Montag, der 16. Mai 1977

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Montag, 16. Mai 1977

Beim Jour fixe mit Mussil gab ich diesem eine Abschrift meines
Briefes an Lanner und Gorton, wegen deren Behauptung im Parlament,
dass ich statt im Plenum anwesend zu sein, mit den Handelsministern
ein Essen eingenommen habe. Mussil selbst fand diese Art als unfair.
Durch sein Verhalten in der Steuerfrage ist er aber innerparteilich
sehr stark angeschlagen.

Das Atomkraftwerk Zwentendorf sollte seiner Meinung nach in Betrieb
gehen und er erwartet, dass es zu einer fachlichen Lösung kommt.
Er selbst wird aber sicherlich auch dazu kaum etwas beitragen können.

Die Ölmühle, über die ich ihm auch referierte, möchte er am liebsten
mit einem gemeinsamen Projekt zwischen Unilever und Olioprot errichtet
sehen, Nur so glaubt er eine Garantie zu haben, dass nicht zwischen
den Produzenten und den Konsumenten repräsentiert durch die Konsum-
genossenschaftsbewegung der Lebensmittelhandel auch auf diesem
Gebiet ganz zerdrückt wird. Bei einer Aussprache, die ich dann
mit Gen.Dir. Büttner von der Unilever hatte, hat dieser mich er-
sucht, ich sollte eine gemeinsame Besprechung Unilever - Olioprot-Ver-
treter herbeiführen.

ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte Sitzungstermin vorbereiten.

Mussil möchte eine Erhöhung des 5 %-igen Gewerbesteueranteils für
die Gewerbestrukturverbesserung. Seiner Information nach sind die
2,3 Mia. Kreditvolumensantrag auf 4 – 5,5 Mia. Anträge gestiegen.
Ich erkläre ihm sofort, dass kaum eine Chance besteht, diesen
Prozentsatz zu ändern, wenn tatsächlich es nicht möglich sein
sollte, die entsprechenden Beträge unterzubringen, so würde eher
wie bei ERP eine Ersatzaktion vom Finanzminister finanziert werden.
Mussil urgiert, warum noch immer nicht für die Betriebsgründungs-
aktion der Beirat geschaffen wurde.

ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte Beirat endlich einberufen.

Mussil nimmt zur Kenntnis, dass jetzt gemeinsam ein Getreide-
konzept erarbeitet werden muss und ich daher nicht bereit bin, die
Getreidehandelsspanne um den 1.- S ab 1. Juli zu erhöhen. Mussil
ist fest davon überzeugt, dass die Regierung wieder wird nachgeben
müssen, da die Bauern nach ihrer Kalkulation bereits wieder über
20 Groschen Weizenpreiserhöhung verlangen.



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Der neue Fachverbandsobmann Oswald von der Schuhindustrie hat
auch Mussil ersucht, dass der Verein zur Förderung der Schuh-
industrie in der Fachverbandsgeschäftsführer Dr. Leopold auch
angehört und leitet, unseren Fachreferenten Giglinger dringend
benötigt. Er interveniert deshalb und ist sehr erfreut, von mir zu
hören, dass ich mit der Mitarbeit Giglingers sehr einverstanden
bin.

Die Vorstandsbesetzung der WTK, Zaininger geht in Pension, hat das
Bundeskanzleramt, Sekt.Chef Gatscha hatte nur die Absicht Dr. Heeger
als alleinigen Vorstand zu belassen. Ich bin nicht überzeugt, ob
Gatscha sich durchsetzen wird sondern fürchte eher, dass wie mir
Mussil auch andeutet, die ÖVP eine zweite Besetzung unbedingt
wünscht. Das Ganze fällt in die Kompetenz des BKA.

Bezüglich der Frage der Arbeitnehmer auf Abfertigung bei der
Fa. Roylon auf Grund einer Kriegsermächtigungs-Verordnung derzeit
in Vorarlberg bei Gericht anhängig, verweise ich Mussil, der
neuerdings dagegen investiert, an das Sozialministerium Sekt.Chef
Martinek.

