Montag, 3. Mai 1976
Bandhauer von der Verbund berichtet mir zwar, dass die Elektrizi-
tätsversorgungssituation sehr kritisch ist, weil wir 40 % unter
dem Regeljahr Wasserführung haben. In Wirklichkeit aber kommt er
um neuerdings die Frage der Aufsichtsratsmandate in den Sonder-
gesellschaften zu besprechen. In den Ennskraftwerken, meint er,
könnten wir 4 Kapitalvertreter, 4 Landesvertreter d.h. eine wesent-
liche Reduktion erreichen. Hie sieht er selbst ein, dass nicht
der gesamte Verbundvorstand vertreten sein muss. Er schlägt von
sich aus vor, dass in den Illwerken Erbacher und damit ein weiterer
ÖVP-Vorstandsvertreter und bei den Ennskraftwerken er selbst und ein
weiterer ÖVP-Vorstandsvertreter nominiert werden soll. Auf meine
Frage, wie er dieses Problem Aufsichtsratsvertreter-Kumulierung
der sozialistischen Verbunddirektoren lösen möchte, meint er nach
wie vor, meint er am besten auf Verzicht der Aufsichtsratsgebühren.
Allerdings schlägt er sofort vor, man soll die Aufsichtsratsgebühren
in eine Gehaltserhöhung einbauen, die volle Höhe müsste dann nicht
berechnet werden, da die Bezugserhöhung dann auch für die Pensions-
anrechnung gilt, während die Aufsichtsratsgebühren derzeit unberück-
sichtigt bleiben. Einer solchen Lösung werde ich wahrscheinlich
kaum zustimmen, da in den Sechzigerjahren die Aufsichtsratsgebühren
von der Verbundgesellschaft eingezogen wurden, dann hat man ihnen
die Aufsichtsratsgebühren belassen, jetzt würde man sie ihnen weg-
nehmen gleichzeitig aber wieder die an und für sich schon sehr
hohen Gehälter neuerdings erhöhen. Ich ersuche Bandhauer, mit
Tieber diese Probleme durchzubesprechen und entsprechende Vor-
schläge vorzubereiten.
Dr. Polsterer ersucht mich, bei der Arbeiterkammer zu intervenieren,
damit die Begutachtung über seine Transportflugzeugkonzession
beschleunigt durchgeführt wird. Da er von mir nur eine beschleunigte
Erledigung und keine Beeinflussung, wie die Konzession und ob eine
Konzession gegeben werden soll, erbittet, erkläre ich mich dazu bereit.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit AK-Referentin verbinden.
Beim Jour fixe, an dem nur Mussil teilnimmt, weise ich sofort
darauf hin, dass auf Wunsch des Bürgermeisters von Ischl eine
Aussprache mit Wirtschaftsvertretern stattfinden sollte. In Linz
hat man aber diese Aussprache scheinbar verboten, denn der Bürger-
meister musste zur Kenntnis nehmen, dass die zuerst begeisterte
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seiner örtlichen Wirtschaftsfunktionäre und Wirtschaftsleuten nachher
abgesagt wurde. Mussil erklärt, und davon bin ich überzeugt, davon
nichts gewusst zu haben. Was Sallinger und Mussil ganz streng aufrecht
erhält, ist aber hier als Fernwirkung festzustellen.
Mussil tut ganz erstaunt, dass ich für die Rohstofflenkung ein
eigenes Energielenkungsgesetz und gleichzeitig eine Novelle
des Rohstofflenkungsgesetzes mit umfassenderen Listen von Waren,
die einbezogen werden können, im Parlament einbringen werde. Be-
züglich der Marktordnungen meint er, der Viehverkehrsfonds kann
nicht fallengelassen werden, man könne ihn höchstens umtaufen.
Seinem Vorschlag nach soll er Viehkommission heissen und soll
die Entblockierung, Einbeziehung der Exporte und einem entsprechenden
Preisband mit Richtpreisen akzeptabel werden. Mussil glaubt nach wie
vor, die Landwirtschaft wird nicht auf den Viehverkehrsfonds ver-
zichten, da werden eher die Verhandlungen scheitern.
