Montag, 25. Oktober 1976
Firnberg hat, als sie die Schweiz besuchte, zugesagt, bei der Messe
in Basel zum Tag der Frau anwesend zu sein und eine Ansprache zu hal-
ten. Der Handelsdelegierte Koch legt grössten Wert darauf, dass Firn-
berg diese Zusage einhält.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte mit Sekretariat Firnberg Tag genau fixieren
und sie ersuchen, unbedingt Termin einhalten.
Firnberg hat im FS für die sozialistischen Frauen eine Änderung der
Ladenschlusszeit verlangt. Beim Jour fixe ist Mussil sofort darauf
zu sprechen gekommen. Er befürchtet dass jetzt das ganze Problem
neuerdings aufgerollt wird, Präsident Graf vom Burgenland hat von der
Handelskammer seinerzeit die gleitende Ladenschlusszeit verlangt.
Die Steirer wieder, LR Peltzmann, war überhaupt für eine Generalreform.
Nach jahrelangen Verhandlungen ist es geglückt, alle sozusagen still-
zulegen. Jetzt kommt Firnberg und bringt diese Sache neuerdings aufs
Tablett. Nach der Regierungsvorbesprechung habe ich sie sofort auf die
Gefahr dieser Politik hingewiesen. Die Gewerkschaft der Privatangestell-
ten, ja sogar der Gewerkschaftsbund hatten fest angenommen, dass die
sozialistischen Frauen diese Frage nicht wieder aktualisieren. Ich
selbst habe mit allen gesprochen, der Wiener Sekretärin Dohnal,
Bundessekretärin Demuth und sie ersucht, davon Abstand zu nehmen.
Ich hatte nur nicht gedacht, dass Firnberg sich mit dieser Frage be-
schäftigen wird. Wahrscheinlich hat das Fernsehen sich besonders in
dieser Angelegenheit eingeschaltet und deshalb ganz gross gebracht.
Beim Pressefrühstück wurde ich auch deshalb vom Fernsehvertreter ange-
sprochen. Er wollte partout einen Gegensatz herausarbeiten. Ich muss
das ganze jetzt wieder entsprechend herunterspielen. Ich bin über-
zeugt, im Parlament werde ich mit dieser Situation konfrontiert.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Vielleicht sollte man tatsächlich einmal eine
Erhebung machen, was Konsumenten zu dieser Problematik sagen.
Mussil gibt zu, dass die jetzige Vereinbarung über die Repräsentations-
spesenvergütung nicht befriedigen ist und bereit, nicht nur Regierungs
Minister unmittelbare Begleitung, sondern auch jetzt noch zu ergänzen,
dass sich die Anzahl nach der Reziprozität richtet. Ich erzählte ihm,
dass in Libyen die gesamte Delegation von der dortigen Regierung der
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Aufenthalt bezahlt wurde. Die Bundeskammer muss für die anderen
Kammern die Kosten refundieren. Wenn sie hier das Bundesschema an-
wendet, dass nur 1/3 der Diäten in diesem Fall bezahlt, erspart sie
hier entsprechende Beträge.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte kläre, was Kammervertreter in so einem
Fall berechnen.
MR Müller von Meisl hat ein umfangreiches Wunschprogramm über die
Aussenhandelsbeitragsausgaben, insbesondere die Repräsentationskosten
vorgelegt. Mussil hat Oder dazugerufen und erklärt, dass dieser
alle Unterlagen geben muss und wird. Ich selbst verlangte dass in
Hinkunft bei den Berichten die dem Handelsministerium vorgelegt werden
nicht nur verbal die Tätigkeit der Bundeskammer und der Aussenhandels-
stellen aufgezählt wird, sondern auch die notwendigen Ziffern sofort
in den Bericht aufscheinen. Mussil meinte, er wird jetzt aber darauf
hinweisen müssen, dass auch die entsprechenden Aufwendungen für
das Handelsministerium aufscheinen. Dagegen habe ich gar nichts ein-
zuwenden, ich verlangte nur, dass in den Bericht die entsprechenden
Einzelaufwendungen für jeden Ministerbesuch detailliert angegeben wer-
den.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND PLESCH: Vor der endgültigen Mitteilung der
Handelskammer soll das Ministerium die Liste vorbesprechen.
