Mittwoch, der 30. März 1977

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Mittwoch, 30. März 1977

Die beiden ARBÖ-Rechtsanwälte Schachter und Slunsky vertreten
den Besitzer der Eden-Bar und Moulin Rouge, Herrn Schimanko.
Dieser betreibt diese Etablissement ohne Gewerbeberechtigung.
SChef Jagoda will ihm diese nur befristet gewähren, um abzu-
warten, ob er tatsächlich seine Dutzend Verstösse gegen Ver-
waltungsvorschriften in Hinkunft nicht mehr machen wird. Vom
Standpunkt des Fremdenverkehrs sind wir an diesen Lokalen sehr
interessiert. Angeblich hat Schimanko auch diese von lichtscheuen
Gesindel gesäubert. Auf mich hat der Mann den Eindruck gemacht,
dass er sicherlich als seriöser Unternehmer gelten möchte. Jagoda
hat ihn mit seinen Beamten in ein richtiggehendes Kreuzverhör
genommen. Die Art, wie Jagoda agiert, ist wirklich auch für mich
beeindruckend. Überraschend für mich war, dass sie sofort wussten,
dass ich ihrer Konkurrenz der Splendid Bar zum ersten Mal in meinem
Leben einen Besuch abgestattet habe, weil dort die griechische
Fremdenverkehrswerbung eine Veranstaltung hatte, wo ich mich ganz
kurz aufhielt. Trotzdem sagte ich ihnen klipp und klar, dass ich
kaum ihre Stätten besuchen wer, es sei denn im Moulin Rouge gäbe
es so etwas ähnliches von einer Veranstaltung, die ich besuchen
müsste.

Der neue malaysische Botschafter Khor Eng Hee bestand auf seinen
Antrittsbesuch. Willenpart konnte bei dieser Gelegenheit ihn gleich
auffordern, dafür zu sorgen, dass ein Präferenzzollabkommen von
ihnen unterfertigt wird. Die Verzögerung war deshalb bis jetzt ent-
standen, weil die Malaysier darauf drängten, dieses Abkommen auch
in ihrer Sprache zu unterfertigen. Dagegen ist gar nichts einzuwen-
den, bedeutet aber, dass sie den Text zur Verfügung stellen müssen
was bis jetzt nicht geschehen ist.Als zweiten wichtigen Punkt ver-
einbarten wir, dass wir nicht getrennt beim GATT unsere gemeinsame
Vereinbarung 300.000 Hemden Höchstkontingent einreichen, sondern
auch dieses Arrangement so schnell als möglich von Malaysia un-
terfertigt wird.

Gen.Dir. Buchner und Rimsky Stickstoff Linz, setzten mir auseinander
dass es mir unmöglich ist, den Phosphatdünger trotz des Rückganges
der Rohstoffpreise zu senken. Der Präsident der Landwirtschafts-
kammer Lehner, der auch im Aufsichtsrat der Stickstoffwerke sitzt


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und angeblich Präsident Bierbaum von der NÖ Landwirtschaftskammer
überzeugt, dass dies nicht möglich ist und diese wird keinen
Antrag auf Grund des Preisregelungsgesetzes § 4 auf Preisregelung
stellen. Angeblich wir die Landwirtschaftskammer die Angabepreise
der Phosphatdünger an die Verbraucher publizieren, wodurch der
Vorbezugsrabatt von 10 Mio und die Mischkosten von 30 Mio von den
Bauern dann wahrscheinlich auch verlangt würden. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass die Landwirtschaftskammer diese Beträge, die jetzt
die WÖV und die Genossenschaften, vereinzelt auch der private Handel
einstreift, tatsächlich diesen Organisationen, wie man so schön
sagt, für die Bauern herausreisst.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass kontrollieren, ob tatsächlich
diese Verlautbarung erfolgt.

