Freitag, der 30. April 1976

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Freitag, den 30. April 1976

Beim Referat in der Möbesschule mit Metallarbeitern aus ganz
Österreich und der anschliessenden Diskussion muss ich fest-
stellen, dass eine gewisse Diskussionsmüdigkeit besteht. Gmoser
führt dies darauf zurück, dass bei den Metallarbeitern wenig Einfluss
darauf genommen wird, wie oft jemand in Kurse geht, wer in die Kurse
geht und kein System herrscht. Bei uns Lebensmittelarbeitern wird
vom Bildungssekretär Gludovatz immer wieder versucht, eine gewisse
Systematik einzuhalten. Zuerst einen Grundlehrgang, dann eventuell
noch einen zweiten und dann schon aber Aufbaulehrgänge je nach der
Leistungskapazität der Betriebe und vor allem der Aufnahmefähigkeit
der Teilnehmer. Gmoser ist auch über die fraktionelle Zusammensetzung
unzulänglich informiert. Er nimmt an, dass es sich um lauter Genossen
handelt, was ich natürlich in der Kürze der Zeit überhaupt nicht
feststellen kann.

Beim Frühstück Landeshauptmann Niederls in der Grazer Burg lerne
ich den neuen britischen Botschafter kennen. Wir unterhalten uns
über die britische Wirtschaft und ganz besonders, ob es dem neuen
Premier Callaghan gelingt, die Gewerkschaften zu der erwarteten Mässi-
gung zu bringen. Bei 15% Preissteigerung eine 3–4, höchsten 5%ige
Lohnerhöhung. Wenn die westeuropäische Konjunktur anhält, bin ich
überzeugt können zwar die Gewerkschaften dann zurückhaltende Politik
betreiben, die Betriebsräte werden in den Betrieben entsprechende
Lohnkorrekturen verlangen. Beim Mittagessen im Steirerhof lerne ich
auch die Frau des britischen Botschafters kennen. Sie erzählt mir
freimütig, dass die Beziehungen zwischen Grossbritannien und Öster-
reich so gut sind, dass sich ihr Mann nach jeden Antrittsbesuch immer
wieder fast beklagt, dass es keine Probleme zu besprechen gibt. Diesen
Eindruck muss ich sagen. habe auch ich bekommen. Wie soll auch ein
Botschafter, der noch niemals in Österreich als Botschafter oder als
Botschaftsangehöriger tätig war, daher Detailprobleme beim besten
Willen nicht kennen kann, dann nicht nur einen Höflichkeitsbesuch ab-
statten, sondern auch wirklich einige Probleme zur Sprache bringen.
Solche Besuche können daher nur protokollarisch enden, d.h. mit Höflichkeits-
floskeln ausgefüllt sein. Ich bin sehr froh, dass ich mir diesen Protokollbe-
such erspart habe.

Bei der Eröffnung der Grazer Messe hat Niederl sein Konzept insofern ergänzt,
als


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er sich erinnert, dass die letzte Grazer-Messe vor den Wahlen war. Er frei-
mütigst bekannte, damals als auch jetzt mich lieber als Privatperson empfangen
hätte. Er erklärte, dass sich dies aber nicht gegen mich richtet, sondern ganz
im Gegenteil er mir anstelle der Stress-Arbeit ein ruhiges beschauliches Pen-
sionistendasein gönnen würde. Natürlich hatte ich hier einen guten Aufhänger für
meine Rede. Die ausländischen Botschafter bestätigen mir immer wieder und sagen
dies auch Niederl, wie sehr sie sich auf die Messeeröffnung immer freuen, weil
es hier eine aktuelle Bezogenheit und ein richtiges Ping-Pong, d.h. hin und
her zwischen Niederl und mir, vorher zwischen Krainer und mir gegeben hat und
gibt. Beim Essen im Steirerhof hat dann Niederl noch einmal gesprochen und der
neue Messepräsident Dr. Höller meinte, ob auch nicht ich das Wort ergreifen möchte.
Ich erklärte rundwegs, dies wäre sehr unfair, denn hier soll der Landeshauptmann
wenigstens das letzte Wort haben.

