Donnerstag, der 21. Oktober 1976

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Donnerstag, 21.10.1976

Steyr-Daimler-Puch Verkaufsdirektoren kamen mit einer tunesischen
Einkaufsdelegation. Steyr-Daimler-Puch könnte tausende Traktoren
nach Tunesien liefern, wenn es Kompensationen für Tunesien, insbe-
sondere Phosphate verkauft. Linz-Chemie, Gen.Dir. Buchner, mit dem
ich sofort Kontakt aufnehme, erklärte, ersteht unter einem unge-
heuren Druck von der UdSSR Phosphate zu beziehen. Eine grössere Menge
kann deshalb nicht von Tunesien gekauft werden. Alle anderen Produkte
können kaum in Österreich abgesetzt werden.

Gen.Dir. Figdor, RUEFA, hat in Stubenberg ein Hotel, 200 Betten
was Direktor Kleber verwaltet. Zu dem Hotel muss nun eine Strasse ge-
baut werden, welche 2 Mio. Schilling kostet und jetzt bereits in Angriff
genommen wurde. Das Land bezahlt 200.000 Schilling drauf. Figdor glaubte
allen Ernstes, dass wir aus dem Fremdenverkehrsbudget eine Subvention
geben können. Ich habe ihm keine Hoffnungen gemacht.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Würzl soll Figdor mitteilen, dass wir dafür beim
besten Willen kein Geld haben.

Dir. Elsner von der BAWAG Graz, möchte für ADS Anker-Kassen eine entsprechend
zukunftsträchtige Produktion. Die Mechanik ist in kürzester Zeit
überlebt und es soll deshalb Elektronik versucht werden. Für die Post
haben sie jetzt ein Zeitzählungsgerät Telemat entwickelt. Ich habe
diesbezüglich mit Minister Lanc gesprochen, der leider keine Zeit
hatte, Elsner zu empfangen. Deutschland hat jetzt bei Vorlop 27 Mio.
DM bereits in die ADS hineingesteckt und wird dort mit dem deutschen
Werk auch sämtliche Zweigwerke in der Welt erwerben. Elsner möchte
eine Pachtgesellschaft und Graz aus dieser Transaktion herauslösen.
Die BAWAG hatte einmal 200 Mio. Schilling Bankkredit, meistens Betriebs-
mittel, die jetzt auf 96 Mio. sich reduziert haben und durch Hypotheken
gesichert sind.

ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte mit Elsner Kontakt halten.; soll
sich bei Lanc anmelden.

Dipl. Reinspecht von Interplastic Wels sucht um Intervention beim
Bautenminister, damit bei den Ausschreibungen der Öffentlichen
Hand für Bodenbeläge die Interplastic-Produkte sowie auch andere,
namentlich angeführt werden. Ich verspreche ihm nur, mit unserem


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Koordinationsbüro für öffentliche Aufträge im Handelsministerium
zu reden, damit dieses, dieses Problem der namentliche Nennung
von Produkten der einzelnen österreichischen Firmen generell besprochen
werden.

ANMERKUNG FÜR WANKE UND WAIS: Bitte bei der nächsten Sitzung bespre-
chen und dann Interplastic Wels Bescheid sagen.

Die Budgetrede des Finanzministers, die die ganze Regierung von der
Regierungsbank anhört, war umfangreich und mit viel Zahlenmaterial und
Detailinformationen als Beilage versehen. Ich bin immer wieder todfroh,
dass dieser Kelch an mir vorübergegangen ist, denn ich hätte wahrschein-
lich kaum diese Geduld und die Aufwendungen um so umfangreiche Reden
schreiben zu lassen und dann herunter zu lesen. Wie immer man die Reden
konzipiert, im Parlament wird die Opposition stets dagegen sein. Ist sie
zu umfangreich, dann sagt sie, es sind so viele Details und das wich-
tigste wurde vergessen, ist sie kurz, wird sie wahrscheinlich behaupten
sie ist nichtssagend. Mein Prinzip ist und bleibt deshalb, die
Oppositionsredner immer reden zu lassen, ihre Fragen kurz zu beant-
worten auch dann, wenn sie lange Episteln herunterlesen.