Bei der Frage des neuen Berufsausbildungsgesetzes teilt mir Mussil
mit, dass die Forderung auf Mitsprache des Sozialministers resp.
sogar auf Übertragung der ganzen Frage an das Sozialministerium für
ihm nichts neues ist. Schon seinerzeit hat insbesondere Minister
Rehor vom Standpunkt der Unterhaltspflicht und sonstiger sozialpoli-
tischer Agenden, die Kompetenz dafür verlangt. Mussil wird jetzt ver-
suchen wenn der Gewerkschaftsbund in der Frage der Organisation die Han-
delskammer sozusagen ungeschoren lässt, ein vernünftiges Kompromiss
in allen anderen Punkten anzustreben. Bei der gewerberechtlichen Lösung
muss es aber bleiben.
Die Arbeiterzeitung hat am Samstag auf den Gegensatz zwischen den For-
derungen des ÖAAB und der Rückhaltspolitik der Handelskammer insbesondere
von Mussil hingewiesen. Der grösste Gegensatz sagt er mir, liegt aber
in der Vermögensbildung, Theorie und Diskussion, sowie der praktischen
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Anwendung in der nächsten Zeit. Er könnte sich vorstellen, eine Ver-
mögensbildung in Arbeitnehmerhand, wenn erstens die Liquiditätsent-
züge nicht so gross sind, zweitens die Gewerkschaft nicht einen Fonds
bildet und dann sozusagen ein Superkapitalinstitut wird und drittens
innerbetriebliche Lösung dann nicht ein Mitbestimmungsrecht kumulieren
lasst, sowohl von der Arbeitsverfassung her, als durch die Selbstbe-
stimmung der Arbeitnehmer in den Betrieb. Ich selbst habe sofort
freimütig erklärt, dass ich der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand
seit Jahrzehnten mit grossem Interesse zusehe, aber niemals aktiv wurde
oder auch nur die Absicht habe zu werden. Ich glaube dass es kein
Modell gibt, dass jetzt befriedigend arbeitet. Ja selbst in der Theorie
befriedigende Ergebnisse bringt. Diese Diskussion habe ich vor Jahrzehn-
ten mit Taus bereits im Kummer-Institut geführt und denselben Stand-
punkt eingenommen – sehr zum Leidwesen der christlichen Gewerkschafter.
Ich fürchte genauso wie Mussil sind eskalistische Bestrebungen die
dann niemand mehr in der Hand haben kann.
Mussil hat grosse Bedenken, dass die Länderpolitik jetzt die Kassa
für die Spitalsdefizite aufkommen zu lassen, zur weiteren Belastung
der Unternehmer führt. NÖ hat beschlossen 80 % und Salzburg vor längerer
Zeit schon 60 %. Die Arbeiterkammer wird deshalb – und hat schon ent-
sprechende Klagen beim Verwaltungsgerichtshof eingeleitet resp. vorge-
sehen. Kreisky hat bei der Regierungsvorbesprechung auf diese Entwicklung
nämlich, dass die Länder hier den Bund indirekt belasten wollen, eben-
falls hingewiesen. Kreisky meint sogar die Landesvertreter der ÖVP wollen
dadurch einen Gegensatz zur Regierung herausarbeiten. Durch die Spitals-
zuschüsse, die sie vom Bund verlangen, dieser aber nicht geben kann,
möchten sie womöglich die nächsten Wahlen diese Konfliktsituation
mit dem Bund als grosses Wahlkampfthema haben. Die Landeshauptleute
der ÖVP werden sich weniger mit den Stellvertretern der SPÖ beschäftigen
sondern versuchen, ihre Gewinnpolitik durch eine neue Facette, nämlich
Konflikt mit dem Bund, um ihre Landesbürger zu schonen, bestreiten.