Bürgermeister Götz hat bei seiner Ansprache behauptet, eine Grazer Firma hat
sich nicht zuletzt aus Umweltgründen auf Flüssiggas umgestellt. Jetzt sei dieser
Brennstoff sehr teuer und die Firma hätte grosse Schwierigkeiten. Angeblich hätte
ich der Firma dann nur ein Schreiben geschickt, wo ich ihr kaltblütig mitteilte,
dann solle sie sich eben wieder auf Heizöl umstellen. Wie Götz dies vorgebracht
hat, musste der Eindruck entstehen, dass ich es mir sehr leicht gemacht habe.
Ich habe Götz daher anschliessend sofort entsprechend gefragt, wie so er zu einer
solchen Behauptung kommt und er sagt, er hätte einen diesbezüglichen Brief von
mir gelesen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte stelle fest, eventuell Anfrage bei Götz, um welchen
Betrieb es sich handelt und versuche den Schriftverkehr zu finden.

Beim Messedurchgang hat mich dann der bulgarische Botschafter ersucht, dass ich
mit den VÖEST-Alpine-Leuten über den Besuch von Balkankar-Vertreter spreche. Dir.
Matthes war informiert und ich habe ihn mit den bulgarischen Botschafter neuerdings
zusammengebracht um die Einzelheiten zu klären. Dieser hofft noch immer, dass
die VÖEST-Alpine die Hubstapler von Balkankar vertreten wird, oder sogar vielleicht
eine Kooperation mit ihnen macht. Ich gab mich da keiner Illusion bin, doch
musste ich mehr oder minder dem Wunsch des bulgarischen Botschafters erfüllen.
Weiters hofft er, dass es gelingt mit österreichischen Firmen auf dem Elektronik-
sektor zu einer engen Zusammenarbeit zu kommen. Er stellt sich vor, man soll gewisse
Elemente und Bauteile die sie erzeugen in Kooperation mit österreichischen Firmen hier
einbauen. Ich versprach ihm nur, die entsprechenden österreichischen Firmen aus-
findig zu machen, die dafür in Frage kämen.



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ANMERKUNG FÜR WAIS: Die Handelskammer soll eine diesbezügliche Rundfrage ma-
chen und uns dann unverzüglich mitteilen, damit wir den bulgarischen Botschaf-
ter verständigen.

Der Gen-Dir.der STEWEAG Altziebler und der Landeshauptmann Niederl wurden von
mir informiert, dass in Hinkunft kaum mehr die Möglichkeit bestehen wird in der
ÖDK steirische Aufsichtsräte zu haben. Niederl meinte in der Hoffnung ich würde
den sozialistischen Vertreter Sebastian nicht eliminieren, es müssten beide
steirischen Vertreter herausgezogen werden. Genau dies ist aber meine Absicht,
und Sebastian ist im Prinzip damit einverstanden. Niederl meinte dann zwar noch
sie würden durch Voitsberg III sich jetzt so stark wieder in der Drau engagieren,
dass auch ihr Kapitalanteil wesentlich grösser wird. Altziebler hat mir dann sofort
erklärt, dass hier der Landeshauptmann irrt. Die STEWEAG wird sich daran beteiligen
aber nur in Form von Baukostenzuschüssen. Diese sind nämlich auch auf Grund der
Elektrizitätsförderung steuerlich absetzbar. Eine Kapitalbeteiligung kommt nicht
in Frage. Voraussetzung für eine richtig grosse Beteiligung an Voitsberg III
als erstes Angebot meinte Altziebler würden wir 10% bekommen, wahrscheinlich kann
man wesentlich mehr erreichen, müsste die Herabsetzung der koordinierten Über-
nahmemenge von Verbundstrom von 30% auf 25% sein. Die STEWEAG kann nicht Voitsberg III
Strom und dann noch gleichzeitig auch den vollen Koordinierungsprozentsatz er-
füllen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER UND FRANK: Bitte Bandhauer verständigen.

Altziebler wollte mir erklären, dass eine Zusammenfassung der Atomkraftwerke und
der Planungsgesellschaft in eine Gesellschaft nicht notwendig ist. Er meinte es gäbe
optimalere Lösungen der Zusammenarbeit. Ich ersuchte ihm, mir die entsprechenden
Unterlagen darzulegen, aber ganz besonders zuerst mit SChef Frank dieses Problem
im einzelnen zu behandeln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine optimale
Lösung gibt, wo nicht doch alle Gesellschaften die jetzt existieren, in eine einzige
Gesellschaft zusammengeführt werden. Altziebler meint, man könne sich je bei allen
den Aufsichtsrat ersparen, weil es sich um Ges.m.b.H., handelt. Die verschiedenen
Beteiligungsverhältnisse Stromabnahme durch die einzelnen Landesgesellschaften
erschweren nach Meinung Altzieblers die Zusammenfassung in einer einzigen Atom-
gesellschaft.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Zluwa soll dies genau untersuchen.



