Freitag, 15. April 1977
Dir. Walter, Porr AG teilt mir mit, dass in Iran jetzt ihre
Gleitungsansprüche von Zahlungen für den Dammbau anerkannt
wurden. Ich bräuchte deshalb nicht extra zu intervenieren, sondern
mich nur für die Unterstützung zu bedanken. Er ersucht, ich
sollte für den zurückgetretenen Energieminister Wahidi, mit dem
sie guten Kontakt hatten, dessen Nachfolger Parviz Hekmat
einladen. Dem stimme ich zu, da selbstverständlich Porr die Kosten
übernimmt. Walter wollte mir dies zuerst gar nicht anbieten,
war sehr erstaunt von mir zu erfahren, dass ich nur 500.000 S
für diese Zwecke sogenannte Repräsentationskosten in meinem
Budget habe. Porr möchte sich auch jetzt bei einem Dammbau in
Nigeria gemeinsam mit Universale und einer deutschen Firma be-
teiligen. Das Projekt soll 700 Mill. DM umfassen. Minister Moser,
der später zu dieser Besprechung kam, meinte die Baufirmen müssten
eben auch ihre Überkapazitäten in Bauten Ausland besser nützen.
Ich erklärte Walter vor Moser, dass ich mich nicht in die Bau-
absichten der Verbundgesellschaft einmischen werde. Dafür ist aus-
schliesslich der Vorstand resp. der Aufsichtsrat organmässig zu-
ständig. Eine einzige Forderung ist und dies habe ich vorher schon
dem Generaldirektor der Universale Freibauer und einige Male auch
schon Porr gesagt, dass es sich nicht um einen kostspieligen Bau
handeln dürfe.
Der Mitglied der EG-Kommission Duchateau kam vor seinen Besprechungen
mit den Beamten der Ministerien und Bautenminister Moser die
Finanzierung der Europa-Strasse, Gastarbeiterroute, besprochen.
Die Kommission wird jetzt ein Gutachten einholen, an dem Österreich
finanziell nicht beteiligt werden soll. Dies war für den Bauten-
minister Moser neu, aber sehr angenehm zu hören. Ich hatte der EG
vorgeworfen, dass sie ihrerseits wegen des hohen Defizits gegen
Japan von diesem Staat entsprechende Entgegenkommen und Vorschläge
zum Abbau dieses Defizits verlangt. Österreich befindet sich in
genau derselben Situation, nur dass die EG ein mächtiges Gebilde
ist und Japan ein Grosstaat, Österreich ein Kleinstaat und gegenüber
der EG 60 Mia. S Handelsbilanzpassivum hat. Duchateau ersuchte um
einen Bericht bis 15. Mai, wo das Defizit begründet wird und dies
bezügliche Verbesserungsvorschläge erstattet werden sollen. Der
Bericht sollte, wie er vorschlägt, sehr detailliert sein. Er würde
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diese Vorschläge entsprechend bearbeiten lassen, so dass bei der
Gemischten Kommission im Juni vielleicht bereits die ersten
Ergebnisse erwartet werden könnten. Ich wies ganz besonders dann
auch noch auf die sensiblen Produkte, deren Zollabbau nach dem
1. Juli, wo die allgemeinen Zölle dann auf Null sind, ersuchte
um eine Beschleunigung für diese sensiblen Produkte beim
Zollabbau und insbesondere bei der Aufstockung von Kontingenten,
siehe Papier. Von der Aussprache hatte ich den Eindruck, dass
man auch in der Kommission, so wie bei allen Verhandlungen mit den
einzelnen Staaten im Prinzip Wohlwollen bekommt, aber leider
keine entscheidenden Lösungen in absehbarer Zeit. Duchateau
verwies insbesondere auf den Besuch von Haferkamp in der nächsten
Zeit in Österreich. Die EG ist meiner Meinung nach ungeheuer ver-
bürokratisiert, wahrscheinlich auch perfektioniert in ihrer
Bewegungsfreiheit sehr sehr beschränkt. Hier müsste wirklich,
wie Kreisky richtig sagt, ein neuer politischer Anstoss kommen,
um die Integration im weitesten Sinne des Wort voranzutreiben.
