Dienstag, 2. Nov. 1976
Der erste Ministerrat, den Androsch leitete, war bezüglich
der Vorbesprechung sehr interessant. Androsch stellte von sich
aus nur die Beteiligung des Bundes mit 40 % an der österr.
Krebsliga, die ein Krebs-Zentrum von 100 Mill. S errichten
möchte, zur Diskussion. Leodolter verwies darauf, dass wir in
der ersten Regierungserklärung bereits eine solche Hilfe für
die Krebskranken versprochen hatten, Firnberg meinte, dass
man sich nur eine verbale Zustimmung aber keine konkrete be-
dingungslose Zusage binden sollte. Letzten Endes musste Androsch
nach einer längeren Diskussion über dieses Problem auch zu der-
selben Erkenntnis wie Kreisky kommen, nämlich dass man im Regie-
rungsvorbesprechungskreis ein solches Problem eben nicht lösen
kann. Er schlug vor, dass die beteiligten Minister im kleinen Kreis
sich noch einmal mit dieser Frage beschäftigen müssen. Bei
Androsch war also eine lockere Diskussion, was mir an und für sich
sehr gut gefällt und wahrscheinlich auch allen anderen Ministern
ebenso, doch das Ergebnis dasselbe wie Kreisky seit 6 Jahren
die Regierung führt, nämlich bilateral mit den beteiligten ausser-
halb der Regierungsvorbesprechung die Lösung des Problemes an-
zustreben. Broda kam auf die Engelmayer-Broschüre über die
Personalpolitik im öffentlichen Dienst 1970 - 1976 zu sprechen.
Lausecker wurde beauftragt, ersucht die von NR-Abg. Mock
gestellten Anfragen wegen der Ausschreibung und wegen der Dienst-
postenbesetzung im Hinblick auch auf die Engelmayer-Broschüre
zu koordinieren. Lausecker braucht dringend die Stellungnahme
der einzelnen Minister, die von der Personalvertretung verlangten
neue Organisations-Einheiten.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Lausecker zur zentralen Bearbeitung
und Beantwortung sofort die Unterlagen schicken.
Lausecker teilte auch mit, dass seine Formulierung des Überstun-
denerlasses, welches er vor acht Tagen den Ministern gegeben
hat, nur von Lü beanstandet wurde, dass die Berichterstattung an
den Bundeskanzler nicht monatlich sondern nur vierteljährlich
erfolgen soll. Da alle anderen Minister resp. Ministerbüros
sich nicht gerührt haben, nimmt er an, dass alle jetzt mit dieser
vorgesehenen Regelung einverstanden sind.
Lausecker teilte mit, dass das Verteidigungsministerium sein
Kontingent überschritten hat, dasselbe gilt beim Gesundheitsmini-
sterium und beim Finanzministerium, wenn dieses jetzt noch
einige Reisen beantragen wird. Androsch meint, es wäre notwendig, ein
Virement von den einzelnen noch offenen Dienstreisen anderer
Ministerien vorzunehmen, so dass nur eine globale Einhaltung der
Dienstreisen gewährleistet ist. Sekt.Chef Jiresch hat z.B. dem
Finanzministerium selbst zugestanden, dass es noch ca. 20 Dient-
reisen dieses Jahr benötigen wird. Gegen ein solches Virement
sprechen sich die Minister aus, insbesondere Moser, der den Ver-
teidigungsminister vertritt, meint, er könne seinen Beamten nicht
klar machen, dass bei ihm gespart wurde, damit andere jetzt doch
noch über das Kontingent hinaus fahren können. Wir einigen uns, dass
eine dringende Reise des Verteidigungsministeriums nach der BRD
am 8. Nov. jetzt genehmigt wird, die zwei anderen vom 14. Nov.
an ebenfalls nach Deutschland und in die Schweiz zurückgestellt
werden. Für 1977 wurde jetzt die Berechnung pro Kopf und Reise
auf Geld umgerechnet und es wird dann anders gehandhabt als in den
letzten drei Jahren. Moser hat glaube ich sehr recht gehabt mit
seiner Stellungnahme, denn er hätte noch 60 Reisen offen und würde
bei seinen Leuten sehr schwer erklären können, dass diese sparen
müssen, wenn gleichzeitig andere Ministerien auf seine Kosten jetzt
Überschreitungen vornehmen. Wenn es schon Überschreitungen gibt,
dann sollen sie individuell genehmigt werden.
