Freitag, 12. März 1976
Das Gespräch mit der ÖMV und den Internationalen verlief nicht so
wie ich es mir vorgestellt habe. Gen.Dir. Bauer wollte unbedingt
von mir meine endgültige Entscheidung über die Benzin-und Heizöl-
preise. Genau dies war ich aber nicht bereit in diesem Kreis auszu-
sprechen. Mir erschien viel wichtiger mit der ÖMV das oberste
Limit gesprochen zu haben und er dann die Internationalen und die
Handelskammer verpflichtend, dass sie dem zustimmen. Selbstver-
ständlich hätte ich ja noch auf alle Fälle die Preiskommission
und das Vorprüfungsverfahren abzuwickeln gehabt. Ich deutete des-
halb nur an, wo sich ungefähr die Grenze befinden könnte, wobei ich
keinen Zweifel liess, dass ich ein Übereinkommen zwischen den In-
teressenvertretungen erwarte. Die Internationalen wollten womöglich
sofort mit einem Preisverfahren beginnen. Genau dies aber wollte ich
wieder ich unter gar keinen Umständen. Bauer und Kreutler drängten
deshalb darauf am Samstag erst die Besprechungen aufzunehmen, wozu
ich bereit war. Die Hauptschwierigkeit liegt aber darin, wann der
Preis in Kraft treten soll. Meine ursprünglich Idee nach Beschluss
des Finanzausschusses, wo wir ja durch ein Übereinkommen von
50 auf 40 Groschen Mineralölsteuer zurückgehen sollten, wird sich
nicht verwirklichen lassen. MR Kurzel steht auf dem Standpunkt, es
muss die Mineralölsteuer bereits im Bundesgesetzblatt sein, bevor
er sie als Preisbehörde anerkennen kann.
Die Internationalen teilten mir mit, dass der Vertrag über die
Lagergesellschaft am Dienstag unterschrieben wird. Die einzige
Schwierigkeit gibt es jetzt noch bei den Banken. Die Genossenschaft-
liche Zentralbank Kletzl-Norberg ist nicht bereit für das ständige
Lager einen 10 Jahreskredit der automatisch verlängert wird, zu
geben. Die Banken hoffen noch immer scheinbar, dass sie eine Art
Refinanzierungszusage der Nationalbank bekommen. Theoretisch
könnten wir jetzt wirklich, wenn dass einvernehmlich festgelegte
Lagergesetz die jetzt notwendige Lagergesellschaft unterschrieben
und der Preis in der Höhe fixiert ist, das ganze leidige Problem
endgültig über die Runden bringen.
Am Parteitag hielt Kreisky, wie ich sagen möchte, eine ganz grosse
Rede. Vielleicht war weniger der Inhalt von Bedeutung, was sollte
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er bei seinem Rechenschaftsbericht schon neues bringen. Aber die
Formulierung von einzelnen Passagen war wirklich ganz gross. Eine
Analyse, dass die Arbeiter von 61.6 % 65, jetzt auf 52.4 % abgenommen
haben und dass die Angestellten sehr stark zugenommen haben, stimmt.
Falsch ist aber wenn er glaubt, dass z.B. wie bei Eumig, wo jetzt alle
Angestellte wurden, die Bewusstseinseinstellung der Beschäftigten
dort nicht geändert hat. Genau dies ist falsch Die ökonomische
Einstellung hat sich nicht geändert, denn die Arbeitertätigkeiten
sind nach wie vor Arbeitertätigkeiten. Die Arbeiter selbst sind
aber sicherlich heute als Angestellte von einem ganz einen anderen
Bewusstsein geprägt, als als sie noch Arbeiter waren. Genau dies
hat ja letzten Endes auch der Unternehmer erkannt und sie deshalb
neben der Ersparnis von Sozialversicherungsbeiträgen auch alle zu
Angestellte gemacht. Kreisky glaubt weiter, dass die Bauern in stär-
kerem Masse immer mehr sozialistisch wählen, weil wir auf dem länd-
lichen Gebiet zunehmen. Hier glaube ich ist es noch immer die Anzahl
der Pendler und der auch dort grösser werdende Zahl der Unselb-
ständigen, vielleicht auch daneben Erwerbsbauern, die in stärke-
rem Masse mit Gewerkschaften und Arbeiterkreisen in Kontakt kommen
und dann auch mehr sozialistisch beeinflusst werden.