Mussil möchte unter gar keinen Umständen, dass ein eigenes Reise-
bürogesetz wegen der Haftung kommt. Er glaubt auch, dass die
Gewerbeordnungsverordnungsermächtigung vollkommen ausreicht.
Mussil ist sehr beruhigt, daneben zu erfahren, dass die ange-
kündigte Produktdeklaration im Fremdenverkehr nicht gegen die
Fremdenverkehrswirtschaft sondern nur in deren Einvernehmen er-
stellt wird.

Die Industriesektion, Vizepräsident Seidl, verlangt innerhalb
des Präsidiums eine Novelle des Antidumpinggesetzes, wonach
Antidumpingzölle vorläufig festgesetzt werden können, ohne dass
ein Antidumpingverfahren bereits abgeschlossen sein muss. Diese
ursprüngliche Idee von Sekt.Chef Meisl bei der Erstellung des
Antidumpinggesetzes, damals von der Handelskammer abgelehnt, wird
jetzt von der Industriesektion aufgegriffen und mit aller Vehemenz
verlangt. Dagegen hat sich der Handel natürlich ganz entschieden
ausgesprochen. Mussil weiss nun nicht, wie er aus diesem Dilemma
herauskommen soll. Ich selbst werde natürlich solange nichts unter-
nehmen, solange nicht die Handelskammer selbst durch Präsidial-
beschluss dies von mir verlangt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte verfolge die entsprechenden Intentionen
in der Handelskammer.



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Mussil ist sehr überrascht von mir über das Schreiben der
Handelskammer an die Fa. Bickford wegen Importe der Reiss-
verschlüsse durch die Fa. Yoshida, die eine neue Fabrik im Burgen-
land errichtet hat, zu erfahren, dass ich nicht bereit bin, diese
unklare Haltung der Handelskammer hinzunehmen. Solange Yoshida
nur importiert hat, war es selbstverständlich, dass der pro-
duzierende Betrieb Bickford geschützt werden muss. Jetzt
produziert Yoshida selbst die Reissverschlüsse und braucht
nur mehr Teilimporte. Die Handelskammer ist scheinbar nicht im-
stande, innerhalb ihrer Bereiche eine befriedigende Abstimmung
zu erreichen. Deshalb redet sie sich wahrscheinlich in Dutzenden
von Fällen auf das Handelsministerium aus, ohne dass wir
dies erfahren. Bei dem Schreiben an Bickford sind wir auch nur
durch einen reinen Zufall draufgekommen.

Dem Journalistenfrühstück berichtet Gröger über die öffentlichen
Aufträge und das Bestreben des Handelsministeriums, Diversifi-
kation und Überkapazitäten vor allem besser zu nützen. Die
Meldungen des Fachverbandes an das Handelsministerium werden
an die ausschreibenden Stellen insbesondere des Bundes weiterge-
geben. Die Redakteure wollen wissen, ob dieses System auch auf
die Länder und Gemeinden ausgedehnt wird. Ich erkläre sofort,
dass ich darauf keinen Einfluss habe, bei entsprechender positiver
Entwicklung aber versuchen werde, es auch den Ländern und Gemeinden
schmackhaft zu machen.

Eine richtiggehende Diskussion ergibt sich bei diesem Presse-
frühstück über die Einstellung der Regierung resp. Spitzenfunk-
tionäre der SPÖ zur Atomenergie. Ich erkläre neuerdings die Si-
tuation und stelle einmal mehr fest, dass ich seitdem ich für
die Elektrizität verantwortlich bin, eine einheitliche Linie
habe, nämlich weder ein Atomfreund noch Atomgegner zu sein,
sondern die 730 MW im nächsten Jahr dringend benötigt werden.