Ich fragte Pahr nach der Ministerratssitzung, was er meint bezüglich
des Wunsches von Botschafter Weinberger, dass ich bei der EFTA-Tagung
in Portugal unbedingt bei ihm wohnen soll. Pahr sagt zwar prinzipiell
geht er nur in Hotels, weil er bei seinen Beamten nicht schlafen will,
doch hat er keinerlei Bedenken, wenn ich in der Residenz schlafe.
Ich verweise insbesondere darauf, dass ich dadurch Geld sparen kann
weil dann für die Nächtigungskosten nur 1/3 des Pauschalsatzes
und nicht die sündteuren Hotelrechnungen bezahlt werden müssen.
Pahr hat keinerlei Bedenken, dass ich bei Weinberger übernachte.
Ich bin neugierig, wie lange er seinen Standpunkt aufrechterhalten
kann, wenn durch die Einsparung von Reisekosten jetzt beabsichtigt
dann sein Reisebudget auch wird ständig knapper werden. Androsch
hat mit Recht darauf verweisen, dass durch die steigenden Kosten
automatisch eine Verringerung der Reisetätigkeit eintreten müsste.
Haiden berichtet über die von Emmerich, ORF-Korrespondent in Bonn,
angekündigte Schlachtvieh-Sperre der EG. Diese Formulierung ist un-
zutreffend, denn diese gibt es ja de facto schon seit Sommer 1974,
jetzt soll diese durch eine prohibitive Sonderabschöpfung, die um
20 – 30 % höher ist als die derzeitige abgelöst werden. Haiden beab-
sichtigt deshalb nach Brüssel, Italien und Deutschland zu fahren
und in Hinkunft den Agrarsektor mit Hilfe eines Agrarclearingsverrechnung ohne Kündigung der Agrarvereinbarungen die österr. Ausfuhr
zu verbessern. Pahr verweist darauf, dass der Ausdruck Einfuhrsperre
falsch ist, de facto aber eine solche durch die prohibitive Ab-
schöpfung dann eintreten wird. Die österr. EG-Mission hat in einem
Kabel, das auch ich gekannt habe, vorgeschlagen, man soll Massnahmen
gegen diese Absicht setzen, zumindestens sollte jetzt eine detaillierte
Untersuchung erfolgen, damit man der EG zeigt, dass man sich nicht
alles gefallen lässt. Bei einer Nachbesprechung mit Haiden, Pahr und
mir stellte ich fest, dass dieses Kabel aber auch noch ein zweites,
welches ich nicht kannte und mir Pahr zu lesen gab, die österr. Mission
entsprechende Vorschläge macht, die nicht einmal das Aussenamt in Wien
möchte. Pahr selbst ist nämlich absolut dagegen, dass unsere Agrar-
vereinbarung oder der Agrarbrief gekündigt wird. Das ist vom Stand-
punkt der Aussenpolitik vollkommen falsch und teilweise unwirksam.
Über Italien würde Obst und Gemüse dann über das Accordino herein-
kommen, die EG wäre bei einer Kündigung verärgert und der Erfolg
wäre dann trotzdem unzulänglich. Ich verwies Pahr allerdings auf die
Tatsache, dass die Kabel sicherlich der Opposition bekannt sind oder
auch bekannt werden und dann im Parlament gegen uns verwendet werden.
Ich bin überzeugt, dass die ÖVP bei nächstbester Gelegenheit Budget-
debatte oder Integrationsbericht auf diese beiden Kabel verweisen wird.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WAIS : Bitte auch das zweite Kabel und die
negative Stellungnahme des Aussenamtes dazu schriftlich vorlegen lassen.
Firnberg verwies auf eine Erhebung der IFES, die sie im Auftrag der
Energiespar-Wissenschaftsuntersuchungen veranlasst hat. Dort werden
von über 2/3 der Befragten die Atomkraftwerke abgelehnt, Sparmassnahmen
verlangt, gegebenenfalls auch mit Zwang erzwungene Gemeinschaftsaktionen.
