Donnerstag, der 26. Jänner 1978 bis Sonntag, der 29. Jänner 1978

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Donnerstag, 26. Jänner bis Sonntag, 29. Jänner 1978

Der ÖMV-Vorstand – Bauer, Feichtinger, Meszaros, Prof. Mackowski
und Dr. Schmalzbauer – auf der einen Seite, Sekt.Chef Frank, die Min.
Räte Mock und Mayer auf der anderen Seite stritten einmal mehr über
die Verträge der ÖMV. Die alten Aufsuchungsverträge sind abgelaufen,
derzeit ein vertragsloser Zustand, rechtlich sicherlich eine unan-
genehme Situation, da die ÖMV auf der einen Seite illegal arbeitet, die
Bergbehörde auf der anderen Seite diesen Fall sanieren muss. Der
alte Vertrag, den noch Vizekanzler Bock und Kamitz 1957 abgeschlossen
haben, hatte Bestimmungen, die für die ÖMV in der praktischen Arbeit
fast unerträglich gewesen sind. Wahrscheinlich hätte die ÖMV auch bei
einem neuen Vertrag nicht so hart verhandelt, um eben solche Bestim-
mungen nicht mehr in den Vertrag hineinzubekommen, wenn sie nicht
befürchtete, dass die Oberste Bergbehörde jetzt dann auch auf Einhaltung
solcher Vertragsbestimmungen beharren würde. Die gespannten Verhältnisse
zwischen der ÖMV und Sekt.Chef Frank finden hier ihren Niederschlag.
Frank verlangt jetzt eine Absicherung in sehr harter Form, dass die
ÖMV die Aufsuchungsverträge so akzeptieren muss, wie nach seiner Meinung
die weiteste Garantie besteht, dass entsprechende finanzielle Auf-
wendungen gesichert sind, die auch gegebenenfalls vom Wirtschaftsprüfer
geprüft und von der Obersten Bergbehörde sanktioniert werden und bis
zur Bucheinsicht nachgewiesen werden müssen. Die Oberste Bergbehörde
wollte, bevor sie einen Vertragsentwurf ausarbeitet, grundsätzliche
Einigung über die wichtigsten Punkte dieses Vertrages. Mit der RAG
ist dies gelungen. Die ÖMV wehrt sich dagegen, in einigen Bestimmungen
sicherlich zurecht. Andererseits wieder sind die Zeiten vorüber, wo
die Oberste Bergbehörde alles gemacht hat, was die ÖMV wünschte, ja manch-
mal sogar nur dachte. Dazu kommt jetzt leider der persönliche Gegen-
satz zwischen Bauer und Frank. Wo sind die Zeiten, wo Gen.Dir. Bauer
mir noch einreden wollte, die beste Lösung sei, die ÖMV käme ins
Handelsministerium als Oberste Aufsichtsbehörde und gleichzeitig Eigentumsvertreter.. Damals wollte er unbedingt von der ÖIAG weg – ich hatte
dies damals ganz entschieden abgelehnt. Nach längerem Streit einigten
wir uns darauf, dass noch einmal eine Grundsatzaussprache stattfinden
soll, um die wichtigsten offenen Punkte zu bereinigen und dann die
ÖMV einen Vertragsentwurf vorlegen wird. Sollte es darüber wieder zu
keiner Einigung kommen, so muss ich mich halt neuerdings einschalten.
Der Vorteil der jetzt vorgesehenen Lösung liegt primär darin, dass
die ÖMV jetzt eine Möglichkeit hat, ihre Wünsche zu formulieren, sicher-
lich war es auch seinerzeit vor 20 Jahren genauso. In der Zwischenzeit


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ist nur ein wesentlicher Wandel in der Konzeption der Obersten Berg-
behörde eingetreten. Hoffentlich gelingt es, eine einigermassen
befriedigende, für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.

ANMERKUNG FÜR HIRSCH: Lass Dir von Mock über den Vorgang berichten.

Wenn ich zwei Journalisten hintereinander zu Interviews empfangen muss,
dann weiss ich erst, wie vorteilhaft unser Pressefrühstück jede Woche
ist. Diese Einzelinterviews kosten viel Zeit, bringen verhältnismässig
wenig, ausser man möchte über den Interview-Partner entsprechende
Politik machen. Kreisky beherrscht dies hervorragend, doch beabsichtige
ich nicht, diese zeitaufwendige und auch nicht meinem Stil entsprechende
Pressepolitik zu machen. Trotzdem wird es sich nicht verhindern lassen,
ganz besonders ausländischen Journalisten ab und zu eine solche Möglich-
keit zu geben.

