Donnerstag, der 23. Dezember 1976

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23.12.1976
Weihnachten 1976/1977

Wieder einmal auf Reisseck. Der Vorteil ist, man kann dort über ver-
schiedenste Probleme diskutieren. Dominiert hat diesmal so wie immer
Lachs, der wegen der Konsumfusion ständig mit allen diese Fragen be-
sprach. Wenn der Zentralkonsum zustande kommen soll, dann muß Wien
mitmachen. Wien ist dazu bereit, will aber natürlich einen entsprechend
starken Einfluß. Dafür glaube ich, sind die anderen Konsumgenossenschaften
umso zurückhaltender, ausgenommen natürlich die, die in finanzieller
Bedrängnis sind, dies gilt für den Vorarlberger Konsum, nicht aber aller-
dings für die einzelnen Ortsgenossenschaften, diese sind meistens ÖVP-
dominiert und vertreten fast noch die alte Genossenschaftsidee und Konstruk-
tion, klein, unbedeutend, auf ihre Mitglieder beschränkt, Schwierigkeiten
gibt es aber auch insbes. in der einen steirischen Konsumgenossenschaft in
Leoben, für das gesamte obersteirische Gebiet. Außerdem noch die Tiroler.
Mit Landeshauptmann Wagner besprach er dann die Kärntner Situation. Dort
allerdings ist es wie Frühbauer uns vorher mitteilte, nicht einmal möglich
den Klagenfurter und den Villacher Konsum zu einer gemeinsamen Aktion zu
veranlassen. Die Villacher sind momentan die aktiveren, der Klagenfurter
Direktor geht jetzt bald in Pension und die Villacher wollen deshalb einen
gemeinsamen Code-Produktionsbetrieb errichten, dafür hätten sie einen ge-
meinsamen Fleischproduktion-Betrieb in Klagenfurt diesen zugestanden. Eine
Einigung kam nicht zustande. Die Gegensätze zwischen Klagenfurt und Villach
sind nicht nur in der Partei, sondern in der Genossenschaftsbewegung, wahr-
scheinlich in jeden einzelnen spezifischen Gebiet sehr stark vorhanden. Lachs
möchte nun eine Aussprache mit den Kärntnern und den Wiener herbeiführen, damit
sie gemeinsam vorgehen. Eigentlich ist er sehr interessiert, daß dieser
Zentralkonsum zustande kommt, verhandlungsmäßig hat er aber, wie er selbst
mir gegenüber zugab, gar keine Kompetenz, diese liegt ausschließlich bei
seinem Vorstandskollegen Kaditz. Wagner ist zu einer solchen Aussprache
bereit, wenn Benya als Obmann der Wiener Konsumgenossenschaft dabei ist.
Auch hier dürfte Benya der starke Mann sein.

Wagner hatte aber ein ganz besonderes Interesse und deshalb kommt er immer
aufs Reisseck, um für sein Land von Grünwald und teilweise von mir Zu-
sicherung über weitere Industrialisierung zu bekommen. Dies gilt diesmal
ganz besonders der Idee eine Autofabrik in Österreich zu errichten. Wagner
meint natürlich, und dies wahrscheinlich mit Recht, daß Porsche seinerzeit