Beim Open Door anlässlich des 70. Geburtstages von Präs. Harmer vom
Fachverband der Lebensmittelindustrie, traf ich Ing. Manner, der mich
wegen Änderung der Abschöpfung von Schweizer Importschokolade inter-
venierte. Er meint, wenn die Schweizer nicht sehr böse sind, sollten
wir das System jetzt zu deren Ungunsten ändern. Ich erklärte nur,
dass ich veranlassen werde, dass MR Steiger im Einvernehmen mit dem
Branchenreferat die Frage genau studiert und dann dem Fachverband
unsere Stellung mitteilt.

ANMERKUNG FÜR MEISL WAIS: Bitte eine umfangreiche Prüfung vornehmen
damit uns hier nichts international passiert.

Die Besprechung wegen des Berufsausbildungsgesetzes im Parlament mit
Benya, Hofstetter, Verzetnitsch, Neuwirth, Sallinger, Mussil, Kehrer,
Winkler, S.Chef Jagoda, Wais und mir verlief anfangs sehr hart. Mussil
befürchtet, dass über den Fonds, z.B. die öffentlichen Lehrwerkstätten
gefördert werden und damit eine Entfremdung und letzten Endes sogar
dann Absplitterung des gewerblichen Ausbildungswesens von der Gewerbe-
ordnung erfolgen wird. Die diesbezüglichen Andeutungen von Soz.Min.



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Weissenberg auf der Linzer Tagung haben ihm scheinbar einen
Schrecken in die Glieder versetzt. Ich habe ihm sofort gesagt, dass
die Gefahr besteht, dass die Gewerkschaftsbewegung dann im Sozial-
minister eine bessere Vertretung ihrer Wünsche sieht und daher es
zweckmässig ist, wenn wir so schnell als möglich zu einem vernünftigen
Kompromiss kommen. Mussil hat dann zugegeben, dass rein theoretisch
man verschiedene Variationen wegen einer Entlastung der lehrausbilden-
den Betriebe suchen sollte. Primär kommt ihm natürlich in den Sinn,
sofort die Steuern für diese Betriebe zu ermässigen. Bezüglich der Or-
ganisation Lehrlingsstellen bei den Handelskammer ist er nur bereit,
eine Mitsprache der Arbeiterkammer mit voller Parteienstellung zuzuge-
stehen. Benya hat klar und deutlich ausgesprochen, dass wir noch in
dieser Session eine Lösung des Problems brauchen, dass aber andererseits
keinesfalls gegen die Handelskammer ein Gesetz beschlossen werden soll.
Die Durchführung des Gesetzes läge dann doch bei den gewerblichen Be-
trieben und die Handelskammer hätte alle Möglichkeiten das Gesetzt ent-
sprechend dann zu sabotieren. Verzetnitsch war mit dieser Erklärung
sicherlich nicht sehr zufrieden, doch löste sich dann die ursprünglich
sehr ablehnende Haltung der Handelskammer in eine gewisse Kompromiss-
bereitschaft auf. Die zentrale Arbeitsgruppe wurde beauftragt jetzt
die offenen Punkte unter dem Gesichtspunkt, dass auch über die Orga-
nisation und über die finanzielle Seite eine Einigung gefunden wird,
eine Kompromissformulierung zu finden.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Vielleicht könnten wir fraktionell einmal die
Kompromissmöglichkeiten abtasten.

Die Fa. Karrer mit NR Hofstetter intervenierte bei mir, weil sie bei
Rundholz und Säge-Weinstecken-Importen aus Ungarn und der CSSR Schwie-
rigkeiten hat. Ich ersuchte um eine schriftliche Darstellung, da ich mir
nicht erklären kann, wieso sie, die jahrelang in diesem Geschäft drinnen
war, jetzt momentan hinausgeworfen wird.,

ANMERKUNG FÜR WAIS: Die Firma sitzt in Mürzzuschlag, achte auf ein
Schreiben.