Die Aussprache mit Gen.Dir. Gerbec, für die Lohnverhand-
lungen in der Bundeskammer zuständig, Präs. Harmer, Obmann der
Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Gen.Sekr. Mussil, Sekr.
Riegler vom Fachverband, Blümel und mir wegen der Lohnverhandlungen
der Fettarbeiter zeigt mir deutlich, dass die Handelskammer
alles nur vom prinzipiellen Standpunkt sieht und lösen möchte.
Gerbec ist der Verhandlungsleiter auch für die Metallindustrie,
wo er für 300.000 Beschäftigte mit Benya verhandelt. Jetzt möchte


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er von mir wegen der 670 Fettarbeiter eine ähnliche Lösung.
Ich lehne ganz kategorisch ab, dass ich auch in diesem Fall
keineswegs für Lohnverhandlungen mich zuständig fühle. Dafür
gibt es bei uns in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft die Verhand-
lungskomitees. Das Anbot der Unternehmer war 7,7 % gegen 8,3 %
die allerdings wahrscheinlich noch reduziert werden können.
Gerbec glaubte allen Ernstes und Mussil assistierte ihm dabei,
dass ich bereit wäre, die 7,7 mit ihnen abzusprechen und letzten
Endes zu beschliessen. Die einzige Chance, die ich sah und darüber
sollte man jetzt im Verhandlungskomitee weiter verhandeln, wäre
in Hinkunft nicht eine 12-Monats-Frist zu vereinbaren sondern nachdem
der Vertrag vom 1. Mai anläuft z.B. bis 15. Mai nach Pfingsten
nächsten Jahres, das wären nicht ganz 12 1/2 Monate laufen zu lassen.
Blümel wird versuchen, mit dem Verhandlungskomitee der Unter-
nehmer bei der nächsten Verhandlung eine Lösung zu finden.

Botschafter Komárek ersuchte mich, ich sollte Ende Juni nach
Bratislava zu einer Ausstellung kommen und mit Minister Barčák
zusammenzutreffen. Ich erklärte mich dazu für Freitag nach
der letzten Parlamentssitzung bereit, sofort hinunterzufahren
und am Samstag die Verhandlungen über die Stromdurchleitung der
polnisch-csl. Vereinbarung dann endgültig mit dem Minister eine
diesbezügliche Aussprache und Abkommen abzuschliessen. Bei dieser
Gelegenheit ersuchte ich, dass ich das Atomzentrum Bratislava
neuerdings besichtigen darf. Min.Rat Fälbl, der anwesend war,
wird die entsprechenden Vorbereitungen einleiten. Komárek, begleitet
von Attaché Kovaisa intervenierte neuerdings wegen Arbeitsgenehmigung
für csl. Arbeiter bei der Fa. Baugeologie. Ich teilte ihm mit, dass
der Sozialminister mir zugesichert hat, wenn Einzelanträge
für spezifische Projekte kommen, diese genehmigt werden. Bezüglich
der Einfuhr von Baumaschinen wird Fälbl mit dem Finanzministerium
jetzt endgültig klären, dass diese auf Zollvormerk nach Österreich
gebracht werden können. Komárek wird dies ebenfalls der Fa. Bau-
geologie empfehlen.

Da in Athen ein Bummelstreik herrscht, flog die AUA über Malta
nach Ägypten. Für mich war dies eine angenehme Abwechslung,
da ich wenigstens Malta jetzt einmal von der Luft aus sehen konnte.
Der Flughafen ist schon ähnlich wie die in Afrika. Malta selbst
ist in einer wirtschaftlich kritischen Situation und der ehemalige
Finanzminister aus Deutschland Möller, der jetzt für Ägypten einen


