Sonntag, 4. April 1976
Heinzi Kienzl hat in Wirklichkeit ein grosses Problem, wie ich auf
einem stundenlangen Spaziergang feststellte. Durch Äusserungen von
Androsch sieht er die Sozialpartnerschaft sehr gefährdet. Androsch
hat vor etlichen Jahren die Sozialpartner aufgefordert, eine Budget-
vorschau, die sie auch vorher jahrelang gemacht haben, zu erstellen.
Die Handelskammer hat es damals abgelehnt. Jetzt hat Androsch das
Wirtschaftsforschungsinstitut damit betraut. Auch sonst gibt es
Äusserungen, zumindestens hat Kienzl solche gehört, wonach auch
andere Regierungsmitglieder eine Politik machen, um die Sozialpartner
weitestgehend auszuschalten. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass
es äusserst schwierig ist, mit den Sozialpartnern zu einer Lösung zu
kommen, ich selbst leide ja auch teilweise darunter, sodass ich
verstehen kann, wenn einzelne Minister diesen mühsamen Weg verlassen
wollen. Der Zustand, erklärte ich Kienzl, könnte sich nur dann ändern
wenn die Sozialpartner, wie in der Vergangenheit, doch gemeinsam
irgendwelche Probleme in Angriff nehmen und womöglich auch lösen.
Kienzl strebt eine Aussprache mit Benya und mir in dieser Frage an,
wozu ich gerne bereit bin.
Kienzl hat Gen.Dir.-Stv. Holzer von der CA besucht, der furchtbar
abgemagert ist und dem es sehr sehr schlecht geht. Die Personal-
probleme in der CA sind auch nicht gerade ideal. Leider ist es nicht
geglückt zwischen Schneider und Uher, beide junge Leute, die 1970 in
die CA gebracht wurden, einigermassen eine Kooperation herzustellen.
Ganz im Gegenteil wird dort in unserer Fraktion weiter fraktioniert
und es gibt keine Zusammenarbeit, Vranitzky wird dort eine zerstrit-
tene Gruppe vorfinden. Ob es ihm gelingen wird, eine Lösung all der
Probleme, die dort anstehen, zu erreichen, bezweifle ich, obwohl ich
ihm viel Glück wünsche. GD Treichl bleibt noch bis zu seinem 65. Le-
bensjahr, wird aber jetzt schon in der OeNB als Generalrat von Haschek
abgelöst. Androsch hat schon bei einer Gelegenheit einmal angemerkt,
dass als Nachfolger von Treichl in zwei Jahren Haschek kommen soll.
Ich halte Haschek für einen guten Mann, der, wie ich jetzt zu meiner
grössten Verwunderung von Kienzl erfahre, gar nicht ÖVP-Mitglied
sein soll, sondern en wirklich Liberaler. Auch in der OeNB wird
es früher oder später Personalprobleme geben, weil Kloss in zwei
Jahren auch in Pension geht und auch Waldbrunner früher oder später
abgelöst werden wird. Natürlich macht sich Kienzl Sorgen, wer in
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diesen beiden wichtigen Posten – Präsident u. 1. Vizepräsident – ein-
rückt.
Bei der Modeschau Wiener Handelskammer im Hilton hat mich NR Fiedler
wegen der Nahversorgungsprobleme angesprochen. Er ist auch einver-
standen, nach dem Unterausschuss sofort im Konsumentenbeirat die
Arbeit zu beginnen.