Freitag, der 22. Oktober 1976 bis Sonntag, der 24. Oktober 1976

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Freitag 22.10. – Sonntag 24.10.1976

Die erste Gemischte libysche-österreichische Kommission wurde
monatelang hinausgeschoben. Obwohl ich dazu längst verpflichtet
gewesen wäre. Wir kamen erst nach 12 Uhr Ortszeit an, da die AEROFLOT
Verspätung hatte. Der für mich zuständige Minister für Seetransporte
Badr war trotzdem auf dem Flugplatz erschienen. Es hatte vorher
schrecklich geregnet und die Strassen Tripolis waren teilweise über-
schwemmt. Untergebracht wurden wir in ihrem schönsten Hotel, Peech
Hotel, im europäischen Teil von christlichen Tripolis, trotzdem
stark heruntergekommen. Da z.B. der Stecker kaputt war und man es der
Hotelleitung mitteilte, wurde er verhältnismässig sehr schnell repariert.
Da gleichzeitig auch eine Gegenschacholympiade stattfand, war das Hotel
überfüllt. Diese arabische Olympiade war gegen den Beschluss der Intern.
Schacholympiade die nach Haifa zur selben Zeit einberufen wurde, Libyen
namens der arabischen Nationen ausgeschrieben worden. Die Teilnehmer
erhielten freien Flug, volle Verpflegung und noch 8 $ Taschengeld pro
Tag von der libyschen Regierung. Wer aller daran teilnahm konnte ich
nicht feststellen. Das Plakat welches einen Zion-Stern geschmückten
König zeigte der gefallen war und vor allem die Spruchbänder waren
eindeutig politisch ausgerichtet und die ganze Olympiade diente nur der
Propaganda. Die gesamte Delegation wohnte in dem Hotel und musste auch
nichts bezahlen. Die Verpflegung war für afrikanische Verhältnisse
wahrscheinlich gut, für unsere äusserst primitiv. Überhaupt bekam
man in Libyen alles zu kaufen, ausser Alkohol, wobei fast alle Waren
importiert wurden. Die wichtigsten Lebensmittel, Reis, Zucker, Fleisch
werden mit 120 Mio. Dinar pro Jahr subventioniert. Das ist offiziell
7.5 Mia. Schillinge, wenn man den Dinar zu 62 Schilling rechnet. Der
Schwarzmarktkurs allerdings nur in Österreich, betrug derzeit 42 Schilling.
In Libyen wird ungeheuer viel gebaut. Die Arbeitsgemeinschaft Industrie-
baugesellschaft Baden, Soravia in Kärnten, Illbau in St. Veit und eine
Schweizer Firma haben zwei Kanalisierungsprojekte. Eines in Sabrata,
welches ich sofort am Freitag besichtigte, mit 4.6 Mio. Dinar und ein
zweites in Zliten, 120 km ostwärts von Tripolis mit 9 Mio. Dinar,
insgesamt ist das Volumen derzeit mit 850 Mio. Schilling zu Fixpreisen
festgelegt. Dies ist ein ungeheures Risiko, weil sie sowohl die In-
flationsrate die es offiziell nicht gibt und auch eventuelle Währungs-
abwertung, da sie ja in Dinar abschliessen mussten, eventuell tragen
müssen. Der Besitzer von der IBG, Nemetz, dem gleichzeitig das Parkhotel


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und Gutenbrunn gehören, auch daher Soravia meinten, es sei kein
Risiko für sie. Sie haben scheinbar gute Kalkulationen legen können.
Was die Vertreter dieser Baufirmen von mir wollten war, dass das
Staat für die Leistungen eine gewisse Exportförderung gibt und Haftung
übernimmt, wie er dies für Maschinen und Anlagen beim Export tut.

ANMERKUNG FÜR WAIS UND WANKE: Hier müssen wir mit Castellez und
Haschek Kontrollbank einmal reden.