Die Stickstoffpreisdünger werden in nächster Zeit erhöht werden.
In der Vergangenheit wurden 100 tausende Tonnen nach den Osten
exportiert. Jetzt gibt es nur kleine Geschäfte z.B. für die CSSR
10.000 To. Linz Chemie muss deshalb sich bemühen, in den süd-
deutschen Raum zu exportieren. Buchner war sehr erfreut von mir zu
hören, dass ich natürlich nicht auf Stickstoffdünger bezogen,
mit Friderichs vereinbart habe, jedwede Exporte von Österreich
würden von der deutschen Seite akzeptiert, ja sogar gefördert
werden. Er wird dieses Argument jetzt bei den Verhandlungen mit den
deutschen Stickstoffproduzenten verwenden. Seine Marktstrategie
ist zu sagen, wenn die deutschen Stickstoffwerke ihn nicht in den
süddeutschen Raum lassen und dort ihn unterbieten werden, dann
müsste er entsprechendes Dumping betreiben. Er ist sich klar,
dass dann die Deutschen genauso am österreichischen Markt machen
würden. Da der deutsche Markt 10-mal grösser ist, wäre das für die
deutschen Werke wie Buchner glaubt, ein schlechtes Geschäft. Ich
weiss nicht ob diese Marktstrategie aufgeht. Ich glaube eher, dass
sie sich wahrscheinlich auf Grund ihrer vielfältigen Beziehungen
letzten Endes einigen werden.

Bezüglich einer eventuellen Tufting-Teppichproduktion will die Stick-
stoffwerke zuwarten und versuchen mit den österreichischen Produzenten
Eybl, Regulan, jetzt Durmont in Hartberg und Forbo zu verhandeln um
eine Zulieferung für ihre Teppichsortiments von diesen Firmen zu be-
kommen. Sollte dies tatsächlich nicht möglich sein, dann würden sie
angeblich eine eigene Tufting-Produktion beginnen. Ich bin davon


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überzeugt, dass dies nicht zutrifft, weil wir derzeit eine so
grosse Überkapazität auf diesem Gebiet haben, dass dies ein
Wahnsinn wäre, eine eigene Produktion aufzumachen. Buchner denkt
auch daran gegebenenfalls gegen Faserexport entsprechende Tufting-
Teppiche hereinzunehmen.

Die wichtigste Überlegung von Buchner ist aber mit der ÖMV eine
gemeinsame Pipeline von Schwechat nach Enns zu legen. Dies könnte
neben der Produktenpipeline geschehen, um Äthylen von Schwechat
in das neue Chemie-Werk Enns zu transportieren. In der Bundes-
republik gibt es bereits 1.600 km von Äthylenpipelines zwischen
den einzelnen Werken. In Zukunft wollte Buchner dann von Enns auch
eine solche Pipeline nach Burghausen in der BRD an der salzburgisch-
bayrischen Grenze legen. Die ÖMV hat diesen Plan nicht nur nicht
zugestimmt, sondern sich äusserst skeptisch überhaupt darüber ge-
äussert hat. Ich verspreche Buchner bei meinem Osterskiurlaub mit
Grünwald von der ÖIAG darüber zu reden.

Präsident Habig hat wie auf meinem Tagesprogramm steht, eine halb-
private Vorsprache von mir verlangt. Ich war dann doch sehr über-
rascht, als er natürlich gar nicht wegen einer privaten Sache,
sondern wegen des Sperren der Dürnkruter Zuckerfabrik kam. Er ent-
schuldigte sich, dass er nicht schon früher gekommen ist und ich daher
vielleicht davon etwas schon gehört habe. Ich sagte ihm sofort, dass
gestern bereits der Betriebsratsobmann der Fabrik, Pücher, bei mir
war und dass insbesondere ich bei meinen täglichen morgendlichen
Besuch und Verhandlungen in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft
bereits heute dieses Problem besprochen habe. Habig resp. seine
Kinder haben nach den Tod von Strakosch in der Hohenauer Zuckerfabrik
wie in Enns, ganz besonders aber in Dürnkrut und Leopoldsdorf den
entsprechend grössten kapitalmässigen Einfluss. Jetzt soll eine neue
Zuckerges.m.b.H. oder AG gegründet werden, die alle dieser 4 Zucker-
fabriken zusammenfasst. Dürnkrut mit 65.000 mg pro Tag sollte ge-
schlossen werden um die Kapazitätsauslastung von Leopoldsdorf und
Hohenau zu verbessern. Die 170 Beschäftigten sollten mit einem
Sozialplan entsprechend abgefertigt werden. Ich verlangte primär,
dass man diese Beschäftigten in Hohenau resp. in Leopoldsdorf
bei der Zuckerfabrik weiter beschäftigen sollte. Der Sozialplan,
der auf alle Fälle auszuarbeiten ist, wird der Gesellschaft viel
Geld kosten. Habig meinte, es könne nicht teurer sein, als wenn die
Produktion weiter fortgeführt wird. Es ist sicherlich ein reiner


