Donnerstag, 23. September 1976
Das Gespräch mit den Brauereibetriebsräten ergab, dass eine 9-%ige
Lohnerhöhung formell nicht zu erreichen ist. Wir einigten uns des-
halb. einen fixen Betrag zusätzlich zu verlangen und zu den 8.5 %
noch 500.– Schilling anzustreben. Der Betriebsratsobmann von Brau AG,
Stiegl Hallein, Suko hatte die Idee, wir sollten überhaupt gleich für
das nächste Jahr ebenfalls die Lohnverhandlungen führen und abschliessen
Er ist fest davon überzeugt, dass durch Rückgang des Ausstosses durch
Verschlechterung der Ertragslage der jetzt vereinbarte jährliche Ter-
min im nächsten Jahr August nur noch ein wesentlich schlechteres
Lohnergebnis bringen könnte. Interessanterweise wurde dieser Vorschlag
der mir sehr gut gefiel und den ich unterstützte, von allen anderen
abgelehnt. Hauptproblem man kann nicht wissen, wie sich die Lebens-
mittelkosten im nächsten Jahr entwickeln werden. Es könnte zu rasanten
Steigerungen kommen und in einer 8 oder 7-%igen, vielleicht maximal
erreichbaren 9-%igen Lohnerhöhung könnten diese Lebenshaltungskosten
dann nicht gedeckt werden. Der Hauptgrund aber war, dass die Kollegen
ihre Mitglieder bereits dahingehend unterrichtet haben, dass ein
Einjahresvertrag abgeschlossen werden soll. Selbst die Brauarbeiter, eine
der fortschrittlichsten und bestorganisierten Gruppen, sind nicht
imstande, einmal einen eingeschlagenen Weg so schnell zu verlassen.
Dieser Erfahrung habe ich in meiner langjährigen Erfahrung in der
Gewerkschaftstätigkeit mit den Lebensmittelarbeitern auch machen müssen.
Nachmittags teilte mir dann mit, dass die Verhandlungen abgeschlos-
sen wurden, und tatsächlich die Unternehmer die 500 Schilling Einmal-
betrag plus 8.5 % Lohnerhöhungen, die sie aus optischen Gründen schein-
bar im Auftrag der Bundeshandelskammer nicht überschreiten konnten
und wollten, akzeptiert haben.
Die Betriebsräteversammlung der Krankenversicherungsanstalten war
eine überparteiliche Veranstaltung. Unser Sektionsobmann im III. Bezirk
Hladek ist gleichzeitig auch Obmann der Betriebsräte. Ich war sehr er-
staunt von ganz Österreich Delegierte vorzufinden und was mich am mei-
sten überraschte, einen so vollen Saal von über 100 Leute. Diskutiert
wurde über die Medikamentenpreise, die der Staat beeinflussen soll,
über das Defizit der Krankenhäuser, welche die Versicherungsträger nicht
mehr tragen können, der Industriegründung und Energiesituation, ich glaube
aus dem Beifall und der Stimmung zu schliessen ein wirklich voller Er-
folg in jeder Hinsicht. Der Wiener Schmäh kommt doch noch in ganz
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Österreich ganz gut an.
Direktor Kirchner, Simmering-Graz-Pauker, und Wolfsberger,
Siemens, besprachen mit mir die Möglichkeit, das tunesische Offert
zweimal 150 MW in Sousse ein Dampfkraftwerk zu errichten, zu unter-
stützen. Die Hauptproblematik liegt darin, dass Österreich einen
verhältnismässig günstigen Kredit von 20 Jahren, 6.5 % verzinst gibt,
während für den deutschen Anteil Siemens nur imstande war 8.75 %
Zins zu erreichen. Das französische Gegenoffert liegt aber bei
25 Jahren, 3 % Zinsen. Die KWU und die SGP hätten den Anteil von
1 Mia. 133 Mio. Siemens 440 Mio. Siemens hat seinen Anteil erhöht,
damit der deutsche Anteil, der 93 Mio DM seinerzeit betragen hat,
jetzt nur mehr 70 Mio ausmacht. Die offiziellen deutschen Stellen
in Tunesien und wahrscheinlich auch in der Bundesrepublik dürften
an diesem Projekt kein besonderes Interesse haben, denn sonst hätten
sie diese Zinsdifferenz leicht überwinden können. Es dürfte aber
den Deutschen darauf ankommen, den Franzosen hier womöglich keine
Konkurrenz zu liefern. Trotzdem erklärte ich mich selbstverständlich
bereit, alle Interventionen durchzuführen, die mir die beiden Gene-
raldirektoren mitteilten und noch schriftlich vorschlagen werden.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND WAIS: Bitte Verbindung mit Unternehmungen
halten.