Richtige Idee von Kreisky ist deshalb einen Prozentsatz der
Spitalskosten zu übernehmen - auch die Krankenkassen lehnen einen
solchen Vorschlag ab – da sie ja keinen Einfluss auf die Kostenge-
staltung der Spitäler haben. Maximal sollte man eine Steuerquelle
den Ländern erschliessen, damit diese ihre Spitalskosten die
Mittel beschaffen können. Kreisky bestreitet ganz entschieden, dass
er mit Wallnöfer vereinbart hat 50.- Schilling pro Bett müsste dies der
Bevölkerung wert sein. Hat als er im Innsbrucker Spital gelegen ist
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nur mit Wallnöfer, der ihm besuchte, über das Prinzip gesprochen,
dass nämlich die Gesundheit der Bevölkerung auch etwas wert sein muss.
Das grösste Verhängnis war, dass Salcher als erstes mit dieser Idee
überhaupt herausgegangen ist. Wallnöfer hat Kreisky nicht hineinhussen
können, wohl aber Salcher, der jetzt in der Öffentlichkeit als der
Spitalsteuerforderer gilt.
Beim Journalistenfrühstück wurde zuerst von Fälbl über Libyen
berichtet. Diskussion und Anfrage gab es trotz meiner provokanten
Ergänzungen nicht. Die österreichischen Unternehmer haben sich nämlich -
und dies sagte ich mit aller Deutlichkeit – bis jetzt um diesen Markt
viel zu wenig gekümmert.
Der Bericht des Energiesparbeirates löste zwar auch keine Diskussion
bei den Journalisten aus, war aber sicherlich für diese, aber auch
für mich sehr instruktiv. Ich konnte mitteilen, dass wir über 5 Mio.
Schilling jetzt für die Spezialberichte als Handelsministerium zur
Verfügung gestellt haben. Die Beschwerde, dass die Arbeitsgruppe
unter Schagginger, Energiekonsumentenverband, sehr spät ihre Unter-
suchungen über wärmeintensive, d.h. insbesondere energieintensive
Industrie beginnen konnte, gab mir Gelegenheit darauf hinzuweisen,
dass die Interessensvertretungen solange zögerten dazuzuzahlen. Prof.
Lenz, Technische Hochschule, berichtete über die Kosten-Nutzen-Unter-
suchungen auf dem Verkehrssektor, 150 Stellen in 13 Ländern wurden
angeschrieben und nirgends ist eine solche Arbeit gemacht worden.
Ich habe freimütig bekannt, dass ich dies anfangs auch nicht glaubte
und nur angenommen habe, dass man für dieses Projekt ein Geld will und
dann Ergebnisse anderer Länder zusammenzuschreiben. Ich fürchtete wie
ich vor der Presse eingestand, dass ich reingelegt werden sollte. Ich
bin schon sehr gespannt, was jetzt aus dieser Pionierarbeit wird und
welche Ergebnisse – vor allem brauchbare Ergebnisse – bei dieser Studie
wirklich herauskommen werden. Am Haushaltssektor hat Dr. Brötzenberger
von der Versuchsanstalt durchschnittliche feuertechnische Wirkungsgrade
erhoben. 22.000 Einzeldaten wurden von 105 Meßtruppstellen erarbeitet.
Die flüssigen ergeben 60 %, die festen 69 % und die gasförmigen 71 %
Wirkungsgrad auf Grund der bisherigen Ergebnisse. Damit wird ein
Streitpunkt innerhalb der Energietheoretiker und Praktiker endgültig
beigelegt. Bis jetzt war man sich über die Wirkungsgrade nicht einig,
da es auch keine Ergebnisse in Österreich gegeben hat. Dir. Haussmann
von den Elektrizitätswerken Wien berichtete, dass die Wärmekraft-
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kupplungen von den Städten sofort mit den entsprechenden Fachleuten
beschickt wurden. Diese legen grössten Wert darauf, dass der Arbeits-
kreis auf alle Fälle weiterbestehen soll, selbst wenn alle energie-
sparbeiratlichen Tätigkeiten längst eingeschlafen sind. Ich selbst
habe nämlich zum Schluss aufmerksam gemacht, dass das Handelsministerium
sich sehr bemüht, die Bevölkerung aufzuklären, dafür auch Millionenbe-
träge aufwendet, aber das Ergebnis heuer sehr negativ sein wird.
