Schwanenstadt, die
jetzt sogar schon einen Betriebsrat hat, weswegen seinerzeit ein
negatives Votum vorgesehen war.
ANMERKUNG FÜR HIRSCH: Bitte wie liegen diese Fälle?
In der schweizerisch-österreichischen Kommission, wo über Warenliefe-
rungen und Exporte verhandelt werden soll, sind die Vororte in
einer Art Industriellenvereinigung vertreten. Deshalb hat die Industri-
ellenvereinigung bei uns den Dr. Weber als Mitglied vorgeschlagen.
Die Handelskammer, die darauf sehr allergisch reagiert, schlägt des-
halb wie bei der deutsch-österreichischen Kommission vor, dass
Weber als Experte der Bundeshandelskammer delegiert wird. Ich
erkläre mich dafür nur einverstanden, dass er als Handelskammer-
Delegierter in die Kommission kommt. Nachmittags teile ich dies
bei einer Besprechung mit den Aussenhandelsdelegierten Westeuropa
gleich Sekt.Chef Meisl in Anwesenheit von Dr. Gleissner mit.
Der Wunsch der Gemeinwirtschaft, Stadtrat Nekula und Pröpsting,
wegen einer Aussprache über das Grundsatzprogramm der Handels-
kammer mit dem Präsidenten, welches mir seinerzeit zugesagt wurde,
urgiere ich neuerdings. Sallinger erklärt mir sofort, dass beab-
sichtigt war, im Feber dieses Gespräch zu führen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mich mit Nekula verbinden.
Sallinger ruft Dr. Vavra, der mir auseinandersetzt, warum im
Preisunterausschuss noch der Gaspreis für die ÖMV festgesetzt werden
soll, damit BEGAS und NIOGAS ihrerseits die Preiskorrekturen vor-
bereiten können. Ich setze beiden auseinander, dass ich auf Wunsch
der Arbeiterkammer, insbesondere aber jetzt von Oberösterreich
und auch von Industriebetrieben einen gesamtösterreichischen Gas-
preis festsetzen muss, und zwar im Zuge der amtlichen Preisregelung.
Die Handelskammer wird das ganze Problem bei der nächsten Präsidenten-
besprechung mit den Interessensvertretungen neuerdings beraten.
Sowohl der Kurier als auch die Presse und Volksblatt greifen immer
wieder die Auseinandersetzung Engelmayer/Pleschiutschnig auf
und kündigen jetzt an, dass im Parlament eine diesbezügliche Anfrage
an mich erfolgen wird. Auf Vorschlag Dr. Heindl und Sekt.Chef Kazda
schreibe ich als Zwischenerledigung an Engelmayer mein Erstaunen,
überall in den Zeitungen vorher zu lesen, bevor man mit mir darüber
gesprochen hat. Vor allem aber verwundere ich mich über die Behauptung,
mit mir nicht reden zu können. Wiesinger bestätigt sowohl Kazda als
auch mir, dass noch niemals ein gewünschter Aussprachetermin nicht
zustandegekommen wäre. Wenn Verschiebungen notwendig waren, dann
meistens weil Engelmayer keine Zeit dazu hatte. Für mich ist
es gar keine Frage, dass die Personalvertretung jetzt die aufgezeigten
Vorwürfe gegen Plesch dazu benützen will, um meine ganze Personalpoli-
tik zu diskriminieren . Bis jetzt haben sie dazu keine günstige
Gelegenheit gehabt und jetzt glauben sie mit ungeheuerlichen Behaup-
tungen eine gute Basis dafür zu haben. Ich ersuche deshalb Kazda
neuerdings, gewissenhafteste Prüfung und aktenmässiges Festhalten
jeder einzelnen Beschuldigung. Zum Glück ist dieser Streit erst
jetzt ausgebrochen, wo Sekt.Chef Kazda für eine diesbezügliche
Frage allein zuständig ist. Für ihn sicherlich ein unangenehmer
Einstand. Für mich derzeit allerdings die einzige Möglichkeit, mich
von dem Vorwurf, ich deckte ungesetzliche, ja teilweise sogar
strafrechtliche Anschuldigungen, die allerdings durch gar nichts
bis jetzt bewiesen, reinzuwaschen. Kazda muss nur trotz grösster Ge-
wissenhaftigkeit diese Untersuchungen sehr schnell führen.
Im Pressefrühstück berichtet Fälbl über die Preise in der Sowjet-
union. Als einzige Frage wird nur die Anregung Kossygins, Österreich
könnte sich der Transfer-Rubel bedienen, von einem Redakteur zur
Debatte gestellt. Hier gibt es nicht nur grosse Schwierigkeiten
mit dem COMECON-Vertrag, der die Transfer-Rubel nur innerhalb
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des COMECON vorsieht, sondern ohne dass ich es dort sage, auch der
Wunsch aller anderen Oststaaten, nicht in die Transfer-Rubel-Zahlung
westliche Leistungen einzubeziehen. Ich kann mich auch noch gut erinnern,
wie zwischen CSSR und Polen wegen der Stromlieferungen ebenfalls
Teilleistungen in Transfer-Rubel sehr strittig waren, weil jeder
immer freie West-Devisen bekommen möchte.