Direktor Stock, Kongreßzentrum, hat das Präsidium der Jungen Präsidenten
einer amerikanischen Gesellschaft, die weltweit ist und zur Voraus-
setzung hat die Leitung eines grossen Betriebes als erster österrei-
chischer Unternehmer wurde der junge Prinzhorn, Hamburger Papier-
fabrik, aufgenommen. Diese Organisation möchte im nächsten Jahr eine
Grossveranstaltung Meeting, sie nennen es eine Universität nach Wien
bringen. Das Hauptinteresse von ihnen war wie ich dann nach stunden-
langen sogenannten Arbeitsessen herausbrachte, dass sie nach Schön-
brunn einen Empfang geben wollten. Sie waren bereit, dafür einen
grösseren Betrag für irgendeine soziale Aktion zu spenden. Ich versprach
diesbezüglich nur mit Kreisky zu sprechen, denn die Bundesgebäudever-
waltung resp. Schlosshauptmannschaft hätte dies auf alle Fälle abge-
lehnt. Kreisky, den ich kurz informierte, hat dann für mich über-
raschend erklärt, das lässt sich ohne weiteres machen, er wird wenn
sie kommen und mit ihm eine Aussprache haben, ihnen dies auch zusagen.
Direktor Stock, den ich davon verständigte, war hellauf begeistert.
Dieser hatte überhaupt die Idee, ich sollte von der Regierung er-
mächtigt werden, vier Veranstaltungen im Jahr nach dem Schloss
Schönbrunn nach Fremdenverkehrsgesichtspunkten zu vergeben. Ich habe
zwar nicht gegenüber Stock, wohl aber mir fest vorgenommen, einen
solchen Vorschlag auf alle Fälle abzulehnen. Da käme ich mit der
Verteilung in des Teufels Küche.
Die Sektionsleiterbesprechung war, weil sie sicherlich kurzfristig
einberufen wurde, teilweise von Sektionsleiter-Stellvertretern be-
schickt. Zu diesem Zweck mache ich sie aber nicht Ich habe deshalb
jetzt bereit die Oktober Sektionsleitersitzung festgelegt, damit sich
jeder den Termin richtig einteilen kann. Interessant bei dieser war
eigentlich nur die Diskussion über die Preise und Repräsentationsaus-
gaben. Ich habe neuerdings alle darauf aufmerksam gemacht, dass die
Repräsentationsausgaben von 500.000 Schilling unter gar keinen Umständen
überschritten werden dürfen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte die wenigen neuralgischen Punkte der Budget-
einhaltung besonders beachten.
Mauthner hat einen neuen Vorschlag für den Getreideexport, den er mit
Plesch und mir besprach. Bei dieser Gelegenheit teilte er mit. dass
er 250.000 Tonnen Schadweizen haben, die mindestens 80 Groschen Stützung
in den Export kosten würden. Mauthner möchte, dass wir den Polen an-
stelle von Roggen grössere Mengen von Schadweizen verkaufen, von den
er glaubt ihn unterbringen zu können. Ich habe ihn sofort mit MR Fälbl
in Kontakt gebracht. Fälbl berichtete mir nachher, Mauthner hätte ihm
zugemutet, er müsse durchsetzen, dass er allein bei den Polen den
Export wird durchführen können.Selbstverständlich habe ich Fälbl sofort
bestätigt, dass wir eine Exklusivität Mauthners weder wünschen, noch
geschweige denn von uns verlangt wird. Nach Meinung Mauthners können wir
heuer 100.000 Tonnen Futterweizen, 20.000 Tonnen Roggen und 30.000 Tonnen
Normalweizen exportieren.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass dies alles im Landwirtschaftsministerium
prüfen, ohne dass dort womöglich der Eindruck entsteht, wir würden Mauth-
ner, was wir auch wirklich nicht tun, favorisieren.
Der Generalkonsul Spielmann von Malta, beschwerte sich bei mir, zwar
sehr diplomatisch, aber dennoch für mich deutlich erkennbar, dass ich
beim letzten Messebesuch in Wien den Malta-Stand nicht besucht habe.
Ich habe anschliessend sofort mit der Messe gesprochen und ver-
langt, das nächste Mal müssen sie mir garantieren, dass ich alle
ausländischen Aussteller auch tatsächlich besuche.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte zeitgerecht den Terminplan mit der Messe
vereinbaren.
