Freitag, der 4. Juni 1976

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Freitag, 4. Juni 1976

Das Pressefrühstück war eine Pleite, dadurch, dass der Tag gewechselt
wurde und wir dann noch von nachmittags 14 Uhr doch auf unsere
normale Zeit 10.30 Uhr umdisponiert hauptsächlich aber, weil
Androsch um 11 Uhr eine Pressekonferenz hatte, war ein so schlechter

Besuch wie noch nie. Die APA und die SK waren zwar vertreten,
haben sicherlich auch ausgesendet, doch es ist eindeutig, wenn
Redakteure nicht anwesend sind, dann wird in ihrem Blatt kaum
etwas übernommen. Puffler wird sicherlich triumphieren, wenn er
davon erfährt. Wichtig ist, dass auch in der ganzen Woche, wo ich
nicht anwesend war, da auch er in Urlaub gewesen ist, für mich
keine Zeitungsausschnitte gemacht wurden. Die ich bekommen habe,
waren uninteressant und vor allem unvollständig.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte mit Puffler besprechen, wie während
seiner Abwesenheit doch einigermassen der Pressedienst funktioniert.

Schoeller hat am Vorabend in Zeit im Bild die Regierung wegen der
Aussenhandelspolitik hart attackiert. Er hat zwar keine Namen ge-
nannt, wohl aber der Sprecher, Kreisky, Androsch und mich, einleitend
erwähnt. Er behauptete, wie ich mich mit einer Aufzeichnung überzeugen
konnte, dass die Regierung ihre Aktivitäten im Ausland nicht mit
der Wirtschaft koordiniert. Über Aufträge wird mit dem Ausland ge-
sprochen, die keinen wirklich entsprechenden Ertrag der einzelnen
Firma bringen und die Unternehmer werden festgelegt. Als Abschluss
behauptet er, werden dann von Regierungsmitgliedern Verträge unter-
zeichnet, gegen das er kaum etwas einzuwenden hat. Alle diese
Behauptungen waren, davon bin ich überzeugt, gegen Androsch und
Kreisky gerichtet. Da er von der Regierung spricht, fühlte ich
mich davon betroffen und habe den Angriff gleich ganz entschieden
zurückgewiesen.Alle Geschäfte werden mit der Handelskammer, ins-
besondere den Aussenhandelsstellenleitern besprochen und auf
Initiative der Firmen in die Listen aufgenommen. Noch niemals
habe ich Konditionen festgelegt auch nur Firmen beeinflusst,
irgendwelche Konditionen zu akzeptieren, sondern ganz im Gegen-
teil nur Vermittlertätigkeit, also Service für die Wirtschaft,
geleistet. Vollkommen falsch ist, dass ich jemals einen Vertrag
mit einer Firma unterzeichnet habe. Maximal habe ich mich bereit
erklärt, bei Unterzeichnung von Verträgen anwesend zu sein, d.h.