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in Kärnten gewesen ist und die Porsche-Leute heute sofort
wieder nach Kärnten kommen würden, wenn die Bundesregierung
sie in dieser Frage unterstützen würde. Mit Grünwald hatte ich
vorher das Autoprojekt im Detail und sehr gründlich besprochen,
schon allein wegen der Preisdifferenz – 10.000 DM – die heute
produzierten Auto – 15.000 DM – bei knappster Kalkulation das
österreichisch-Porsche Auto, sieht Grünwald keine Möglichkeit
dieses Projekt aktiv gebarend zu verwirklichen. 4–5 Milliarden
Schilling Investitionen für 4–5.000 Beschäftigte ist ein sehr
großer Investitionsaufwand, wenn von vornherein dann gleichzeitig
eine Minuskalkulation vorliegt, so meint Grünwald mit Recht und
ich teile diese Meinung, daß es sich hier um ein nicht sehr
zukunftsträchtiges Projekt handelt. Ich vertrat übrigens die
Meinung, daß die Industriegesellschaft in Europa und ganz besonders
in Österreich vorüber sei. Die Zukunft liegt meiner Meinung nach
bei der Freizeitgesellschaft, hier hat Österreich wesentlich mehr
zu bieten, wenn wir diesen Weg zeitgerecht und zweckmässig ein-
schlagen. Ganz anderer Meinung war dagegen Landeshauptmann Wagner.
Das Slowenenproblem aber auch alle anderen oder zumindestens viele
kärntnerische Probleme werden gelöst wenn eine stärkere Industriali-
sierung in Kärnten Platz gegriffen hätte. Dies gilt vor allem
an Stelle der Investitionen für den Fremdenverkehr. Da ich hier
ganz anderer Meinung war, habe ich ihm dies auch klar und deutlich
gesagt. Kärnten hat den großen Nachteil, daß es nur eine Einsaison
Fremdenverkehrswirtschaft im großen und ganzen betreiben kann.
Trotzdem sind die Erträge aus dem Kärntner Fremdenverkehr beacht-
lich. Natürlich ist die Seenverunreinigung, die Generationen
bereits betrieben haben, bis sie jetzt saniert wird, ungeheuerlich
aufwendig. Wahrscheinlich bräuchten wir auch neue Idee um die
zweite Saison in Kärnten zu forcieren. Reisseck mit der ÖDK ist
für mich ein typisches Beispiel. Auch in diesem Winterskigebiet
ist der Sommer-Fremdenverkehr der stärkere, dieser liegt weit
über dem österreichischen Durchschnitt, 1/3 Winter, 2/3 Sommer.
Der Tagesgast kommt im Sommer ständig von unten rauf, im Winter
ist das Hotel wesentlich besser belegt, dies gilt insbes. für
die Feiertage. Bis jetzt ist es uns in Österreich nur gelungen,
die Fremdenverkehrsbetriebe oder Appartement-Häuser für zahlungs-
kräftige Gäste, insbes. aus der Bundesrepublik zu gewinnen. Wenn
wir eine Freizeitgesellschaft mit entsprechenden internationalen
Verkehr werden wollen, müssen wir neue Ideen entwickeln, wie wir
die Massen nach Österreich bringen können und hier in Österreich
binden.



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Die reine Durchreise wird natürlich nicht genügen, ganz im
Gegenteil, diese schafft uns jetzt schon ungeheure Probleme
im Transitverkehr ohne uns entsprechende Erträge zu sichern.
Hier müssen wir ohne unseren Familiencharakter in der Fremden-
verkehrswirtschaft zu zerstören, zu entsprechenden Massenbesuchen
kommen. Der beste Ansatz war, als die Deutschen Krankenkassen
entsprechende hohe Beträge ihren Mitgliedern vergüteten, wenn
sie sich in Österreich aufhielten. Wenn die Krankenkassen in
Deutschland jetzt nicht mehr finanziell verkraften können, dann
müßte man ähnliche Konstruktionen finden, bzw. zustande bringen.

Anmerkung für WANKE und TIEBER: Mit deutschen Gewerkschaftern und
Sozialversicherungen, aber auch Versicherungen und Kapitalgesell-
schaften müßte man diesbezügliche Gespräche führen.

Die größte Zeit der Diskussion war aber selbstverständlich der
Elektrizitätswirtschaft gewidmet. Frühbauer als Vorsitzender des
Aufsichtsrates der ÖDK hat sich eingehend mit mir über die nächste
personalpolitische Maßnahme in der ÖDK unterhalten. Die Fraktion
möchte in Zukunft allen Ernstes einen eigenen Personaldirektor
errichten, Frühbauer hat größte Bedenken und auch ich habe mich
dagegen ausgesprochen. In der Verbundgesellschaft war es die
Konstruktion, die uns gezwungen hat, für Ing. Perl diesen Posten
jetzt im Personalbüro so einzurichten, daß er entsprechenden Ein-
fluß hat. Dies war insbes. notwendig, da die Personalfrage dem
Vorstandsmitglied Arthold unterstand. In der ÖDK wollten sie
jetzt eine ähnliche Konstruktion, obwohl jetzt bereit schon die
Personalfragen von Dir. Hautzenberg und Dichtl laut Geschäfts-
ordnung gemeinsam gelöst werden. Dichtl macht nun bei jedem
Techniker, der aufgenommen werden soll, insofern Schwierigkeiten,
als er dafür sofort entsprechende Einstellung von kommerziellen
Leuten für seinen Bereich verlangt. Die ganze Konstruktion
ganz besonders aber jetzt eine neue Personaldirektion würde nur
den Verwaltungsapparat aufblähen, anstelle ihn einzuschränken.
Frühbauer ist derselben Meinung wie ich, daß unbedingt ent-
sprechende Einsparungen erfolgen müssen. Frühbauer will in Hin-
kunft gar nichts anderes als das Hautzenberg, wenn er mit seinen
Personalwünschen und sonstigen differenten Auffassungen bei
Dichtl nicht durchkommt, er sich mit Dichtl gemeinsam an ihm
wenden muß, er wird dann als Vorsitzender es Aufsichtsrates ent-
sprechende Entscheidungen vorschlagen. Sollte Dichtl sich gegen