Rationierungsmassnahmen für Benzin und Strom würden die Zustimmung
bekommen und ein gestaffelter Benzin- und Strompreis zur Entmutigung
für Luxus-Verbrauch und Verschwendung würde akzeptiert werden. Bei diesen
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Gelegenheit erklärte ich dem Ministerrat in der Vorbesprechung
die Versorgungsgefahren die für den Winter drohen. Ausfall von
5 Generatoren in Altenwörth – 200 MW, dazu jetzt das Voitsberg II
mit 65 MW Werk nicht zeitgerechte planmässige Inkraftsetzung des
Kernkraftwerkes mit 740 MW, insgesamt 1.000 MW, die eine Strom-
knappheit im Winter auslösen können. Sollte diese eintreten, was
ich nicht hoffe, dann würde eine Meinungsumfrage gleich ein
anderes Bild ergeben. Wobei insbesondere die Fragestellung für mich
sehr interessant ist.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sich nicht nur die Detailergebnisse
sondern auch die Fragen von der IFES im Detail vorlegen lassen.
Androsch ersuchte mich dann, an einer Besprechung mit dem Vorstand
der Österr. Kontrollbank wegen des Polen-Kredites teilzunehmen.
Die Beiratssitzung der Öster. Kontrollbank hat 200 Mill. S bereits
für einen Rahmenkredit 3 Jahre Zahlungsziel für Getreideexport geneh-
migt. Damit könnten 80 – 100.000 Auswuchsgetreide nach Polen verkauft
werden. Ich meldete gleichzeitig an, dass ich auch versucht habe
am Morgen mit der DDR-Delegation insbesondere dem Leiter dieser
Delegation und dem Handelsrat sowie dem Botschafter in einem
Gespräch mit Meisl ebenso für Futtergetreide zu interessieren.
Falls die DDR eine Lieferung wünscht, gibt es hier in diesem Rahmen
entsprechende Möglichkeiten. Für die anderen Exporte insbesondere
Schmalz wird Haschek bei einer Verhandlung in Warschau versuchen,
einen 20-Mill.-$-Kredit mit einjähriger Laufzeit, die Polen wollen
zwei Jahre, man könnte sich also bei eineinhalb Jahren einigen,
durchzusetzen. Die Kontrollbank möchte aber keinen gebundenen
Finanzkredit sondern einen Lieferanten-Kredit, der eben bis
zu 20 Mill. $ dann in jedem Einzelfall noch zu verhandeln sein
wird. Dass die Polen in jedem Einzelfall dann selbstverständ-
lich ihre maximale Kondition dann immer verlangen wollen, ist
jedem klar. Die Österr. Kontrollbank krieg jetzt wegen des Konsum-
kredites, den sie den Polen eingeräumt haben, von den ausländischen
Kreditinstituten ständig Anfragen und sogar auch entsprechende
Beschwerden. Das Finanzministerium ist sich klar darüber, dass
dieser Kredit auch ihnen grosse Schwierigkeiten im internationalen
Rahmen bringen wird. Androsch meint nur, die Franzosen, ja selbst
die Deutschen sind jetzt auch bereit, den Polen entsprechenden
Konditionen zu geben, damit die Exporte dorthin aufrechterhalten
werden können.
Erstmalig erfahre ich, dass jetzt Nordkorea ein Moratorium
ersucht und die Exportfinanzierung mit 1,8 Mia. S Lieferungen von
Waagner-Biro usw. schlagend wird. Die Kontrollbank wird mit dem
Finanzministerium eventuell eine entsprechende Änderung der Ex-
portförderung besprechen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS: Wie weit wurden wir informiert, resp.
wissen wir etwas. Müller soll sich stärker einschalten.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB wurden von Wanke die Überlegungen zum
Garantiegesetz vorgetragen. Die Handelskammer hat noch keine
endgültige Stellungnahmen abgegeben, weil der Industriereferent
Placek sich mit seinen Vorschlägen noch nicht durchsetzen konnte.
und wahrscheinlich auch nicht durchsetzen wird können. In der
jetzigen Form des E-u.-E-Fonds hat schon die AK-Vertretung eine
Art Verhinderungsmonopol. Die Handelskammer selbst stimmt jeder
auch noch so unmöglichen Lösung zu, da sie keinen Einzelfall
ablehnen möchte. Der Geschäftsführer von unserer Seite Schramke
ist über die Details überhaupt nicht informiert und lässt dort
auch alles laufen. Mit Recht beschweren sich daher unsere Vertreter
insbesondere Lacina und Lachs, dass sie selbst gegen den Vorsitzenden
Wirlandner immer als die Verhinderer in Erscheinung treten müssen.