Im Unterausschuss des Handelsausschusses zur Behandlung des Preisgesetz
der morgen tagt, meint er, werden wir stundenlang palavern, es
kann aber dabei nichts herauskommen, da man abwarten wird, wie
die Marktordnungsverhandlungen laufen. Während er vor längerer
Zeit noch zugestanden hat, das Rohstoff-Preissenkungen tatsächlich
wenn es nur zu einer Novelle des Preisrechtes kommt einbezogen
werden können und nur die Währungsänderungen auf alle Fälle ablehn-
te, dass sie in dem Preisgesetz verankert werden soll, lehnt er jetzt
alle Vorschläge vom ÖGB ab. Dies ist meiner Meinung nach auch nur
eine taktische Finte um bei den Verhandlungen sich dies abringen zu
lassen. Gibt er nämlich jetzt schon die Rohstoffpreissenkung zu, dann
kann er kaum die zweite Forderung Währungssenkungen abzulehnen auf-
rechterhalten.
Über die Urlaubsregelung gibt er sich nach wie vor erschüttert, um so
mehr als er meint, es handelt sich dabei um eine Torschlussneurose
von Häuser, die mit einer Profilierungsneurose von Mock zusammen-
fällt und daher die Wirtschaft sehr belastet, ohne dass sie sich
wirklich nachdem die ÖVP jetzt auch die mindest 4 Wochen Urlaub mit
1. Jänner 1977 dagegen wehren kann. Man hat ihm vorgeschlagen, die
Handelskammer soll sich dagegen aussprechen. Nachdem er aber ein-
sieht, dass hier kaum etwas zu holen ist, wird er wahrscheinlich
mehr oder minder schweigen.
Der Innungsmeister vom Baugewerbe Molzer bringt dass die Bau-
meisterprüfungsordnung auf Grund der neuen Gewerbeordnung endlich
erlassen werden soll.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass Dir berichten und dränge auf
Vorziehung der Baumeisterprüfungsordnung.
Die Beschwerde der Handelskammer zu den Ägypten-Verhandlungen nicht
eingeladen zu werden, stellt sich nun heraus, richtet sich
gegen den Bundeskanzler. Bei den Vorbesprechungen mit den drei
Wirtschaftsministern und auch bei den Verhandlungen mit diesen
war die Handelskammer richtiggehend eingeladen und auch anwesend.
Ich bespreche anschliessend mit Sekt.Chef Meisl den zukünftigen
Modus der Einladung und schlage vor, er soll formgerecht schrift-
lich immer den Generalsekretär einladen. Da dieser in den selten-
sten Fällen kommen wird, haben wir dann eine günstige Statistik,
wie oft wir ihn einladen und wie wenig er an den Sitzungen teil-
nimmt, da er wahrscheinlich dann letzten Endes immer Leute der
Handelskammer delegieren wird.
Mussil versucht mir einzureden, dass ich nun doch auch die Bürges
insoferne kürze, als jetzt nur mehr wieder Schwerpunktfälle
beim Gewerbestrukturverbesserungsgesetz berücksichtigt werden.
Ich verweise darauf, dass wir durch die Normalfälle in den
letzten Monaten gigantisch mehr erledigt haben als in den ver-
gangenen Jahren, da ich die Bürges nicht wie mein Amtsvorgänger
sperren möchte, mache ich den Beirat aber ganz besonders die
beiden Geschäftsführer persönlich haftend, dass eine solche Ent-
wicklung nicht eintritt. Die finanzpolitische Abteilung der Handels-
kammer schlägt allen Ernstes Mussil vor, er soll von mir verlangen,
dass man die 5 % Gewerbesteuerzuteilung auf 6 % erhöhen soll. Mussil
meint, die machen es sich sehr leicht, denn er weiss genau, dass
er eine solche Forderung gar nicht stellen will. Abgesehen davon,
dass sie an den Finanzminister zu richten wäre, bestehen ja
keine Aussichten, dass er sich durchsetzen kann. Die ÖVP und
auch Mussil attackieren den Finanzminister ständig wegen der Budget-
expansion und jetzt würden sie neue Forderungen an ihn richten.