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Sonderbericht ausarbeitet, wurde auch von Dom Mintoff, dem
Ministerpräsidenten ersucht, er möge für Malta eine diesbezügliche
Studie erarbeiten. Möller wird es aber ablehnen, weil, wie er
mir versichert, als Sozialdemokrat nicht ein ebenfalls sehr
negatives Urteil über Malta fällen möchte. Beim Rückflug
aus Ägypten habe ich nämlich mit Möller über seinen Auftrag
für Sadat diesen Sonderbericht zu machen, diskutiert. Es ist
richtig, dass ca. die Ägypter mit 15 Mia. Dollar verschuldet sind.
Wenn die Ägypten kein Moratorium bekommen, dann muss die Wirt-
schaft zusammenbrechen, da sie überhaupt keine Importmöglichkeiten
mehr hätten, sondern nur mehr ihre Schulden zurückzahlen
müssten. Möller hat mit der Weltbank verhandelt und in Hinkunft mit
allen wichtigsten Lieferländern nach Ägypten. Dies gilt ganz
besonders für die OPEC-Öllieferstaaten, Saudi Arabien und die
Golfstaaten. Der Westen und diese arabischen Staaten wären dann
bereit, auf das Moratorium einzusteigen, wenn gleichzeitig
auch die SU bezüglich ihrer Bezahlung der Militärgutlieferungen
einem solchen beitritt. Möller meint nun richtig, wenn die Sowjets
dies nicht tun sollten, dann könnte Sadat seinem Volk erklärten,
dass diese die Schuld tragen, weil der Westen helfen will, die
Sowjets aber nicht. Ob dies ein genug starkes Druckmittel ist,
bezweifle ich. Wahrscheinlich aber ist es die einzige Möglich-
keit für Ägypten. Was mich bei diesem Aufenthalt diesmal am
meisten verwundert hat, ist, dass man allgemein davon spricht,
Sadat wird nicht mehr allzulange Präsident sein. Sein stärkster
Mann im Kabinett Osman ist wie er mir dann am Flughafen bei
unserer Rückkunft vom Sudan selbst auch berichte, zurückge-
treten, weil sein Budget auf ein Zehntel gekürzt wurde. Er
möchte aber seinen guten Namen insbesondere in der Suez-Kanal-Zone
nicht verlieren und hat deshalb auf das Ministeramt verzichtet.
Der jetzigen Wiederaufbauminister ist ein lieber Kerl, doch die
graue Eminenz bleibt Osman. Die Verhandlungen mit den Ägyptern
über unsere Projektliste war diesmal so schwierig, weil
sie eben überhaupt kein Geld haben, wohl aber Interesse an jed-
weder Aktivität Österreichs in ihrem Land. 1976 haben die Ägypten
5 Mia. Dollar Handelsbilanzdefizit gehabt. In Paris hat deshalb
eine Konsultationsgruppe von der Weltbank mit allen Ländern
und den Ägyptern versucht, ähnlich wie dies auch Möller wünscht
eine Sanierungslösung zu finden. Das Einzige, was befriedigend
abgeschlossen werden konnte, war, dass die zweimal 125 MW
Suez-Power Station angeblich jetzt endgültig Waagner-Biro
zugeschlagen und finanziert wird. Direktor Stanek hat bei


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unserem Rückflug am Flughafen in Kairo mir berichtet, dass
wenn jetzt die Kontrollbank die Finanzierung garantiert, die
ägyptische Nationalbank endgültig auch zusagt. Ich habe Stanek
mit Osman zusammengebracht, der sich diesbezüglich einsetzen
wird.

Osman hat auch vorgeschlagen, wir sollten ausser den 20 Stück
weitere Entwicklungshilfe-Kühe nach Ismailia ein kommerzielles
Geschäft von 1.000 Stück Kühen versuchen. Er würde diese
1.000 Stück durch eine private Firma, die die Landwirtschaft in
Ismailia betreibt, zahlen lassen, wünscht aber nur entspre-
chende Rattenvereinbarungen bis 5 Jahreskredit. Ich habe
mit Gatscha vereinbart, dass sein Vertreter, der die Ent-
wicklungskühe nach Ägypten vereinbaren resp. liefern wird,
ein diesbezügliches Anbot nach Kairo mitnimmt. Die Kanal-
zonen-Besichtigung war für mich und die ganze Delegation
überhaupt das interessanteste bei dieser Gemischten Kommission.
Der Kanal soll heuer 500 Mill. $ Gebühreneinnahmen bringen.
Im Vorjahr konnte ich aber dem Direktor herauslocken, dass
sie maximal zwischen 250 bis 300 Mill. eingenommen haben.
Damals war der Plan auch beträchtlich höher. Jetzt wollen
sie den Kanal verbreitern, um Schiffe mit 200.000 Tonnen,
wenn sie beladen sind, die Möglichkeit der Nützung zu
schaffen. Derzeit reden sie auch von 200.000 t wobei aller-
dings nur die Leerschiffe passieren könnten. Möller hat
mir erzählt, dass er auch mit dem Generaldirektor und anderen
Herren verhandelte und feststellen musste dass diese erwarten,
dass aus dem ägyptischen Budget zur Verbreiterung und Vertiefung
des Kanals Hunderte Millionen ägypt. Pfund zur Verfügung gestellt
werden. Zur Sanierung wäre aber kein Zuschuss an die Kanalzone
möglich sondern eher das Gegenteil. Wir besichtigten auch die
begonnenen Arbeiten über das Kanaluntertunnelungsprojekt,
das die Engländer in der Nähe von Suez haben. Bauarbeiten
wurden dort natürlich wieder von Osmans Fa. Arab Contractors
eingeleitet und sind schon ganz beträchtlich fortgeschritten.
Möller selbst ist nicht davon überzeugt, dass es sich hier um
ein nützliches Projekt handelt, in meinen Augen sind es
ausschliesslich strategische Gründe, die die Untertunnelung
des Kanals verlangen. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung gibt sicherlich
ein wesentlich anderes Bild, wie Möller richtig bemerkt.
Die Ägypten beginnen aber immer wieder neue Projekte, um auf
der einen Seite Arbeitsbeschaffung zu betreiben und auf der