Der Vertreter des FM Sekt.Chef Heller sagt überhaupt nichts anderes
als das Finanzministerium übernimmt die Rückbürgschaft. Wenn jetzt
dann noch durch das Garantiegesetz die 2,5 Mia., die derzeit
vollkommen ausgeschöpft sind, auf 6 Mia. S erhöht werden, dann
werden nach wie vor nur die schlechten Geschäfte von unseren Leuten
abzulehnen sein. Wir einigen uns daher sofort darauf, dass in das
Gesetz entsprechende Kriterien eingebaut werden müssen. Ziel
kann nur die Strukturverbesserung und niemals Sanierungsfälle sein.
Igler von der Industriellenvereinigung hat es sehr schwer, weil
man ihm jetzt vorwirft, er hat sich zur Sanierung der Vöslauer
seiner E-u.E-Fonds-Beziehungen bedient und damit ein gefährliches
Präjudiz für alle Sanierungsbedürftigen Betriebe geschaffen. Man
fürchtet – und dies nicht zu Unrecht – dass dies jetzt immer
mehr werden. Wanke wird die Vorschläge von Placek, Industrie-
sektion der Handelskammer, die sicherlich nicht in das Gutachten
der Handelskammer aufgenommen werden, jetzt sofort in unser Gutachte
übernehmen. Dadurch habe ich die Möglichkeit, wenn ich einmal
diesbezüglich angeschossen werde, zu sagen, dass wir bevor die
Handelskammer noch ihr Gutachten abgegeben hat, wir bereits die
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uns richtig scheinenden Argumente der Industriesektion übernommen
haben.
Der ÖPWZ bekommt heuer von uns die 5,5 Mill. S, die bis jetzt
das Finanzministerium bezahlt hat, zuzüglich der 857.000 S, die
wir immer gegeben haben. Von den 6,4 Mill. rund werden im nächsten
Jahr 20 % gebunden, sodass nur 5,1 Mill. zur Verfügung stehen. Dieser
Betrag wird aber nicht wahllos wie bis jetzt dem Reischitz zur
Führung seines Büros gegeben, sondern wird an gewisse Aufträge ge-
bunden. Bei einem Budget von 18 Mill. teilte uns die Arbeiterkammer
mit, wäre dies das Ende vom ÖPWZ. Die Interessensvertretungen
geben nämlich zum Unterschied vom VKI, wo sie dasselbe aufbringen
wie das Handelsministerium beim ÖPWZ nur 443.000 S. Ich halte
dieses Verhältnis für unmöglich, Reischitz geht nächstes Jahr in
Pension und die neue Leitung wird sich hier um neue Finanzierungs-
quellen umsehen müssen. Wichtig erscheint mir nur, dass wenn
im nächsten Jahr wir die Verantwortung der Subvention an das ÖPWZ
tragen, diese Reorganisationsmassnahmen mit den 70 Beschäftigten
in Angriff genommen werden und gleichzeitig womöglich unser
prinzipiellen System, welche Leistung wird erbracht, für dieses
Geld, festgehalten wird.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bei der Zuteilung sollten wir uns
schon wesentlich von der bisherigen Praxis des FM unterscheiden.
Reichhold-Chemie wird von Arbeiternehmer-Interessenvertretungen
besser betraut und von uns entsprechend unterstützt, wenn es
für sein Forschungszentrum 1 Mill. S aus dem Wissenschaftsforschungs-
fonds bekommen soll.