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Die Betriebsräte der Firma Bauer Voitsberg, aber vor allem Frau CIFER, ihr
Mann liegt derzeit im Spital, wollten wegen des inhaftierten Ing. Zalar in Kuba
mit mir sprechen. Dabei stellte sich sofort für mich heraus, dass ausser der Sorge
insbesondere der Belegschaft wegen der Enthaftung von Zalar, Frau Cifer erwartet,
dass sie die Geschäfte mit Kuba wird kaum zeitgerecht und in vollem Umfang ab-
wickeln können. Sie meint, wenn die Belegschaft nicht mehr bereit ist dort zu
arbeiten, so wäre dies höhere Gewalt. Dadurch ergebe sich eine besonders kri-
tische Situation gegenüber der Österreichischen Kontrollbank. Cifer fürchtet
dass sich daraus Kredit- oder überhaupt Bezahlungsschwierigkeiten ergeben könnten.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte lass dieses Problem im Haus klären und insbesondere mit
der Kontrollbank besprechen. Anschliessend dann Antwortschreiben
an die Belegschaftsvertreter.

Bei der Eröffnung eines Werkstattgebäudes der Firma Uhl habe ich wieder feststellen
können, wie doch die Abhängigkeit der Arbeiter von ihren Unternehmern noch sehr
ungerechtfertigt sein kann. Uhl beschäftigt in Theresienfeld fast ausschliesslich
burgenländische Bauarbeiter. Er hat zu diesem Zweck ein ganz nettes Sozialgebäude,
wie er sagt, errichtet. Im Vergleich zu anderen Unterbringungsmöglichkeiten für
Bauarbeiter handelt es sich hier wirklich um eine mustergültige Lösung. 4–6 Bau-
arbeiter in einem Raum in einem modernen Haus. voll Stolz hat er alle Bauarbeiter
zurückgehalten, damit sie sozusagen beim Minister anwesend sind. Anschliessend gab
es dann für die Ehrengäste ein Riesenbuffet von der Werksküche hergestellt. Viele
hatten sich allerdings wegen der ungünstigen Zeit entschuldigt oder waren ganz
einfach nicht gekommen. So bliebe 2/3 der Tafel leer. Die Arbeiter aber mussten dort
warten. Was die dann aber bekommen haben, ist mir nicht ganz klar geworden. Uhl selbst
hat erst in den 60er Jahren als Selbständiger begonnen und sich wirklich ein
kleines vermögen geschaffen. Auf dem Firmengelände eine herrliche Villa, dazu dann
noch ein entsprechend angesondertes eigenes Jagdhaus, wo er uns die erlegten
Bären und sonstigen exotischen Tiere zeigte. Eine Jagd jetzt in Burgenland, wo
er sich Montag bis Freitag immer aufhält. Seine Frau einen Pferdestall mit 5 Reit-
pferde und ich weiss nicht was sonst noch alles. Er meinte mir gegenüber mit Stolz,
wieviele Dutzende Fahrzeuge er mit Spezialsprechfunk ausgestattet usw. hat. Auf der
einen Seite ist er wirklich ein sozialer Unternehmer, auf der anderen Seite aber,
obwohl Vertreter des Freien Wirtschaftsverbandes, ein richtiggehender Parvenü.
Mich persönlich hat schrecklich gestört, obwohl er angeblich, und daran zweifle ich
gar nicht, die Belegschaft mit Überstunden für die Anwesenheit während der Feier
entschädigen wird, dass diese armen Arbeiter nicht schon nach Hause fahren konnten.
Ich hätte eben seine Halle auch nur bei Anwesenheit von nur wenigen Ehrengästen
genau so gerne, ja in dem Fall sogar noch lieber, eröffnet.



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Beim Fackelzug in Neunkirchen meinte der Ortsobmann, es seien heuer wesentlich
mehr Teilnehmer als im vergangenen Jahr. Ich habe natürlich keine Vergleichs-
möglichkeit, hatte aber den Eindruck, dass es sich wirklich um eine sehr lebhafte
und enthusiastische Veranstaltung handelte. Trotz der Kälte ist eine ge-
wisse Stimmung aufgekommen. Vielleicht allerdings haben die Leute nur
applaudiert und gerufen, damit sie sich ein bisschen erwärmen.

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Tagesprogramm, 30.4.1976




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      Tätigkeit: Beamter HM


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