Während wir noch 1975 von der Internationalen Energieagentur belobigt
wurden, werden wir 1976 wegen des Mehrverbrauches hart kritisiert
werden. Satzinger, der ebenfalls anwesend war und sich daher gleich in-
direkt den Zeitungen vorstellte, wird in Paris einen harten Stand-
punkt und harte Kritik haben.
Igler hat eine Vorsprache nicht als Präsident der Industriellenver-
einigung, sondern eigentlich als Sanierer der Vöslauer gewollt. Ich
hatte Wanke und Meisl beigezogen. Die Vöslauer hat, als sie Piering
übernommen hatte, angeblich nicht genau gewusst, welche Vereinbarungen
er mit den Rumänen über Strumpfhosenimporte abgeschlossen hat. Igler
selbst war – so behauptet er – damals auch nicht informiert. Auf
meine Intervention hat er dann die Frage geklärt. Jetzt stellt sich
heraus, dass für 22.5 Mio. Schillinge Strumpfhosen ebenfalls
24 Mio. importiert werden müssten. Bei jeder Strumpfhose ist 1 Schil-
ling einkalkuliert die die Vöslauer für die gelieferten Maschinen be-
zahlt bekommt. Durch die Tatsache, dass aber aus Ostimporte noch ein
Zoll draufkommt, kann die Vöslauer jetzt diese teuren Strumpfhosen
nicht verkaufen. Nimmt sie die Strumpfhosen aber nicht ab, dann muss
sie noch Pönale bezahlen, sodass der Verlust für die Vöslauer 70 Mio.
Schilling betragen würde. 18 % Zoll machen auf den Strumpfhosenmindest-
preis von Rund 6 Schilling wieder 1.20 Schilling aus.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte prüfe ob tatsächlich bei den Rumänen 18 %
verrechnet werden.
Meisl ? hat sofort abgelehnt und ich musste mich dieser Meinung
ebenfalls anschliessen, dass wir eine Ausnahme aus der Strumpfhosen-
mindestpreisverordnung für die Vöslauer kreditieren ? weil dieses
Geschäft vor der Erlassung der Strumpfhosenmindestpreise getätigt wurde.
Eine solche Igler halte ich für ganz unmöglich. Die einzige
Möglichkeit wäre zu prüfen, ob es sich hier um eine passive Vered-
lung handelt, was sicherlich auch nicht zutreffen wird. Igler kann
jetzt an einem praktischen Beispiel selbst feststellen, wie der Osten
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sich mit Recht durch die Zollsenkung bzw. Freistellung der EG-
Staaten und der EFTA-Staaten diskriminiert fühlt. Die Strumpfhosen
aus Italien sind nämlich nicht noch durch einen zusätzlichen Zoll
belastet. Er teilt mit, dass die Vöslauer im Jahre 1977 im zweiten
Halbjahr eine ausgeglichene Bilanz legen will. Voraussetzung dafür ist,
dass der Sozialminister sowie so wie 1975 12 Mio. Schilling auch heuer
wieder 12 Mio. Schilling aus der produktiven Arbeitsmarktförderung
gibt. Ich erklärte Igler sofort, dass Minister Weissenberg hier vor-
sichtiger und rückhaltender ist, als Häuser.
ANMERKUNG FÜR PLESCH u. WANKE: Weissenberg hat mir entsprechende Ziffern
über den Status der Arbeitsmarktförderung versprochen. Bitte bei Lenert
anfragen ob er diese schon geliefert hat.
Igler hat grosse Schwierigkeiten in der Vereinigung wegen der schlechten
Exportsituation Erlöse der Exportfirmen durch die Schillingaufwertung.
Er hat mit dem Finanzminister deshalb gesprochen und erwartet sich
entsprechende Erleichterungen. Androsch soll abgelehnt haben die
Steuer dafür zu senken, die Industrie wünscht Beseitigung der Gewerbe-
steuer – aber bereit sein, bei den Zinsen etwas zu machen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS: Müller ? soll entsprechende Berichte
sofort immer vorlegen.