Bezüglich der Gaspreise einigen wir uns, dass wenn die RAG die Verbraucher-
preise für die Konsumenten indirekt unverändert lässt, dass wir
noch einmal auf eine Preisregelung dort verzichten. Sollte dies,
was ich erwarte, nicht der Fall sein, dann wird das Handelsministerium
die Preisregelung vornehmen. Die Wiener Gaspreisregelung wird nach
Meinung der AK nicht die 9,1 % betragen. Die eingereichten 10,8 %
können wie sie bereits festgestellt hat, nicht nachgewiesen werden.
Die AK verlangt von mir, dass die ÖMV mit ihren Inlandsgaspreiserhö-
hungen mit 1. April 1977 jetzt schon in die Paritätische Kommission
geht, weil diese Gaspreiserhöhung auch Grundlage der Wiener Gas-
preiserhöhung sein kann und sein muss. Sekt.Chef Frank teilt
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mir abends mit, dass Neuhold bei der Überprüfung jetzt eine
10 %-ige Erhöhung des Gaspreises für gerechtfertigt hält. Bei
den Strompreisanträgen dagegen würde für die einzelnen Gesell-
schaften wohl bis 6 % herauskommen. Ich ersuche Frank, die Verhand-
lungen so zu führen, dass ein Einvernehmen zwischen den Interessen-
vertretungen und den antragstellenden Firmen und den Ministerien
zustande kommt. Ich bin mit den vorgesehenen Erhöhungen absolut
einverstanden, möchte nur, dass diese zeitgerecht von uns aus
erledigt werden. Für die Strompreise kann ich mir allerdings
nur eine für alle gleichmässige generelle Erhöhungslösung vorstellen.
Für Strumpfhosen wird die Verordnung, nachdem die Arbeiterkammer
und der ÖGB am Telefon mir ja schon zugestimmt haben, von allen
zur Kenntnis genommen. Für die Festlegung von Baumwollmindest-
preisen von 16.- S für Socken und Strümpfe und für 12.10 S für
synthetische Socken und Strümpfe wird entschieden abgelehnt. Wir
einigen uns darauf, dass Hillebrandt, der hier sehr formell vorgeht,
ersucht wird, die Preiserhebungen über unsere Preisabteilung anzustel-
len. Auf diesem Sektor werden wir eine ganz schwierige Auseinander-
setzung mit der Textilindustrie haben.
Beim Fremdenverkehrstag erwartet die Arbeitnehmerseite, dass ich
stärker gegen die Ausweitung der Hotelkapazitäten Stellung nehme.
Insbesondere wir immer wieder festgehalten, dass verbal zwar alle
dagegen sind, dann aber bei den konkreten ERP-Anträgen und sonstigen
Subventionen auch Kapazitätsausweitungen genehmigt werden, die in
Gegenden erfolgen, wo wir eine solche gar nicht mehr brauchen
können. Ich habe bei einer Besprechung mit Zolles diesen ersucht,
er soll mir seine Vorstellungen, die ich ergänzend zu den Würzl-
Unterlagen dringendst brauche, auch von unserem politischen Stand-
punkt aus zusammenstellen. Gegen die Kapazitätsausweitung werde
ich auf alle Fälle entsprechende Vorschläge machen müssen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte mit Zolles Unterlagen besprechen.
Der Auswuchsgetreide-Export wird von der Arbeiterkammer zur
Kenntnis genommen, obwohl ihrer Meinung und ihrem Wissen nach
nur von 60.000 t und niemals von bis zu 100.000 t die Rede war.
Mauthner selbst hat mich während der Sitzung gerade angerufen
um mir mitzuteilen, dass er jetzt mit Polen verhandeln möchte,
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aber das Limit wegen der Exportstützung braucht. Ebenso hat Türkfeld
von der Fa. Eichhorn angerufen, um das Limit für die Schmalz-Exporte
Stützung von 4.- auf S 2.50 jetzt reduziert, zu erfahren. Er hätte
gehört, dass ich jetzt von den Exporteuren verlangt habe, sie
sollten entsprechend billige Lösungen für den Staat vorschlagen.