Hillebrandt berichtet über das ungarische Jahresprotokoll, mit Ungarn
haben wir kein Ressortübereinkommen sondern sogar ein Regierungs-
übereinkommen. Die Kontingente, berichtet Hillebrandt stolz, wurden
von 5,8 Mia S auf 7 Mia S erhöht. Dass es sich dabei um lauter Haus-
nummern handelt, geht darauf hervor, dass wir im vergangenen Jahr
nur für 5 Mia S tatsächlich Exporte tätigen konnten. In einzelnen
Produkten mag es sogar für die Ungarn von Bedeutung sein, bei
Zellulose und Glas wurden 50 % die Kontingente erhöht, bei Bier von
30 Mill. auf 45 Mill. hl. Da wir unsererseits die Einfuhr liberalisiert
haben, frage ich mich, wozu wir dieses ganze Jahresprotokoll da stän-
dig immer wieder vergrössern, uns womöglich nicht einigen können,
dann das alte auf ein Jahr weiter verlängern usw. Die Ungarn haben
diesmal besonders auf die Benachteiligung durch die Zollmassnahmen
hingewiesen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte eine Aussprache Meisl, Hillebrandt
und mir wie es mit Ungarn weitergehen soll, vorbereiten.
Donhauser referierte über die flexible Verpackung, Neuhold über die
Glascontainer und Rath über die Altpapiersammlung. Hier war selbst-
verständlich von den Journalisten wesentlich mehr Interesse, da
es sich um ein aktuelles, für alle Leser verständliches und, wie
die Zeitungen sicher glauben, auch interessantes Problem handelt.
Ein gewisser Redakteur Grinschgl von der Furche wollte ein Inter-
view über Energiefragen. Seine Fragen hat er aufgeschrieben, die
Antworten aber schreibt er dann umständlich mit. Wenn er schon
nicht stenographieren kann, dann sollte er sich zumindestens ein
Diktiergerät beilegen, um zu prüfen, ob die Antworten, die er
dann noch gerade mitschreiben kann, auch tatsächlich meinen Aussagen
entsprechen. Ich verstehe beim besten Willen nicht, wieso so unzu-
länglich Interviews zustandekommen müssen. Zum Glück war Reg.Rat
Puffler, den ich ausdrücklich ersuchte, anwesend.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Was wird bei dem Interviews wirklich herauskommen?
Alle Jahre wieder kommt der Arbeitsbauernbund, um mir Blumen zu
bringen und anschliessend die Miss Bonbon, der ich dann diese
Blumen geben kann. Der Präsident dieser Zuckerlverkäufer-Vereinigung
betrachtet Gott sei Dank diesen Weitergabetausch nicht als eine
Beleidigung, sondern als eine Ersparungsmassnahme , die ja auch wirklich
ist.
Bei der Aussenhandelstagung West-Europa versucht der deutsche
Handelsdelegierte Taurer nur seine Erklärung, warum wir ein so
grosses Handelsbilanzdefizit in Westeuropa haben, besonders deutlich
mir vorzutragen. Die Erklärung liegt darin, dass ich dann abends im
Zeit im Bild feststelle, dass er ganz grosse Interviews gegeben hat,
wo er auch auf die Hartwährungspolitik im besonderen hinweist. Ich
habe den Handelsdelegierten schlüssig nachgewiesen, dass die bis-
herige Abwertungspolitik von Schweden das dortige Wirtschafts-
problem nicht gelöst hat, nur jetzt eine 13 %-ige Preissteigerung
auslöste, Norwegen hat jetzt, wie zwar die Handelskammer meint,
nach der 8 %-igen Abwertung einen Lohn- und Preisstop verfügt,
von dem sie aber selbst zugeben muss, dass dieser nur ganz kurze
Zeit halten wird. Ich bin sehr gespannt, welche Folgen die dortige
Abwertung zeigen wird. Sicherlich dieselben Ergebnisse wie in
Schweden und damit auch nicht sehr zielführend. Gleissner behauptet,
dass zweimal die österreichische Nationalbank autonom den Schilling
und zwar in Gefolge von DM-Aufwertungen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte lass mir eine simple Erklärung mit
den Daten ausarbeiten.