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eine solche Politik wehren, so erwägen wir bei krass vor-
liegenden Beispielen dann die Geschäftsordnung dahingehend
zu ändern, und Hautzenberg ein Dirimierungsrecht zu geben.
Dieser Lösung stimmte ich umso freudiger zu, als es keine
Personalvermehrung ganz im Gegenteil nach Mitteilung nach
Hautzenberg dann sogar eine Personalreduktion in der Verwaltung
geben wird.

Beeindruckt hat mich die endgültig zweite Andrehen der ersten
Turbine. Beim ersten Mal hat die Firma Siemens einen Fehler in
der Konstruktion gehabt, daß zu einem Schluß geführt hat, wo
das Lager schwer beschädigt wurde. Eine Schelle, wo Rohrleitungen
im Rohbau festgehalten waren, hat sich gelöst, gestreift, Strom
übergeleitet und damit das Lager schwer beschädigt. Kleinigkeiten
verursachen große Schäden. Dies fürchte ich bei jedem Kraftwerk,
insbes. auch beim Atomkraftwerk, Stillstände sind dann die Folge.
Die Turbine hat dann beim zweiten Antrieb vollkommen funktioniert
mit einigen kleinen Auswuchtungen und anderen kleinen Änderungen
wäre sie jetzt mit 180 MW einsatzbereit. Leider hält der Druck-
stollen, der vor dem Wasserschloß undicht ist, diese Belastungen
nicht aus, durch die von der Behörde verlangten Schnellabschaltung
wurde er trotz Folienüberzug, der provisorisch aufgebracht wurde,
vielleicht auch auf anderen Stellen undicht und es geht ständig
200–300 Liter-Sekundenwasser verloren. Der Bundeslastverteiler
kann also nicht mit vollem Einsatz rechnen, sondern muß ähnlich
wie bei der Donau mit beschränkter Leistung das gespeicherte
Wasser bis zum Sommer abarbeiten. Ich bin sehr gespannt, was der
Verbundvorstand mir darüber berichten wird.

Gmeinhart, von der TKW besprach mit mir den weiteren Ausbau vom
Zillergründl und ganz besonders vom Dorf Osttirol Projekt. Wenn
auch das Ost-Tirol-Projekt in weiter Ferne, vom Standpunkt der
Verbundgesellschaft infolge von Finanzierungsschwierigkeiten
liegt, sehe ich meine Aufgabe darin, jetzt schon ständig die
Sondergesellschaft zu drängen, dieses Projekt mehr und schneller
zu bearbeiten, Hier wird es ganz besonders im Sinn Verhältnis
Verbund Sondergesellschaft schwierige Auseinandersetzungen geben.
Gmeinhart, aber auch Hautzenberg vermuten, daß die Verbundgesell-
schaft womöglich dieses Projekt selbst bauen möchten oder zumind.
einen wesentlich stärkeren Einfluß verlangt, als dies bei den
bisherigen Projekten der Fall war. Ostmaier, ein sehr tüchtiger