Mussil möchte wissen, wie weit Staatssekr. Haiden jetzt die Schnitt-
holzexporte überantwortet bekommt. Ich erkläre ihm, dass an dem
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jetzigen Zustand der kompetenzmässigen Verteilung sich nichts
ändern wird. Im Laufe des Gespräches komme ich dann drauf, dass
er sich in Wirklichkeit gegen die Errichtung einer Exportabteilung
bei den Bundesforsten ausspricht. Er fürchtet, dass damit der
Schnittholzhandel mit dem Ausland nicht mehr den privaten Holzfirmen
überlassen bleibt. Dagegen erkläre ich ausdrücklich werde ich mich
nicht wehren, ganz im Gegenteil, auch die Bundesforste haben die
Möglichkeit auf Grund der freien Wirtschaft sich bei Exporten ein-
zuschalten. Mussil sieht darin die Gefahr eines Staatshandels,
der früher oder später private Firmen ausschalten wird.
Beim Journalistenfrühstück haben wir ein einziges Thema, die
Wiener Standortinstituts-Studie über die Nahversorgung. Marsch berich-
tete sehr ausführlich deshalb darüber. Es ergibt sich eine richtig-
gehende Diskussion, wobei mir von allem Anfang an klar war, dass
man auch mich dann entsprechend fragen wird. Was ich befürchtete,
ist eingetreten, die Presse wollte natürlich wissen, welche positi-
ven Massnahmen ich für die Nahversorgung vorkehre. In Wirklichkeit
konnte ich gar nichts anderes anbieten als dass man bei den Krediten
und bei den Zinsenzuschüssen diese Ansuchen besonders berücksich-
tigen wird. Den zugrunde gehenden Einzelhandelsgeschäften hilft aller-
dings eine solche Massnahme wenig. Die Vorschläge, die von seiten
des Instituts gemacht werden, gegebenenfalls den Pensionisten
die Kühlaggregate umsonst zu geben, oder entsprechende Verkehrs-
möglichkeiten zu schaffen, um die Nahversorgung zu sichern, sind
genauso unrealistisch wie die Direktunterstützung der Lebensmittel-
kleinhändler. In Wirklichkeit lässt sich eine Nahversorgung nur
in grösseren Orten wahrscheinlich überhaupt aufrechterhalten.
In den sogenannten Schwerpunktgemeinden und Städten wird neben
den Diskontern, Märkten und sonstigen grossen Verkaufsstellen
immer ein oder mehrere Lebensmittelkleinhändler und sonstige
Kleinhandelsgeschäfte existieren. Dies nicht zuletzt deshalb,
weil ja eben viele umliegende Konsumenten letzten Endes in diesen
Schwerpunktgemeinden einkaufen müssen.
Präs. Leberl berichtet mir, dass Auracher in einer Betriebsver-
sammlung wegen seines Wunsches, im Inpadoc-Aufsichtsrat der Vor-
sitzende zu werden, dort in unfairer Weise gegen Leberl Stellung
genommen hat. Daraus resultiert auch mehr oder minder die Ablehnung
des Finanzministers und anderer Stellen mit seiner Berufung.
Ich bedenke mich bei ihm, dass er so grosses Verständnis
aufbringt, weil ja letzten Endes auch das Patentamt immer davon
abhängig sein wird, wie es im Budget vom Finanzministerium
behandelt wird.
Bei der Unterzeichnung des Abkommens über Ursprungsbezeichnung
mit Spanien interveniert der spanische Botschafter neuerdings
wegen der Lösung Zolldiskriminierung. Ich erkläre ihm neuerdings,
dass wir abwarten wollen, was Spanien mit der EG erreicht. Dann
wird Österreich durch Spanien auch entsprechend zolldiskriminiert
und es wird ja spanischerseits dann versucht werden, mit allen
EFTA-Staaten zu einer Regelung zu kommen. De spanische Botschafter
möchte von mir wissen, ob ich bei der nächsten EFTA-Tagung im Juni
das spanische Problem auf Ministerebene zur Sprache bringen werde.