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eine Staffage zu machen, weil dies gerade von Firmen immer wieder
gewünscht wird. Wais konnte auch dann recherchieren, wie es zu
diesem Interview gekommen ist. Steinacker, der Pressereferent der
Bundeskammer, hat das Fernsehen informiert, dass jetzt ein neuer
aussenhandelspolitischer Obmann, eben Schoeller anstelle von Mayer-Gunt-
hof
bestellt wurde und der im Fernsehen aufgebaut werden müsste.
Zeit im Bild sagte, sie seien bereit, eine Aufnahme mit ihm zu
machen, wenn er irgendeine materielle Aussage treffen würde. Stein-
acker
erklärte, er würde die Aussenhandelspolitik der Regierung
kritisieren. Das war natürlich für das Fernsehen sofort ein ent-
sprechendes Thema. Als erste Reaktion rief ich sofort den Präsi-
denten Sallinger an und erklärte, dass eine neue Politik scheinbar
Platz greift und ich darauf Konsequenzen ziehen werde. Sallinger
ersuchte mich, abzuwarten, er würde sich den Text verschaffen.
Da er das Fernseh-Interview nicht gesehen hat. Daraufhin schickte
ich ihm sofort den Text und meine Entgegnung hinüber. Im Iran
habe ich wegen Schoeller-Hallenbau interveniert und dabei
Erfolg gehabt, dass die 22 Mill. S, die sie noch zu bekommen haben,
in der nächsten Zeit flüssig gemacht werden. Gen.Dir. Malzacher hat
mich angerufen und mitgeteilt, dass das Tunesien-Geschäft
jetzt perfekt wurde, Er bedankte sich vielmals für meine Inter-
vention, weil gerade diese für sein Geschäft von grösster Bedeutung
gewesen ist. Sofort teilte ich Malzacher das Verhalten von Schoeller
mit, der dies gar nicht glauben konnte. Malzacher erklärte mir
auch, dass mit Polmot die LKW-Geschäfte wesentlich über den
Vertrag hinaus abgewickelt werden müssten. Sie hätten nur 400
Stück vereinbart und Feichtinger hätte 1.500 in ihr Lieferbudget
eingestellt. Jetzt seien sie in Verhandlungen um diese grosse
Menge absetzen zu können, die Polen möchten dafür 100 %-ige
Kompensation. Auf das Moped-Geschäft angesprochen, von dem ich
das erste Mal hörte, meinte Malzacher, damals hätte es Missver-
ständnisse gegeben, die aber jetzt längst beseitigt sind, für ihn
ist das Verhalten Schoellers vollkommen unerklärlich und er wird
da er ein guter Freund von ihm ist, sofort darüber sprechen. Die
beiden Beispiele Hallenbau und Kürassiergeschäft beweisen genau
das Gegenteil von der Behauptung Schoellers, dass nämlich die
Regierung vor allem aber ich selbst sie nicht richtig unterstützte.
Ursprünglich wollte ich beim Pressefrühstück die Passagen von Schoeller
abspielen und dann sofort darauf antworten. Leider waren viel zu


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wenig Journalisten, so dass ich von dieser Idee Abstand nahm. Hätten
wir volle Besetzung gehabt, wäre dies ein ganz schöner Gag gewesen.
Ich fürchte, dass ich längere Zeit keine so falsche Behauptung,
die ich leicht widerlegen kann und zeitlich richtig abgestimmte
Angriffe bekommen werde, damit wir vielleicht dann doch die Methode
abspielen sofort dagegen antworten, praktizieren könnten. Dafür
fühlte ich mich umso mehr berechtigt, als das Fernsehen einseitig
nur Schoeller interviewte und gar nicht daran dachte, bei uns oder
gar vielleicht bei mir rückzufragen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Wenn sich eine ähnliche Situation ergibt,
sollten wir diesen Gag bei unserem Pressefrühstück einmal starten.

