Dienstag, 29. März 1977
Gen.Dir. Freibauer, Universale, ersuchte um neuerliche Intervention
bei Biro wegen des Schlachthofbauzuschlages. Freibauer vermutet,
dass der Brief gar nicht zu Biro gekommen ist. Dies halte ich für
unmöglich, doch werde ich neuerdings intervenieren. Freibauer kam
dann – und ich bin mir nicht ganz sicher – ob er nicht deshalb nur
gekommen ist, auf die Ausschreibung des neuen Zentralgebäudes mit
Lastverteiler der Verbundgesellschaft zu sprechen. Derzeit stehen
zwei Projekte zur Diskussion wie mir der Vorstand der Verbund
mitteilte. Entweder das Universale Projekt beim Nordwestbahnhof,
oder auf dem Landstrasser Gürtel von der Porr. Ich erklärte Freibauer,
dass ich mich gegen beide Projekte ausgesprochen habe, weil ich sage,
die Verbund hat nicht so viel Geld um hundert Millionen Schilling
für ein neues zentrales Verwaltungsgebäude auszugeben. Wichtig ist,
dass ein neuer Lastverteiler gebaut werden muss, dieser kann aber
ohne weiteres im Umspannwerk in Oberlaa errichtet werden. Gegebenen-
falls kann man dort auf die grüne Wiese auch zentrales Verwaltungs-
gebäude setzen. Ich erklärte Freibauer ganz dezidiert, dass für diese
Entscheidung der Verbundvorstand resp. der Aufsichtsrat zuständig ist.
Ich werde nur, wenn ich gefragt werde, in beiden Fällen diese Meinung
vertreten.
Das iranische Fernsehen interviewte mich wegen der Handelspolitik
des neutralen Österreichs. Ich war sehr überrascht dabei, keine
einzige Frage bezogen auf Iran bekommen. Der Grund dafür ist, dass
das iranische Fernsehen eine Story über Österreich filmte und gar
nicht dabei auf die besonderen iranisch-österreichischen Beziehungen
eingehen wollte, Es ist für mich unerklärlich, da selbst der österr.
Rundfunk in diesem Fall sicherlich die österreichischen Beziehungen
von den Hersteller verlangt hätte.
Bei der Vorsprache vom bulg. Aussenhandelsminister Christow bei
Kirchschläger hat dieser über die Vorstellungen Bulgariens und die
Verhandlungen der VIII.Gemischten Kommission berichtet. Insbesondere
meinte er, dass aus Drittländern Iran, Irak, Nigeria, Bulgarien
gute Möglichkeiten für Kooperationen mit Österreich hätte. Dann kam
angedeutet die Beschwerde wegen der Zolldiskriminierung von Bulgarien
und die zu geringen Maschineneinfuhren und die Wünsche Bulgariens, ihren
Strassentransport ihrer eigens dafür aufgebauten Transportflotte durch
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Österreich. Bulgarien hat dieses Transportgeschäft von Europa
nach den nahen Osten ganz gross in Angriff genommen. Das Ver-
kehrsministerium hat sich im letzten Moment bereiterklärt, über
dieses Problem mit den Bulgarien jetzt bei der Gemischten
Kommission zu verhandeln. Die Abgaben die die Türkei jetzt ver-
langt – ich ergänzte sofort, auch die Jugoslawen – kosten den Bulgaren
eine schöne Stange Geld.
Im Ministerrat berichtete Lanc, dass der bulg. Verkehrsminister zu
ihm kommt. Broda, Firnberg und Leodolter verbringen ihren Oster-
urlaub im Ausland, was Kreisky zur Bemerkung veranlasste "und man
propagiert, die Österreicher sollen in Österreich bleiben". Da
Sinowatz eine Bemerkung zu mir machte, als ob diese Idee von mir
stammt, erklärte ich sofort, ich hätte dies niemals verlangt, worauf
Kreisky sofort antwortete, er hätte auch nicht gesagt, dass ich
dies propagiere. Kreisky verlangte neuerdings die Kennzeichnung
der Dienstautos der Minister, da er weitere Angriffe von der ÖVP
wegen Gesetzesverletzung in diesem Punkt erwartet. Kreisky gab
allerdings zu, dass die Chauffeure von allen Ministern dieses
Dienstwagenzeichen nicht sehr gerne auf den Autos haben, weil sie
dadurch doch angestänkert werden.