Mit Gen.Sekr. Mussil und Hofstetter, sowie Winkler, Kehrer und
Verzetnitsch gelingt des Jagoda und mir, endgültig die letzten
Formulierungs- und Abänderungswünsche zum Berufsausbildungsgesetz
zu formulieren. Im Handelsausschuss kann daher die Novelle zum
Berufsausbildungsgesetz hoffentlich einstimmig, d.h., dass sich
auch die Freiheitliche Partei der Novelle anschliesst, beschlossen
werden. Hofstetter gibt mir nachher unter vier Augen recht, dass
es der letzte Zeitpunkt war, dieses Problem, wie wir jetzt alle
froh sind, so zu lösen.
Mussil teilt mir mit, dass er noch immer nicht für den Unterausschuss
des Handelsausschusses wegen der Kernkraftproblematik nominiert
wurde. Eine Rücksprache mit Präs. Sallinger führt dazu, dass
dieser vor mir Mussil ersucht, sich für diese Arbeit zur Verfügung
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zu stellen. Ich bin sehr überrascht, vom Klubobmann Fischer bei
der Regierungsvorbesprechung zu erfahren, dass angeblich die
ÖVP als 5 Vertreter: Staudinger, König, Wiesinger, Hubinek und
jetzt als letzten Hietl vom Bauernbund nominiert haben soll.
Ich verspreche, mich unverzüglich mit Sallinger ins Einvernehmen
zu setzen. Fischer schlägt einen Entschliessungsentwurf vor, der
im operativen Teil, wie er sich ausdrückt, hoffentlich die Zustimmung
der ÖVP bekommen wird. Ich bin mit dieser Formulierung, die sehr
geschickt ist, hundertprozentig einverstanden. Auch Kreisky stimmt
dem zu. Leodolter, die nachher von mir diesen Entwurf erörtert be-
kommt, meint auch, dies wäre die beste Lösung. In der Minister-
ratsvorbesprechung macht Kreisky nur darauf aufmerksam, dass
jetzt die Iraner wegen eines Atommüll-Lagers sehr positiv scheinbar
reagieren. Kreisky hat nur politische Bedenken, weil die gesamte
persische Opposition ausserhalb Irans sich gegen Österreich wenden
wird. Trotzdem, meint er, sollten die Verhandlungen fortgeführt
werden. Gleichzeitig teilt er mit, dass auch Ägypten, und zwar der
Energieminister Sultan und angeblich der ägyptische Botschafter
ihr Interesse an einer Lagerung in Ägypten bekundet haben.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit mit Nentwich sofort verbinden.
Die wichtigste, um nicht zu sagen einzige grosse Diskussion in der
Regierungsvorbesprechung ist nach wie vor die Spitalsfinanzierung.
Stadtrat Mayr vertritt nah wie vor die Länderwünsche, die wollen
alles womöglich selbst aufteilen und nur in einer Bandbreite von
5 % könnte das Gesundheitsministerium entsprechende Vorschläge,
die aber auch im Rahmen der Länderkontingente gemacht werden
müssten, den Ländern dekretieren. Sekanina, der ausdrücklich von
Kreisky zur Regierungsvorbesprechung eingeladen wurde, distanziert
sich von den Zeitungsmeldungen. Er selbst liegt nach wie vor
auf der Linie, es müsste das Gesundheitsministerium entsprechende
Einflussmöglichkeiten haben und es soll ein Fonds geschaffen werden.
Kreisky ist wieder mit Leodolter-Vorschlag: 650 Mill. S neben der
1,6 Mia Betriebsabgangsdeckung nach Leistung zu verteilen, und zwar
nach Bettenanzahl, Pflegetage und Verweildauer, nicht einverstanden.
Kreisky möchte weitestgehende Einflussnahme des Gesundheitsministeriums
über einen Spitalsfonds. Die Verhandlungen sollen jetzt mit Stadtrat
Mayr fraktionell fortgeführt werden, wenn sie scheitern, würde Kreisky
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den grössten Teil der Budgetmittel, auf alle Fälle mehr als jetzt,
dann dem Gesundheitsministerium zur zentralen Verwaltung über-
antworten. Bezüglich der grossen wissenschaftstechnischen UNO-Ta-
gung, die nur mit einer in Schweden durchgeführten grossen UNO-
Tagung vergleichbar ist, schlägt Kreisky vor, sollte Slavik, der
die Stadtverwaltung am besten kennt und jetzt genug Zeit hat und ein
tüchtiger Organisator ist, damit bestellt werden. In Schweden
war es so, dass ein 33 Mitglieder umfassendes Organisationskomitee
zur Durchführung bestellt wurde. Kreisky hat – wie er schon das letzte
Mal sich ausdrückte – grosse Bedenken über die gute Abwicklung einer
solchen Monsterveranstaltung. Mit Recht fürchtet er, wenn diese
daneben gehen würde, wäre Wien als UNO-City-Stadt diskreditiert.
Tagesprogramm, 13.2.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)