Neuerdings hat Kreisky seine pessimistische Wirtschaftsauffassung
und Konjunktursituation den Parteitag mit einer Deutlichkeit klarge-
macht, die mich auch überraschte. Er hat zwar nirgends gesagt, dass
ich nach wie vor Optimist bin und die Lage so beurteile, als wenn
wir schon aus dem Konjunkturtal herausstiegen. Er steht auf dem
Standpunkt es ist nach wie vor nicht nur sehr kritisch, sondern auch
noch politisch falsch, Optimist resp. Konjunkturaufstiegsanhänger
zu sein. Er bezog sich auf Taus, der jetzt auch schön langsam sagt,
es geht aufwärts. Er meinte allerdings mit aller Deutlichkeit,
es ist besser, sich auf die schlechte Situation einer Wirtschaftskrise
vorzubereiten, als einem unbegründeten Optimismus zu huldigen. Vom
politischen Standpunkt mag diese Einstellung noch einigermassen er-
klärlich sein. Vom psychologischen halte ich ihn für falsch.
Taus erkennt genau, dass die Schwarzmalerei in der Vergangenheit der
ÖVP nichts gebracht hat. Nicht einmal in dem Zeitpunkt, wo es konjunk-
turell wirklich abwärts ging, hat sich dies bei den Wahlen für die
ÖVP günstig ausgewirkt. Deshalb steckt er um und hat nicht zuletzt
auch auf Grund der Daten die ihm so wie mir zur Verfügung stehen,
den Eindruck es geht jetzt wirklich aufwärts. In diesem Moment beginnt
Kreisky nun auf die pessimistische Tour die Bevölkerung zu warnen.
Abgesehen davon, dass damit das Investitionsklima und die Auf-
stiegserwartungen einzelner Unternehmer gerade nicht angeregt werden
wird, wenn es dann tatsächlich zur europäischen und damit auch
österreichischen Konjunktur wieder kommt, die ÖVP sagen, sie hat
das doch besser vorausgesehen als Kreisky. Das einzig Gute wird
dann sein, dass er sagen kann, und die Regierung hat alles dazugetan,
damit es zu diesem Konjunkturaufschwung gekommen ist.
Über die Regierungsumbildung hat er wieder einmal mehr die Kurve genom-
men, ohne dabei allzusehr das Gesicht zu verlieren. Er würdigte die
nicht parteigebundenen Minister, strich besonders heraus, dass Kirch-
schläger ja ein äusserst guter Minister war und das gerade diese
Parteiungebundenen von der anderen Seite als Klassenverräter be-
zeichnet und angesehen werden und daher hart kritisiert werden.
Neuerdings prägte er den Slogan, die Regierung muss ein Abbild
der Wählerstruktur sein, damit auch Nichtsozialisten diese Regierung
resp. sozialistische Partei wählen können. Lacina machte die bos-
hafte Bemerkung, die vielen Freiherren, bezogen auf Lütgendorf.
Tieber steht nach wie vor auf dem Standpunkt, und hat dies sogar
schriftlich in einem TB festgehalten, der Bundeskanzler resp. Partei-
obmann sollte in irgendeiner Weise gebunden sein, bei der Auswahl
seiner Regierungsmitglieder. Genau eine solche Bindung lehne ich aber
auf das entschiedenste ab. Für mich ist es selbstverständlich, dass
ein Bundeskanzler, sowie ein Landeshauptmann sich seine Regierungs-
mitglieder aussuchen muss und nicht von irgendeinem Gremium
irgend jemanden aufgedrängt zu bekommen. Wie soll denn eine zweck-
mässige Regierungsarbeit geleistet werden, wenn der Regierungschef
nicht grösstes Vertrauen zu seinen Mitarbeitern hat. Wenn er diese
Leute von vorneherein selbst sich wählt, sondern von irgend jemanden
aufgezwungen bekommt, muss dies ja früher oder später nicht nur zu
Irrsinnsspannungen führen, sondern auch in der Regierungspolitik
und zwar im Negativen seinen Niederschlag finden. Welche Folgen es
hat, wenn der Regierungschef die Leute, die er letzten Endes dann
namhaft macht nicht kennt, ist das typische Beispiel bei Öllinger
gewesen.
Was mir anfangs bei dem Referat Kreiskys in der Einleitung ganz
besonders gut gefallen hat, war man soll den subjektiven Faktor des
Wahlergebnisses weglassen. Um so mehr war ich dann enttäuscht, als
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Gmoser, von dem der Parteitag eine Kritik oder eine kritische
Stellungnahme erwartet hat und deshalb sicherlich sehr aufmerksam
zuhörte, gleich rhetorisch sehr geschickt einleitete, den subjektiven
Faktor dürfe man nicht ausser Acht lassen, 700.000 Parteimitglieder,
2 Millionen Wähler, ja darüber ganz Österreich hinaus hat ja Kreisky
gewählt resp. ist froh dass Kreisky in dieser Position ist. Vorher
hatte ich mit Gmoser schon ein leichtes Geplänkel, weil er so wie
immer wieder einmal blöde Bemerkungen Journalisten gegenüber machte.