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Zufall, aber die Arbeiterkammer hat beim letzten Jour fixe ganz
deutlich mir erklärt, dass sowohl der Gewerkschaftsbund als sie
selbst eine Reduzierung der Kapazität der Zuckerindustrie verlan-
gen wird. Für den Obmann unserer Zuckerarbeiter, der gleich-
zeitig auch Betriebsratsobmann von Dürnkrut ist, ist die Schliessung
natürlich eine Katastrophe. Da die Zuckerindustrie seit Jahren davon
spricht, entweder Siegendorf oder Bruck stillzulegen, dann aber
daraus niemals etwas wurde, hat man auch diesbezügliche Gerüchte
von Dürnkrut niemals ernst genommen. Umso mehr als in dieser Fabrik
noch immer investiert wurde. Ich habe von dieser Aussprache sofort
die Kollegen von Dürnkrut informiert. Auf unserer Gesamtvorstandssit-
zung werden wir in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft dieses Problem
eingehend besprechen und bei der Erstellung des Sozialplanes ent-
sprechend grosse Forderungen stellen.

Bei der Eröffnung des LÖWA-Marktes in Oberwart ersuchten mich die
burgenländischen Genossen, ich sollte unseren Bürgermeisterkandi-
daten bei dieser Feier entsprechend herausstellen. Ich habe bei
der Hinfahrt mit ihm alles im Detail abgesprochen. Zu meiner
grössten Verwunderung habe ich dann allerdings dort zwar eine ent-
sprechende Waage vorgefunden, wo man mich mit Kaffee aufgewogen hat,
um LÖWA zu schädigen und als Gag habe ich noch ein Kind auf meinen
Schoss genommen, wir haben einen Rundgang gemacht, wo ich diesen
überfüllten Markt besichtigte. Bei dieser Gelegenheit konnte ich –
natürlich auch mit den Verkäufern und den dortigen Kunden sprechen –
was aber das Notwendigste gewesen wäre, dass bei dieser Feierlich-
keit ich über einen Lautsprecher zu allen hätte reden können, genau
dies war nicht vorbereitet. Vielleicht war dies nur eine Schlamperei
der Organisatoren, vielleicht aber auch ein geschicktes Manöver der ÖVP
die darauf Wert legt, dass ich dort natürlich nicht zu den hunderten
Menschen habe sprechen können. Bei den anschliessende Dinnerbuffet
in einem Gasthaus ersuchte mich dann der Direktor Dr. König, da
einige Vorstandsmitglieder der deutschen Besitzer ebenfalls dort an-
wesend waren, eine Ansprache zu halten. Man war, wie man mir nachher
sagte, begeistert über meine unkomplizierte Art, wie ich solche
Eröffnungen vornehme und ich musste auch bei dieser Ansprache
ein fröhliches Gesicht machen, obwohl ich mich innerlich sehr ärgerte.
Wozu diese Fahrt, wenn nachher die wichtigsten Voraussetzungen für
einen Publicity-Erfolg nicht für mich, sondern natürlich für die
dortige Organisation überhaupt gar nicht möglich ist.