Dr. Wailand, Kronen-Zeitung möchte einen Artikel im Wirtschafts-
magazin über die Tätigkeit des Handelsministerium machen. Da ich
in den Grundprinzipien mit ihm vollkommen übereinstimmte, war
dieses Gespräch sehr angenehm und ich nehme auch an, dass der
Artikel sehr positiv sein wird. Das wirklich einzige und
grosse Problem ist, dass er, genauso wie ich, ohne dass ich
es sagte, über die Massnahmen zur Reduzierung des Handelsbilanz-
defizites keine sehr grossen Lösungsvorschläge anbieten konnte.
Da aber weder er noch ich Importrestriktionen als zielführend
halten, haben wir halt die halben Dutzend kleinen Massnahmen,
die alle zusammen vielleicht ein klein wenig das Handels-
bilanzdefizit abbauen könnten, erwähnt.
Die zweite Fernseh-Sendung Argumente, die sich mit den Reise-
büros befasste war für mich insoferne sehr interessant, als
ich dabei glaube ich nicht nur ganz gut abgeschnitten habe,
das Handelsministerium wurde zwar angegriffen, konnte sich
aber ganz gut glaube ich verteidigen, sondern dass es mir
dann auch nach der Sendung gelang, in einem strittigen Fall
mit Touropa dort gleich mit dem Generaldirektor und dem Be-
schwerdeführer zu bereinigen. Von der RUEFA war auch ein
Direktor anwesend, der scheinbar aber keine Vollmachten hatte,
denn er redete sich nach wie vor auf einen Veranstalter aus, der
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wahrlich nicht die alleinige Verantwortung für das Misslingen
dieser Iran-Reise tragen konnte. Ich habe nach der Sendung daher
sofort Gen.Dir. Flöttl von der BAWAG, dieser gehört jetzt die Ruefa,
angerufen und ersucht, er möge sofort die Frage bereinigen.
Das Reisebüro Quelle z.B., das auch bei der Sendung angegriffen war,
hat die Vertreterin dort die Ermächtigung gegeben, sofort zu er-
klären, dass sie jetzt die 26.000 S bezahlen wird und dann eben
den Veranstalter Aulehla klagt, weil dieser in der Sendung erklärte,
er würde nichts bezahlen. RUEFA, erklärte ich Flöttl, kann es sich
nicht leisten, solche einer Sendung angegriffen zu werden und dann
sich auf einen einzigen Expeditionsleiter auszureden. Flöttl
hoffte zuerst, er könne noch die Sendung umgestalten, was meiner
Meinung nach vollkommen unmöglich war, ich habe nur mit dem
Diskussionsleiter ausgemacht, dass wenn wir alle Fälle bereinigen,
er bei der nächsten Sendung auf diesen Erfolg für die Intervenienten
hinweisen wird.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB teilte Heindl mit, dass die Partei
jetzt beschlossen hat, die Arbeitsgruppen der ökonomischen Konferenz
aufzulösen und in die Arbeitskreise der Linzer Tagung überzuleiten.
Dies ist meiner Meinung nach nur ein formeller Beschluss für die
anderen Ministerien, weil keiner dieser Arbeitsgruppe jemals gear-
beitet hat. Nur wir im Handelsministerium hatten für Preise,
Fremdenverkehr und Energie wirklich aktive Arbeit geleistet.
Heindl meinte deshalb, wir sollten diese Arbeitsgruppen weiter
bestehen lassen. Dagegen sprach ich mich ganz entschieden aus,
denn ich ehe nicht ein, wenn die Partei meiner Meinung nach
wieder einmal mehr einen neuen Arbeitskreis beschliesst, dass
ich dann die alten noch weiter betreuen sollte. Meine Absicht
ist, den Arbeitskreis Rohstoff und Energie, den Heindl jetzt im Zuge
der neuen Organisation führt weiter zu betreuen, für Fremden-
verkehr und Preise werde ich je nach den Bedürfnis, wie es das
Handelsministerium hat, gegebenenfalls die Genossinnen und Genossen
einberufen. Heindl war letzten Endes, so wie alle anderen mit dieser
Vorgangsweise einverstanden, weil es ja auch schliesslich und endlich
der zweckmässigsten Lösung entspricht.
Bezüglich des Lebensmittelgesetzes ist die Arbeiterkammer und der
ÖGB nicht bereit, die generelle Diskussion mit dem Fachverband
der Nahrungs- und Genussmittelindustrie über Änderung des
Lebensmittelrechtes der Arbeitercodex-Kommission usw. zu führen.
Nur in konkreten Fällen, wie z.B. jetzt bei Ketchup und bei
Stärke in Gulaschkonserven sowie insbesondere für die Gleichstellung
der importierten Warenkontrolle mit den inländischen Produktionen
Spezialverhandlungen zu führen. Plesch wird mit dem Fachverband
und Wanke sowie Jagoda diese Möglichkeiten besprechen.