Beim Jour fixe mit AK - ÖGB pendelt sich jetzt eine Routine ein.
Auch Heinz Kienzl von der ÖNB ist jetzt meistens anwesend, was
sicherlich dazu beiträgt, damit wir über den Kreditsektor doch ein
wenig erfahren. Interessanterweise hat niemand die Intentionen
oder gar die Arbeitsentwürfe über die Zusammenfassung der Fonds und
deren Umgestaltung gekannt. Da für auf politischer Ebene weder
Kienzl noch der ÖGB oder die AK imstande sind, die notwendigen
Informationen zu bekommen, wird es vielleicht möglich und nötig
sein, dass wir den neuen Ministerialrat Müller einsetzen, auf
Beamtenebene Details zu erfahren. Theoretisch müsste er, da er
aus dem Finanzministerium ja kommt, die notwendigen personellen Be-
ziehungen haben. Ich fürchte aber, dass er als Abtrünniger gilt,
deshalb kaum die notwendigen Informationen sich verschaffen wird kön-
nen. Ausserdem hat die schwarze Personalvertretung bei mir mir mitge-
teilt, lange bevor er bestellt wurde, dass er nicht ein so tüch-
tiger Mann ist, wie wir annehmen. Hier kann es sich natürlich um
eine ganz bewusste Taktik von Engelmayer handeln. Vielleicht
gelingt es aber unserem Sektionschefs Meisl und Wanke durch ent-
sprechende höchstbeamtliche Beziehungen mehr zu erfahren. Wanke
hat bei einer Aussprache mit Veselsky und anderen Genossen des
Kreditapparates und der Fonds festgehalten, dass überall dieses
Informationsloch bedauert wird. Soweit es den ERP-Fonds betrifft,
wird Veselsky angeblich jetzt alle Protokolle uns immer schicken,
damit wir wenigstens im Nachhinein informiert werden. Dieser Zu-
stand ist zwar auch nicht befriedigend, aber wenigstens ein erster
Schritt. Eine wirklich gute Lösung könnte nur gefunden werden, wenn
im gegenseitigen Austausch die Beamten oder die davon Betroffenen
ohne die Funktionäre ein- oder auszuschalten, d.h. sie vollkommen


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sie links liegen zu lassen, wirklich eine persönliche Be-
ziehungen zwischen den Referenten hergestellt werden kann.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Vielleicht gelingt es Dir, diese neue Methode
einzuführen.

Gegen die Auflassung der Milchpreisstützung sprechen sich alle
aus. Plesch fürchtet, dass damit ähnlich wie bei der ÖVP
Schilling Konsumentenbelastung durch Stützungsabbau von Schmitz ein
ähnlicher Effekt diesmal ausgelöst wird. Ich glaube dies nicht,
denn auf alle Fälle werden wir den Erzeugermilchpreis mit anheben.
Dadurch ergibt sich natürlich für den Verbraucher eine eminente
Steigerung. Erzeugermilchpreis - Lohnerhöhung - Spannenerhöhung und
gleichzeitig Stützungsabbau. Andererseits sehe ich ein, dass
Androsch in einer schlechten finanzpolitischen Situation ist.
Er muss schauen, unter allen Umständen die Budgetausgaben zu verringern.
Das Defizit ist selbst bei steigenden Staatseinnahmen schon
allein durch die Beamtengehälter-Erhöhungen auch in Hinkunft
sehr stark belastet.

Bezüglich Getreidepreiserhöhung gibt Zöllner zu, dass wir den
Kontrakt-Weizen und den Durumweizen im Preis anheben sollten. Auf
alle Fällen werden wir uns bemühen, wenigstens den Füllweizen
auch zu erhöhen, womöglich sogar aus der Preisregelung heraus-
nehmen.

Für Heizöl-Rabatte möchte die AK, dass ich unbedingt mit
den Ölfirmen Verhandlungen führe. Der Pensionisten- und Rentner-
verband Österreichs hat auch eine diesbezügliche Forderung gestellt.
Ich werde diesbezügliche Besprechungen mit der ÖMV aufnehmen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die entsprechenden Schritte einleiten.

Der einstimmige Beschluss des Paritätischen Ausschusses in Kartell-
fragen, wonach die ÖMV sehr wohl gewissen Firmen nicht direkt
liefern muss, bedingte, dass die Klage der Finanzprokuratur initiiert
von Min.Bat Hönel, Handelsministerium, abgewiesen wurde. Dadurch
gibt es jetzt die Möglichkeit, die Berufung, welche die Finanz-
prokuratur gegen den Kartellbeschluss eingebracht hat, aufzugeben.
Ich verlange allerdings, dass mir die Interessensvertretungen insbe-
sondere die Arbeiterkammer, mitteilte, dass sie kein Interesse an der
Weiterverfolgung dieses Verfahren haben. Ich will mir nicht


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einmal vorwerfen lassen, ich hätte in ein Rechtsverfahren einge-
griffen, ohne eine wirkliche Begründung dafür zu haben.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte trachte so schnell als möglich die
notwendigen schriftlichen Mitteilungen von der Handelskammer und
der Arbeiterkammer zu bekommen.