Er selbst meint, er verdient gar nichts mehr daran, sondern kann
de schlechtere Qualität des österr. Schmalzes um 7.80 den Polen
verkaufen und zwar bis maximal 800 t, mehr können wir im Inland
gar nicht aufbringen, obwohl die Ungarn mit 435 $, das sind ebenfalls
7.50 S ungefähr den Polen verkauft haben. Türkfeld hat, wie er mir
mitteilte, für 20 Mill. $ aus Rumänien und Bulgarien Schweinefleisch
und aus Australien Rindfleisch nach Polen exportiert. Preise waren ver-
hältnismässig schlecht, 1.275 $ Schweinefleisch ohne Knochen und
Füsse, und 1.060 $ beknochtes Rindfleisch aus Australien. 5.500 t
hat er schon verkauft und 4.000 verhandelt er jetzt. Dass er ihnen
australisches Fleisch verkaufen kann, verstehe ich noch, aber
dass die Rumänen und Bulgaren nicht direkt nach Polen liefern,
ist mir unerklärlich.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte versuche dahinter zu kommen, was
hinter diesem Geschäft steckt.
Der ÖGB wünscht, dass das Gesundheitsministerium Vitaminpräparate,
die um 2/3 billiger sind als in der Apotheke zum Verkauf freigibt.
Der Apotheken-Vorbehalt soll dort fallen, wo Werbung wie bei Vitamin-
präparaten betrieben wird. Ich verweise die Kollegen ausschliesslich
auf Leodolter. Ich möchte mich in ihre Kompetenz wirklich nicht
einmischen.
Bei der Überreichung des Fremdenverkehrsdiplomes an Fremdenführer
Zuber teilen mir diese mit, dass es seit der neuen Gewerbeordnung
nicht mehr die alleinige Konzession für Autobusführung haben, die
Sightseeing-Gesellschaft, die in Wien fast ein Monopol hat, sollte
dazu verhalten werden, geprüfte Fremdenführer zu verwenden. In Wien
wäre ausserdem dafür zu sorgen, dass in der Oper doch in den Sommer-
monaten doch eine Oper aufgeführt wird. Diese könnte ruhig 2 Monate
hindurch laufen und alle zweiten oder dritten Tag spielen. In den
Bundesgebäuden hat Moser entschieden, dass dort auch B-Beamte die
Führung übernehmen, diese übertragen dann diese Funktion an auslän-
dische Besichtigungsgruppenführer. Sinowatz wieder beschäftigt bei
"Jugend lernt Wien kennen" überhaupt keine Fremdenführer.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte diese Probleme mit Zolles besprechen
und entsprechende Briefe an die Minister schreiben.
Vranitzky besuchte mich, um das Bestreben der CA Familienbetrieben
den Verbleib mit ihrer Industrie in Wien zu ermöglichen, Beispiel
Futurit-Verkehrszeichen-Erzeuger. Beim Zellulose-Projekt hat er
wegen Leykam eine gespaltete Haltung, ist aber auch überzeugt, dass
Kreisky sich durchsetzen wird. Die Glasfusion möchte er auch
zurückstellen, weil sie mit Oberglas, wo sie nur 42 % der Aktion
jetzt haben und den Familienbesitzern nicht ins Klare kommen.
Vranitzky wird in Hinkunft besonders mit Wanke entsprechenden
Kontakt halten.
Präs. Weiss von der Verbund ist sehr froh, dass wir über die An-
gelegenheit Arthold noch weiter verhandeln. er selbst gibt zu,
er könne sich ohneweiters vorstellen, dass der Verbundvorstand nur
mit 3 besetzt wird. Arthold soll auf die Automatik-Klausel ver-
zichten und dann damit den Weg freimachen für eine Verlängerung
seines Vertrages im nächsten Jahr bis Ende 1978. Dann gehen auch zwei
Direktoren der DoKW in Pension. Ich selbst sehe darin keinen
Zusammenhang und werde mit unseren Leuten sprechen, ob eine Ver-
längerung bis 30.6. 1978 unter gleichzeitiger Änderung der Ge-
schäftsordnung dann auf die verbleibenden drei Vorstandsdirektoren
möglich ist. Bis zum Aufsichtsrat am 15. Dezember muss die ganze
Angelegenheit erledigt sein. Frank verhandelt über die Reorganisation
der Atomkraftwerke und verlangt von Weiss eine entsprechende
Unterstützung. In der GKB gibt es weder eine Geschäftsordnung
noch eine Unterschriftenordnung und die 20 Aufsichtsräte der
GesmbH, die gleichzeitig eigentlich die Geschäftsführung darstellen
sind unbeweglich. Weiss bestätigt uns dies und meint, er hätte
seinerzeit diese Konstruktion machen müssen, um überhaupt zu einem
Ergebnis zu kommen. Bei den Ill-Werken wird er sich einsetzen, dass
wir zu einer Lösung kommen, schlägt aber 6 : 6 : 1 vor. Dies ist
vollkommen unbefriedigend, weil jetzt ja 7 : 7 : 1 existiert.
