Samstag, der 10. Juli 1976 bis Sonntag, der 11. Juli 1976

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10. Juli und 11. Juli 1976

Die Fahrt nach Lagos war für mich die Gelegenheit mit Schmidt-
Chiari
, der als Vertreter der Creditanstalt bei Steyr-Daimler-
Puch ebenfalls mitfuhr, die offenen Probleme der Industrie zu
besprechen. Schmidt-Chiari hat die Industriegruppe in der Credit-
anstalt. Er ist davon fest überzeugt, dass die Papierkonzentration,
ohne dass Sulfatprojekt zu Ende geführt werden sollte. Natürlich
möchte er am liebsten die Konzentration insbesondere bei Leykam
durch Aufkauf von Brigl so schnell als möglich beenden. Die
deutschen Besitzer haben aber Wunschvorstellungen von 300 Mio.
Schilling. Die Creditanstalt hofft, dass sie bei 100, mit evtl.
noch paar Millionen mehr, abschliessen kann. Schmidt-Chiari hat
ebenfalls Bedenken die Holzaufbringung für alle Projekt inklusive
des Sulfatzellstoff-Projektes ohne entsprechende Preiserhöhung
nicht befriedigt gelöst werden kann. Bezüglich der Textilindustrie-
konzentration Ost meint er, dass die Creditanstalt unbedingt die
Weberei in Pottendorf konzentrieren wollte und auch konzentriert
hätte. Die Vöslauer hat zwar einige moderne Webstühle gehabt, war
aber aus ihrer Konstruktion und grössenordnungsmässig die Weberei
dort auszubauen oder gar gewinnbringend damit die ganze Vöslauer zu
reorganisieren. Schmidt-Chiari denkt also gar nicht daran, die
Vöslauer, die jetzt reorganisiert ist, mit der scheinbar doch
einigermassen gutgehenden Pottendorfer wieder zusammenzulegen.
Hier werden wir noch ganz schwere Auseinandersetzungen erleben.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass die Projekte neuerdings prüfen.

Die Steyr-Daimler-Puch-Leute, insbesondere Malzacher, waren sehr
glücklich, dass ich nach Lagos mitgeflogen bin. Zu meiner grössten
Verwunderung musste ich dort feststellen, dass man einen Vertrag
schon gedruckt hat, wo ich als Zeuge im Vertragstext schon vorge-
sehen mitunterschreiben musste. Von meiner Seite hat es keinerlei
Schwierigkeiten gegeben, doch bin ich überzeugt, dass es jetzt eine
verfassungsrechtliche und verwaltungstechnische Untersuchung geben
wird. Wie kann ein Minister, so werden die Juristen jetzt tüfteln,
überhaupt einen Vertrag als Zeuge, ähnlich wie bei einer Hochzeit,
mitunterfertigen. Ich kann mir vorstellen, wenn man dies breiter
anlegt, welche Diskussion dann in den Seminaren, auf den Hochschulen,


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aber vor allem auch in der Bürokratie, im Verfassungsdienst und
ich weiss nicht, wo sonst überall, brüten wird. Ich habe mich
dazu entschlossen, diesen Vertrag mit zu unterzeichnen, weil ich
zwar den Industrieminister, der für die nigerianische Regierung
die firmenmässige Zeichnung mit Steyr-Daimler-Puch übernommen hatte,
zwar zuerst einreden konnte, dass wir einen Brief, ähnlich wie bei den
Polen unterzeichnen. Mit dieser Lösung war er einverstanden. Trotz-
dem erwartete er und vor allem Steyr-Daimler-Puch, dass ich dann
doch auch noch die Verträge zeichnete.

ANMERKUNG FÜR WANKE und WAIS: Hier gibt es ein ganz neues Problem.
Wer ist dazu wirklich berechtigt?

Mit dem Handelsminister Shuwa konnte ich persönlich nicht reden,
weil er nicht in Lagos war. Seinen Sektionschef aber und auch Ver-
treter anderer Ministerien versuchte ich die Lage der Stickereiindu-
strie besonders drastisch vor Augen zu führen. Die Nigerianer sind
einigermassen über den jetzigen Zustand informiert. Über die ver-
gangenen Verhältnisse waren sie bestens informiert und haben uns
auch mit aller Deutlichkeit gesagt, dass sie diese Durchstechereien
ihrer Gesetze nicht akzeptieren konnten. Scheinbar aber sind sie
nicht imstande, ein wirklich einwandfreies System aufzurichten.
Jetzt sind die Einfuhren ausdrücklich gesperrt und trotzdem gelingt
es unseren österreichischen Exporteuren unter Umgehung dieses Ge-
setzes Ware nach Nigeria zu liefern. Die Botschaft und auch der
Handelsdelegierte sind verständlicher Weise mit diesem Zustand
nicht sehr glücklich. Allerdings weiss ich keinen anderen Weg als
eben den nigerianischen Verhältnissen entsprechend, einen Ausweg
zu suchen. Ich besuchte dann einige Stickereiverkäufer und diese
erklärten mir, dass sie den jetzigen Zustand für befriedigt halten.
Auf der einen Seite gibt es Firmen, die noch grosse Lager haben
und die sie jetzt froh sind abzuverkaufen, auf der anderen Seite
gibt es eben die Möglichkeit, auch jetzt noch Stickereien nach
Nigeria reinzubringen. Früher oder später – und dies machte ich den
Botschafter, Handelsdelegierten aber dann auch Dr. Hagen, der als
Vertreter des Stickereiverbandes zufällig in Lagos war, aufmerksam –
würde auch dieser Ausweg versperrt sein. Wir werden uns daher bemühen,
so schnell als möglich eine einigermassen rechtlich einwandfreie
Lösung zu erreichen.