Präs. Leberl teilt mir mit, dass sein Vizepräsident Schebesta heuer unter
allen Umständen in Pension geht. Für die Nachfolge kommen nur Lorenz
und Marterer in Betracht. Er ersuchte mich, ich solle ihm in einem
Brief auffordern, mir entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Im
Gegenteil erklärte ich, er müsste eine Ausschreibung machen und der beste
könnte nur zum Zuge kommen. Als Nachfolger des technischen Vizepräsident
in kürzester Zeit soll Fichte in Aussicht genommen sein. Mir passt
an und für sich nicht, dass im Patentgesetz vorgesehen ist, dass ich
sozusagen die Führung des Patentamtes nur aus den Beamten des Patent-
amtes wieder ergeben kann. Ich erklärte ihm deshalb rundwegs, bei der
nächsten Novelle des Patentgesetzes wird von mir vorgeschlagen diese
Gesetzesstelle zu ändern.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte halte dies im Auge. Wir wollen uns in Hin-
kunft nicht so sehr an die Inzucht binden.
Im Interimskomitee, welches jetzt bereits das Europapatent mehr oder
minder leitet, wurde festgelegt, dass Österreich 1.500 bis 3.500
Recherchen bekommen kann. Mit 4.000 Schilling plus Verwaltungskosten
gibt das ca. eine Einnahme von 7 bis 15 Mio. Schilling. Leberl war sehr
froh, als er von Brüssel telefonische Information bekam, dass dies
jetzt endgültig beschlossen sei. Leberl muss auch, wie er sagt, unbe-
dingt jetzt nach Brüssel fahren, weil er in einer Kommission, die
den Präsidenten, die Generaldirektoren und die Hauptdirektoren be-
stimmen wird, einer von vieren ist. Eine grosse Auszeichnung und die
Möglichkeit, österreichische tüchtige Beamte im Europapatent unterzu-
bringen. Da Leberl angeblich zwei Reisen im Vorjahr der Zentralver-
waltung zur Verfügung gestellt hat, hofft er nun, dass die Zentral-
verwaltung ihm diese eine Reise, d.h. eigentlich ja ich ihm, sie geneh-
migen werde.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Wenn möglich akzeptieren.
Koppe wollte für den Verein für Konsumenteninformation einen weiteren
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Zuschuss des Handelsministeriums. Ich erklärte mich dazu für
ausserstande, weil wir jetzt am Budget des VKI von 30 Mio. Schilling
schon mit 9 Mio. beteiligt sind. Wenn die vier Interessenvertretungen
eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrages beschliessen, muss ich sowieso eine
weiteren Beitrag leisten. Als einzigen Ausweg habe ich akzeptiert
dass das VKI einer Testing-Group beitritt, wo Grossbritannien,
Deutschland, die Niederlande jetzt Dänemark, Schweden und Norwegen
als neue Mitglieder innerhalb Europas die einzelnen Fremdenverkehrs-
länder prüfen und dann ein entsprechendes Urteil abgeben. Wenn
Österreich dort Mitglied ist, haben wir die Möglichkeit gewissen
Einfluss zu nehmen, obwohl Koppe dies natürlich offiziell abstreiten
würde. Die Ausgaben machen ca. 300.000 Schilling im Jahr aus.
ANMERKUNG FÜR PLESCH : Bitte versuche diesen Betrag noch im Budget
unterzubringen.
Herr Denzel kam mit seinen Vertreter Jonak und teilte mir mit, dass
jetzt doch die BMW Deutschland ihm den Vertrag als Generalimporteur
kündigen. Er hat hunderte Millionen in Investitionen reingesteckt
und einen Riesenverteilerapparat aufgebaut. Er fühlt sich deshalb
am meisten beleidigt, gekränkt, benachteiligt, was immer man sagen will,
weil er seiner Meinung nach so viel für den Wiederaufstieg BMWs ge-
leistet hat. Ich kann es ihm nachfühlen, für mich ist es aber keine
besonders neue Erkenntnis. Wenn in einem kapitalistischen Unternehmen
Gewinnchancen für das Unternehmen herausschauen, dann hört sich die
ganze Dankbarkeit und bisherige zufriedenstellende gemeinsame Arbeit
auf. Denzel führt das nur auf den Einfluss des Hauptkapitalistenvertreters Quandt zurück. Dieser empfängt ihm zwar zu Essen usw. ist aber
sein erklärter Gegner, weil er eben nach dem kapitalistischem Prinzip
wir bauen uns unsere eigene Vertriebsorganisation, insbesondere dort
wo es einen guten Profit zu machen gibt, selbst auf. Denzel erwartet
und ich habe ihm dies zugesagt, ihn in jeder Beziehung zu unterstützen.