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Seite ihr Prestigebedürfnis auch zu befriedigen. Was sie wollen
und dringendst brauchen ist weitere Entwicklungshilfe. Zum Glück
war Sekt.Chef Gatscha eine Woche vorher mit Kreisky in Ägypten
und hat dort miterlebt, wie man auf die Österreicher wegen der
geringen Hilfe im wahrsten Sinne des Wortes "sauer" ist. Er hat
mit Zustimmung Kreiskys deshalb auch bei unserer Kommission
teilgenommen und dort für ca. 45 Mill. S Entwicklungshilfe-
zusagen gegeben. Wenn er dies nicht getan hätte, weiss ich nicht,
wie wir diese Gemischte Kommission mit einigermassen Wahrung
des österr. Gesichtes und Standpunktes hätten beenden können.
Für das nächste Jahr haben die Ägypter insbesondere Vizeminister-
präsident Sultan, der für die Elektrizität zuständig ist, ent-
sprechende 6 Mill. für Dispaiter und 15 Mill. für ein Hoch-
spannungslaboratorium verlangt. In den Zeitungen wurde dann
aber über wesentlich höhere Beträge berichtet. Dies ist teil-
weise darauf zurückzuführen, dass die Ägypter immer mit uns
zuerst über Schillingbeträge sprechen, dann erklären, sie haben
sich geirrt, es handelt sich um DM und letzten Endes dann in den
Zeitungen scheinbar Dollar als Grundlage galten, die dann ent-
sprechend umgerechnet werden. Ich war sehr froh, dass wir dies-
mal nicht als Gäste der Regierung eingeladen waren, sondern uns
wirklich alles selbst bezahlten. Wenn man bedenkt, in
welcher trostlosen Situation sich die ägyptische Regierung befindet,
dann soll man sie wirklich auch nicht mit Kleinigkeiten belasten.
Der neue Leiter der ägyptischen Seite Dr. Sayeh wollte unbedingt
bessere Kreditkonditionen für alle Projekt herausbekommen.
Sekt.Chef Gatscha hat für gewisse Entwicklungsprojekte vorgeschlagen,
dass er 25 Jahre Kredit mit 2,5 % Verzinsung bei 7 Jahre Rück-
zahlfreiheit gewähren könnte. Die Ägypter haben dies sofort wieder
so verstanden, dass Österreich bereit wäre, ihnen solche Kredite
scheinbar auch für die kommerziellen Geschäfte einzuräumen. Sayeh
meinte sogar, sie würden auch Commodity also Lebensmittel
und sonstige Konsumgüter so kaufen können. Eindeutig abgelehnt
habe ich dieses in die Milliarden gehende Mariut-Projekt.
Während unseres Ägyptenaufenthaltes waren auch die Parlaments-
wahlen in Israel. Dort hat die Arbeiterpartei einen mächtigen
Rückschlag erlitten und Likud wird wahrscheinlich den Minister-
präsidenten stellen. Mit dieser politischen Entwicklung, die
zu einer Verschärfung der Gegensätze zwischen Israel und den
Arabern führen wird, ergibt sich natürlich auch eine politisch
andere Konstellation. Dies wird die Wirtschaftssituation in