Oswald Ruthner offerierte ihnen 5.000 To Gemüseanlage mit einem Wert
von ca 1.5 Mia. Schillingen. Die Libyer sind bereit einen Block mit
30 Mio. Schillingen zu Demonstrationszwecken zu bauen. Für sie ist
frappierend, dass 2 % des Wasserverbrauches genügt, um Gemüse damit
zu produzieren. Der Landwirtschaftsminister Tabu war ebenfalls sehr
daran interessiert, für Grünfutter die Silos dann zu verwenden. Das
Grünfutter stellt sich zwar auf 1 Schilling pro kg, ist verhältnis-
mässig sehr teuer, doch für die Wüstengebiete sehr interessant. Der
Minister für landwirtschaftliche Entwicklung, Gaud, war sehr böse, weil
die Firma Ruthner ein Protokoll, dessen Entwurf sie selbst gemacht hat,
aufsetzte und dann auch angeblich von irgendjemand unterschrieben wurde,
wo die Zahlungsbedingungen geregelt werden. Danach hätte die Firma eine
50 %-ige Anzahlung zu bekommen, gleichzeitig aber auch eine Bankgarantie,
für diese 50 % in Libyen zu hinterlegen. Die Libyer sagen, wenn das
Projekt fehlschlägt, dann dürfte der libysche Staat auch bei den 30 Mio.
Schilling nicht Schaden erleiden, sonst hat die Firma mit der Bank
Schwierigkeiten und möchte aus diesen Vertragsbestimmungen wieder heraus
kommen. Ein Kontrakt wurde Gott sei Dank noch nicht unterzeichnet. Ich
versuchte immer wieder bei der Aussprache ein Kompromiss dahingehend
anzubahnen, dass man neue Verhandlungen führen soll. Unser Handelsdele-
gierter Dr. Langer ist glaube ich sehr tüchtig; zum Unterschied von un-
serem zugeteilten Graf, der in der Botschaft momentan residiert, da
kein Botschafter anwesend ist und kaum die Probleme bewältigt. Das
einzige was er machte, war ständig raunzen, wie schlecht es ihm geht
und was er sozusagen in Libyen alles erleiden muss. Komisch fand ich,
dass die Gemischte Kommission eigentlich gar nie in ihrer vollen Be-
setzung zusammentrat. Vorher hatte Fälbl und Syrovatka mit den Libyern
Details besprochen, als ich mit der gesamten anderen Delegation ge-
kommen bin, hatten wir nur immer eine Aussprache mit den Badr und
seinem Generaldirektor. Dann besuchte ich, weil die Botschaft es so
ausgemacht hatte die anderen Minister, Talhi, Industrie und Mineralien,
wie Tabu, den Landwirtschaftsminister und Gaud, den wichtigsten Mann,


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der für die Entwicklung zuständig ist und vor allem auch Sherif
den Wirtschaftsminister, der 1975 bei der Anwesenheit Jallouds
in Wien mit mir einen Vertrag unterschrieben hat. Ich versuchte
Langer als Kontaktkomiteemann bei allen Ministern zu entrieren.
Nur der Industrieminister antwortete spontan, dass sein Kabinetts-
chef und gleichzeitig Generaldirektor für die Planung Zaid dafür
zuständig sein würde. Der Seeminister Badr erklärte mir dann bei
einem Abendessen, es können Kontakte nur über das Aussenamt und zwar mit
Botschafter Sheris ? und dem Handelsdelegierten Langer hergestellt
werden. Die anderen waren auch sehr zurückhaltend. Ich bin überzeugt,
dass es in Libyen grosse Entwicklungsmöglichkeiten gibt, dass aber
manchen Bedingungen für unsere Firmen wirklich fast unakzeptabel
sind. Der Viehexport die 26.000 Stück mussten bis jetzt mit 150 Mio.
Schilling plus der Stützung der einzelnen Bundesländer verbilligt
werden. Ich versuchte der libyschen Seite klar zu machen, dass wir nicht
den Preis noch weiter senken können. Die Ungarn Terepex ? haben jetzt
um 10 % billiger angeboten. Der Prokurist Schnetz von VOEST-Alpine
und sein ständiger Verkäufer Baumgartner, die in Tripolis waren, hatten
einen Liefervertrag von 20.000 Stück auch für 1977 schon abgeschlossen
ohne sich allerdings über den Preis einigen zu können. Die Libyer er-
klärten sofort, sie müssten den verhältnissmässig für unsere Umrech-
nung ungünstigen Einstandspreis der für sie zu hoch ist, nochmals um
30 % subventionieren. Ob tatsächlich Haiden hier eine Einsparung der
Stützung erreichen kann, weiss ich nicht.Ähnlich schwierige Preis-
verhältnisse finden wir bei der Austroplan. Hr. Hofer war an-
wesend, der eine Gasflaschenanlage für 120.000, die jetzt von den
Libyern auf 175.000 Stk. erhöht werden soll, angeboten hat. Auch hier
ist der Preis noch offen. Ähnlich bei Dipl.Ing. Verona von den Ver-
einigten Edelstahlwerken, der mit den Vogelbusch-Lizenzen eine
Dattelverarbeitung auf Alkohol und Essig angeboten hat, sowie Bohr-
maschinen und Rohre. Alle Minister und dafür zuständigen Stellen
erklärten mir, sie seien daran sehr interessiert. Die Frage ist immer
nur die Lieferkonditionen und vor allem der Preis. Die Firma Karrer
von Mistelbach, Hr. Schöffmann, hat z.B. 20.000 Tonnen 16 Stk. Silo
um 2.5 Mio. Dollar angeboten, sollte lt. Vertrag im September bereits
fertig sein und hat jetzt erst 40 % in der Wüste gebaut. Wenn die
Libyer stur sind, liegt Vertragsbruch vor und sie können die Bankgarantie
sofort einstellen. Interessant war, dass eine Firma Ehaps, die weder die
Handelskammer Syrovatka, noch der Handelsdelegierte kannte, für 15 Mio.
Dollar eine Bewässerungsanlage angeboten und auch zugeschlagen be-