Die Arbeiterkammer Linz, Preinfalk und Wien Maurer, befürchten, dass die
RAG ihre Gaspreise wie angekündigt, um 25 – 40 % den Kommunalabnehmern
erhöhen wird. In diesem Fall wünschen sie eine Preisregelung durch das
Ministerium. Ich hoffe sie überzeugt zu haben, dass es zweckmässiger
ist, wir versuchen bei Gen.Dir. Diwald sowie in den vergangenen Jahren
eine Zusage zu bekommen, dass er nur einvernehmlich festgelegte, den
Abnehmern genau fixierte Preise erhöht, die diese auch zustimmen. Da
ich in Wien die Preisregelung führe und die ganzen Schwierigkeiten
kenne, möchte ich womöglich nicht noch die OÖ Preise machen müssen.
Ob mir aber der Landesrat Reichl zustimmt, dass ich ihm die Gas-
preise delegiere, wie die Arbeiterkammer Linz möchte, wird erst Wais
feststellen. S.Chef Frank hat mich aufmerksam gemacht, dass im Preis-
prüfungsverfahren für die Gaspreiserhöhung Wiens er das Limit wissen
muss, wie weit er mit einer Erhöhung gehen kann. Ihm schwebt 8 - 9 %
maximal vor. Ich erklärte ihm, dass wichtig nur ist, dass der 1. Jänner
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eingehalten werden kann. Über die Höhe sollte man sich mit den
Interessensvertretungen und dem Gaswerk einigen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte auf nächstes Jour fixe setzen.
Gen.Dir. Erbacher legt grössten Wert darauf auf formelle Anerkennung
seiner Leistung, weshalb ich ihm das Dekret zur Ernennung des Bundes-
lastverteiler auch persönlich überreicht habe. Mit grösstem Ernst
versicherte er mir, dass er selbstverständlich weiterhin so loyal
wie bisher diese Funktion ausüben wird, im engsten Einvernehmen
mit dem Handelsministerium. Dass dies auf mich zutrifft, bin ich überzeugt.
Wieweit dies allerdings mit Frank gut geht, kann ich nur hoffen. Momen-
tan dürfte ein ganz gutes Einvernehmen bestehen. Erbacher und Frank
sind der Meinung, es müsste jetzt in der Frage der elektrischen Industrie-
produktion etwas unternommen werden. Bei der UCPT hat Erbacher ange-
kündigt, dass er mit der Industrie Besprechungen wegen der schlampigen
Arbeit führen wird. Die Deutschen, Franzosen und die Schweizer haben
sich dem angeschlossen. Auch dort kann man immer mehr feststellen,
dass grobe Nachlässigkeit festgestellt werden muss. Ausgelöst wurde
bei Erbacher diese Taktik und Aktivität durch den Bruch der Rotoren
in Altenwörth. Bei der UCPT-Tagung hat er auch Dr. Klate RWE getroffen.
Mit diesem spricht er sich angeblich gut, weshalb beide übereinge-
kommen sind, zu versuchen, ohne dass wir bei den Illwerken das
Schiedsgericht anrufen müssen, zwischen Land, Bund und RWE doch noch
ein Kompromiss über Erhöhung der Strompreise für die deutschen Abnehmer
zu erreichen. Derzeit steht das Verhältnis - RWE sagt sie zahlen jetzt
schon um 10 % zu viel – das Land Vorarlberg verlangt 200 % mehr. Ich
habe sofort erklärt, ich bin für jedes Kompromiss, welches das Land
akzeptiert. Wir werden unter gar keinen Umständen aber den Vorarlber-
gern ob rot oder schwarz, irgendetwas aufzwingen und dann als die Ver-
räter der Interessen und der Milliardeneinnahmen des Landes dastehen.
Wenn die Vorarlberger glauben, dass sie anstelle eines Kompromisses
besser dem Schiedsgerichtsweg gehen sollen, dann bitte schön bleibt
uns sowieso keine andere Wahl. Die klimatischen Verhältnisse mit den
deutschen Abnehmer werden sich aber dadurch sehr verschlechtern.