Die Besprechung mit den Bauern über die Dürreschäden war äusserst um-
fangreich und kostspielig. Man sagt nicht umsonst, dass Haiden ein
Heidengeld kosten wird. Dieses Wortspiel trifft auf jeden Landwirtschafts-
minister zu. Ich bin neugierig, ob Haiden hier einiges reduzieren kann.



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Im BÜG bekommt er für Getreide 325 Mio., für Milch 188, für
Fleisch 215 und für Futtermittel 60. Insgesamt also 788 Mio.
Für Fleisch aber hat er z.B. jetzt schon nach seiner Aufstellung
180 Mio. verbraucht, kann noch die 6.000 Lebendrinder nach Libyen
und andere Staaten mit 30 Mio. finanzieren und für nächstes Jahr
bräuchte er wieder beträchtliche Mittel. Die Bauern möchten nun
auch eine Exportsubvention für 10.000 Ferkel und 20.000 Schweine.
Die Ferkel sind von 800 auf 500 Schilling gefallen, die Subvention
würde 3 Mio. Schilling betragen um sie ins Ausland verkaufen zu können.
Blieben sie im Inland würden sie aufgezogen und damit den Schweine-
überschuss noch vergrössern. Der Obmann Kaiser vom Viehverkehrsfonds
hat auch mitgeteilt, dass Schmalzexporte nach Polen jetzt 4.- Schilling
pro Kilogramm benötigen würden. In die Niederlande konnte mit 2.50
ÖS exportiert werden, da der Preis mit 7.- ÖS in Tankzügen vereinbart
wird. In Polen würden die Schmelzer 11.- ÖS inkl. 1.50 ÖS für die
Schachtel verpackt verlangen. Bei 30 Groschen Exportspanne und sonsti-
gen Kosten würde das Schmalz 11.61 ÖS kosten und daher mit 4.- ÖS
per kg zu subventionieren sein. Ich habe Kaiser sofort erwidert, hier
müssen die Exporteure, die nach Polen liefern, Türkfeld usw. eine
wesentliche Preisreduktion noch vornehmen. Eine heftige Diskussion
ergab sich über den auswuchsgeschädigten Weizen. Hier hat der Ge-
treidewirtschaftsfonds 70.000 für Polen zum Export freigegeben.
Bei 1.- ÖS Stützung, das ist ungefähr derselbe Betrag wie für 10
Monat Lager bezahlt werden muss, müssten 70 Mio. Schilling aufge-
bracht werden. 50.000 Tonnen sollen also als Bergbauernbeifutter
auch mit l.- ÖS subventioniert, also wieder 50 Mio. aufgewendet werden.
Diese 120 Mio. Schillinge hat der Landwirtschaftsminister nicht. Die
Bauern wollten so darstellen, als wenn das Getreide dem Staat gehören
würde. Kreisky aber und ganz besonders ich, stellten fest, dass dies
eine Frage der Genossenschaften und der Handelsbetriebe ist, die
dieses Getreide aufgekauft haben und jetzt schauen müssen, wie sie es
wegbringen. Wenn das Getreide längere Zeit lagert, wird es kaputt und
kann dann überhaupt nicht mehr verkauft werden. Das Interesse des
Exportes oder der Abgabe an inländische Bergbauern, liegt deshalb ge-
nauso bei den Getreidebesitzern, nämlich den Genossenschaften und
den Handelsbetrieben. Auf dem Milchsektor verlangen die Bauern, dass
der Milchkrisengroschen nicht ab 10 Groschen erst zwischen Bund und
den Bauern geteilt wird, sondern überhaupt eine Teilung erfolgt. Dies
würde für die Monate Oktober bis Dezember noch 30 Mio. Schillinge neu-
erdings erfordern. Bei den verbilligten Krediten sollen 500 Mio.