Ich erkläre ihm, dass bei den inoffiziellen Gesprächen dies geschehen
wird. Allerdings muss diesmal Min.Rat Steiger diese Information
geben, da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht bei der EFTA-Tagung
sein werde.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Steiger informieren und entsprechende
Erklärung für das Ministerfrühstück vorbereiten.
Leberl interveniert bei Wanke und mir, dass Min.Rat Pracher, der
derzeit in der Abteilung Peyerl in der Energiesektion tätig ist,
unbedingt von dort weg will und zu Wanke kommen möchte. Wanke
erklärt, er hat auch noch mit Min.Rat Zalud von ihm ein solches
Problem, der ebenfalls mit seinem Abteilungsleiter Gröbl total
zerstritten ist. Zalud soll zu Kurzel kommen und Wanke wird sich
Min.Rat Pracher anschauen und hat mit dem Abteilungsleiter Peyerl
bereits gesprochen. Wanke erklärt auch nach, dass er für Min.Rat
Hönel, den derzeitigen Branchenreferenten für Holz, der in der
Abteilung Hoffmann war, eine entsprechende Tätigkeit sucht. Ich
teile die Meinung von Wanke, dass es ganz sinnlos ist, auf die
Zusammensetzung gewisser Abteilungen zu beharren, wenn sie die
Leute so zerstritten haben, dass kaum mehr eine Chance besteht,
dass es zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit kommen kann. Funktio-
niert in einem solchen Fall nicht einmal in der Privatwirtschaft
dann die Zusammenarbeit, so ist sie im Staatsdienst überhaupt
unmöglich. Jeder Beamte hat nämlich die Möglichkeit, durch Nichts-
tun ja sogar durch Abwesenheit seinen Abteilungsleiter entsprechend
links liegen zu lassen. In diesem Fall ist es besser, man vesetzt
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die Leute, dies geht deshalb, weil es ja meistens ein Wunsch des
Betreffenden selbst ist. Gegen seinen Willen kann man nämlich
auch wieder keine Lösung erzielen.
ANMERKUNG FÜR Plesch: Bitte besprich mit Frank und Wanke
dieses Problem.
Gen.Dir. Bauer erschien mit den internationalen Ölgesellschaften
um mir als Fachverbandsvorsteher zu erklären, wie sehr das Image
der Industrie gelitten hat. Der alte Preisantrag, der seiner Mei-
nung nach sehr begründet ist, wurde noch immer nicht erfüllt und
die Lösung, welcher nur die ÖMV zustimmte, erweckt nun den Eindruck,
dass die internationalen habgierig und böse sind. Er ersuchte die
Internationalen, ihre Standpunkt mir im Detail darzulegen. Tat-
sächlich meldete sich nur Hirnigel von der BP und meinte, wenn
sie nicht heuer und zwar so schnell als möglich, eine weitere
Preiserhöhung kriegen, werden sie 600 Mill. S Verluste machen.
Er hätte deshalb bereits Gespräche mit dem ÖGB – Benya und Schmidt –
aufgenommen und feststellen müssen, dass diese Rechenfehler gemacht
hätten. die zur Festsetzung des 80 Groschen Preiserhöhungsbeschluss
geführt hätten. Ich erklärte sofort, dass vielleicht der ÖGB
Rechenfehler machen kann und gemacht hat, die Preiskommission
aber nicht. Dort wurde nach genauer und gewissenhafter Prüfung
der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis festgesetzt. wie
ihn das Gesetz vorsieht. Hirnigel hat auch mit der Arbeiterkammer
gesprochen und dort hätte ihm Präs. Czettel versichert, er wird
mit dem Referenten neuerdings sprechen, da er nicht voll infor-
miert ist. Nach Auffassung der Internationalen besteht eine sehr
gute Chance, dass der Preisantrag, den sie seinerzeit gestellt haben
jetzt in einer zweiten Etappe.wesentlich mehr berücksichtigt wird
als nur mit den 80 Groschen. Ich erklärte sofort, dass der Preis-
antrag durch den Beschluss der Preiskommission als erledigt gilt,
wenn die Ölindustrie jetzt neuerdings, was allerdings das Negativ-
image nicht verbessern wird, höhere Preise wünscht, dann muss sie
einen neuen Preisantrag stellen. Durch diese Erklärung wollte
niemand anderer mehr auch nach mehreren Aufforderungen von GD Bauer
das Wort ergreifen, weshalb die Sitzung abrupt endete.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte für Freitag Jour fixe Ölpreis auf die
Tagesordnung setzen.