Bei dem Tagesordnungspunkt der Patentgesetznovelle machte das Finanzmi-
nisterium über Lausecker die Bemerkung, dass der zukünftige Perso-
nalaufwand dafür nur durch internen Ausgleich des Handelsministeriums
selbst erfolgen müsse und der Sachaufwand im jetzigen Budget ihre
Deckung finden muss. Beim Markenschutzgesetznovelle gab es wieder
Wünsche, sodass mit der Massgabe beschlossen wurde, darüber im Par-
lament noch gewisse Wünsche zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Wieso wurden wir vorher nicht darüber infor-
miert.
Zur Delegationsentsendung zur Diplomatenkonferenz über internationale
Anerkennung Hinterlegung von Mikroorganismen im Patenterteilungs-
verfahren haben wir zwei Dienstreiseanträge von Leberl und Fichte
gestellt nach Budapest, die nach Meinung Pahr's gar nicht notwendig
gewesen wären, da er in seinen Bericht, wo er sich dafür Verhand-
lungsvollmachten geben liess, diese Dienstreisen gedeckt gewesen
wären. Ich sehe nicht ein, dass wir so ungeschickt agieren, Dienst-
reiseanträge im Ministerrat beschliessen zu lassen, die sowieso
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ein anderer Minister beantragt.
ANMERKUNG FÜR WAIS UND PLESCH: Das Patentamt soll hier besser auf-
passen und entsprechend abstimmen.
Die Überprüfung der Überstundenleistungen des Bundes ergab, dass
die erste Zusammenstellung bereits zeigte, dass für 3 Mia. Schilling
sogenannte Überstunden abgegolten werden. Jedermann weiss, dass
nicht annähernd dafür Überstunden geleistet werden. Kreisky hat
deshalb die Idee, den einzelnen Ressorts die Ersparnis, die aus
Überstunden kommt zu belassen um eventuell Sachausgaben dafür
bei den Ressorts decken zu können. Ich glaube dass diese Idee
überhaupt nicht zu verwirklichen ist, weil sie glatt unseren
Budgetgrundsätzen widerspricht.
Dir. Büttner kam wegen der Margarinepreise. Jetzt sei er bereit wenn
er eine Zusicherung bekommt, dass dann noch weiter verhandelt wird,
als erste Etappe die seinerzeitige Preissenkung der Margarinepreise
durch Rohstoffpreisverbilligung jetzt durch die Rohstoffpreisver-
teuerung wieder aufzuheben. Vor etlichen Wochen hatte er diese Idee
von mir kategorisch abgelehnt. Ich erklärte ihm darüber mit den
Arbeiterkammer und Gewerkschaftsleuten zu sprechen. Beim Jour-fixe
haben diese dann, dieser Idee zugestimmt. Büttner berichtete mir auch
dass er für die Ölmühle einen Aussenschutz braucht und mit der Land-
wirtschaft jetzt über Anbaumöglichkeiten Verhandlungen führen wird.
Als Standorte kommen Wien, Aschach wegen eventuell vorhandener Silos,
und Krems in Frage. Goldmann berichtet, dass die Industriesektion
jetzt mit der Handelssektion über Aussenschutz Besprechungen führen
wird. Beim Jour-fixe stelle ich fest, dass die Arbeiterkammer
und der Gewerkschaftsbund sich ganz entschieden gegen einen Öl-
wirtschaftsfonds ausspricht. Auch ich habe kein Interesse den ehemali-
gen Fettwirtschaftsfonds womöglich wieder zu aktivieren. Blaha wird
ein Modell mit Büttner besprechen, welches den höchstmöglichen
Schutz beinhalten soll.