Im Kurier und in der Presse habe ich einige davon gelesen. Nachdem
er ein Freund von mir ist, habe ich ihm freimütig gesagt, Rupperl
du bist ein Ochs. Wie kann man denn Journalisten, wenn auch ein gutes
Bonmont sagen: Gestern sahen wir das Spiel der Mächtigen, heute
ist das Fest der Ohnmächtigen. Gmoser kann in Wirklichkeit ähnlich
wie Busek nicht seine sarkastischen und zynischen Bemerkungen ge-
genüber der eigenen Partei oder gegenüber der einzelnen Parteige-
nossen unterlassen.
Sallinger hat mich ausdrücklich telefonisch verständigt, dass er nicht
bereit ist, die morgen stattfindenden Benzinpreisverhandlungen
als Abschlussverhandlungen zu akzeptieren. Scheinbar war man bei
ihm intervenieren und er versucht das jetzt rauszuschieben, bis
Mussil wieder aus dem Spital heraussen ist. Ich habe dezidiert er-
klärt, wenn er es nicht wünscht, kann ich ihm versichern, dass es
Morgen sowieso zu keinem Abschluss kommen wird.
MR Schwarz und Bachmayer haben jetzt mit Gleissner und Reiger die
Formulierung des neuen Absatzes im Aussenhandelsförderungsbeitrags-
gesetz einvernehmlich geregelt.Danach kann auch die Handelskammer
besondere Kosten anlässlich von Verhandlungen des Bundesministeriums
mit dem Ausland über handelspolitische Angelegenheiten anfallen,
vergüten. Gleichzeitig wird ein Brief gewechselt, dass unter be-
sondere Kosten Repräsentationsessen, Gastgeschenke, Aufenthalts-
kosten, aber auch Theaterbesuche usw. zu verstehen. Die Ausgaben
sollen etwa zwei von tausend, das wären nicht ganz 1 Million nicht
übersteigen. Ich habe Heinz Fischer diese ganze Vorgangsweise und
den Gesetzestext übermittelt und erörtert. Nachdem Vranitzky auch
diesen Antrag zugestimmt hat, wird Fischer nach Rücksprache mit
Androsch beim Ausfuhrförderungsgesetz diesen Abänderungsantrag ein-
bringen.
Fischer hat nochmals mit mir das Energiesicherungsgesetz wie es
im Finanzausschuss eingebracht werden soll, besprochen. Fischer
wollte unbedingt von mir wissen, ob er eine Verhandlungsmöglichkeit
hat, wenn die ÖVP sich allzusehr gegen diese Methode wehrt. Für mich
ist es gar keine Frage, dass mit diesem Gesetz und mit der Art der
Einbringung über den Finanzausschuss die ÖVP klar und deutlich er-
kennt, dass eine Koppelung von uns nicht nur abgelehnt wird, sondern
mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft wird. Dadurch
wird die ÖVP zur Überzeugung kommen, dass mit den Marktordnungsge-
setzen, ja mit den gesamten Wirtschaftspaket von ihrer Seite jetzt
schnell Verhandlungen aufgenommen werden müssen, weil es die Regierung
mit dem Durchziehen der einfachgesetzlichen Regelungen ernst meint.
So wie es letzten Endes entscheidend war, dass wir die DURUM-Frage
gelöst haben, ohne dass ich eine Erklärung abgab, dass der DURUM-
Preis von mir fixiert wird, muss man jetzt auch bei der erstbesten
Gelegenheit dokumentieren, dass man einfachgesetzliche Lösungen
ganz einfach durchzieht, wenn es zu keiner Zustimmung für verfassungs-
gesetzliche Regelungen kommt. Fischer hat diese Stellungnahme einge-
sehen und mir ausdrücklich erklärt, dass er sich jetzt in beiden
Fällen, Aussenhandelsförderungsbeitragsgesetz und Energiesicherungs-
gesetz, die mit Bericht und Antrag beschlossen werden sollen, aus-
kennt.
Beim Jour fixe mit der Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund gab es
eine harte Diskussion über die 80 Groschen Benzinpreis und Dieselöl
und 20 Groschen Heizölpreiserhöhung. Insbesondere die Arbeiterkammer
Zöllner wollte weder die Mineralölsteuer von 50 auf 40 Groschen re-
duziert, noch einen Heizölpreiserhöhung, überhaupt näher treten.