In der Ministerratsvorbesprechung kam das Problem Zwangsver-
pflichtung Bundesheer natürlich zur Sprache. Am Rathausplatz wurde
Kreisky bei seiner Ansprache von einer kleinen Gruppe von Jugend-
lichen ständig unterbrochen mit dem Ruf: 6 Monate sind genug,
was mehr ist ist Betrug. Im Fernsehen aber erschien diese Demon-
stration ganz deutlich und die die das Fernsehen sahen, erklärten,
man hatte den Eindruck, dass hier Kreisky von einer grösseren Masse
attackiert wird. Kreisky ist überhaupt jetzt mit dem Fernsehen
Redakteursrat im Clinch. Ziesel, der Sprecher des Redakteursrates
hat, weil Kreisky bei einem Interview sagte, der ORF schaukelt
dieses Problem auf, bei ihm heftigst protestiert. Dieses Schreiben
sie so unhöflich, dass Kreisky es zurückgeschickt hat und erklärt,
auf so eine Art der Diskussion lässt er sich erst gar nicht ein.
In der Sache selbst meint Kreisky, hier müsse man durchgreifen, um
einer Entwicklung Herr zu werden, die in Deutschland zu den unglück-
lichen Situationen geführt hat. Die deutsche SPD gilt als zer-
strittene Partei mit dem grössten Wahlkampfhandikap und gleich-
zeitig aber auch bei der Arbeiterschaft als nicht die Partei,
die sich für ihre Arbeitsplatzsicherung einsetzt, wie dies die
SPÖ gemacht hat. Schmidt, glaubt Kreisky war deshalb dagegen und
sagte, die Intervention des Staates ist nicht notwendig, um aus
der Not eine Tugend zu machen, weil er wusste, dass sein Koali-
tionspartner die FDP niemals dem zustimmen würde. Kreisky möchte
unter allen Umständen, den Eindruck, dass die SPÖ zerstritten ist,
auch mit ihrer Jugendorganisation, vermeiden. Er glaubt auch, dass
es nur eine kleine Gruppe von Funktionären ist, die immer Formeln
und Probleme aufbringt, die die kommunistische Partei ebenfalls
hat. Die KP möchte gerne der Beweger der sozialistischen Partei
und ganz besonders der Bundesregierung sein. Auch die wenigen
sogenannten Linken in unserer Partei gehen von der Politik aus,
dass die Sozialdemokratische Rechtspolitik der Regierung scheitern
soll, dann muss sie ja eine Linkspolitik automatisch machen.
Um dieses Problem im einzelnen zu besprechen und die Gefahr
gleich von Anfang an zu bannen, hat Kreisky einen ao. Parteivor-
stand für Donnerstag einberufen. In dieser Beziehung hat er voll-
kommen recht, dass man dieses Problem nicht anstehen lassen darf
und dass vor allem die grösste Gefahr darin liegt, nicht zu ent-
sprechenden Beschlüssen der zuständigen Organe, und das ist
einmal der Parteivorstand, zu kommen. Wie er allerdings die
Jugendorganisationen befriedigt, ist mir derzeit noch nicht klar.
Bezüglich der Sprachenzählung fragt Fischer, ob jetzt der neue
Weg bei der Personenstandserhebung diese mitzumachen, gegangen
werden soll. Androsch sieht gewisse Schwierigkeiten, meint aber,
man könne versuchen, Lösungen zu erreichen. Da man dadurch
hundert Millionen Schilling sonst eine Volkszählung mit irrsinnigen
Kosten ersparen kann.