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Ägypten nicht verbessern sondern eher verschlechtern. Beide
Staaten werden jetzt mehr für Rüstungen ausgeben. Darüber
hinaus wird sich die innerpolitische Szene, fürchte ich, in
Ägypten ebenfalls wesentlich verschlechtern. Sadat ist in
keiner beneidenswerten Lage. Kreiskys Friedensmission, auch wenn
er diese nicht als solche bezeichnet haben möchte, wird sich
erschweren, wenn nicht überhaupt jetzt vollkommen unmöglich
gemacht.

Im Sudan hatten wir nur den Kooperationsvertrag endgültig zu
verhandeln und zu unterschreiben. Dort versuchte die Delegation
Einzelprojekte wie z.B. für Steyr-Daimler-Puch das Lastwagen-
geschäft, welches wahrscheinlich in eine Assembling-Fabrik
übergeleitet werden kann, weiterzutreiben. Bei dieser Gelegenheit
haben wir den Sudanesen auch angeboten, Ausbildungszentrum für
Metallarbeiter zu errichten. Die Sudanesen sind auf die Ent-
wicklungshilfe noch nicht so eingestellt wie die Ägypter, d.h.
sie stellen nicht ununterbrochen neue Forderungen. Während
unseres Aufenthaltes waren auch Budgetverhandlungen innerhalb
der Regierung, weshalb die Minister entweder alle drei auf einmal
der neue Planungsminister, der neue Landwirtschaftsminister
und der schon im Amt gewesene Handelsminister, die neue Regierung
ist nämlich erst seit Feber bestellt und kennt sich natürlich
daher in ihren Detailprojekten nicht sehr genau aus. Der Land-
wirtschaftsminister z.B. hatte die Absicht, uns einzuladen, österr.
Firmen oder der Staat sollen sich an Anbauverträgen im Sudan
beteiligen. Sudan hat nämlich genug Wasser, genug Grund, braucht
nur Kapital und möchte deshalb für ausländische Staaten entsprechen-
de Agrarproduktion aufziehen. Eine solche Möglichkeit habe
ich für Österreich sofort ausgeschlossen, weil ich mir nicht gut
vorstellen kann, dass z.B. Kaffee aus unsere Kosten durch unsere
Leitung in Sudan erzeugt wird und dann nach Österreich trans-
portiert wird. Bis jetzt haben die Entwicklungsländer eigentlich
nur auf dem technischen Gebiet sogenannte Joint venture oder
wenigstens Kooperationen angestrebt. Auf dem landwirtschaftlichen
Gebiet ist mir dies zumindest noch niemals untergekommen.

Der Handelsdelegierte hatte eine Zusammenkunft mit allen sudane-
sischen Firmenvertretern, resp. anwesenden österr. Handelsvertretern
arrangiert. Bei dieser Gelegenheit habe ich über die Schwierigkeiten,
die im Sudan bestehen, einiges erfahren. Das Hauptproblem liegt
in der schlechten Infrastruktur. Die Plastik-Fabrik hat seit


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drei Jahren keinen Waggon von Port Sudan nach Khartum bekommen.
Alles muss auf der Strasse transportiert werden, aber bevor die
Regenzeit einsetzt, denn dann ist sie unpassierbar. Jetzt wird
eine Strasse von Port Sudan zu der Hauptstadt gelegt, Deutsche,
Jugoslawen, Chinesen und so weiter beteiligen sich daran. 1978
soll sie fertig sein, Inschallah, wenn Gott will. Andererseits
wurde gerade jetzt ein neues Hilton-Hotel fertig. Wir haben
zwei Nächte darin gewohnt, in einer Nacht ist der Strom ausgefallen
die Air-Condition wurde stillgelegt, Wasser konnte nicht mehr
gepumpt werden, hier glaube ich wird versucht, mit einem Riesen-
sprung sofort das modernste, das beste zu bekommen. Bei der Be-
zahlung gibt es dann ebenfalls grosse Schwierigkeiten. Trotz Ersuchen
von Firmen habe ich auf Wunsch des österr. Handelsdelegierten
bei den Ministern wegen der Rückstände nicht interveniert.
Unsere Delegation kam zur Auffassung, dass dies nur schädlich sein
könnte. Bezüglich der Bezahlung von den 12 Mill. S für Grundmann
der Handelsdelegierte Seitinger vorgeschlagen, sollte lieber
ein Bankenmann zur Verhandlung herunterkommen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Fremuth, Girozentrale ver-
binden.