BANMERKUNG FÜR PLESCH: Jagoda soll aber mit Psota weiter verhandeln.
Bezüglich der ausländischen KFZ-Hersteller und ganz besonders
der Autopreiserhöhung resp. Zollsenkung ab 1.6. wird Min.Rat
Singer als Gruppenleiter ersucht werden, die notwendigen Arbeiten
der Kontrolle durchzuführen. Bezüglich der Selbstimporte glaubt
weder die AK noch der ÖGB, dass es eine wirkliche für den Einzelnen
zweckmässige Lösung gibt, sind aber auch alle der Meinung, dass
das Handelsministerium an das Finanzministerium und Verkehrsministe-
rium diesbezügliche Vorschläge schriftlich erstatten soll.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die einzelnen notwendigen Massnahmen
von ARBÖ und ÖAMTC vorschlagen lassen.
Grünwald berichtete dann über das Projekt Austro-Porsche. AK, Zöllner
ist insbesondere sehr skeptisch, ÖGB, Schmidt wahrscheinlich auch,
hat sich aber dazu nicht besonders geäussert. Grünwald hat mit
Recht festgehalten, dass in diesem Fall nicht der Sekretär den
Präsidenten informiert und Vorschläge erstattet, sondern umgekehrt,
Präs. Benya dem Sekretär Schmidt gesagt hat, was zu tun ist.
Schmidt hat diese Bemerkung süss-sauer zur Kenntnis genommen.
Die wirkliche Schwierigkeit sehe ich nach wie vor in der Frage,
ob und inwieweit es gelingt, diese 50.000 Stück weltweit zu ver-
treiben. Dazu bedarf es einer grossen Firma wie z.B. VW. Porsche
selbst ist meiner Meinung dazu ungeeignet. VW könnte man aber
sicherlich eher dafür gewinnen, wenn man – wie GD Himmer
von VW Österreich mit angedeutet hat – eine Kooperation mit
Wolfsburg erreichen könnte. Die Niederländer haben, als sie
seinerzeit als Ersatzarbeitsplätze für Kohlenbergarbeiter den DAF
produzierten, auch nachher als sie in Schwierigkeiten kamen, Volvo
gebraucht, um ihre ganze Reorganisation dort durchzuführen. Ein
Kleinstaat ist meiner Meinung nach nicht imstande, eine eigene
Produktion aufzuziehen, weil man zwar noch die Investitions-
kosten, die 5 Mia. würden bei 5.000 Beschäftigten ungefähr eine
Million Investitionskosten pro Beschäftigtem bringen, die ganz
normal wären, aber bezüglich des Vertriebes und der weiteren
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Entwicklung unbedingt mit einem grossen Konzern zusammenarbeiten
muss.
Der Antrag der Bundeskammer auch automatische Lizenzierung
bei Textilien und Bekleidung hat Tumpel, der sich in der Ver-
gangenheit schon immer sehr stark mit Bekleidungs- und Textil-
fragen beschäftigte, sehr positiv beurteilt. Er meint, es müssten
Mittel und Wege gedungen werden, um die österreichische Textil-
und Bekleidungsindustrie zu schützen. Der Weg über die
automatische Lizenzierung ist aber nach Auffassung Meisl nicht
der richtige, weil er nur Arbeit verursacht und uns dann
die Möglichkeit der Vidierung gegenüber dem Osten, wo wir
die Einfuhr doch stoppen können, entzieht.
Zöllner möchte den Schwefelgehalt von Heizöl gesenkt haben und
plädiert dafür, dass der Normalbenzinpreis mit einer anderen
Steuer belastet wird als der Superbenzin. Derzeit hat Normalbenzin
durch den tieferen Preis, weil es sich um einen festen Steuer-
betrag handelt, eine höhere Belastung.
Mit Präs. Weiss, Gen.Sekr. Brandstätter, Vizepräsident Glück
und Sekt.Chef Frank sowie Wais vom Büro verhandelte ich die
weitere Vorgangsweise im Verbundkonzern. Einleitend stellte
ich fest, dass zwar nicht wie Weiss von Taus mitgeteilt be-
kommen hat, Kreisky bereits zugesagt hat, dass ein Vierer-
Vorstand in der Verbund bleiben soll. Kreisky hat mir mitgeteilt,
dass er sich nur verpflichtet hat, eine Verwendungszusage gemacht
hat, dass ich mit dem Präs. Weiss und Taus weiterverhandeln werde.