Bei der Eröffnung des Verbandstages der E-Werke hatte Klimesch
nicht nur begrüsst, sondern gleich seine ganze Konzeption und Kritik
über die Energiepolitik dargelegt. Dabei hat er allerdings immer
wieder erwähnt, dass das Handelsministerium und ganz besonders ich
mich um die Elektrizitätswirtschaft sehr verdient gemacht habe.
Natürlich erklärte ich dann als nächster Redner, dass ich
jetzt nicht eine Grussbotschaft bringe, sondern auf die ganzen
Forderungen resp. Kritiken eingehen werde. Ich setzte den etlichen
hundert Leuten, alles Elektrizitätsvertretern, aber auch der an-
wesenden Presse, den Handelskammervertreter klar und deutlich
meine Energiepolitik in Frage der Preise, der Reorganisation der
Energiewirtschaft insbesondere im Vergleich zur ÖVP klar und deut-
lich auseinander. Bezüglich der Atomenergie verwies ich darauf,
dass Deutschland, wie Friderichs Samstag erklärte, den weiteren
Ausbau verlangt und Brugger ganz besonders auf die Unmöglichkeit
der Sonnenenergie – 10 % würden die ganzen Alpen mit Spiegeln be-
decken – hinwies. Letzteres tat ich nicht zuletzt deshalb weil
der Abg. Stix, ein Sonnenenergiefanatiker, der selbst ein Haus
mit Sonnenenergie ausstattet, anwesend war.
In der ÖGB-Bundesfraktion berichtete Krämer, der Statistiker der
Arbeiterkammer – über den neuen Lebenshaltungskostenindex. Ich
diskutierte dann nachher mit ihm über das Verkettungsproblem. Die
Argumente, dass jetzt der alte Index durch die Verkettung höher
liegt als der neue und dass insbesondere gegenüber Dezember der
Jännerindex um 1.7 % höher liegt, ist nicht überraschend. Auch bei
der Umstellung auf den Index 1966 war genau dieselbe Situation. Ja
selbst der genaue Prozentsatz von Dezember auf Jänner. Im Laufe des
Jahres wird sich dies alles ändern, wenn das erste diesbezügliche
Ergebnis vorliegt. Krämer nimmt an im August dann vereinbarte ich
mit ihm wird er sofort in ein Pressefrühstück zu mir eingeladen
um dies dann der Presse neuerdings klarzumachen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte mit Krämer besprechen und vormerken.
Beim Jour-fixe vereinbarten wir, dass für ein Zuckermodell von der
Arbeiterkammer mit der Zuckerindustrie verhandelt wird. Als Grund-
lage kann das Jonasch-Kalkulationsschema dienen, doch müssten die
Fixkosten auch auf den Export anteilsmässig verteilt werden, wenn
der Weltmarktpreis dies ermöglicht. Derzeit ist aber aus dem
laufenden Zuckermodell nur ein Verlust der Zuckerindustrie zu erwarten
Die Überkapazität der Zuckerindustrie könnte nach Meinung der Ar-
beiterkammer nur durch eine Stillegung einer Zuckerfabrik beseitigt
werden. Ich wies ganz besonders darauf hin, dass wenn wir das
Zuckermodell nicht finden, die Bauern nicht bereit sein werden über
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ein Getreidemodell mit uns so zu verhandeln, dass tatsächlich die
Überproduktion einigermassen eingedämmt wird resp. der Staat da-
durch belastet wird.
Bezüglich der Einweg-und Mehrwegflaschen müssen wir eine gesetz-
liche Grundlage finden, dass mit Ausnahme von Essig und Öl
diese verboten werden können. Mit Hilfe einer Pfandlösung müsste
es gelingen, dass nur verrottbare Einweggebinde mehr auf den Markt
auch für Importe zugelassen werden.
Über das Altölgesetz wird es kaum möglich sein mit dem Gesundheits-
ministerium, das ein Sondermüllbeseitigungsgesetz welches all-
umfassend sein soll anstrebt zu erreichen. Da im Ausschuss des Par-
laments ein Initiativantrag der FPÖ liegt, werden jetzt alle Vor-
arbeiten geleistet und dort entsprechende Abänderungsanträge zu
stellen. Dadurch könnten wir ein Begutachtungsverfahren neuerdings
umgehen.