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die bei den Raiffeisenkassen jetzt gegeben worden, verbilligt werden
u. zw. von 7 % auf 2 %. Hier wären wieder 50 Mio. Stützungen notwendig.
Kreisky hat das ganze Projekt abgelehnt und erklärt, die Verhandlungen
wurden mit einer politischen Organisation geführt. Er wird und möchte
klarstellen, dass die Regierung sich alles noch überlegen wird, um dann
mit den Bauern zu verhandeln. Ihm schwebt vor, dass bei den Raiffeisen-
kassen diese ebenfalls bei den Krediten mitwirken müssen, dass die
Kredite verlängert werden, keinesfalls aber verbilligt. Für AIK d.h.
Investitionskredite, hat das Landwirtschaftsministerium schon zuge-
stimmt, dass eine Ratenstundung bis 2 Jahre erfolgt. Die Auseinander-
setzungen mit den Bauern werden noch sehr hart werden, da Haiden ent-
schlossen ist, tatsächlich die Subventionen und Unterstützungen nicht
mehr über die Landwirtschaftskammer, sondern direkt Bauern - Ministerium
abzuwickeln.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte versuche durch Kontakt zum Büro von Haiden
enge Koordination und Austausch der Informationen.

Handelsrat Nikolaenko beschwerte sich bitter bei mir, dass die VÖEST
den Rohrvertrag nicht einhält. Heuer im zweiten Jahr hätten sollen
56.000 Tonnen geliefert werden. 14.000 wurden nur geliefert. Nikola-
enko
gibt allerdings zu, dass das Verschulden auch teils bei den
Russen liegt. Die VÖEST verlangt jetzt Preise, die 90 $ höher sind
als die Weltmarktpreise. Mannesmann liefert wesentlich billiger.
Vielleicht will es wie Nikolaenko sagte, die VÖEST vom Markt weg-
schieben. Die Röhren wurden als Kompensation für Gas vereinbart und
die UdSSR hat 1976 aber auch 1977 um 250 Mio. cbm mehr geliefert.
1977 würde das Verschulden wegen geringer Rohrlieferungen ausschliess-
lich bei der VÖEST liegen, wo 86.000 Tonnen geliefert werden müssten.
Ich hatte zwar von Fälbl eine schriftliche Information, wo er mitteilt,
dass Nikolaenko bei ihm war und sich darüber beschwerte. Zu ver-
anlassen sei aber nach Fälbls Meinung nichts, er hat nämlich auf den
Akt glatt daraufgeschrieben – einlegen. Bei meiner Ankunft in Tripolis
habe ich ihm darauf aufmerksam gemacht, dass man eine so wichtige Frage
nicht derartig dilatorisch behandeln kann. Ich versprach Nikolaenko
sofort den Kontakt mit der VÖEST, GD Koller, aufzunehmen, wenn ich von
Libyen zurückkomme.

Beim Empfang der Deutschen Botschaft für die Bremer Hafengesellschaft
Senator Brinkmann und dem Bürgermeister, hatte ich Gelegenheit wegen


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der Beförderungssteuereinführung von Lanc zu reden. Die Deutschen
sind darüber genauso wenig glücklich wie alle anderen Staaten, die
bis jetzt bei mir interveniert haben. Der deutsche Botschafter hat
mir dann unter vier Augen noch mitgeteilt, dass die BRD jetzt bei der
VÖEST GKB Bagger für die Braunkohlegewinnung in Köflach angeboten
haben. Hier soll es sich um einen nachgebauten Bagger der Bundes-
republik handeln. Die Deutschen wollen nicht intervenieren, mich aber
auf dieses Geschäft besonders aufmerksam machen. Ich versprach eben-
falls mich sofort mit Koller nach meiner Rückkehr in Verbindung zu
setzen.

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Tagesprogramm, 21.10.1976

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Leiter Wiss. Abt. BHK (Wien)


Einträge mit Erwähnung:
    GND ID: 1017902909


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Präs. Fachverb. Nahrungs- u. Genussmittelindustrie


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sozialminister
            GND ID: 118806904


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: BAWAG


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Leiter Jugend- u. Lehrlingsschutzabt. AK Wien


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Chemie Linz


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Gen.Sekr.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: SChef HM
                        GND ID: 12195126X


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: RUEFA


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                  GND ID: 136895662


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: sowj. Handelsrat


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: GD VÖEST


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                            GND ID: 119083906


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                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: ÖGB


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                                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                  GND ID: 118566512


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                                                    Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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