Ich erklärte Weiss, ich bin bereit zu einer Lösung, wenn es
sich um eine Ersparnis und Reorganisation der Verbund handelt.
Wenn die ÖVP jetzt ernstlich beabsichtigt, anstelle von
Arthold, der mit 80 % seiner Bezüge dann in Pension geht,
einen neuen Mann zu präsentieren, der 100 % wieder kostet,
so dass wir um 20 % teurer fahren, als wie wenn Arthold noch
wäre, dann könnte ich einer solchen Lösung nur sehr schwer
zustimmen. Die ÖVP hat seinerzeit einen Mann – Weissel – in
Pension geschickt, d.h. einen Konsulentenvertrag gegeben,
um den Platz für einen ÖVP-Mann frei zu bekommen und dadurch
grosse zusätzliche Kosten der Verbund verursacht, eine solche
Politik werde ich nicht wiederholen. Wenn Weiss mir entsprechende
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Reorganisationsvorschläge machen kann, dann bin ich bereit,
über alle Vorschläge zu diskutieren. Weiss war sicherlich über
diese Mitteilung sehr erfreut, aber auch erstaunt und meinte
nur, er könne sich vorstellen, dass man selbstverständlich Arthold
verlängert, wüsste aber nicht, wo Reorganisations- und Einsparungsmass-
nahmen Platz greifen könnte. Brandstätter meinte, man sollte ein
langfristiges Konzept erstellen, um auch im Mittelmanagement ent-
sprechende Einsparungen vorzubereiten. Dagegen hatte ich nichts
einzuwenden, erwiderte nur, auf die lange Bank könne man die
ganze Frage nicht schieben. Ich kann mir sehr gut vorstellen, er-
wähnte ich als Beispiel, dass man in der nunmehr nicht bauenden
Gesellschaft Korneuburg die Geschäftsführung wesentlich vereinfacht.
Auch bei den anderen Sondergesellschaften müsste es noch ent-
sprechende Reorganisationen geben. In der Verbund selbst ist es für
mich unerklärlich, dass es zwei Hauptabteilungen Bauwesen gibt.
Wenn daher der eine Mann in Pension geht, mit Endes des Jahres,
wird diese Hauptabteilung aufgelassen und der zweiten Hauptab-
teilung Bau eingefügt. Da es sich hier in beiden Fällen um
ÖVP-Leute handelt, kann niemand sagen, dass die Kompetenz der
ÖVP verkürzt wird. Weiss wird mit Glück in den nächsten Tagen
entsprechende Vorschläge ausarbeiten und mir vorlegen. Ich
erklärte aber dezidiert, dass ich in Hinkunft allerdings erst nach
den nächsten Wahlen, falls ich noch Minister sein sollte, den
Zweier-Vorstand in der Verbund einführen möchte. Zu diesem Zweck
wird nicht zuletzt als Signal der nächsten Hauptversammlung
von mir vorgeschlagen werden, die Statuten von derzeit 4 Vorständen
auf 2, 3 oder 4 Vorstände abgeändert. Weiss nahm dies zur Kennt-
nis.
Im Konzert bei den Philharmonikern traf ich den Wirtschaftsprüfer
der Textil Ost organisiert hat. Ich diskutierte mit ihm die Schwierig-
keiten bei der Vöslauer. Ausgelöst wurde das Ganze, weil erstens
Piering eine vollkommen falsche Bilanz gelegt hat und dann mit
dem Rumänien-Strumpfhosengeschäft noch zusätzliche Millionen mehr
oder minder erschwindelte. Tambornino von der zweiten zusammengeführ-
ten Firma hat wieder vollkommen versagt bezüglich seines Managements.
Die Schoeller-Bank und vor allem aber auch die CA werden deshalb
für die 120 Mill. S zusätzliches Defizit, welches sich jetzt erwarten
lässt, aufkommen müssen. Ich bin persönlich sehr gespannt, ob es dem
neuen Vorstand gelingen wird, die Vöslauer tatsächlich aus den roten
Ziffern herauszuführen. Ich selbst hoffe dies nicht nur im Interesse
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der Beschäftigten, sondern auch letzten Endes im Interesse aller,
die sich für diese Sanierung und Zusammenführung der Textil
Ost eingesetzt haben.
Tagesprogramm, 15.4.1977