Zöllner ist der Meinung, dass die Internationalen, aber ganz besonders
die ÖMV alle diese Belastungen, die sie angeben, Rohölpreiserhöhung,
Lageraufbau und Lagerhaltung ohne weiteres aus dem derzeitigen Preis
decken können. Ich versuchte meine Taktik zu erklären, dass wir erst-
mals jetzt eine Lagervorratsbildung wie sie die wirtschaftliche Landes-
verteidigung von allen wichtigen Produkten verlangt, durchführen
werden, ohne dass der Staat etwas dazu beiträgt. Wenn dieses System
funktioniert und wenn wir damit beweisen können, dass es möglich ist
ein Lager aufzubauen, ohne dass aus dem Budget hunderte Millionen
Schillinge sowie bei der Landwirtschaft immer wieder zur Verfügung
gestellt werden müssen, erscheint selbst eine geringfügige Be-
lastung des Konsumenten tragbar. Das wirklich schwierige Problem
hat Lachs aufgezeigt, nämlich dass die Diskonter dann ihre 20 Groschen
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verbilligten Benzine um 40 Groschen in Hinkunft bei
der 80-Groschen-Preiserhöhung verkaufen werden.
In der Fremdenverkehrsförderung sind jetzt so viele Anträge
eingelangt, dass wir die Normalfälle im Gewerbestrukturverbesserungs-
beirat nicht mehr werden genehmigen können. Schon am Parteitag
hat mir Lacina mitgeteilt, dass er auf dem Standpunkt steht, wir
müssten jetzt wieder restriktiver vorgehen.
ANMERKUNG für TIEBER: Würzl soll einen entsprechenden Vorschlag
ausarbeiten.
Der BEWAG-Preisantrag als zwischen 1.3. und 1.1. zusätzlich er-
ledigte Preiserhöhung wird von niemandem gutgeheissen. Nach wie
vor ist die Gefahr des Präjudizes gegeben. Darüber hinaus wird befürch-
tet, dass wenn wir eine weitere Preiserhöhung genehmigen, das ganze
System zusammenfällt. Ich selbst habe überhaupt nicht grosse Lust
jetzt der Elektrizitätswirtschaft bevor sie nicht ernstlich die Re-
organisationen durchgeführt hat, entgegenzukommen. Die BEWAG kann
im Rahmen ihrer Preisgenehmigung die einzelnen Tarifposten umändern.
Dies gilt insbesondere, da sie bereits jetzt einen höheren Nacht-
strompreis hat, diesen weniger zu erhöhen und dafür andere Tarif-
posten stärker. Ich bin überzeugt, dass es in der nächsten Zeit mit
der Elektrizitätswirtschaft schwere Auseinandersetzungen geben wird,
da man allen Ernstes glaubt, man kann stets nur bei mir entsprechende
Preiserhöhungsanträge durchsetzen, aber notwendige Reorganisationen
auf die lange Bank schieben. Es ist zwar bedauerlich, wenn dadurch
insbesondere Burgenland ebenfalls zu Schaden kommt, da ich mich
sicherlich nicht für die gewünschte Zwischenettappenpreiserhöhung
einsetzen werde. Äusserstenfalls würde ich eine einstimmige
Preiskommissionsentscheidung nach langfristiger Hinhaltetaktik
früher oder später doch zur Kenntnis nehmen.
Wanke hat ein Altölgesetz ausarbeiten lassen, wo er eine Zwangs-
genossenschaft der Verbrauchsfirmen vorsieht, Ich dränge seit längerer
Zeit auf eine gesetzliche Regelung der Altölbeseitigung. Ich ge-
traue mich aber nicht eine Zwangsgenossenschaft in einen Vorschlag,
der in die Begutachtung gehen soll, zu machen. Wir einigen uns
deshalb darauf, dass wir bei einer Besprechung der beteiligten
Firmen und der Interessensvertretungen erklären, dass Fachleute
eine solche Idee gehabt haben. Sollte dann von seiten der Interessen-
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vertretungen insbesondere der Handelskammer kein Widerstand gegen
eine solche Idee festzustellen sein, dann wird aus diesem Kreis
ein diesbezüglicher Vorschlag an mich herangetragen. Ich kann dann
bezugnehmend auf diesem Wunsch einen entsprechenden Gesetzentwurf
vorlegen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Vielleicht könnte sogar die Handelskammer einen
diesbezüglichen Vorschlag machen.
Tagesprogramm, 12.3.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
TB-Beilage Tieber betr. Rhetorik v. JS, Begriffe Soz.-/Wirtsch.partnersch.