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Bei den Besuch zur Überreichung des Staatswappens an Herrn
Komm.Rat Markon in Neudörfler Möbelfabrik traf ich dann die
gesamte burgenländische Prominenz. Landeshauptmann Kery,
sein Stellvertreter Soronics, Landesrat Vogl, Präsident Graf
von der Handelskammer, Präs. Babanitz von der Arbeiterkammer und
ich weiss nicht noch dutzende Honoratioren. Dort erklärte man
mir, dass man sich gewundert hat, dass ich überhaupt nach Ober-
wart gefahren bin. Graf sagte freimütig, nur ein
Handelsminister kann sich dort erlauben einen LÖWA-Markt zu er-
öffnen. Niemand von ihnen hätte dieses Angebot angenommen, da durch
diesen LÖWA-Markt viele Kleine wieder zugrundegehen werden. Typisch
war ja, dass man mir tatsächlich von seiten der Deutschen klarmachen
wollte, dass sie eine Forderung auf Nahversorgung in Burgenland
erfüllen, wenn sie einen LÖWA-Markt in Oberwart errichten. Genau
das Gegenteil sagte ich ihnen trifft durch die Errichtung des LÖWA-
Marktes ein. Problematisch war dagegen die Überreichung der Aus-
zeichnung. Früher hat Komm.Rat Markon, ein Genosse der sich stets
zur Partei bekannt hat 1946 mit einer Arbeiterin begonnen. Jetzt
hat er 350 Beschäftigte und eine der grössten Industriebetriebe
im Burgenland. Verständlich deshalb auch der grosse Auftrieb von
Prominenz und Presse, Rundfunk und sogar vom Fernsehen.

Beim Abendessen in der bulgarischen Botschaft erzählte mir Aussen-
handelsminister Christow, aber auch unsere Begleiter, dass der
VÖEST-Besuch ein grosser Erfolg war. GD Koller hat zwar kategorisch
abgelehnt die bulgarischen Maschinen namens der VÖEST auf Dritt-
länder zu vertreiben oder gar grössere Mengen nach Österreich herein zu
importieren, weil der Markt – wie er sich ausdrückte – zu klein ist.
In Wirklichkeit will er mit diesen Maschinen auch nicht mit den
berühmten Elektrokarren belastet werden. Andererseits möchten die
Bulgaren aber ........anlagen und noch andere Anlagen bei der
VÖEST tatsächlich kaufen. Als einzig neues für mich hat die VÖEST
den Bulgaren auf den syrischen Markt Montagearbeiten ihrer Kon-
struktionslieferungen in dieses Land angeboten. Ob die Bulgaren
tatsächlich Arbeitskräfte für solche Montagearbeiten frei haben,
werden sie erst prüfen. Da Fälbl und Pschorn mit dem bulgarischen
Vis-a-vis erst den Vertrag jetzt endgültig zu Ende verhandelten,
kamen sie reichlich spät in die Botschaft, sodass das Essen fast
bis nach 11 Uhr dauerte. Für mich im wahrsten Sinne des Wortes eine
gräuliche Beschäftigung. Wenn ich die eine oder andere Speisenfolge


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wollte, war der einzige Effekt, dass man mit etwas anderes
dafür brachte. Mein Sohn hat wirklich recht, wenn er sagt,
fresst euch nur bei diesen Empfängen zu Tode. Und ich kann
auch nur dafür einen einzigen Ausdruck finden, dies ist der
Klassenkampf in der härtesten Form.

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Tagesprogramm, 30.3.1977

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Identifikation nicht völlig sicher]


Einträge mit Erwähnung:
    GND ID: 1019705841


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: RA, ORF-Kuratorium; evtl. auch Fritz Slunsky


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        Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Präs. HK Bgld.


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          Tätigkeit: Präs. LWK


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            Tätigkeit: Vertreter Fa. Löwa


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              Tätigkeit: RA, SPÖ


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                Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                  Tätigkeit: Präs. Verb. d. öst. Zuckerindustrie


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: nö. ÖVP-LR, Präs. LWK NÖ


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                      Tätigkeit: Dir. Chemie Linz


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                        Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                        GND ID: 1053195672


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: bgld. LH


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                            Tätigkeit: bulg. Außenhandelsminister


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                              Tätigkeit: Chemie Linz


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                                Tätigkeit: GD VÖEST


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                                  Tätigkeit: bgld. Finanzlandesrat


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                                    Tätigkeit: 6


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                                      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                                        Tätigkeit: Beamter HM


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                                          Tätigkeit: BRD-Wirtschaftsminister
                                          GND ID: 118535498


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: LH-Stv. Burgenland, ÖVP


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                                              Tätigkeit: MR HM


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