Austroplan möchte sich im Ausland als Consulting-Firma mit einschalten
und hofft, dass das Handelsministerium es in jeder Beziehung unter-
stützen wird. Die Notwendigkeit von Consulting-Firmen, um österr. Export-
aufträge zu bekommen, steht ausser Zweifel. Wir bräuchten in Wirklichkeit
noch wesentlich mehr solcher Consulting-Firmen, die wie die Erfahrung
zeigt, die Grundlage sind, um durch Ausarbeitung von Projekten und dann
auch gleichzeitig von Auschreibungen abzusichern, dass solche Ausschreibungen
dann weitestgehend den Wünschen österr. Exporteure entsprechen. Andere
Staaten handeln dies ganz erfolgreich, manchmal auch mit ungeheurer
offener Brutalität.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lass bitte klären, wieso Willenpart sich für die
Austroplan so interessiert.

Bei der Pressefahrt – Besichtigung von Zwentendorf – und anschliessender
Pressekonferenz wurde ich vorher von Dir. Nentwich informiert, dass
de Gespräche am Vortag mit Bgm. Zottl bei der GKT sehr erfolgreich
verliefen. Die finanziellen Vorstellungen waren so, dass die Gemeinde
Alberndorf erwartete, dass 300 Mill. S insgesamt verbaut werden und
sie ca. 10 Mill. S für erwartete Unbill bekommen würden. Diese Beträge
seien überhöht, wie mir auch nachher Gen.Dir. Erbacher bei der feier-
lichen Eröffnung der 380 KV-Leitung mitteilte. Im Prinzip aber war sowohl
Erbacher als auch Nentwich der Meinung, dass man die Gemeinde finanziell
stark unterstützen müsste. Nentwich hatte mit Bgm. Zottl vereinbart,
dass beide Teile auf Anfragen der Presse erklären sollten, dass ein


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solches Gespräch stattgefunden hat, welches abzuklären beabsich-
tigte, ob die Lagerung von Brennstäben in Alberndorf möglich sei.
Selbstverständlich wurde ich dann bei der Pressekonferenz gefragt,
da bereits im Mittagsjournal Bgm. Zottl ebenfalls eine solche Frage da-
hingehend beantwortete, dass die Gemeinde sich mit diesen Überle-
gungen befasse. Vielleicht machte ich einen Fehler, indem ich wahr-
heitsgetreu zwar berichtete, dass der Bgm. wegen der Einlagerung von
Brennstäben zu mir kam. Unter zu mir verstand ich ins Handelsministe-
rium. Zottl selbst versuchte dann im Laufe der nächsten Tage inso-
ferne abzuschwächen, als er unter dem Druck, welchem er von anderen
Bürgermeistern und vor allem der Atomkernkraftwerksgegnern ausgesetzt
war, keinen anderen Ausweg mehr sah. Nentwich informierte mich
ständig über den Psycho-Terror, dem die Gemeinde Alberndorf und
ganz besonders Zottl ausgesetzt sind. Bei der Eröffnung der
380.000-KV-Leitung im Umspannwerk Westtirol nützte ich die Gelegen-
heit, um mit prononcierten Vertretern der Elektrizitätswirtschaft,
die der ÖVP angehören, sowohl Präs. Weiss, ehemaliger Elektrizi-
tätsminister, und auch Dir. Zach, ja selbst Landesrat Bassetti
waren über die Reaktion der ÖVP wegen Errichtung eines Zwischenlagers
erstaunt, um nicht zu sagen verbittert. Weiss und Zach versicherten
mir, sie hätten ununterbrochen sich eingesetzt, um eine vernünftige
Lösung zu erreichen, seien aber nicht durchgekommen. Beide gaben
der Überzeugung Ausdruck, dass eine sachliche Lösung dringendst
notwendig ist. Sie befürchten, dass wenn aber die ÖVP einer Lagerung
in irgendeiner Weise durch einen Beschluss des dafür zuständigen
Gesundheitsministeriums zur Kenntnis nimmt, die ÖVP im Parlament
in Form Zustimmung zu einer Entschliessung sozusagen die ganze Frage
aus dem politischen Tagesstreit heraushält, dann Kreisky letzten
Endes vor den Wahlen kommen würde und erklärt, er persönlich habe
schon immer Bedenken gegen die Kernkraftwerke geäussert. Ich liess
keinen Vertreter der Elektrizitätswirtschaft im Zweifel, dass wenn
es zu keiner befriedigenden Lösung kommt, das Kernkraftwerk Tullnerfeld
nicht in Betrieb gehen kann, dass das finanzielle Ende der E-Wirtschaft
ist. Der Bund wird keine Subventionen geben, nicht einmal der
Verbundgesellschaft, Strompreise werden aus diesem Grund, wie
Benya dezidiert erklärt hat, nicht erhöht werden können, sodass
die finanziellen Reserven der E-Wirtschaft, sowohl der Verbund-
gesellschaft als auch der Landesgesellschaften, die an dem Kernkraft-
werk beteiligt sind, in den nächsten Jahren aufgezehrt werden.
Uberrascht war ich persönlich über die unfaire und ungeheuer