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ANMERKUNG FÜR WAIS: Offiziell dürfen wir nichts erfahren, inoffiziell
aber müssen wir schön langsam uns gegen entsprechende Vorwürfe absi-
chern.

Der Handelsdelegierte Wagner, erzählte mir, dass Steyr-Daimler-
Puch den Vertrag hätte unter allen Umständen abschliessen müssen,
auch dann wenn er nicht so günstig gewesen wäre als es letzten
Endes doch geglückt ist zu erreichen. Die Steyr-Leute haben heuer
1.400 Stk. Lastkraftwagen-Export im Programm und werden diese
grosse Anzahl auch tatsächlich erreichen. Wenn aber Steyr nicht
einen entsprechenden Kooperationsvertrag und Fabrikserrichtung
dort beschlossen hätten, wären früher oder später dies Exporte
garantiert zum Erliegen gekommen. Die Nigerianer hätten, wenn eine
andere Firma einen entsprechenden Betrieb errichtet, die sofortige
Sperre beschlossen. Ausser Steyr hat jetzt Mercedes und eine zweite
international bekannte Firma ebenfalls einen solchen Vertrag gleich-
zeitig bekommen. Steyr glaubt aber, da sie dort einen sehr tüchtigen
Vertreter haben, die nigerianische Firma Niokak, beschäftigt 1.200
Nigerianer und 40 Europäer. Mit der Einfuhr und Kipperaufbau von
Lastkraftwagen, aber auch bei Volkswagen und Citroentyp von Per-
sonenwagen. Die Nigerianer legen grössten Wert darauf, eine mit
mindestens 60% Nigeria-Anteil grosse Fabrik gemeinsam zu errichten.
Wenn man auf diesen Verteilungsvorschlag nicht eingeht, wie z.B. die
Volkswagen-Werke und sie einen 51%igen Anteil wollen, dann haben sie
grösste Schwierigkeiten, weil sie als fremde Firma behandelt werden.
Die Nigerianer wollen nämlich unter allen Umständen überall die
Mehrheit und andererseits nur ihre Firmen im Geschäft. Selbst langeingesessene asiatische oder libanesische Firmen verlieren jetzt
immer mehr an Boden. Ich persönlich habe den Eindruck, dass die
derzeitige Steyrer-Vertretung unten sehr gut ist. Als österreichischen
Manager wird Steyr den derzeitigen Aussenhandelsmann, den ich
bereits in Tunesien kennengelernt habe, Hr. Eder, mit der Aufbau-
und Leitung des Betriebes betrauen. Die Fabrik wird in Bauschi,
inmitten Nigerias errichtet, hat aber einen Gleisanschluss
und es wird ebenfalls eine Autobahn hinaufgebaut. Die Strassen werden
in Nigeria sehr schnell gebaut. Eine deutsche Firma hat sich
dort mit 12.000 Beschäftigten eine fast Monopolstellung geschaffen,
Am Anfang dachte ich, dass es nicht zweckmässig ist, wenn Steyr nicht
ebenfalls in der Nähe Lagos diese Fabrik errichten kann. Das dortige
Industriezentrum und vor allem die Konzentration ist aber beängstigend.



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Die Verkehrsverhältnisse sind in Lagos katastrophal, trotz der
ungeheuren Anstrengungen die Strassen neu zu bauen und zu ver-
bessern. Steyr wird aber in Bauschi eine entsprechende grosszügige
Unterstützung durch die Regionalorgane bekommen. Der Nachteil ist
nur, dass sie dort als erstes Unternehmen wahrscheinlich mit grossen
Infrastrukturschwierigkeiten und mit entsprechender Unterstützung
durch örtliche Werkstätten nicht werden rechnen können, weil es solche
nicht gibt. Schade dass ich keine Zeit gehabt habe, mit dem Vorstand
noch nach Bauschi zu fliegen, um mir die örtlichen Verhältnisse
näher anschauen zu können. Da Nigeria aber wahrscheinlich in kür-
zester Zeit keine Traktoren und vor allem auch nicht LKW einführen
lässt, wenn nicht ein solcher Vertrag existiert, hat Steyr gar keine
Möglichkeit gehabt anders zu reagieren und zu handeln, als eben jetzt
geschehen ist. Schliesslich weiss Malzacher genau, er kann nur auf
den afrikanischen Markt seine Traktoren und vor allem aber LKW absetzen,
wenn er ein Land findet, wo stark expandierende LKW gebraucht werden.
Das ideale Land dafür ist zweifelsohne Nigeria. Durch die Ölein-
künfte kann sie sich auch diesen gigantischen Wiederaufbau einiger-
massen leisten und bezahlen. Ansonsten habe ich aber den Eindruck,
dass Lagos wirklich die schmutzigste Stadt der Welt ist. Eine solche
Zusammenballung von Menschen kann auch zu keinem anderen Ergebnis
führen. Vor 20 Jahren hat Lagos 200.000 Einwohner gehabt, jetzt
2 Millionen. Gezählt hat sie allerdings niemand, man kann sie auch
nicht zählen, manche schätzen sogar dass sie 2–3 Millionen Einwohner
haben. Die Reise war sicherlich einigermassen anstrengend, doch sehr
interessant.

Tätigkeit: Handelsminister Nigeria


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        Tätigkeit: Vorstand CA


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          Tätigkeit: GD Steyr-Daimler-Puch


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