Erbacher braucht aber als Bundeslastverteiler immer wieder die
deutsche Aushilfe und möchte daher ein gutes Klima bewahren.
Der französische Botschafter ist erschienen, um die weitere Ent-
wicklung der Kooperationen im Rahmen des französisch-österreichischen
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Warenverkehrs zu besprechen. Kreisky hat bei seinem Staatsbesuch
diesbezügliche Zusagen gemacht. Die Franzosen möchten nun Renault
eine Delegation nach Österreich schicken, um hier eine gemeinsame
Produktion zu besprechen. Ich habe sofort erklärt, dass dies nur im
Rahmen der Verstaatlichten Industrie möglich wäre, weshalb die Dele-
gation sich mit Geist, der ja ebenfalls eine österreichische Perso-
nenkraftwagenproduktion aufbauen möchte, ins Einvernehmen setzen
soll.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Meisl war anwesend, besprich bitte mit ihm die
Details.
In der Ministerratsvorbesprechung war übereinstimmend die Meinung,
dass die 100 Jahr Feier vom Verwaltungsgerichtshof zeigte, wie der
Richterstand alles politisieren möchte. Eine Beweihräucherung und
das Ziel eines Richterstaates war aus der Rede Loebensteins zu hören.
Androsch hat ihm sofort gesagt, noch selten hat er so etwas unkritisch
selbstgefälliges gehört. Kreisky war innerlich wirklich empört,
denn die Richter nehmen sich viel heraus, hoffen immer auf ihre Unab-
hängigkeit, sind sozusagen die Wahrer der Verfassung und wenn es
darauf ankommt, haben sie schmählich versagt. Nicht nur, dass 1934
der Verfassungsgerichtshof nicht protestierte, oder gar die Entscheidung
der damaligen Bundesregierung aufgehoben hat, der damalige Staats-
sekretär Winterstein sogar noch bei Prozessen im Senat ausgesucht
und zusammengesetzt. Winterstein habe ich in Buchenwald dann kennen-
gelernt, wo er auf mich einen jämmerlichen Eindruck gemacht hat.
Die Nazi haben ihn dort auch dann liquidiert. Sicher ist eines, dass
die Richter und ganz besonders die Obersten Gerichte, da für sie persönlich
keinerlei Einsatz und Gefahr vorhanden ist, sich sehr stark machen.
In Diktaturen werden sie meistens dann nur Handlanger der Regierung.
Haiden brachte das Problem der Dürreschäden zur Sprache und meinte,
man sollte den Bergbauern 60.000 Tonnen mehr – mehr könnten sie
gar nicht übernehmen – als Beifutter gestützt abgeben. Kreisky ist
damit einverstanden, verlangt nur, dass die Hälfte davon die Ge-
nossenschaften übernehmen. Haiden glaubt mit 25 Groschen Bundeszu-
schuss, das wären 15 Mio. Schilling auszukommen. Für finanzielle Hilfe
möchte Kreisky nur einen Haftungsrahmen für Kredite festlegen, woran
sich auch die Genossenschaften zur Hälfte beteiligen sollten.
Haiden glaubt damit durchzukommen. Die Verhandlungen mit den
Bauernvertretern werden jetzt wieder auch mit den kleinen Organi-
sationen geführt, wobei alle aber nur Auskunftspersonen für Haiden
sind. Auszahlen und durchführen soll das ganze das Landwirtschafts-
ministerium. Haiden glaubt in Summe jetzt 160.000 Auswuchsgetreide
zu haben, die Landwirtschaftskammer sprach immer nur von 135.000 Tonnen
und hat deshalb nur 70.000 Tonnen für den Export nach Polen vorge-
sehen. Dafür ist allerdings nach Meinung der Landwirtschaft mindestens
1 Schilling Stützung notwendig. Kreisky wieder möchte auch hier, dass
die Genossenschaft entsprechende Leistungen erbringt. Ich bin gespannt
ob Haiden tatsächlich dieses Arrangement resp. die Exporte und die
Abgabe an die Bergbauern mit so geringen finanziellen Aufwand ab-
wickeln kann. Ich berichtete Haiden sofort über die Ergebnisse der
Libyen-Verhandlungen weitere Viehexporte. Haiden meinte, unter diesen
Umständen wird er wohl die 8.50 Schilling Stützung weiterbezahlen
müssen. Obwohl er mir vor meiner Abreise erklärte, er möchte das
drastisch reduzieren um Mittel einzusparen. Im Endeffekt bin ich
überzeugt, wird Haiden genau so viele Mittel brauchen als Weihs.