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kommen hat. Telefon-Nr. 33-22-67, sonst unbekannt.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte versuche rauszubekommen, wer dahinter-
steckt.

Mein System bei jedem Minister immer alle Projekte zu hinterlegen
und zu besprechen, hat sich in Libyen auch ganz gut bewährt. Diese
konkret geführten Gespräche kann ich sicherlich einer oder der anderen
Firma wirklich helfen. Dies erhöht bei den anwesenden Firmenver-
tretern und Besitzern das Image des Handelsministeriums wesentlich.
Wie es allerdings bei den Arabern ausschaut, kann ich in diesem Fall
nicht genau feststellen. Vielleicht entsteht dadurch der Eindruck, es
handelt sich hier um einen Minister, der ja doch nur Firmeninteressen
vertritt und sozusagen das Kleingeld des grossen handelspolitischen
Konzeptes welches Kreisky oder, ich weiss nicht wer sonst aller nach,
immer wieder demonstriert. Vielleicht war dies auch der Grund oder
die Anwesenheit des polnischen Präsidenten, dass mich weder Jalloud
geschweige denn Gaddafi empfangen hat. Vielleicht waren die Libyer
auch ein wenig verärgert, weil ich so lange meinen Besuch hinausge-
schoben hatte. Wenn es mir allerdings gelungen ist, unsere Firmen
ein Stück weiterzubringen und insbesondere ihrer Seite zu verzeichnende
Verschulden auszuräumen, dann war mein Besuch doch von einem Erfolg
gekrönt. Das Land selbst, ja nicht einmal die Museen, die Stadt die
wir auch ganz kurz besichtigten, oder die grosse römische Ausgra-
bung Sabrata waren sehr interessant. In Tunis gibt es hier wesentlich
mehr zu sehen. Libyen wird auch kaum einen Fremdenverkehr zustande
bringen, wie der Seetransportminister Badr mir sagte, weil die Fremden
natürlich Alkohol und Nachtlokale wünschen. Beides ist aber in Libyen
streng verboten. In einem Restaurant wo wir assen, trat dann auch als
einzige eine irakische Sängerin auf mit zwei irakischen Tänzerinnen.
Strengst bis oben bekleidet und schreckliche Tanzrhythmen und noch
schrecklichere laute Stimme. Die libysche Frau tritt überhaupt nicht
in Erscheinung. Wenn man welche auf den Strassen sieht, dann sind es
meistens Ägypterinnen. Wenn man bedenkt – und ich habe einen alten
Prospekt gesehen, was vor der Revolution an Nachtlokalen und wahrscheinlich
auch an Alkohol dort konsumiert wurde, so kann man die Revolutionsein-
wirkung jetzt deutlich feststellen. Allerdings hilft man sich auch.
Die Botschaften bekommen ganz geringe Kontingente von Einfuhrgenehmi-
gungen für Whiskys und die Europäer brauen in den Badewannen sich selbst
eine Art Alkohol und zwar meistens Bier. Wirtschaftlich für uns ein
interessantes Land, ansonsten aber kann ich nur sagen, muss man wahrlich
nicht dort gewesen sein.

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Pressekommuniqué betr. öst.-lib. Wirtschaftsverhandlungen


GND ID: 1017902909


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                Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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