Sudan wird derzeit von Somalia und Äthiopien hart bedrängt. Die
Minister aber auch die Firmenvertreter sind der Meinung, dass
letzten Endes es möglich sein wird, diese Region nicht so wie
in Angola, Mosambik und Kongo die Kämpfe der kommunistisch beeinfluss-
ten Befreiungsbewegung einzubeziehen. Sicher ist, dass sofort in
Ägypten als auch wahrscheinlich in anderen afrikanischen Staaten
die SU viel investiert hat und dann gelegentlich entsprechend
den revolutionären Änderungen resp. Regimewechsel hinausfliegt. Ob
dies aber endgültig ist, kann ist nicht beurteilen. Dass die Sowjets
aber alles daransetzen werden, in Afrika Fuss zu fassen, resp.
ihre Stellung zu halten, steht für mich ausser jedem Zweifel.
Der afrikanische Kontinent ist ein ungeheures Exerzierfeld
für Ost und West und noch viel mehr der zukunftsträchtige Kontinent.
Schön langsam begreifen dies auch die Afrikaner und stellen na-
türlich entsprechende Forderungen. Je früher die westliche Welt
sich darauf einstellt, um so grösser wird die Wahrscheinlichkeit,
dass sie dort nicht vollkommen untergeht. Österreich hat als
neutrales kleines Land gute Chancen, da wir niemals eine Kolonial-
macht waren, sind wir auch in keiner Beziehung belastet. Jetzt
kommt es nur darauf an, eine so geschickte Politik zu machen und


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wirtschaftspolitisch nicht zuviel zu versprechen, was man
dann nicht halten kann, dass wir das Wohlwollen der Afrikaner
erhalten und vor allem behalten. Dazu ist es wahrscheinlich
notwendig, sich um die einzelnen Minister, insbesondere wenn
sie nach Österreich kommen, sehr zu kümmern. Auch dann, wenn
dies bei den Gegenbesuchen dann wahrlich nicht der Fall ist.
Welche Wirkung aber eine solche Politik hat, zeigt am deutlichsten
der ehemalige Minister Osman. Er ist jetzt noch so beeindruckt
von seiner Betreuung, dass er wirklich sichtbar unglücklich
war, dass er zu meiner Betreuung nicht in Kairo war, weshalb
er sogar dann zum Flughafen als einziger Minister kam.

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Tagesprogramm, 16.5.1977

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Dir. Unilever


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
        GND ID: 119083906


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SChef HM
          GND ID: 12195126X


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Arbeitgebervertreter


            Einträge mit Erwähnung:
              GND ID: 120934426


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Waagner-Biro, Wiener Brückenbau- und Eisenkonstruktions AG


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: CSSR-Außenhandelsminister


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Wirtschaftsmin. Ägypten


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ägypt. stv. Ministerpräs., Energieminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Vorsitzender Schuhindustrie


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 115563237


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Präs. Fachverb. Nahrungs- u. Genussmittelindustrie


                              Einträge mit Erwähnung:


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: MR HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: MR HM


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: SC Sozialministerium


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              GND ID: 129585289


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Beamter HM


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Staatspräsident Ägypten


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Dir. Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG; Falschschreibung?


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Gesandter, später Botschafter der CSSR


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: Bundesfinanzminister, BRD, SPD


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                                                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                              GND ID: 118566512


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                                                                Tätigkeit: Dir. WTK, Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG


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