Kessler, der anschliessend kommt, wäre mit 6 : 5 : 1 einverstanden.
In diesen 5 Stimmen muss er den einen Virilisten unterbringen und
würde bei den 3 Ländervertretern einen den Sozialisten, nämlich
Bürgermeister Stecher, geben, der es auch derzeit hat. Ich selbst
spiele noch ganz hart und verlange, dass es 6 : 5 heissen muss, d.h.
die ÖVP auch den Schweizer Sitz übernehmen müsste. Zum Glück erfahre
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ich, dass dieser bis jetzt auch immer an den Fraktionssitzungen
der ÖVP teilgenommen hat. Sollte Vorarlberg sozialistisch werden,
dann wäre die Virilisten-Stimme, die jetzt ebenfalls die ÖVP über-
nehmen muss und auch wird, auf das soz. Kontingent übernehmen.
Sollte die Schweiz einen Sozialisten schicken, dann bin auch ich be-
reit, den Schweizer zu übernehmen. Das alles ist natürlich nur eine
theoretische Annahme, bezüglich der Betriebsräte behaupte ich,
müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass die 4 ÖVP-ler und einen
SPÖ-ler schicken. Wenn wir über die 11 hinausgehen, müsste man
jetzt prüfen, wie sich die 6 Betriebsräte aufteilen würden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte diese Aufsichtsratsaufteilung noch einmal
durchrechnen lassen.
Bezüglich der Versorgung mache ich Weiss auf die kritische Situation
aufmerksam, und verlange, dass alle Organe der Elektrizitätsunterneh-
mungen sich nicht nur mit diesem Problem beschäftigen sondern ent-
sprechende Vorbeugungsmassnahmen treffen. Weiss versichert mir,
er wird alles veranlassen.
Kessler teilt mir mit, dass er nicht interessiert ist, dass ein
Schiedsgericht mit den Deutschen zustande kommt, sondern dass er
sehr dafür ist, eine friedliche Lösung zu erreichen. Dies ist
aber nicht die Meinung der gesamten Vorarlberger ÖVP. U.a. möchte man
Berchtold nicht auf ein Jahr seinen Vertrag als Generaldirektor der
Ill-Werke verlängern, wenn es zu einem Schiedsgericht kommt. Dann
soll Berchtold sofort antreten. Wir einigen uns, dass wir diese
Frage jetzt – Berchtold-Vertrag – offenlassen, da wir bis März 1977
ja Zeit haben. Berchtold hat ja auf die Automatik-Klausel schrift-
lich verzichtet. Auch die Nachfolge ist für mich noch offen, Kessler
möchte sich nämlich auch noch nicht festlegen. Zwischen Reich, dem
präsumtiven Nachfolger und Berchtold, scheinbar auch mit Kessler
gibt es grosse Schwierigkeiten und Differenzen. Kessler wird
noch einmal in Vorarlberg über die Probleme insbesondere die Auf-
sichtsratsaufteilung reden und dann mit mir zeitgerecht die Ver-
handlungen fortführen. Die nächste Hauptversammlung im November
muss dieses Problem lösen.