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aggressive Reaktion der Kernkraftwerksgegner und der Bürgermeister
des Weinviertels. Zwischen Haugsdorf und Alberndorf gibt es
wegen der Trennung der Gemeinden natürlich eine alte Spannung,
um nicht zu sagen Feindschaft. Dies war mit einer der Gründe,
dass sofort, wie Zottl dies auch in der Öffentlichkeit sagte, von
oben herab eine Aktion gegen ihn gestartet wurde. Der Bezirkshaupt-
mann, den die ganze Sache am wenigsten angeht, organisierte angeblich
sofort eine entsprechende Versammlung aller Bürgermeister mit
Ausnahme von Zottl. Wie weit er hier auf Weisung oder Wunsch LH
Maurers gehandelt hat, kann ich nicht feststellen. Dass es Maurer
nicht ungelegen kam, konnte ich aus einem Fernseh-Interview entnehmen,
wo Maurer darauf hinwies, eine Gemeinde hat zwar das Recht, es zu
beschliessen, man muss aber doch auch die Bürgermeister des Gebietes
hören. Ich hätte niemals erwartet, dass ein so massiver Druck auf
einen Bürgermeister ausgeübt werden kann. Als ich ihn persönlich
von Tirol aus anrief, kam ich mit der Nummer direkt an seinen
Apparat, doch er getraute sich dann erst mir Namen zu melden, bis
er bemerkte, dass ich als Minister anrief. Schon allein aus dieser
verschreckten Reaktion und auch aus seinem Stimmfall konnte ich
entnehmen, in welch ungeheurem seelischem Zustand sich dieser Mann
befindet. Ob unter diesen Umständen die Idee aufgeht, dass sich
gegebenenfalls andere Gemeinden insbesondere für das Lager
und den echten Atommüll melden werden, bezweifle ich jetzt. Meiner
Meinung nach wird trotz des verlockendsten Angebotes der E-Wirtschaft
keine Gemeinde mehr wagen, sozusagen aus der Phalanx der ÖVP-Linie
in NÖ auszubrechen. Die Entwicklung des Gesprächs-Versuches von
Alberndorf wird abschreckend für alle wirken. Ich sehe aus diesem
Dilemma keinen anderen Ausweg, als zu versuchen, den Atommüll tat-
sächlich ins Ausland zu bringen. Selbst aber wenn dies vertraglich ge-
lingt, müssten wir für alle Fälle, dass das Ausland dann doch den Atom-
müll oder die abgebrannten Brennelemente nicht übernimmt, Vorkehrungen
im Inland treffen. Gen.Dir. Gruber von der NEWAG und gleichzeitig
auch Aufsichtsratsvorsitzender der GKT möchte noch immer, wie mir
Nentwich mitteilte, am liebsten das Lager in Zwentendorf am Sitz des
Kernkraftwerkes selbst errichten. Vielleicht spielt hier auch die
Überlegung bei ihm mit, dies sei eine sozialistisch geführte Gemeinde
und man sollte daher auch dieser Gemeinde nochmals eine weitere Be-
lastung zutrauen und zumuten. Wir wir aus dem Dilemma herauskommen,
weiss ich jetzt nicht. Mein Appell an die Vernunft bei der Eröffnungs-
ansprache wird, fürchte ich, nicht allzu viel nützen.