MR Gröger, den ich beizog, wird, da ich bei der Österr. Nationalbank weder
Kienzl noch Rieger oder sonst wer Verantwortlicher um 17 Uhr noch
zu erreichen war, mit den Nationalbankvertreter in unserem Investoren-
ausschuss am Freitag sofort Kontakt aufnehmen. Ich bin jederzeit bereit
mich schriftlich an Friderichs zu wenden, um ihn auf diese ungünstige
Entwicklung für eine österreichische Firma, die gleichzeitig auch den
deutsch-österreichischen Warenverkehr betreffen könnte, aufmerksam zu
machen. Denzel hofft mit seinen Anwälten mit einstweiligen Verfügungen
dagegen auftreten zu können. Diese Vorgangsweise halte ich nicht für sehr
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zielführend, überlasse sie natürlich aber ganz Denzel, weil es geht
schliesslich und endlich um sein Geld. Gröger hat sich bereiterklärt
mit Denzel sogar nach Graz zu fliegen, um dort mit Anwälten, die neuen
ausgebauten Reparaturwerkstätten usw. zu besichtigen und zu bespre-
chen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Hier müssten wir uns spektakulär ein-
schalten und wirklich vielleicht so wie bei VW diesen Angriff der deut-
schen Autoindustrie abzuwehren.
Sparkassendirektor Pistora aus Lienz hat einen Klienten, Walder Josef,
der bis jetzt 5 Mio. Schilling für eine Fremdenverkehrsinvestition
braucht. Das Handelsministerium hat ihm bereits 1.6 Mio. zugesagt.
Walder war bis jetzt bei der Raiffeisenkasse, ist jetzt zur Sparkasse
übergewechselt, weil er sich eine bessere Unterstützung erwartet.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte lass dies prüfen, ohne dass wir unsere
Richtlinien natürlich überschreiten würden.
Vizeminister Stancu aus Rumänien und insbesondere der Generalsekretär
................ vom Aussenministerium kamen, um den Ministerpräsidenten
Besuch vorzubereiten. Die Rumänen haben eine ganze Liste von sehr konkre-
ten von mir in der Gemischten Kommission angebotenen Kooperationsprojekt
die sie abschliessen wollen. Der Protokollentwurf von Stancu, den er mir
vorlegte, hat sich allerdings so gelesen, als wenn nächste Woche alle
diese Abschlüsse bereits unterschriftsreif wären. Hier wird Fälbl
mit seinen Leuten eine erträgliche Protokollformulierung versuchen
mit den Rumänen zu vereinbaren. Auch der Generalsekretär hat lang und
umschweifend diese und auch noch andere Projekte erwähnt. Gleichzeitig
soll ein Protokoll über die technisch wissenschaftliche Zusammenarbeit
mit dem Wissenschaftsministerium und ein Investitionsschutzabkommen
mit dem Finanzministerium ausgearbeitet und von Kreisky und dem Premier-
minister scheinbar unterfertigt werden. Mir kann alles recht sein, solange
nicht die einseitige Bindung österreichischer Behörden, ohne dass
Unternehmer die entsprechenden Verträge abgeschlossen haben, damit
besiegelt werden.
Eine Forumsdiskussion im Haus der Begegnung, "SPÖ hält Wort", Mariahilf,
war ein interessantes Experiment. Gertrude Sandner, Vizebürgermeister,
hat als erste Referentin über ihren Tagesablauf sehr geschickt und
charmant referiert. Ich erzählt dann über die wirtschaftliche Lage
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ebenfalls mit einigen aktuellen Geschichten, besonders aber, dies
habe ich mir ja überall vorgenommen, erwähnte ich auch die Atomener-
giefragen. Schnell wieder berichtete als dritter und letzter über die
Bildungsexplosion und Kulturarbeit. Die Diskussion setzte sofort mit
aller Vehemenz von einigen anwesenden Atomgegnern ein. Der vorsitzende
Bezirksvorsteher von Mariahilf, Eigelsreiter , und auch einige Zuhörer
wollten diese Diskussion sofort abwürgen, ausgelöst durch eine unge-
schickte Bemerkung Reichsbrückeneinsturz, Hofmann-Versagen, Atom-
sicherheit usw. Dagegen sprach ich mich ganz entschieden aus und
Sandner nur Schnell waren genau derselben Meinung. Z.B. diskutierten
wir halt stundenlang über die Atomfrage.
Tagesprogramm, 23.9.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)