Kreisky kritisiert, dass der Wirtschaftsbericht der OECD, der
jetzt im Entwurf vorliegt, nicht nur ganz neue Begriffe wie
Inflationsrezession usw. bringt, sondern auch die positiven
Regierungsmassnahmen unberücksichtigt lässt. Er wird jetzt einen
Aktenvermerk zu diesem Entwurf der OECD machen, wo er festhält,
dass ohne Werturteile zu fällen, der Bericht doch sehr einseitig
ist. Androsch schlägt vor, dass die davon betroffenen Ministerien
sich besser koordinieren sollen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Bitte sofort feststellen, was
hier wieder einmal passiert ist.
Die ÖIAG, erklärt Kreisky, kann die Haftung für den Kredit für die
GKB nicht übernehmen, weil der Kohlepreis noch immer nicht vertrag-
lich zwischen GKB und ÖDK ausgearbeitet ist. Ich erkläre, dass die
115.- S 10^6 feststehen, auch dann wenn die ÖDK sich noch dagegen
wehrt. Ich werde veranlassen, dass so schnell wie möglich der
Vertrag jetzt abgeschlossen wird.
ANMERKUNG FÜR TIEBER UND WAIS: Bitte den Vertragsabschluss jetzt
sofort verlangen, damit die ÖIAG die Haftung übernimmt.
Veselsky hat Kreisky scheinbar vorgeschlagen, dass der EFTA-Ent-
wicklungsfonds für Portugal vom Bundeskanzleramt betraut werden
soll. Androsch wehrt sich mit Recht dagegen und meint, das sei
ein Finanzdurchführungsgesetz, wofür er zuständig ist. Verhandelt
wird das Ganze und wurde das Ganze durch das Handelsministerium
und dabei soll es bleiben. Kreisky stimmt dem zu und ich erkläre,
wir könnten ja offiziell gar nicht einen Einfluss auf diesen Fonds
wegen der einzelnen Geschäfte nehmen, sondern wir bemühen uns
nur hinten herum entsprechende österreichische Projekte unterzubrin-
gen.
Im Unterausschuss des Finanz- und Budgetausschusses wurde jetzt
die Mehrwertsteuerrückzahlung an die Diplomaten beschlossen.
Gleichzeitig aber haben alle drei Parteien eine Rückwirkung, wie
sie in der Regierungsvorlage vorgesehen war, abgelehnt. Kreisky
ist darüber sehr unglücklich, denn der Aussenminister hat allen
Botschaftern erklärt, sie werden rückwirkend die Umsatzsteuer
rückvergütet bekommen.
Kreisky teilt mit, dass die OPEC jetzt bezüglich des Wohnens und
der Konferenz in einem eigenen Hotel in Wien diese Sitzungen
abwickeln möchte, um eine strenge Bewachung zu gewährleisten.
Scheinbar kann man dies nicht und hat der OPEC deshalb vorschlagen
wollen, sie soll nach Hernstein, also 60 km von Wien entfernt
fahren. Kreisky sagt mit Recht, dieser Vorschlag ist von vornherein
zum Scheitern verurteilt. Kreisky ist auch sehr ungehalten, dass
die Infrastruktur für die UNO-City vollkommen unzulänglich sein
wird, wenn die UNO-City fertig ist. Androsch verteidigt sich,
indem er meint, es wird an der Flughafenstrasse schon gebaut.
Eine englische und französische Schule ist in Vorbereitung für
die Beamten der UNO-City. Trotzdem meint Kreisky, scheinbar ist
Wien nicht imstande, alle Voraussetzungen zu schaffen, um tat-
sächlich dritte UNO-Stadt zu werden. Scheinbar hat er jetzt
einige negative Informationen, dass man in New York nicht mehr
bereit ist, wirklich bedeutende Abteilungen nach Wien zu verlegen.
Zu der Sitzung der Opinionleader vom 3. Bezirk sind diesmal minde-
stens doppelt so viele gekommen als sonst. 150 haben sich angemeldet
Dies ist verständlich, weil natürlich alle Kreisky hören wollen.
Nach wie vor und auf längere Zeit bleibt er das grosse Zugpferd
und ist er der entscheidende Mann. Dies kann ich immer und überall
feststellen, ob es manchen passt oder nicht.
Tagesprogramm, 3.5.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)