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Bei meinem Rundfunk-Interview mit dem Bayerischen Rundfunk mit
einer direkten Leitung Innsbruck-München wurde ich schon zu
meiner Überraschung mit der Frage konfrontiert, was Österreich
mehr machen wird, um deutsche Gäste, insbesondere Bayern für einen
Urlaub nach Österreich zu veranlassen. Dasselbe Thema stand dann in der
zweitätigen Möglichkeit der Beeinflussung von eingeladenen Journa-
listen aus München zur Debatte. Der Pressemann der ÖFVW, Hofbauer,
versicherte mir, dass solche Aussprachen von eminent wichtiger Be-
deutung seien. Sein Grundsatz ist, was Journalisten fragen können
und einigermassen befriedigend beantwortet bekommen, schreiben sie dann
nicht mehr. Dies war primär auf die Kritik an der ÖFV-Politik
gedacht. Normalerweise würde man allerdings erwarten, dass ein
Journalist gerade über das, was ihn interessiert, auch, wenn es
kritische Stimmen gibt, darüber schreiben wird, Hofbauer hofft,
dass es bei den deutschen Journalisten anders ist. Burian hatte
Gelegenheit, mit dem schweigendsten Journalisten von der Bild-Zeitung
dann abends in der Bar mit ihm eine längere Aussprache. Auch dieser
war angeblich über meine legere Art, mich zu geben, sehr beeindruckt.
Ich hoffe, dass es tatsächlich möglich war, die deutschen Journalisten,
die bedeutende Zeitungen vertraten, einigermassen zu motivieren,
um vielleicht sogar direkt, zumindestens aber indirekt ein bisschen
Propaganda für Österreich in ihren Organen zu machen. Sollte
dies nicht der Fall sein, dann war ausser den sündteuren Aufwendungen,
Hochgurgl ist wahrscheinlich heute das teuerste Nest Österreichs,
ausser Spesen nix gewesen. Die Tiroler Vertreter insbesondere des
Fremdenverkehrsverbandes Ötztal waren über den Besuch sehr erfreut.
Sie haben die Journalisten auch deshalb sofort für den Sommer neuer-
dings eingeladen. Landesrat Bassetti, der über meinen Besuch im Prinzip
auch sehr einverstanden war, ihn auch sehr begrüsste, beschwerte
sich nur bei mir, dass er nicht zeitgerecht verständigt wurde. Der
Landesfremdenverkehrsdirektor Lässer sagte mir dann unter vier
Augen, dass auch er erst im letzten Moment und durch einen reinen
Zufall von meiner Anwesenheit und Absicht etwas erfahren hätte.
Eine solche organisatorische Panne darf uns nicht mehr passieren.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: In Hinkunft musst Du Dich mit dem Landes-
fremdenverkehrsdirektor direkt in Verbindung setzen.

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Tagesprogramm, 26.1.1978

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hs. Notizen (Tagesprogramm 26.1. Rückseite)

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Tagesprogramm, 27.1.1978


Tätigkeit: ehem. ÖVP-FM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD ÖMV


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM


      Einträge mit Erwähnung:


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: KR, Bundesgremialvorsteher Lebensmittelkleinhandel


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              Tätigkeit: GD NEWAG


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: ehem. ÖVP-Vizekanzler, Präs. Donaueurop. Institut, AR-Vors. Leykam


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: MR HM


                  Einträge mit Erwähnung:


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                      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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                        Tätigkeit: Pressechef ÖFVW


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Chef Energiesektion


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                            GND ID: 119083906


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                              Tätigkeit: Bgm. Alberndorf


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                                Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


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                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                  GND ID: 118566512


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: GD Verbund


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                                      Tätigkeit: Dir. ÖMV


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                                        Tätigkeit: ÖMV


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                                          Tätigkeit: ehem. ÖVP-Verkehrsminister, Präs. Verbund


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                                            Tätigkeit: OB


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                                              Tätigkeit: OB


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                                                Tätigkeit: Techn. GF KKW Tullnerfeld GmbH


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                                                  Tätigkeit: Landes-FV-Dir. Tirol


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                                                    Tätigkeit: ÖMV
                                                    GND ID: 132912112


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