Mein Slogan lautet jetzt: Der Haiden braucht ein heiden Geld für die
Landwirtschaft.
Lausecker wird einen Ministerratsvortag in 14 Tagen vorlegen, dessen
Entwurf er uns jetzt schon gegeben hat. Lausecker möchte darin die
Überstundenregelung vereinheitlichen. Lausecker wird auch die Bro-
schüre von Engelmayer über die Ausdehnung der Ministerbüros und
Errichtung von zusätzlichen Dienstposten zentral behandeln. Alle
Minister werden ihm die Unterlagen zur Verfügung stellen. Ich erklärte
Lausecker sofort, dass wir jetzt weil Engelmayer eine falsche Behauptung
über das Aufnahmeverfahren in meinem Ministerium den Salzburger
Nachrichten mitgeteilt hat, von uns eine entsprechende Erwiderung be-
kommt. Lausecker wird selbstverständlich auch alle Unterlagen dies-
bezüglich bekommen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Überstundenregelung und Engelmayer-Broschüre
mit Lausecker besprechen.
Fischer berichtete, dass Koren in der Präsidialsitzung wegen der
Gebührengesetzänderung grössten Widerstand macht und im Haus er-
warten lässt. Androsch betrachtet dies als Budget-Begleitgesetz,
was eben noch heuer beschlossen werden muss. An den Sätzen 15 Schilling
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derzeit auf 70 Schilling lässt er nichts ändern, da er die Einnahmen
von 1.5 bis 2 Mia. in seinem Budget dringend braucht. Er glaubt die
ÖVP ist deshalb so dagegen, weil er dadurch das Budget sanieren kann,
ohne eine neue Steuer einzuführen. Es wird nach seiner Aussage auch
kein neues Gebührengesetz, sondern nur Umgehungstatbestände gestellt.
Die Arbeiterkammer hat sich gegen die Vergebührung von Arbeitsverträgen
ausgesprochen. Nach Meinung von Androsch ist dies auch nicht der Fall.
Nur besondere Dienstverträge müssen in Zukunft vergebührt werden.
Weissenberg meinte allerdings, auch Dienstzettel für Hausgehilfinnen
würden darunter fallen. Darüber führt Androsch jetzt Gespräche mit
der Arbeiterkammer. Er stellte ausdrücklich fest, dass Briefe an
Regierungsmitglieder so bisher im Erlasswege als Gebührenfrei festge-
legt werden. Meine Frage, ob er eine Möglichkeit sieht, entsprechende
Änderungen noch vorzunehmen, verneinte er. Kreisky selbst hatte, ohne
dass er es besonders sagte, wegen der exorbitanten Erhöhung ein paar
Bedenken, kann aber jetzt auch keinen besseren Vorschlag machen, wie
wir das Budget in Ordnung bringen. Mehr oder minder sind wir alle
für diese Budgetexplosion mitverantwortlich. Indirekt könnte ich na-
türlich sagen, dass am wenigsten ich daran schuld bin, denn ich
habe an Androsch niemals Forderungen auf Budgeterhöhungen gestellt.
Ich bin bei allen Aktionen äusserst vorsichtig, ich mache keinerlei
Zusagen in der Bergbauförderung – und dies seit 1970. Ich bildete mir
immer ein, die Budgetsituation einigermassen zu kennen, weshalb
ich mich ja auch so erfolgreich gegen eventuell aufkommende Ideen,
dass ich Finanzminister 70 werden sollte, sofort mit aller Macht ent-
gegengestellt habe. Der Finanzminister ist eine überragende Stellung,
wer dies aber anstrebt ist ein Narr.
Tagesprogramm, 25.10.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)