Die Fa. Knoblich ist vor 25 Jahren aus einem ganz kleinen Betrieb
– 2 Beschäftigte – entstanden und hat sich jetzt zu einer bedeutenden
Leuchten-Firma hinaufentwickelt. Ing. Knoblich sagte mir, er ist
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in harter Konkurrenz mit Zumtobel, sein derzeitiger geschäfts-
führender Gesellschafter Sefcsik hat aber so gute Verbindungen
zu den Wiener Stellen, dass er dort immer wieder alle Aufträge
bekommen kann. Dadurch ist die Auftragslage einigermassen befriedigend
obwohl in der letzten Zeit auch wesentlich schlechter. Knoblich
meinte, er bewundert meine freie Rede, wie leicht mir das fällt,
wie er sich da aber allerdings irrt, und wie er alles aufschreiben muss
Ich tröstete ihn und meinte, er muss eben einen Betrieb führen und
gute Geschäfte machen, was sicherlich erträglicher ist, als Politiker
zu sein.
In unserer Bezirksausschussitzung auf der Landstrasse gab es weniger
über die politische und wirtschaftliche Lage, d.h. über meinen
Bericht als dann selbstverständlich über die Landstrasser Verkehrs-
problem, Landstrasser Journal usw. eine lange und heftige Diskussion.
Heindl meinte zu mir, da sieht man, das interessiert die Leute.
Für mich ist das allerdings gar nichts Neues sondern ich habe
immer die Meinung vertreten, man soll ja nicht glauben, dass
die grosse Politik die Menschen interessiert, was sie unmittelbar
betrifft, was sie direkt verspüren, was sie auch noch überblicken
können und wie sie glauben auch teilweise beeinflussen, das ist für
sie von Bedeutung und wird es auch in aller Zukunft sein.
In der Nachtsendung von Zeit im Bild 2 sah ich die Spekulations-
verkäufe des Gold-Tausender nach Deutschland. Die ÖNB – Seeböck –
erklärte, er ist ihm vollkommen unerklärlich, ein Münzhändler sagte,
er könne keine grössere Anzahl nach Deutschland exportieren, weil
dies verboten sei, mit einem Wort, ein jeder fragt sich, woher
kommen diese Münzen, die man jetzt in Deutschland kaufen kann.
Die Erklärung würde ich - ohne lang zu recherchieren - bei den
Geldinstituten finden. Die BAWAG hat mir z.B. ein Schreiben in
die Gewerkschaft geschickt, dass sie zu meiner Verfügung 100 Stück
reserviert, die ich mir abholen soll. Selbstverständlich habe
ich sofort verfügt, dass diese Münzen, wenn sie die Gewerkschaft
nimmt, unter genauer Beachtung, dass niemand damit ein Geschäft
machen kann, den Angestellten und Funktionären jeweils ein Stück
zur Verfügung gestellt wird. Und so ausschliesslich und wirklich
eine gerechte Verteilung erfolgt. Dass die Geldinstitute dieses
System so lückenlos handhaben, bin ich nicht überzeugt. Das Ergebnis
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daher meiner Meinung nach sein, dass die Bevölkerung, die keinen
1.000er bekommen hat, d.h jeder einzelne sehr verärgert sein
wird. Wenn er jetzt nun erfährt, dass schon in Deutschland ein
schwunghafter Handel damit betrieben wird – 1.400 S angeblich –
wird dies sehr grossen Unwillen auslösen. Natürlich konnte
niemand wissen, dass diese Münze so gross einschlagen wird.
Ich hätte nur vorsichtshalber eine wesentlich grössere Anzahl
geprägt. Wären wir darauf sitzengeblieben, dann hätte man sie
immer noch als Zahlungsmittel theoretisch in Verkehr setzen
können. Natürlich wäre dann ein gewisses Risiko eingetreten,
dass die Goldmünze die Silbermünze verdrängt hätte. Nach dem
alten Gresham'schen Gesetz "Gutes Geld verdrängt schlechtes".
So weit glaube ich sind wir aber noch lange nicht. Die Goldmünzen
wären auch in wesentlich grösserer Auflage in den Sparstrumpf resp.
in die Sammlung gewandert. Was ich fürchte wird jetzt die
Verärgerung sein, die letzten Endes auf Androsch zurückschlagen
kann und ich fürchte auch wird.
Tagesprogramm, 2.11.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung Jour fixe AK/ÖGB, 2.11.1976
Tagesordnung 49. Ministerratssitzung, 2.11.1976