Die Vorsprache des Präsidiums der Landstrasse beim Bundeskanzler be-
zog sich auf den Verkauf der Rennweger Kaserne an die Gemeinde
Wien. Jetzt wird jahrelang über dieses Projekt verhandelt. Kreisky
selbst hat sich einige Mal dahingehend geäussert, dass die Kasernen
so schnell wie möglich tatsächlich den Städten und Gemeinde über-
geben werden sollen. Ersatzkasernen wären am Stadtrand oder wo
anders zu errichten. Die Verhandlungen zwischen Gemeinde Wien und
Bautenministerium waren sehr weit. Androsch wollte eine grosse
städtebauliche Lösung. Dagegen haben wir gar nichts einzuwenden.
An den Strassenfronten, wo ein starker Verkehr ist, können auch ohne
weiteres Büroräume errichtet werden. Was die Landstrasser nur
wünschen ist, dass endlich die Rieseninnenhöfe zweckmässiger ver-
baut werden. Kreisky meinte, er hätte bei einer Regierungsvorbe-
sprechung, wo ich ihm Ausland war, dieses Problem mit Moser und
Androsch besprochen und Androsch hätte erklärt, er könne die dafür
notwendigen 120 Mill. S, die jetzt für die Ersatzbauten zusätzlich
aufgebracht werden müssten, nicht beistellen. Kreisky wird eine
neuerliche Ministerbesprechung veranlassen. Ich schlage unverzüglich
vor, dass Mittwoch, den 9. im Parlament um 17.15 Uhr eine entsprechen-
de Sitzung stattfinden soll.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Schmidt und allen Beteiligten
den Termin noch einmal abbesprechen.

Die DDR-Journalisten haben 1 Woche Information in Österreich hinter
sich und insbesondere mit der Handelskammer über die Wirtschafts-
beziehungen gesprochen. Ich setze ihnen auseinander, dass die DDR
nicht diskriminiert wird, das Vidierungsverfahren jetzt sogar von
Sölle und Beil mehr oder minder akzeptiert wurde und dass kein
einziger Fall bekannt ist, wo sich die DDR beschweren musste. Na-
türlich im Prinzip fühlen sich die Staatshandelsländer durch die
Vidierung anders behandelt als der Westen. Zum Glück können wir
darauf hinweisen und Meisl macht dies ausgiebig, dass auch Japan
im Vidierungsverfahren einbezogen ist. Ebenso natürlich die
Billigst-Textil-Exportländer.



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ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte lass in einer Tabellenform zusammenstellen
wer aller welchen Beschränkungen unterliegt. Vidierungsverfahren
und Zölle.

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Tagesprogramm, 4.6.1976


Tätigkeit: Präs. OeNB


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: SChef HM
    GND ID: 12195126X


    Einträge mit Erwähnung:
      GND ID: 119100339


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Finanzminister
            GND ID: 118503049


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Pressereferent HK


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: GD Steyr-Daimler-Puch


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Außenhandelsminister DDR
                  GND ID: 126882177


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: BMW? Steyr-Daimler-Puch?


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: AK


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Abteilungs- bzw. Sektionsleiter HM, BV-Stv. Landstraße


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Reg.R HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Obmann Sekt. Ind. BHK


                            Einträge mit Erwähnung:
                              GND ID: 1017902909


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Beamter HM, Fraktion soz. Beamter im HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Bautenminister


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                        Einträge mit Erwähnung:


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: -min.


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Personalvertreter HM, Christgewerkschafter, ÖVP-Politiker


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                                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                GND ID: 118566512


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  GND ID: 12254711X


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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