Bezüglich der Abgabe von Vitaminpräparaten Humanis
mittelhandel wird versucht werden, ob die Gewerbeordnung dafür aus-
reicht
Die Margarinepreisregelung, d.h. mein Vorschlag auf Aufhebung der
seinerzeitigen Preissenkung wird mehr oder minder murrend zur Kennt-
nis genommen.
Bezüglich der Autopreise und Ersatzteile wird im nächsten Wett-
bewerbsausschuss am 15.4. Wais wegen des abgestimmten Verhaltens der
Importeure und der Vermutung, dass es sich vielleicht im Einzelfall
um ein Wirkungskartell handeln könnte, vielleicht auch eine Netto-
preisverordnung erlassen werden, sollte Wais dies dort zur Sprache
bringen. Sollte, was anzunehmen ist, die Handelskammer nicht bereit
sein hier mitzugehen, wird Wais mit dem Büro des Finanzministers
vorher darüber sprechen, dass die Finanzprokuratur diesbezügliche
Anträge beim Kartellverfahren stellt. Ich sehe nämlich nicht ein, dass
der Finanzminister grosszügig ankündigt, jetzt muss etwas gegen die
Autoimporte geschehen und ich letzten Endes dann alles allein aus-
löffeln sollte.
Bei den Ölmühlenbericht, Besuch in Mannheim, kommt für mich klar
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und deutlich zum Ausdruck, dass die Arbeiterkammer und der Ge-
werkschaftsbund sehr reserviert gegen dieses Projekt nach wie vor
sind. Lachs fragt an, ob sich die Genossenschaft jetzt an diesen
Projekten beteiligen sollte. Ich selbst bin ein absoluter Anhänger,
dass die Genossenschaft auf alle Fälle daran mitwirken soll. Ob und
inwieweit dann Unilever oder das Projekt der Landwirtschaftlichen
Genossenschaft mit Eisenstein verwirklicht wird, ist mir persönlich
ganz egal. Wichtig erscheint mir nur, dass Anbaumöglichkeiten auf
Ölsaat in Österreich untersucht und womöglich forciert wird. 50.000 ha
für die österr. Landwirtschaft muss eine entsprechende Entlastung
auf dem Getreidesektor dann bringen.
Bei der Bezirkskonferenz in Favoriten, wo der Saal übervoll war, berich-
tete ich über die wirtschaftliche Situation. Diskussion gab es keine.
Die Konferenz war aber sicherlich nicht wegen meinen Referat so gut
besucht, sondern weil Probst nach Jahrzehnten seine Funktion als
Bezirksobmann zurücklegte und wegen der Nachfolge eine richtige
Kampfabstimmung zu erwarten war. Hier glaube ich doch mit ruhigen
Gewissen sagen zu können, dass meine Nachfolgeprobleme von mir aus
gesehen besser vorbereitet sind. Überall wo ich bis jetzt gewirkt
habe, habe ich mich sofort um einen entsprechenden Stellvertreter
umgesehen, der jederzeit meine Funktion übernehmen kann. Mir erscheint
nämlich die kontinuierliche Fortsetzung einer Arbeit ohne riesige
Nachfolgekämpfe und womöglich noch daraus resultierende Streitig-
keiten die lange nachwirken, als ein Greuel. Nicht nur dass dadurch
die Arbeit stark leidet, bleiben aus solchen Streitereien dann
furchtbare Resortimente zurück. Wenn es überhaupt dann eine Bereinigung
dieser gibt, so dauern sie nicht nur sehr lange Zeit, in den meisten
Fällen sind sie überhaupt irreparabel. In vielen Beispielen müsste
ich dies schon feststellen und waren für mich persönlich immer ein
unliebsames Erlebnis. Scheinbar geht es in der Politik aber nicht
anders. In diesem Fall möchte ich fast sagen, leider.
Tagesprogramm, 29.3.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 68. Ministerratssitzung, 29.3.1977
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