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Ingenieur der Verbundgesellschaft, ist jetzt Geschäftsführer
der Studiengesellschaft. Da Osttirol mit der TIWAG gemeinsam
zumind. was die Studiengesellschaft betroffen hat, in Angriff
genommen wurde, besteht außerdem die Gefahr, daß die TIWAG
sich stärker einschaltet als sie kapitalmäßig überhaupt ver-
kraften kann. Die TIWAG ist jetzt mit ihrem Sellrain-Silz-Projekt
mit den Westdeutschen gemeinsam voll ausgelastet. Sie wird des-
halb eine Beschleunigung des Ost-Tirol-Projektes nicht zustimmen,
ganz im Gegenteil. Da LH Wallnöfer aber so wie ich der Meinung
ist, daß aus wirtschaftspolitischen Gründen dieses Projekt so
schnell als möglich in Angriff genommen werden soll, müßte es
gelingen, die Arbeiten wesentlich zu beschleunigen. Ich beab-
sichtige deshalb die Einladung Gmeinharts, ich sollte unbedingt
nach Salzburg kommen, um diese Probleme mit dem gesamten Vor-
stand und anderen, insbes. der Fraktion zu besprechen, anzu-
nehmen.

Anmerkung für WAIS: Wenn ich zur Münchner Messe fahre, werde
ich vorher in Salzburg am Vorabend eine diesbezügliche Bespre-
chung abhalten.

Die Baufirma Soravia, den Vater und Sohn hatte ich schon früher
immer wieder auf Reisseck getroffen, wollte ebenfalls von mir
eine Aussprache. Da Veselsky mit dem Sohn auf Jagd war, sind
sie dann neuerdings gekommen. Soravia möchte unbedingt in die
Arbeitsgemeinschaft der Donaukraftwerke. Ich erklärte sofort,
daß dies große Schwierigkeiten bringen wird, da jede Arbeits-
gemeinschaft besonders dann, wenn sie aktiv und zweckmäßig ge-
führt wird, nicht neue Bauunternehmen aufnimmt. Ich habe nur
zugesagt, mich mit der Donau ins Einvernehmen zu setzen.

Anmerkung für WAIS: Bitte bei einer nächsten Aussprache, erinnere
mich dieses Problem dort zu erwähnen.

Die Besichtigungen und ganz besonders die Möglichkeiten bei
technischen Schwierigkeiten und diese werden jetzt in der
Elektrizitätswirtschaft immer mehr den Direktkontakt zu pflegen,
gibt mir einen wesentlich besseren Eindruck als noch so viele
geschriebene Berichte, die zu spät kommen, zu ausführlich sind
und meistens kaum für mich verständlich sind. Wenn es meine
Zeit erlaubt, werde ich deshalb sowohl mit Altenwörth als auch
mit Atomkraftwerk in diesem Jahr wesentlich mehr persönlichen
Augenschein aufnehmen.



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Anmerkung für WIESINGER: Bitte die entsprechenden Termine
schlimmstenfalls Samstag freizuhalten.

Abg. Zingler und der neue Mann, den er für Märzendorfer
unbedingt in den STEWEAG-Vorstand bringen möchte, Dr. Klepp
haben mir von den Problemen der STEWEAG einiges erzählt. Zingler
hat sich jetzt glaube ich endgültig mit unserem sozialistischen
Vorstandsdirektor Märzendorfer zerstritten. Zingler gibt zu,
daß auch bei der STEWEAG Dutzende überflüssige Posten existieren.
Für ihm ist nur das Problem besonders schwer, weil es sich hier
um Arbeiter, resp. kleine Angestellt handelt, die draußen, d.h.
nicht in der Zentrale noch beschäftigt sind. Aber auch in der
Zentrale in Graz gibt es ungeheure Überbesetzung. Alle sehen
ein, daß eine Reorganisation und eine Senkung der Lohn- u. Gehalts-
tangente dringendst notwendig ist. Wenn man aber im Detail dann
an die Arbeit herangeht, türmen sich ungeheure Schwierigkeiten
auf, diese sind nicht nur politischer, sondern auch oft mensch-
licher Natur und erschweren die Durchführung einer unbedingt
notwendig erkannten Maßnahme.



Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: kfm. Dir. ÖDK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ÖDK


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: GD Konsum


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                Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                GND ID: 1053195672


                Einträge mit Erwähnung:
                  GND ID: 1017902909


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Finanzdir. STEWEAG


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO STEWEAG


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                        Tätigkeit: stv. GD Verbund


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                            Tätigkeit: Dir. TKW


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                              Tätigkeit: LH Kärnten, SPÖ


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                                Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                                GND ID: 12053536X


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                                  Tätigkeit: STEWEAG


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